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Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.

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Urc». 82.

Mittwoch, den 28 Juni.

1887.

Zum Abonnement auf die

Wil-ba-er Chronik"

für das 3. Quartal 1887 wird freundlichst eingeladen.

Redaktion der WilSbader Chronik.

Wiirtt emberg.

Stuttgart, 27. Juni. Seit einigen Tagen macht noch ein Sommertheater Stuttgart un­sicher. Stuttgart wird entschieden eine Groß­stadt, denn jetzt wird entschieden eine große Frage erörtert, nämlich die, ob die Stadt noch ein zweites Theater gebrauchen kann oder nicht. Nun hat der Theaterdirektor Schuster die Frage entschieden, und hat im Garten der Jakob'schen Bierbrauerei seinen Musentempel aufgeschlagen wo er für Jedermann, der die paar Pfennige bezahlt, die Meisterwerke der deutschen Literatur interpretirt. Gestern wurde abermals den Musen schrecklich geopfert, als das holde Käth- chen von Heilbronn über die Scene ging. Das Publikum war dabei sehr animirt und amüsirte sich königlich.

Z* Stuttgart, 28. Juni. Der schwä­bische Rudersport hat einen glänzenden Sieg erfochten. Der RudervereinSchwaben-Heil- bronn" hat bei der großen Regatta in Ems den ersten Preis davongetragen. Wahrschein­lich würde derselbe Klub auch beim Kampf um den Kaiserpreis gut weggekommen, sein wenn nicht ein Ruder gebrochen wäre und das ganze Rennen eingestellt werden mußte.

In den letzten Tagen ist wieder ein­mal hier eines jener abscheulichen Verbrechen verübt worden, welches mehr als jedes andere das Licht der Sonne scheut. Ein lediger Holz- spälter, welcher seither im besten Rufe stand, brachte durch allerlei Versprechungen zwei kleine Mädchen so weit, daß sie ihm zu einem Spa­ziergang folgten. Er führte sie hierauf in den Bobserwald, in eine Gegend, die abseits von den Wegen der gewöhnlichen Spazierpfaden liegt und nahm dort mit den Kindern unsitt­liche Handlungen vor. Es gelang den Schur­ken dingfest zu machen und ihn dem Straf­richter zu überliefern.

Ablagen, 23. Juni. Ein heute Mittag hier ausgebrochenes Feuer hat in einer der ältesten, eng gebauten Straßen binnen wenigen stunden 15 Wohngebäude total eingeäschert. Etwa 25 Familien sind obdachlos geworden. Das Mobiliar konnte mit Ausnahme der erft- ergriffenen Häuser großen Teils gerettet werden. Die seit 3 Wochen anhaltende Trockenheit und Hitze im Verein mit einer frischen Brise be­wirkten ein so rasendes Umsichgreifen des Feuers, daß schon nach drciviertel Stunden, trotz des raschen Eingreifens der Feuerwehr 8 der zer­störten Gebäude in Flammen standen. Ent­stehungsursache noch nicht bekannt, Brandstif­tung jedoch ausgeschlossen. Der Gesammtschaden beläuft sich auf etwa 50 bis 60 000 Mark.

R u no f ch a u

Ilürnöerg, 27. Juni. Auf einem Dauer­ritt sind am Donnerstag Nachmittag 24 Offi­ziere des Ziethen-Husaren-Regiments in Ra­thenow, von den bayrischen Chevauxleger- Offizieren kameradschaftlich empfangen, Hierselbst eingetroffen. Sie kamen über Bamberg, Koburg und Rudolfstadt. Am Freitag hielten sie hier Rast. Die Pferde sahen gut aus und waren durchaus nicht übermüdet.

Köln, 27. Juni. Die Kaiserglocke des Kölner Doms wird am Donnerstag den 30. d. M. vom Erzbischof geweiht werden.

Wrestau, 28. Juni. Dr. Georg Kopp, Bischof von Fulda, der nunmehr zum Fürst­bischof von Breslau ernannt ist, tritt sein neues Amt noch in verhältnißmäßig jungen Jahren an. Mit Dr. Korum ziemlich gleich­altrig, erhält er die größte und reichste Diö­zese des preußischen Staates und der Einfluß des Breslauer Fürstbischofs erstreckt sich nicht blos nach Westen bis auf Berlin und die ganze Mark, sondern er greift auch nach Oester­reich hinein. Diese episcopale Gewalt in zwei Nachbarstaaten gibt seiner Stellung ein Gewicht, dessen sich kein anderer Bischof rühmen kann. Sein Einkommen überragt das der preußischen Staatsminister reichlich um das Dreifache und in Anwendung des Hegel'schen Satzes, daß Freiheit im Besitz liege, erfreut er sich einer Unabhängigkeit wie kein anderer Unterthan des Königs von Preußen, schon weil er als Verwalter des österreichischen Teiles der bres- lauer Diözese am Kaiser von Oesterreich einen Anhalt hat. Die breslauer Stelle ist deshalb von den übrigen bischöflichen Aemtern die am meisten umworbene und ungewöhnlich viel kommt für die Staatsgewalt auf die Person des jedesmaligen Diözeseninhabers an. Die preußische Regierung läßt sich von der Vor­stellung leiten, Bischof Kopp von Fulda sei der für das Fürstbisthum Breslau geeignetste Priester und Oberhirt, und deshalb sind die Ultramontanen etwas mißtrauisch gegen ihn.

