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auf der Fahrt von Königsberg nach Bremen befindlich, ist nach einem Zusammenstoß mit dem englischen DampferMary Lohden" bei Anholt gesunken. Die Mannschaft ist gerettet.

Wien, 18. Nov. Gestern Mittag starb ganz unerwartet schnell nach Icktägiger schwerer Erkrankung Polizeipräsident Krticka Ritter v. Jahden an den schwarzen Blattern, 62 Jahre alt. Wenige Stunden nach dem Tode wurde der Leichnam in einen Metallsarg gelegt und derselbe sofort verlötet. Der Verstorbene war ein sehr tüchtiger und pflichtgetreuer Polizeibeamter und im öffentlichen Leben eine äußerst humane wie liebenswürdige Persön­lichkeit, daher sein plötzlicher Tod allgemein betrauert wird.

Wern, 13. Nov. Herr Eugen Borel, Direktor des Inter­nationalen Postvereins, hat von der griechischen Regierung in Anerkennung seiner auf dem Lissaboner Kongreß geleisteten Dienste ein prachtvolles Album mit 60 künstlerisch ausgeführten Photo­graphien alter griechischer Denkmäler erhalten.

Der Stadtrat von Zürich hat beschlossen, den Vertrag mit der Gasanstalt mit Ende Dez. auf ein Jahr zu künden und von da an das Gaswerk in Regie zu betreiben. Den Gewinn an Gas kann die Stadt, die jährlich 1 Million an Schulden zu bezahlen hat, nur zu gut brauchen. Das Gas kostet jetzt 29 Cent, pro Kubikmeter. Das macht bei 6070 Kubikmeter (so viel wird eine Privatflamme brauchen) etwa 60 Fr.

Waris, 18. Nov. Diesen Morgen sprang ein Destillier­kolben, der mit 500 Liter Absinth gefüllt war, in der Distillerie Joanne am Quai des Tournelles. 30 bei der Arbeit beschäftigte Arbeiter wurden verletzt. Zum Glück gelang es, den Dampf­kessel und die Keller zu schützen, in welchen 500 000 Liter Ab­sinth lagern. Alle Fenster in der Umgegend wurden zertrümmert. Um 2 Uhr war man Herr der Feuersbrunst.

Wom, 19. Nov. Wie dieAgenzia Stefani" meldet, hat Deutschland dem am 16. Nov. in Madrid eingelangten Vermittel­ungsentwurf des Papstes in der Karolinen-Frage zugestimmt. Es bleibe nunmehr nur noch übrig, der Vermittelungsakte eine definitive Form zu geben. DerMoniteur de Rome" sagt, man schreibe einen großen Theil des glücklichen Ausganges der Ver­mittelung des Papstes u. dem sehr korrekten, sehr versöhnlichen Vor­gehen des Fürsten Bismarck zu. Das Blatt meldet seinerseits aus Berlin und Madrid ebenfalls die Annahme des Vermittel­ungsentwurfs des Papstes seitens Deutschlands und Spaniens.

Aus Madrid wird berichtet:Die Vermählung der In­fantin Eulalia von Spanien mit dem jungen Herzog von Mont- pensier ist das Ereigniß des Tages. Das Paar wird eine mehr­monatliche Hochzeitsreise nach Andalusien antreten und wahr­scheinlich in Frankreich festen Aufenthalt nehmen. Der Herzog gibt seinem Sohne ein Mitgift von 10 Millionen Frs., Infantin Eulalia erhält eine Million FrS. Außerdem gibt der Herzog von Montpensier dem Paare ein schönes Palais in Madrid."

Wekgraü, 18. Nov. Oberst Leschjanin erreichte nüt der Timokarmee Widdin, nachdem er vorgestern die Bulgaren zwischen Kula und Widdin aufs Haupt geschlagen, ihnen 2000 Gefangene und viel Proviant und Muninon abgenommen. Sein rechter Flügel rückt auf der Straße nach Berkovac vor Slivnitza vor, um welches heute gekämpft mird. Das Gros der Operations­armee steht unter dem Oberbefehl des Königs. Die Moravadivision trat nach Einnahme Bresniks den Weitermarsch auf Sofia an. Ein Teil derselben nahm die aus 18 Schanzen bestehende Stel­lung von Jsvor. Die Bulgaren verließen das Schlachtfeld in wilder Flucht. Ihr Befehlshaber Philipow verlor das Archiv und die Kriegskasse.

Wekqrad, 18. Nov. Nach der Einnahme der Befestigungen von Jsvor rückte die Morawadivision unter Oberst Topalovic gegen Radomir dor, wohin sich die Bulgaren zurückgezogen hatten; dort soll heute ein heftiges Gefecht stattgefunden haben. Ferner wird gemeldet, Radomir sei heute abend genommen worden und die Vereinigung mit der Schumadjadivision werde bald stattfinden.

