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Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.
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Dlro. 93. Samstag, den 21. November 1883
Wnrttember g.
Stuttgart, 16. Nov. Am 10. d. Mts. ist von der Strafkammer des Kgl. Landgerichts hier der 30 Jahre alte Friedrich Döttling, Buchdrucker von hier, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Gefängnisstrafe von 8 Monaten verurteilt worden. Derselbe hat sich den Polizeibediensteten gegenüber schon mehrfach widersetzt und wurde daher auch schon öfters bestraft.
Weuenbürg, 19. Nov. Bei dem heute dahier stattgehabten Holzverkauf vom. Revier Langenbrand wurden aus Stammholz, Fichten erster Qualität, 113 bis 119 Proz. des Revierpreises erlöst.
— Weichenwärter Koppenhöfer von Mühlacker, welcher am 14 d. M. den Güterzug 701, Abgang 12'° mittags, von Mühlacker nach Cannstatt zu begleiten hatte, fiel auf dem Durchlaß der Verbindungsbahn Stuttgart-Cannstatt vom Zuge. Der Verunglückte ist in Folge der erlittenen Verletzungen auf dem Transport in das hiesige Katharinenhospital gestorben.
Kerrenalb, 18. Nov. In letzter Woche ist der Verkauf der Villa Falkenstein, des zweitgrößten Anwesens dahier, um den Kaufpreis von 83 000 ^ zu stände gekommen. Käufer ist Herr Förster aus Frankfurt. Daß dieses schöne Anwesen nunmehr in die Verwaltung einer tüchtigen Kraft übergegangen, ist für unseren Kurort von großem Wert.
Leouberg, 18. Nov. Gestern hätte eine noch junge Frau durch Bügeln fast ihr Leben verloren, indem sie es versäumte, das Fenster zu öffnen, so daß der Kohlendampf sie betäubte, sie sank bewußtlos zu Boden und wenn nicht zufällig 2 Kinder im Zimmer anwesend gewesen wären, welche Lärm machten, so wäre es um das Leben der Frau geschehen gewesen. Diese Unvorsichtigkeit möge anderen zur Lehre dienen.
Keilbronn, 18. Nov. Gestern hat sich ein junger Mann im Alter von 15 bis 16 Jahren, Kaufmannslehrling, ohne Zweifel in einem Anfall von Geistesstörung, erschossen und heute Vormittag wurde gleichfalls ein jüngerer Mann bei dem Pfühlbrunnen erschossen aufgefunden.
Tübingen, 19. Nov. In dem denachbarten Lustnau gingen letzten Dienstag abends zwei Brüder miteinander aus, um einen Besuch zu machen. Wegen einer sehr geringfügigen Ursache gerieten sie unterwegs in Streit, der zu Tätlichkeiten ausartete und damit endete, daß der jüngere den älteren erstach. Der Thäter wurde am darauffolgenden Morgen verhaftet und sieht seiner Strafe entgegen. Die Mutter der beiden Brüder, eine Wittwe, wird allgemein bedauert.
Die Gberndorfer Gewehrfabrik Mauser hat die Lieferung von 8000 Magazinskarabinern zur Bewaffnung der serbischen Kavallerie und Artillerie übernommen.
R ir ir d s ch a u.
Karlsruhe, 17. Nov. Die Vereinigung der Stadtgemcinde Mühlburg mit Karlsruhe soll auf 1. Januar 1886 in Kraft treten. Vorläufig treten der Bürgermeister von Mühlburg und das älteste Gemeinderatsmitglied in den Stadtrat Karlsruhe als vollberechtigte Mitglieder ein; außerdem ernennt der Bürgerausschuß in Mühlburg mittelst geheimer Wahl 9 seiner Mitglieder in das Kollegium der Karlsruher Stadtverordneten. Auch diese Bestimmung ist nur eine vorläufige bis zur Regelung ber den städtischen Neuwahlen. Die Vereinigung ist von beiden Gemeindevertretungen einstimmig beantragt. In erster Reihe waren dafür die Gemarkungsverhälrnisse maßgebend.
Heidelberg, 16. Nov. Es ist bekanntlich im Werk, in hiesiger Stadt eine „Heilanstalt für Fettsüchtige zu errichten.
