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Neubau sichert erstens den Verbleib der Ober- postdirektion in Konstanz, sodann wird er eine Zierde der Stadt werden und endlich wird er hiesigen Bauhandwerkern und Arbeitern einen Verdienst gewähren.

München, 11. März. Dem Bürgermeister Dr. Widenmayer, wecher heute an der Spitze einer Deputation beider Gemeindekollegicn dem Prinz-Regenten die Glückwünsche der Stadt­gemeinde zum Gebmtsfeste überbrachte, wurde eine große Abzeichnung und Ueberraschung bereitet, indem Se. K. Hoheit ihm nach der Audienz persönlich das Ritterkreuz des Ver­dienstordens der bayerischen Krone überreichte. > Extreme demokratische Elemente haben, nach mehreren vergeblichen Versuchen, gestern eine freisinnige Partei" gegründet. Nach der Teil­nehmerzahl und den Persönlichkeiten zu schlie­ßen , wird dieselbe die Rolle der entschlafenen Volkspartei weiterspielen.

Kempten, 8. März. Der 29jährige Kaufmann Streng in Dielmannsried hatte sich mit den Fingernägeln am Schienbein gekratzt, er achtete den kleinen Ritz nicht, es entstand Blutvergiftung und nach wenigen Tagen war der junge kräftige Mann eine Leiche.

Gsuavrück, 11- März. Der Hauptge­winn der Kölner Dombaulotterie im Betrage von 75 000 Mark fiel nach hier auf Nro. 315 561. Bekanntlich wurde auch der Haupt­gewinn der letzten Ziehung der preußischen Klassenlotterie in Höhe von 600 000 Mark einer Anzahl hiesiger Eingesessenen zuteil.

Aachen, 13. März. Die Spinnerei von Alois Knops in Blumenthal bei Aachen ist heute vollständig niedergebranm. 100 Arbeiter sind dadurch aufs erste brodlos geworden. Die Spinnerei war.versichert; beteiligt sind fol­gende Versicherungsgesellschaften: Die Aachener, die Leipziger und die Schlesische.

Köln, 12. März. Der erste Haupt­gewinn der Kölner Dombau-Lotterie zu 75000 M. fiel auf Nr. 315 561. Der zweite Hauptgewinn zu 30 000 M. fiel auf Nr. 76 928. Ein Hauptgewinn zu 3000 M. fiel auf Nr. 109392. Drei Hauptgewinne zu je 1500 M. fielen auf Nr. 50 669, 177 816 und 338462.

Ktberfeld. 11. März. Beide Teilhaber der fallierten Firma Gebrüder Salomon (Kon­fektionsgeschäft) sind wegen Verdachts des be­trügerischen Bankerolts verhaftet worden. Die Unterbilanz beträgt 283 000 ^

Kiek, 12. März. Hier ist ein plötzlicher orkanartiger Nordoststurm mit heftigem Schnee­treiben eingetreten. Die Hafendampfer haben ihre Fahrten eingestellt. Das Wasser spült über die Schiffbrücke. Aus Jütland werden Bahnstörungen gemeldet.

Die Stadt Koset oder vielmehr ihre Bürger können lachen. Der kürzlich in Dres­den verstorbene Kaufmann Ring, der in Kofel feine Ruhestätte fand, hat die Stadt zur Uni­versalerbin fernes rund 600 000 Mk. betra­genden Vermögens eingesetzt und auch noch einige Legate gestiftet. Es soll ein Siechen­haus davon errichtet werden.

Werlin, 14. März. Der engl.Standard" hatte sich aus St. Petersburg melden lassen, es sei auf den Zaren ein Mordversuch gemacht worden. In Berlin ist von einem solchen Vorgang nichts bekannt; man hält die Nach­richt des englischen Blattes für falsch.

Aus Berlin wird berichtet, daß eine Ab­ordnung von Infanteristen, die mit dem leichten Gepäck ausgerüstet ist, auch nach Wien gehen wird, um dort dem Kaiser Franz Josef auf dessen Wunsch vorgestellt zu werden.