Nerki»l, 27. Juni. Die erste Torpedo­bootsdivision mit dem Divisionschef Prinz Hein­rich ging heute von Chatam nach Kiel zur See.

Ans Thüringen, 28 Juni. Der in Gera verstorbene Lederfabrikant Koch hat in seinem Testament 15 000 Mark der Stadt zur Errichtung einer Herberge zur Heimath für weibliche Personen überwiesen. Im Schöffengerichtssaal in Erfurt wurde wäh­rend einer Verhandlung ein großes Bettuch vom Gerichtstisch gestohlen. Ein Schneider­meister, Vater von 6 Kinder hat sich verflossene Woche hier erhängt. In Allend orf a. W. ist der Gründer der dortigen Papierwaaren- fabrik, Herr Kommerzienrath Bodenhrim ge­storben. DaS Schwurgericht in Naumburg hat den Rittergutsbesitzer Mirus aus Burg­holz Hausen von der Anklage des betrüge­

rischen Bankerotts freigesprochen. Eduard Baltzer, der bekannte Prediger der freireli­giösen Gemeinde zu Nord Hausen, ist im Alter von 82 Jahren in Grötzingen gestorben. Bei einem Brand im Chrysopras-Hotel bei Blankenburg sind zwei Feuerwehrleute verunglückt; einer stürzte rücklings von der Leiter, der andere wurde von einem brennenden Balken getroffen.Vollständig todt" sind sie sicher gewesen, die Gothaischen Staats­schuldscheine im Werth von ungefähr 2 Mil­lionen Mark, welche in 35 Palleten unter Aufsicht einiger Staatsbeamten im Leichen­verbrennungsofen in Gotha verbrannt wor­den find. Friede ihrer Asche!

Mad Liebeusiein. Die Theater- Direktion unseres Badeortes ist jetzt in andere Hände übergegangen; dieselbe hat der in Theaterkreisen angesehene Schauspieler und Regisseur Herr Joseph .Darmer übernommen. Derselbe wird mit einer aus Mitgliedern - ver­schiedener Hof- und Stadttheater gebildeten Gesellschaft am 3. Juli, und zwar mit der Schönthau-Kadelburg'schen NovitätGold­fische" die Saison eröffnen.

Aus Schlesien, 26. Juni. Aus Hirsch­berg wird berichtet, daß am vorigen Dienstag Abend im Hochgebirge bei heftigem Sturm ein solches Schneetreiben gewesen sei, daß Tou­risten den Abstieg nach dem Thal nicht wagen konnten. Auch in dem thüringischen Dorfe Zella war in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ein Schneegestöber bemerkbar.

Leipzig, 27. Juni. Die vom Reichs­gericht verflossene Woche verurteilten Elsässer sind zur Verbüßung ihrer Festungshaft nach Magdeburg gebracht worden. Köchlin hat ohne Erfolg 50000 Mk., Blech 100 000 Mk. Kaution für einstweilige Entlassung geboten.

Auch die Schweiz ist auf eine den Zeitverhältnissen entsprechende Hebung ihrer Wehrkraft bedacht. Die beiden eivgenössischen Räthe haben ohne Diskussion 840 000 Frks. für Neubewaffnung der Artillerie bewilligt und weiterhin den Bundesrath beauftragt, auch für die Neubewaffnung der Landwehrartillerie An­träge vorzulegen. Traut auch die Schweiz dem Wetter nicht??

Der König von Belgien hat die ungarische Besitzung Ruma des Grafen Pe- jacevic, ein Areal von 64 000 Joch, für 14 Millionen Gulden angekauft. Dieses kolossale Gut soll für den Kronprinzen Rudolf von Oestereich als Geschenk bestimmt sein.

Die schöne Königin Natalie von Serbien hat einen weichen Namen, aber einen harten Kopf und ein grausames Herz. Wider Willen ihres Gemahls reiste sie mit ihrem Sohn, dem Thronerben, in die Krim und be­begab sich unter russische Botschaft. Alle Briefe, die ihr der König schreibt, kommen uneröffnet urück. Der König hat Scheidung beantragt.