Das Unternehmen geht von dem bekannten Professor Dr. Sch weninger aus. Ein witziger Kopf meinte: „das brauche wir Heidelberger G'schäftsleut' jetzt nit mehr — denn doderfor hawe mer jetzt 's Oktroi."
— Am Sonntag Vormittag wurde in der Nähe von Diltgol- sing (Bayern) der Gendarm Hildner erschossen aufgefunden. Hildncr hatte Morgens in einem Orte in der Nähe von Dingolfing eine Arretirung vorgenominen und den Arrestanten nach Dingolfing in die Frohnveste abliefern wollen. Dieser scheint am Thatorte einen Schritt hinter dem Gendarmen zurückgeblieben zu sein und ihn mit einem Revolver in das Genick geschossen zu haben, so daß er augenblicklich tot war. Dem Thäter ist man auf der Spur. Derselbe wird für einen Handwerksburschen aus Norddeutschland gehalten. Hildner war als ein schneidiger Gendarm bekannt und allgemein beliebt.
— Das Gewissen schläft nicht, wenn es auch in dem Verbrecher oder in dem rohesten Rüpel noch so tief drin steckt. In Httobeuern lag ein Müllergeselle auf dem Sterbebette, denn er war in einer Prügelei fürchterlich zugerichtet worden. Man sah aber, daß ihn ein schweres Geheimniß viel mehr drückte, als seine Wunden. Als der Pfarrer kam, entledigte er sich des Alps, der auf seiner Brust lag; er gestand, er habe vor vier Jahren einen Menschen auf der Landstraße erschlagen, sei auch damals in Untersuchung gewesen, aber frei ausgegangen, weil man ihm nichts beweisen konnte. Niemand habe es ihm angemerkt, daß sein Gewissen ihm niemals Ruhe gelassen, jetzt aber sei's ihm leicht.
— Acht protestantische Pfarrer in der Hlkeinpfalz machen in den Zeitungen bekannt, daß sie den bei Bestattungen üblichen Dank für die „trostreichen Grabreden" nicht wünschen, vielmehr um Wegfall desselben bitten.
— Aus einem Bierbrauer-Prozeß in Kaiserslautern erfährt man, wie in der Brauerei des Herrn v. Gienanth Bockbier hergestellt wird. Man nahm einfach gewöhnliches Bier, setzte Couleur hinzu und der Bock war fertig, und kostete so und so viel Pfennige mehr. Der Staatsanwalt war mit dieser Braumethode nicht einverstanden und beantragte 500 Geldstrafe für den Eigentümer und 3 Wochen Gefängniß für den Braumeister.
— Lieske, der Mörder des Polizeiraths Rumpfs in IranK- furt, ist am 17. November in der Strafanstalt Wehlheiden bei Cassel durch den Scharfrichter Krauts hingerichtet worden. Er starb ohne Geständnis und rief noch im letzten Augenblick: Ich sterbe unschuldig! Am Abend vorher hatte er gegessen, getrunken, geraucht und ruhig geschlafen, als ob ihm nichts bevorstände.
Areslau, Mitte Novbr. Eine originelle Testamentsbestimmung ist vor wenigen Tagen Hierselbst realisirt worden. Ein vor wenigen Monaten verstorbener jovialer Glasermeister hatte in seinem Testamente die Bestimmung getroffen, daß nach seinem Tode die Wittwe seinen Freunden und Bekannten ein solennes Abendbrod veranstalten solle, für welchen Zweck vom Testator 500 Mark ausgesetzt waren. Am Abend des 11. d. M. versammelten sich achtundvierzig mittelst lithographirter Karten eingeladene Freunve des Erblassers als Gäste der Glaserswittwe in einem renommirten Cafe und ergötzten sich an Speis und Trank. Dem Verstorbenen wurde ein stilles Glas geweiht, aber auch der anwesenden Wittwe ein dreifaches Hoch ausgebracht.
Kirschberg, 13. Nov. Gestern in der Frühstunde ist eine der ältesten und besuchtesten Bauden des Riesengebirges, die allen Touristen bekannte Spindlerbaude, abgebrannt. Ein Teil des Viehes und sämmtliches Inventar ist ein Raub der Flammen geworden. Leider ist auch ein Mädchen von acht Jahren, eine Nichte des Besitzers Johann Hollmann in dem Feuer umgekommen.
Hamburg, 18. Nov. Der Bremer Dampfer „Walküre",