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auf gräßliche Weise um's Leben gekommen. Derselbe that Ab­lösedienst an einer Barriere und wollte beim Herannahen des durchfahrenden Güterzuges noch auf die andere Seite der Bahn sich begeben, stolperte dabei und kam mit dem Kopf gerade unter das Rad der Maschine, so daß der ganze Vordertheil derselben vom Gehirn des Unglücklichen bespritzt war. Man kann sich den Schrecken seines alten Vaters denken, der eben mit dem Effen- körbchen dazu kam.

HU rot, 5. Dez. Obwohl Milanowitsch zurückgekehrt ist, hat man diesseits die Hoffnung aus den Abschluß des Waffen­stillstandes nicht ausgegeben. Morgen wird die Aufforderung an die Serben ergehen. Milanowitsch sofort zu senden. Für den Notfall sind die Bulgaren zur Wiederaufnahme der Feindselig­keiten vollständig bereit.

Wie furchtbar das Gemetzel zwischen Bulgaren und Serben bei Slivnitza war, beschreibt ein serbischer Berichter­statter. In Nacht und Nebel überfielen die Bulgaren die Serben beim Abkochen und richteten ein furchtbares Blutbad an. Ein entsetzliches Handgemenge entstand. Man war sich zu nahe, um von der Schußwaffe Gebrauch machen zu können. Nicht jeder hatte auch die Flinte gleich zur Hand, und es kam zu einem Ringen Mann gegen Mann, in welchem das Seitengewehr, wie zu der Väter Zeiten der Handschar, seine mörderische Arbeit that. In vielen Fällen faßten sich auch die Kämpfer bei der Gurgel, würgten und rollten am Boden hin, während über sie her der Streit hin und her tobte, die Kugeln pfiffen und die Granaten heulten. Denn während das erste Treffen der Division in solcher Weise ohne jede Ordnung ins Gefecht kam, stürzte das zweite Treffen eilig unter die Waffen, entwickelte sich und gab Fmer in den Knäuel der Kämpfer hinein. Jede Salve vermehrte durch den Pulverdampf die Dunkelheit, bis man schließlich fast nicht die Hand vor den Augen sah, und erst später die schwere That- sache erkannte, daß bei dieser Gelegenheit eine halbe serbische Division zwischen serbischem und bulgarischem Feuer nahezu ver­nichtet worden war.

Konstantinopek, 7. Dez. Der Erbprinz von Hohenzollern ist hier eingetroffen.

London, 7. Dez. Ein Telegramm aus Mandalay vom 4. Dezember meldet: General Prendergast erließ eine Proklamation, daß er bis auf die Entscheidung der Königin die Zivil- und Militärverwaltung Birmas übernehme und die Minister und Gou­verneure, sowie die übrigen Beamten, welche England dienen wollten, aufforderte, ihm dabei beizustehen Die Proklamation habe einen günstigen Eindruck gemacht. Die Eingeborenen nahmen ihre Beschäftigungen wieder auf; der Verkehr beginne sich wieder zu beleben.

ßolon (Asoinwall), 4. Dez. Ein furchtbares Unwetter hat 14 Schiffe an den Strand geschleudert und vollständig zer­trümmert.

Vermischtes.

Georg Ebers hat soeben wieder ein neues Buch, einen Cicerone durch Aegypten, auf den Weihnachtstisch der deutschen Familie gelegt, lieber die Leiden, unter welchen der berühmte Dichter und Gelehrte unentwegt fortschafft, meldet ein Privat­brief, den Georg Ebers aus Göggingen bei Augsburg an einen Berliner Schriftsteller gerichtet:

Ich bin hier in der Anstalt des genialen Orthopäden Hessing. Ein starres Korsett entlastet den kranken Rücken, und ein sehr sinnreich konstruirter Apparat am Bein gestattet mir, was ich seit einem Jahre nicht mehr konnte und durfte, zu stehen und durch das Zimmer zu gehen. Es ist mir im Spätherbst so übel er­gangen, daß ich mich zu dieser mit manchen Quälereien verbun­denen Kur als ultima ratio entschloß. Daß mir in dem Kor­sett, welches den ganzen Oberkörper trägt, das Schreiben sauer wird, können Sie sich denken; aber gute Hoffnung darf ich hegen, denn ich sehe hier Leute, die vor 3 Monaten mindestens ebenso leidend waren, wie ich, spazieren gehen und Treppen steigen. Was Dr. Hessing an verkrüppelten Kindern gut macht, ist geradezu unglaublich. Aber noch volle 6 Monate muß ich hier aushalten."

