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bewohnten Zimmer und zwar im Bette durch das Zimmermädchen ein schwarzes Ledertäschchen eine Art Brieftasche ohne Verschluß mit dem Inhalte von 1500 M. in 500 und 100 Mark­scheinen aufgefunden. Bis jetzt ist es trotz aller Nachforschungen nicht gelungen, den genannten angeblichen Günther zu ermitteln. Wer über den Eigentümer des Geldes irgend welche Mitteilung machen kann, wird gebeten, sich an mich zu wenden."

Zürich, 9. Nov. In der Reuß wurden innerhalb sechs Wochen zwischen Bremgarten und Rottenschwyl einundzwanzig Fischottern gefangen.

Kern, 9. Nov. Wie derSchweiz. Handelscour." meldet, hat ein 18-jähriges Dienstmädchen aus Süddeutschland seine Herrschaft im mittäglichen Frankreich um Schmucksachen im Betrag von über 25 000 Franken bestohlen und sich damit auf und da­von gemacht. Ihre Spuren konnten bis Genf verfolgt werden, gingen dann aber ganz verloren. Ihr Dienstherr begab sich hier­auf nach Bern, setzte sich mit der Polizei in Verbindung, welche die Diebin bei einer Magdverdingerin ausfindig machte und in Gewahrsam nahm.

^aris, 12. Nov. Nach hier eingegangenen Nachrichten zeigte die bulgarische Regierung an, daß sie Befehl erteilt hat, 300 Mann serbische Truppen, welche noch in der Umgegend von Tru stehen, als Räuber zu behandeln.

Konstantinopek, 11 Nov. In ihrer am Montag statt­gehabten Sitzung bestätigte die Konferenz nochmals die Rechte des Sultans auf Rumelien und Bulgarien, England schlug die Einsetzung einer Subkommission vor, um die Wünsche der Rume- liaten zu erfahren.

London, 12. Nov. DieTimes" meldet aus Rangun: Die Oberkommission erhielt die Abschrift einer Proklamation des Königs Thibot, worin dieser befiehlt, die Engländer umzubringen; man fürchtet, alle Europäer in Mandalay würden getötet.

Der vor Kurzem in Warschau flüchtig gewordene un­aussprechliche Bankdirektor Krzeczkowski, der große Summen unter­schlagen hatte, soll in Paris gefaßt worden sein.

Aus Wew-IFork schreibt man: Zu welcher Bedeutung die deutsch-amerikanische Presse sich emporgeschwungen hat, möge aus den folgenden Ziffern erhellen. Im Gebiet der Union werden jetzt im Ganzen 733 Zeitungen in deutscher Sprache publizirt, wovon 83 täglich, 76 Sonntags, 474 wöchentlich und 100 zwei- oder dreimal wöchentlich oder ein- und zweimal monatlich erscheinen. Die Zirkulation dieser Zeitungen variirt zwischen 400 und 65 000 Exemplaren.

Wem-Kork, 9. Nov. Ein verheerender Wirbelsturm hat die Distrikte Wallas und Perry im Staate Georgia und Bibb in Alabama heimgesucht. Dreizehn Personen wurden getötet und viele andere verletzt; auch wurde sehr viel Eigentum zerstört.

Laufbahn eines Schwaben in Amerika.

