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In Baris starb am 23. ds. im Alter von 70 Jahren Mr G. M. Crawsord, der 35 Jahre hindurch der Pariser Korre­spondent derDaily News" gewesen.

Noch ist in Spanien bis jetzt Alles ruhig, doch scheint man sich auf das Schlimmste vorbereiten zu wollen, denn die vor kurzem von den Fahnen entlassenen Soldaten sind jetzt wieder einberufen worden. Die Armee wird dadurch um 60 000 Mann verstärkt werden. Königin Christine hat die Entlassung des Ministeriums Canovas angenommen und Herrn Sagasta, den Führer der Liberalen, mit der Bildung eines neuen Kabinets be­auftragt. Die Infantin Maria ist übrigens nur vorläufig als Königin verkündigt worden, da die Möglichkeit vorhanden ist, daß noch nachträglich ein Thronerbe geboren wird.

Belgrad, 30. Nov. Die infolge des Waffenstillstandes gezogene Demarkationslinie läuft zwischen Pirot und Akpalanka. Der rechte serbische Flügel ist oberhalb des Dorfes Blata, der linke bei Betava; der Widdiner Kreis ist größtenteils von den Serben besetzt; dieselben stehen eineinhalb Kilometer vor Widdin.

Madrid, 30. Nov. Am gestrigen Sonntag wurde die Leiche des Königs in feierlichem Zuge nach dem Bahnhofe ge­bracht. Die Truppen bildeten Spaliere. Der Bahnzug sollte Mittags im Escurial eintreffen; der Sarg wird nach der Celebrier- ung der Messe in der Königsgruft beigesetzt werden. Es ver­lautet neuerdings, die Berufung der Cortes solle erst am 27. Dezember erfolgen.

Belgrad, 30. Nov. Die Rüstungen und Truppensendungen nach der Grenze werden noch ununterbrochen fortgesetzt. Gutem Vernehmen nach soll eine Abrüstung Serbiens nicht eher ein- treten, bis in Ostrumelien ein neuer Gouverneur, der jedoch nicht Fürst Alexander von Bulgarien sein darf, von der Pforte einge­setzt, somit der frühere Zustand wieder hergestellt ist.

Belapakauka, 30. Nov. Aus offizieller serbischer Quelle verlautet: Gestern morgen passirte Khevenhüller die serbisch-bul­garischen Vorpostenlinien; eine Stunde darauf erschien ein bul­garischer Parlamentär, um über die Einstellung der Feindselig­keiten zu verhandeln. Die beiderseitigen Oberkommandanten ver­einbarten dieselbe auf der ganzen Linie unter Belastung der Truppen in den Positionen.

Hdessa, 26. Nov. Wie man derN. Fr. Presse" mel­det, entgleiste unweit Bender (Station der russ. Südwestbahn) heute Nacht der Passagierzug; 10 Wagen wurden zertrümmert, die Schaffner verwundet. Heber das Schicksal der Reisenden ist bis jetzt nichts bekannt geworden.

Kalkutta, 28. Nov. In Nepal ist ein Aufstand ausge­brochen. Der Premierminister wurde ermordet und der Mara- harajah zum Gefangenen gemacht. Der britische Resident ist von Khatmandu, der Hauptstadt, abwesend und befindet sich auf einer Inspektionsreise.

Hiesiges.

Z Wilübad, 30. Nov. Vorgestern Mittag 4 Uhr fand im hiesigen Äathhaussaale die ordentliche Generalversamm­lung der Bezirks-Krankenkasse Neuenbürg statt. Nachdem der Vorsitzende, Herr Fein, dieselbe eröffnet, die beiden Beisitzer und den Schriftführer ernannt hatte, ging derselbe auf die Tagesordnung über.

Die Wahl des aus 3 Mitgliedern bestehenden Ausschusses zur Vorprüfung der Jahresrechnung wurde vorgenommen, dieselbe fiel auf die Herren A. Bodamer in Höfen, Emil Seeg er in Neuenbürg und A. Sidler in Höfen. Von der Generalver­sammlung wurde die von dem Vorstande mit dem Kassier, den örtlichen Verwaltern, den Aerzten, Apothekern und Krankenhäusern abgeschlossenen Verträge in ihrem ganzen Umfange genehmigt. Die vom Vorstande im Interesse der Geschäftsvereinfachung vorgeschla­gene Aufhebung einzelner örtlicher Verwaltungsstellen und der Ein­zug der Beiträge in diesen Orten durch die Landpostboten wurde angenommen. Der bei der Generalversammlung vom 27. Dezem­ber 1884 zum Zweck der Aufhebung des Z 17 des Statuts ge­faßte Beschluß hatte wegen seiner formellen Fassung die Geneh­migung der Aufsichtsbehörde nicht erhalten und beantragt nun der Vorstand, diesen Paragraphen in seiner ursprünglichen Faß- ung zu belassen, namentlich mit Rücksicht darauf, daß seine Auf­hebung nach den gemachten Erfahrungen einen praktischen Werth nicht hat. Der Antrag wird angenommen. Ferner findet der Antrag desselben von dem Z 26 Ziff. 3 des Krankenversicherungs­gesetzes, zur Vermeidung von Mißbrauch der Kasse, Gebrauch zu machen und zu diesem Zwecke dem Z 13 des Statuts eine ent­sprechende Bestimmung anzuhängen, volle Anerkennung seitens der Generalversammlung.

