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„Ich übernehme die Verantwortung."
„Gut, ich erwarte dies. Ich werde Ihnen ohne Widerstand folgen, wollen Sie das Zimmer verlassen, damit ich mich ankleiden kann."
„Ich werde hier bleiben."
Der Ingenieur kleidete sich hastig an, seine Hände zitterten sichtbar. Sein Gesicht zwang er zu einem spöttischen Lächeln, er schien noch nicht alle Hoffnung aufgegeben zu haben.
Eschebach ließ den Blick über jeden Gegenstand im Zimmer prüfend hinschweifen. Neben dem Bette standen ein Paar Stiefel, an deren Sohlen nicht der geringste Schmutz haftete. Sie konnte Hercher in der Nacht nicht getragen haben, denn die Wiese am User des Flußarmes war feucht.
„Haben Sie diese Stiefel gestern getragen?" fragte er.
„Ja," gab Hercher zur Antwort, ohne sich beim Ankleiden stören zu lassen.
„Welche haben Sie während der Nacht getragen?"
„Ich pflege im Bette keine Stiefel zu tragen," lautete die kurze, trotzige Antwort.
Eschebach forschte nicht weiter.
Hercher trat an seinen Schreibtisch.
„Sie werden doch hoffentlich gestatten, daß ich ineine Braut mit wenigen Zeilen von dieser sonderbaren Verhaftung benachrichtige?
„Sie können sich die Mühe svaren, ich werde Fräulein Harport selbst von dem Schritte, zu dem ich genöthigt war, in Kenntniß setzen."
Hercher richtete sich heftig auf, seine Augen leuchteten.
„Das will ich nicht!" rief er erbittert.
„Mir gegenüber mögen Sie sich Alles erlauben, denn ich werde dafür Rechenschaft verlangen, aber meine Braut, die schutzlos dasteht, sollen Sie nicht belästigen!"
Untersuchungsrichter auf Ihre Versicherung, daß Sie während der Nacht Ihr Bett nicht verlassen haben, gibt. Sie haben mir wiederholt gesagt, es sei Ihr sehnlichster Wunsch, daß der Mörder Harport's entdeckt Werde — Ihr Wunsch ist erfüllt!"
Hercher's Gesicht schien noch bleicher zu werden, seine halbgeschlossem Augen ruhten mit ängstlichem und zugleich tückischem Ausdrucke aus dem Kommissär.
„Wer hat ihn ermordet?" fragte er.
Üeber Eschebach's blasses Gesicht glitt
Röthe, er
bei diesen Worten eine leichte mußte sich zusammennehmen, um ruhig zu bleiben.
„Ich werde das thun, was ich für Recht halte," entgegnete er.
„Sie sollen meiner Braut nicht beschwerlich fallen, ich will es nicht!" fuhr Hercher immer leidenschaftlicher fort.
„Ich habe die Verpflichtung, sie zu schützen, wagen Sie es dennoch — so — so .. .1"
Cr trat drohend auf den Kommissär zu, sein glühendes Auge blickte umher, als ob eS nach einer Waffe suche. Eschebach würde ihm ruhig entgegengetreten sein, allein er fühlte doch, daß er durch den Blutverlust außerordentlich geschwächt war.
Er gab den beiden neben ihm stehenden Polizeibeamten ein Zeichen und fast in demselben Augenblicke hatten sie Hercher erfaßt.
Der Ingenieur leistete mit einer Kraft, die ihm Eschebach nicht zugetraut hatte,
Widerstand, nach kurzer Zeit war er indessen überwunden, seine Hände wurden auf dem Rücken gefesselt.
„Sie werden dies bereuen," knirschte der Gefesselte.
Eschebach antwortete nicht, sondern nahm eine Durchsuchung des Zimmers vor. In dem Kleiderschranke, hinter Kleidungsstücken versteckt, fand er ein Paar beschmutzte und noch feuchte Stiefel.
„Wie kommen diese Stiefel dorthin?" fragte er.
Hercher schwieg; er wollte ruhig, gleichgiltig erscheinen, allein das rasche, mühevolle Athmen seiner Brust verrieth deutlich seine innere Unruhe.
„Die Wiese ist in der Nähe des Flußarmes zu feucht, als daß keine Spur an Ihren Stiefeln zurückgeblieben sein sollte!" fuhr Eschebach fort. „Ich werde nun genau Ihre Stiefel in die vorhandenen Fußspuren empassen lassen und Sie werden dann sehen, wie wenig der
Vorstellung der Schlangenvändtger während d«! K
"Sie!" .
Der Gefesselte lachte laut auf - eS klang fast wie ern Lachen der Verzweiflung. , ....
„Die Sache wird immer lustiger!" rief er dann. „Ich bw« Alles für einen Scherz halten, wenn dieser Scherz nicht allzu gewG wäre! Ich bin neugierig, wie der Schluß sein wird! Ich befürchte, daß Ihr so viel gerühmter Scharfsinn eine sehr lächerlich Rolle spielt.
Den Kommissär berührten diese Worte kaum, er gab Befehl, W