_ Eine abenteuerliche Schlittenfahrt über

die sibirische Wüste von den fernen östlichen

Gestaden Chinas nach Europa hat ein junger Engländer, Namens Lionell F. Gaving, zu­rückgelegt. Am 10. Februar war er in Be­gleitung eines Gefährten, der von Shanghai aus mit ihm reiste, in Tomsk angclangt. Bis dahin hatte er etwa 3000 Meilen von Wla- diwostock aus zurückgelegt und war 50 Tage auf der Reise gewesen. Von Tomsk reisten die Beiden über Kolivad, Kainck, Omsk, Tin- kala, Jshim, Jalturovsk nach Tiumen. Von Tiumen benutzten sie die Eisenbahn über das Uralgebirge nach Ekaterinburg und Perm. Von Perm nach Nischni Nowgorod reisten sie wieder mittelst Schlitten und alsdann mit der Eisen- oahn nach Moskau und weiter nach Peters­burg, Warschau, Berlin, Kopenhagen u. s. w.

DieKölnische Volksztg." veröffent­licht eine längere Denkschrift Windthorst's über die Kirchenvorlage. Der Zentrumsführer sagt nach einer eingehenden Kritik des Entwurfs, derselbe sei in keiner Weise eine abschließende Revision der Maigesetze; es fehle noch bei der Reichs-Gesetzgebung die Beseitigung des Kan­zelparagraphen, des Jesuiteng setzes und des Ordens-Ausweisungsgesetzes ; 'bei der preußischen Gesetzgebung die unbedingte Freigabe des Messelesens, des Sakramente-Spendens, die Beseitigung des Bistumsverwesereides, des Vermögensverwaltungsgesetzes, des Altkatholi­kengesetzes, der Verwendung der aufgehäuften Millionen des Sperrgesetzes und die Wieder­herstellung der aufgehobenen Verfassungspara­graphen. Windthorst schließt, daß so lange das nicht geschehen sei, kein dauernder Friede zwischen Staat und Kirche möglich sei.

Wer die furchtbaren, Körper, Seele und Geist aufreibenden Kämpfe, mit einem Wort das unglaubliche Martyrium kennen lernen will, das Fürst Alexander jahrelang in Bul­garien durchgemacht hat, lese die Biographie, die von seinem Hofprediger Koch veröffentlicht worden ist.

Der 22. März, der 90. Geburtstag un­seres Kaisers Wilhelm, wird der ganzen Welt zeigen, wie angesehen und geachtet, wie geliebt und bewundert dieser fürstliche Mann deutscher Nation ist, gleichsam ihr Edelweiß. Und ein Strahl dieses Glanzes wird auf das Volk, dem er angehört, zurückfallen. Von Nah und Fern rüsten sich die Fürstlichkeiten zur persönlichen Beglückwünschung. Kaum ein Staat Europa's wird unvertreten sein, die regieren­den Häupter sehr vieler Staaten, die dem Thron nächststehenden Anverwandten anderer Reiche beeilen sich schon jetzt, ihre Ankunft zu melden. Daß kein deutsches Land, groß oder klein, unvertreten bleibt, ist selbstverständ­lich.Es wird", so schreibt die National- Zeitung",ein Fürstenkongreß sein, wie ihn die Welt nie zuvor gesehen. Unsere Berliner Bevölkerung ist bereits mit Begeisterung in den Festmonat eingetreten. Vor den Fenstern des k. Schlosses spielen sich Tag um Tag zur Mittagsstunde Szenen ab, die, unvorbe- tet, wie sie sind, gerade durch ihre Ursprüng­lichkeit überraschen und fesseln. Es ist, als ob es alle Tage Sonntag wäre, oder Geburtstag, Tausende und aber Tausende harren des Au­genblicks, bis die Schloßwache aufzieht, um dann mit Hurrahrufen und patriotischen Lie­dern ihrer Freude Ausdruck zu geben, wenn der Kaiser erscheint. Berlin ist schon mitten in den weitestgehenden Vorbereitungen für vie Feier. Säle für Festlichkeiten sind nicht mehr zu haben. Für Kommerse und Essen ist längst jeder Saal belegt. Gasfabriken, elektrische Unternehmungen, Lichtfabriken sind mit Auf­trägen überhäuft. Kein Zweifel, die Illu­mination wird eine so große werden, wie nie zuvor, nur viel eigenartiger und anziehender.