Schließlich wurde die auf Grund des Z 39 vorzunehmende

Ausscheidung der Hälfte des Vorstands durch das Loos vollzogen dessen Ergebniß war, daß die Vorstandsmitglieder Herren A. Bleyer, C. Bohnenberger und C. Fichter auszuscheiden haben. Hierauf wurde die Ergänzungswahl in geheimer Abstim­mung vorgenommen, dessen Resultat die Wiederwahl der Herren. Bleyer, Fichter und die Wahl des Herrn Dahlinger war. Letzterer erhielt dieselbe Stimmenzahl wie Herr Bohnenberger. Das Loos entschied für Herrn Dahlinger. Nachdem nun die Tagesordnung erledigt war und noch einige Anfragen aus der Mitte der Versammlung von dem Herrn Vorsitzenden beantwortet wurden, schloß derselbe die Generalversammlung.

Tnkktchaltkndks.^^

Der Schein trügt.

Novelle von Alfred Friedmann.

(Fortsetzung.)

Aber es geschieht ihnen schon Recht, wenn sie mich zwingen!" sagte ich mir.

Man gab uns zusammen, die Remise wurde wieder geleert, der Gaul wieder aufgesattelt und abgespannt und mit Kisten, Koffern, und reichlichem Gelde, einer Brillantnadel vom Schwiegerpapa und einem Trauring von Grete oder Marte, fuhr ich peitschenknallend durch's zweite Dorf. Im Städtchen war ich noch ein wenig be­trübt gewesen, denn ich hatte damals das gute dumme Ding gar lieb, und es mich zum fressen.

Als ich aber Hamburg sah, die vielen Bassins und Canäle, die großen Schiffe und die Waarenballen, die Matrosen, die von weither kamen und so weithin gingen, da rüttelte ich erst ein wenig an meinen Fesseln und siehe, sie gaben nach. Ich brauche kein Simson zu sein. Da löste ich dann ein Billet, winkle einem müßig dastehenden Taglöhner, der nach Pech und Thran roch, und über die kohlenbestäubten Werste, über Ketten, Taue, zwischen Ballen und Kisten gings mit den meinigen, der Brillantnadel, dem Trauring und der Erinnerung an Marte nach Amerika.

Es war ein flottes Schiff unserMarathon." Denn da­mals hieß alles nach Griechenbefreiung, Türkenhaß und Byron. Und Marathon sah auf die See und die See sah auf Marathon. Und ich machte den lieben Leuten im Bauerndorf daheim und im guten Eßlingen bittere Vorwürfe, daß sie inir es gern zeit­lebens versagt haben würden, einmal ein mit geblähten Segeln vor dem Winde tanzendes Schiff so mutterseelenallein auf dem weiten halbkugelförmigcn Ozean fechten zu sehen. Es kam mir vor wie ein ungeheurer Handwerksbursche, der eine Barriere nach der andern hebt und endlich in einen sicheren schönen Hafen läuft. Und es waren viele Barrieren zu heben. Wir gerieten auf eine Sandbank. Einige starben Hungers, bis uns ein Schiff rettete. Wir besserten unsere Havarien aus, kamen in einen Sturm, der wieder Menschenleben kostete, so gewöhnte ich mich daran, dem Tode in's Auge zu sehen. Zwar hätte ich dies als Warnungen Gottes ansehen sollen aber zurück konnte ich nicht und da wir schließlich glücklich am Orte unserer Bestimmung landeten, so mußte ich wohl oder übel annehmen, es sei Alles nach Gottes Rath­schluß geschehen.

Ich verkaufte meine Ballen und Kisten vortrefflich und schlug mich in das Innere des Landes, um vor Nachforschungen sicher gestellt zu bleiben. Und sei es, daß mir überhaupt Nie-nand nachgespürt, oder daß sie es so ungeschickt thalen, wie es damals noch in der Uebung war, endlich, daß man mich verschollen, ver­unglückt, ermordet glaubte ich habe nie mehr weder von dem Bauerndorfe, von Eltern und Geschwistern, noch von Eßlingen, Weib und Kind gehört.

Ich geriet nun unter Diamanten und Goldsucher und habe mich so oft dermaßen meiner Haut erwehrt, daß wohl Zwanzig durch mich um's Leben kamen. Aber ich will keinen Roman schreiben, denn das war ehrliche Notwehr. Hätte ich mich ihrer nicht entledigt, so hätten sie mich umgebracht und mir war es immer unange­nehm, wenn mir Jemand an den Willen, geschweige denn an's Leben wollte.

Aeußerlich gänzlich verändert, reich an Gold und Gut, kehrte ich vom ferneir Westen wieder zurück und betrat die Stadt Cin­cinnati. Sie liegt an sanfte Hügel gelehnt, am Fluße Ohio.

Ich konnte mich mit meinen Pferden und Wagen sehen lassen. Ich machte großen Aufwand und ich wüßte nicht, welches Haus mir nicht offen gestanden hätte.

So kam es, daß ich ein reizendes Mädchen kennen lernte, von dem seine Eltern mir eines Tages sagten, daß ich es hei- rathen müsse, weil ich mich zu weit vorgewagt!

Nun hätte ich freilich die ganze gute Stadt Cincinnati hei-