(Echter Münchner.) Als echter Münchner erwies sich kürzlich ein Bär, der von München nach dem zoologischen Garten in Frankfurt gebracht worden war. Er gab deutlich zn verstehen, daß ihm im neuen Heim eine liebgewordene Gewohnheit fehle. Als man sich erkundigte, stellte sich's heraus, daß der Bär in München täglich 3 Liter Bier erhalten hatte. Seit er sie in Frank­furt auch bekommt, geht es ihm wohl.

(Langer Schlaf.) Aus Gaya wird geschrieben: In dem von hier eine halbe Stunde entfernten Dorfe Kunewald (Skoro- nitz) schläft die 22jährige ledige Marianne Jngr nun schon fünf

Wochen mit einer einzigen vor drei Wochen stattgehabten kurzen Unterbrechung. Die Schlafende hat während 30 Tagen keine Nahrung zu sich genommen; erst seit einigen Tagen wird ihr durch die Nase Milch verabreicht, da die Kinnlade krampfhaft geschlossen ist und nicht geöffnet werden kann Dieser seltsame Zustand hat sich bei dem Mädchen schon vor 15 Wochen einge­stellt, währte jedoch damals nur einige Tage. Der Fall erregt hier großes Aufsehen.

(Neue Uhr.) In Paris erregt eine neue Uhr Aufsehen, bei welcher natürlich die Elektrizität eine Rolle spielt. Das Ziffer­blatt gleicht einem Tamburin, auf welchem die Stunden mittels gemalter Blumen bezeichnet sind. Die Rolle der Zeiger spielen eine große und kleine Biene, welche letztere die Minuten bezeichnet. Beide Bienen laufen unter der Einwirkung verborgener Magnete in zwölf, bezw. einer Stunde um das Zifferblatt von Blume zu Blume.

Unnachsichtigen Lesern, die über jeden kleinen Druck­fehler in der ihnen gebrachten Lektüre außer sich geraten, die da behaupten: So etwas dürfte nicht Vorkommen! mögen folgen­de Verse zur Beherzigung dienen, die ein Autor auf dem Titel­blatt seines von ihm herausgegebenen viel gelesenen Kalenders bringt; diese lauten:

Gieb Leser nicht so scharf Auf alle Fehler Acht!

Es ist noch nie ein Buch Und der, der es gemacht.

Und der, der es gekauft.

Und der, der es gelesen.

Von Fehlern frei gewesen!

(Wem gehört der Ring?) Frau Amtmann Haupt in Berlin hat beim Wildhändler Scholz eine Wildente ge­kauft. Beim Ausnehmen derselben findet sie in dem Magen des Thieres einen kdstbaren mit Brillanten besetzten Ring, und freu­dig theilt sie gelegentlich dem Wildhändler mit, welchen kostbaren Fund sie in der von ihm erstandenen Ente gemacht. Der Wild­händler aber reklamirt jetzt den Ring, da er behauptet, der Frau Amtmännin nur die Ente, nicht aber den Ring mitverkauft zu haben. Beide Theile wollen nun den Richter anrufen, der ent­scheiden soll, wem der Ring gehört.

(Beleidigung durch Photographie.) Dieser Tage wurde in Ems ein Prozeß erledigt, der allgemeines Aufsehen er­regt hat. Der Handelsmann M. aus dem benachbarten Orte F. war in einer Restauration eingeschlafen. Seine Gesichtszüge boten während des Schlummers ein so außerorventlich reizendes Bild, daß mehrere Gäste den Wunsch aussprachen, dieses Bild auch in weiteren Kreisen bekannt werden zu lassen. Ein unter den An­wesenden befindlicher Photograph holte auf allgemeines Verlangen seinen Apparat und photographierte den müden Schläfer.

Kapriziöse Kerbftgeöanken.

Von Julia»» Weist.

Seltsam: die Männer sind am bissigsten, wenn sie nichts zu beißen, die Frauen, wenn sie keine Zähne mehr haben.

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Wenn man in der Ehe anfängt, zusammenzurechnen, so rech­net man immer mit Brüchen.

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Dem Eigenlobe ist der Wohlgeruch nicht eigen;

Wie Eigentadel riecht? Davon ist besser schweigen.

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Die Welt wird nicht klüger! Europa läßt sich auch jetzt noch von manchem Rindvieh zu allerlei Thorheiten verleiten, nur ist der Ochse von heute kein verzauberter Gott.

-i- -j-

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Es ist leicht möglich daß die Frauen nur deßhalb essen, well

sie dabei den Mund bewegen können.

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Der gerade Weg ist immer der längste.

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Weil mancher Dichter hold Gewesen ist dem Wein,

Will jeder Trunkenbold

Schon jetzt ein Dichter sein.

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Die ersten Liebschaften sind die Milchzähne des Herzens. Milchzähne aber muß man so bald als möglich ausreißen.

* -t-

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Wenn die Brautnacht wirklich eine Seufzerbrücke ist, dann wäre die Ehe ein Kerker.