Die Kunstindustrie arbeitet mit Anstrengung aller Kräfte. Zahllos sind die Adressen, für welche ein b sonders schönes Gewand erdacht wird, und die dereinst im Hohenzollernmuseum ihren dauernden Platz finden werden. Für die Ausschmückung der Straßen sind eben­falls große Vorbereitungen im Gang. Aus den Hotels berichtet man von einem Andrang von Bestellungen, der einen riesigen Zufluß von Fremden erwarten läßt.

Im russischen Kriegsministerium soll in Folge der Hinrichtungen in Rustschuk eine fieberhafte Thätigkeit herschen. An der Mo­bilisation, berichtet man, werde eifrig gearbeitet. Alle Bahnverwaltungen hätten Befehl erhal­ten, die größten Vorbereitungen zum Truppen­transport zur rumänischen und österreichischen Grenze zu treffen. Alle Stützpunkte an diesen Grenzen würden eiligst mit Proviant und Munition versehen. So meldet ein Korrespon­dent des Hannöverischen Kouriers aus St. Petersburg, man wird aber trotzdem noch nicht zu erschrecken brauchen.

Was der Italiener Unglück ist, ist der Schweizer Glück. Die Tausende von reichen Fremden, die vor dem Erdbeben in der Ri­viera flüchteten, haben sich in den Gasthöfen am Genfer See angesiedelt. Der vollständig eingezogene Frühling begünstigt die Auswan­derung.

Kablö,, der Abgeordnete für Straß- öurg, ist bedenklich erkrankt. Er ist von Nizza, wo ec sich bis vor kurzem aufgehalten hat, nach Straßburg zurückgebracht worden und liegt dort jetzt darnieder.

Werne (Wests.), 13. März. Am Freitag hat sich auf Zeche Heinrich Gustav in Folge schlagender Wetter ein größeres Gruben-Un- glück ereignet. Von 30 eingefahrenen Berg­leuten wurden am Tage der Katastrofe 10 erheblich verletzt aufgefunden und in das Wit- tener Krankenhaus gebracht. Ueber das Schick­sal der übrigen 20 fehlen noch weitere Nach­richten.

Bukarest, 12. März. Bulgarien schloß mit einem engl. Konsortium eine Anleihe für 1 Will. Pf. St. ab.

Bukarest, 13. März. Nach Berichten aus Rustschuk fand gestern daselbst in Gegen­wart der Garnison die Degradierung der auf­ständischen Unteroffiziere statt. Oberst Filow ist seinen Wunden erlegen. Die beiden gestern vom Kriegsgericht zum Tode verurteilten Zi­vilpersonen wurden zu 15jähriger Festungshaft begnadigt. In Sofia findet heute zur Feier des Jahrestages der Thronbesteigung des Kai­sers Alexander ein Festgottesdienst in der Ka­thedrale statt.

Uvüschuk, 12. März. DerAgence Havas" wird von hier gemeldet: Das Kriegs­gericht verurteilte den Marinckapitän Kissimow und zwei Zivilpersonen, welche der Teilnahme an dem Aufstande beschuldigt waren, Ersteren zu einjähriger Festungshaft, letztere zum Tode. 300 jüngere Soldaten würden begnadigt, 125 ältere zu ein- bis dreijährigem Gefäng­nis verurteilt. Es heißt, die letzteren über­reichten Gnadengesuche.

Mentone, 11. März. Heute Nachmit­tag 3 Uhr 10 Sek. erfolgte hier ein heftiger Erdstoß, durch welchen nicht blos die Möbel in den Häusern, sondern auch vielfach Mauern umgestürzt wurden. Der Erdstoß ist von Sa- vona bis Nizza verspürt worden. Unter dm Fremden in Monaco herrscht größter Schrecken.

Baris, 11. März. Aus Nizza wird von heute Nachmittag 2 Uhr 50 Min. eine neue Erderschütterung, abermals in der Richtung von Nordost nach Südwest, gemeldet; dieselbe