Ueber die Niederlage der Serben vor Slivnitza be­richtet der Korresp. der Daily News aus Sofia vom 18. ds.: Die bulgarische Division aus Turn und Vrasnitza hat die ser­bische Stellung in Dragoman überflügelt. Fürst Alexander ent­faltete viel Tapferkeit und befand sich im Dickicht des Kampfes. Er befehligte den Angriff von Slivnitza aus. Die Serben wur­den vollständig zersprengt und zogen sich in Unordnung zurück, ihr eigenes Terrain zu erreichen. Es wurden viele Gefangene gemacht, darunter 200 Kavalleristen. Der Einbruch der Nacht setzte der Verfolguug ein Ende. Nachdem sich die Serben wäh­rend der Nacht wieder gesammelt, hielten sie auf der Straße nach Zaribrod wieder Stand; sie wurden jedoch bald überflügelt, be­siegt und abermals in die Flucht geschlagen. Hätten die Bulgaren hinreichend Kavallerie besessen, würde der Feind vernichtet worden

sein. Die Serben verloren 10 Feldgeschütze und 356 Pferde. Einer ungefähren Schätzung nach ließen sie 3000 Tote und Ver­wundete auf dem Platz. Es wurden viele Gefangene gemacht. Die Bulgaren kämpften mit Kaltblütigkeit und bewunderungs­würdigem Mute. Sie haben natürlich beträchtlich gelitten.

Welgrad, 19. Nov. Widdin hat kapitulirt, die Garnison ist kriegsgefangen. Auf dem südl. Kriegsschauplätze besetzten die Serben Radomir (auf dem Weg von Küstendil nach Sofia). Die vereinigten Divisionen marschiren auf Sofia.

Konstantinopel, 19. Nov. Der Fürst von Bulgarien tele- grafirte an den Sultan, er und das bulgarische Volk unterwerfen sich dem Sultan, und die bulgar. Truppen räumen Rumelien. Der Sultan, von dieser Antwort befriedigt, berief unverweilt den Ministerrat ein.

Damaskus, 19. Nov 25 000 Mann türkische Truppen sind zusammengezogen und gehen unverweilt nach Kreta und Epirus ab.

Unglaublich klingt's und dennoch ist es wahr! Der Krieg gegen Wirma, der Asien und Europa seit Wochen in Schrecken versetzt, darf vor der Hand noch nicht ausbrechen. Und warum nicht? Weil, nun weil die hohe englische Armeeleitung thätsächlich vergessen hat, das Expeditionskorps gegen Birma mit Pulver auszustatten. Es ist kein schlechter Witz, es ist die reine lautere Wahrheit.

London, 19. Nov. Die Times erfährt aus serbischer Quelle Einzelheiten über ein serbisch-türkisches Abkommen, wonach, wenn die serbischen Truppen Sofia eingenommen haben, König Milan nicht mit dem Fürsten Alexander sondern mit dem Sultan Frie­den schließen wird. Serbien erhält einen Gebietszuwachs, da die Pforte nicht allein gleichgültig gegen die Zerstückelung Bul­gariens sei, sondern ein starkes Serbien einem mächtigen Bul­garien vorziehe.

<2^ TriitohÄltendks.-MS

Aeir Schern tr ügt.

Novelle von Alfred Friedmann.

(Fortsetzung.)

Wissen Sie, daß die Concilien von Mainz und von Lateran ausdrücklich verbieten, sich schriftlicher Confessionen als Beweis­mittel zu bedienen?" fragte plötzlich der Alte, den Albrecht in tiefem Schlummer geglaubt hatte.

Ich wußte es!" erwiederte Albrecht, überrascht durch die seltsame Verfolgung eines Gedankens seitens des Alten,doch glaube ich nicht, daß die neue Gesetzgebung sich nach so ver­schimmelten Concilbeschlüssen richtet, noch zu richten braucht, da ja der Staat und die Kirche in der Neuzeit

Ich weiß, ein garstiges Thema!" unterbrach Herford. Und er verfiel wieder, die Augen schließend, in ein tiefes Nachdenken. Albrecht nahm sanft Herfords auf der weißen Decke ausgebrei­tete Hand und hielt die glühende, leise in der kühlen seinen. Der Greis, ließ es geschehen, und athmete ruhig und regelmäßig.

Wieder verfloß eine Weile. Da stiegen in Albrechts Seele Bilder aus der Vergangenheit auf. Sein eigener Vater erschien ihm im Geiste. Tausend Erinnerungen an den geliebten Alten kamen. Er selbst war immer gereist, hatte stets in fremden Län­dern geforscht, gestrebt, wie selten war es ihm vergönnt, also am Lager des Mannes zu sitzen, dem er so viel verdankte, wie wenig hatte seine schon längst tote Mutter sich seines Antlitzes gefreut, Freude an ihm genossen und nun hielt er mit inniger Theilnahme die fiebernde Hand eines gänzlich Unbekannten. Vernachlässigen wir nicht oft das Nächste, das am meisten Anspruch auf uns hat, wenden Interesse, Gefühl dem Fremden zu, eben weil es uns noch nicht eintönig geworden, weil es uns in anderer Weise fremd geblieben?

Was nützen Vorwürfe? die Erde gibt Keinen mehr heraus zu einer verspäteten Liebkosung.

Und wie war er selbst so allein. Wer würde ihm später die Augen zudrücken? Aber war das nicht gleichgültig und nicht egoistisch. Jemand an sich ketten um nicht allein zu sterben.

Die Uhr tickte leise, gleichmäßig.

Wieder sagte der Alte, wie aus dem Schlafe erwachend:

Was halten Sie von mir? Machen Sie das mittlere Fenster auf, mir ist heiß!"

Albrecht fürchtete wohl, daß die Nachtluft dem Kranken schaden könne, doch es war Hochsommer und er vollzog sofort seinen Be­fehl.Was ich von Ihnen halte? Ich denke mir Sie als den