DieBrooklyn Freie Presse" schreibt: ..Willenskraft Wege schaft". Nur wenige Deutschamerikaner haben die Richtigkeit dieses Spruches so vollauf zu würdigen und mit so vielem Erfolg auszubeuten gewußt, wie Herr Frederick Cook, der demokratische Staatssekretariats-Kandidat. Er verdient in vollem Maße das Prädikatoslk-raacko man" im besten Sinn dieses Wortes. Als 15jähriger Junge verließ Herr Kuch (Cook) seinen Geburtsort Wild b ad und wandcrte im Jahre 1848 nach Amerika aus, wo sich bereits zwei seiner Schwestern und ein Bruder befanden. Sie waren in Buffalo ansässig, woselbst für den Neuangekommenen eine Unterkunft als Lehrling bei einem Schuhmacher gefunden wurde. Weder dieses Handwerk, noch das nach erfolgter Auflösung des Lehrlingskontraktes ergriffene Fleischergeschäft vermochten den streb­samen, mit den kärglichen Lohnverhältnifsen unzufriedenen Jüng­ling zu befriedigen. Durch sein aufgewektes Wesen und die Fertig­keit, mit welcher er das in kurzer Zeit von ihm bemeisterte Eng­lisch sprach, erwarb Cook sich das Wohlwollen des Herrn Tam­il in so n, damaligen Direktors der eben vollendeten Buffalo-und Rochester-Eisenbahn, und bekam von diesem zunächst eine Anstel­lung als Bremser für Emigrantenzüge. Er hatte eben das sieb­zehnte Jahr erreicht, als er in den Eisenbahndienst trat. Pflicht­treue, Intelligenz, allgemeine Brauchbarkeit, vor allem aber die Bereitwilligkeit, mit welcher er den meistens übelunterrichteten Ein­wanderern in jeder Weise Hilfe leistete, überzeugten die Bahndirektion sehr bald, daß es in ihrem Interesse wäre, Cook zum Zugführer zu befördern. Dies geschah denn auch zur Zeit, da die genannte Bahn mit dem Newyorker Zentral-Konsortium verschmolzen wurde. Fünfundzwanzig Jahre lang diente Cook in dieser Eigenschaft und erwarb sich die Freundschaft vieler bedeutender Geschäfts­leute und Eisenbahnunternehmer. Unter den letzteren befand sich Herr Pullmann, Erfinder des Schlafwaggons, in dessen Unter­

nehmungen Cook, die Aussichten auf Gewinn erkennend, seine Ersparnisse anlegte. Diese kleinen Anfänge bildeten die Grund­lage des gegenwärtig großen Vermögens des Mannes. Durch die Erkrankung seiner zweiten Frau, einer geborenen Agne, sah sich Cook, der sich mittlerweile in Rochester niedergelassen hatte, im Jahre 1869 veranlaßt, eine Europareise zu unternehmen. Er bekam zu diesem Zweck einen längeren Urlaub. Von Europa zu­rückgekehrt, wurde er zum Accise-Kommissär von Rochester ernannt und entwickelte in dieser Stellung einen hohen Grad von Ver­waltungsbegabung. Bis zum Jahre 1872 verblieb er in Eisen­bahndiensten und machte dann eine abermalige Erholungsreise nach Europa, von wo er im Herbst 1873 zurückkehrte. Herr F. Cook ließ sich darnach in mehrere Jndustrieunternehmungen ein und be­kundete einen ungewöhnlichen Scharfblick, rastlose Thätigkeit und die höchste Reellität, Eigenschaften, die ihn in kurzer Zeit zum leitenden Geist vieler bedeutender Geschäfte machten. Er wurde in rascher Aufeinanderfolge Teilhaber und Vizepräsident des Brauer- Konsortiums Bartholomay u. Co., Direktor einer Ofenfabrik Comp., Direktor und später Präsident der deutschen Versicherungs­gesellschaft und Präsident der Driving Park Association. Am glänzendsten bewährte sich seine geschäftliche Umsicht in der Leitung der Versicherungsgesellschaft, deren Grundkapital sich beim.Amtsantritt Cooks auf 200 000 Dollars belief, während die Gesammtaktiva auf 300 000 Dollars geschätzt wurden. Heute beziffern sich die Aktiva auf 625 000 Dollars, und das Konsortium zahlt eine jährliche Dividende von 10 Proz. Gouverneur Hoffmann er­nannte Cook im Jahre 1872 zum Auditeur der 7. Nationalgarde- Division und Gouverneuer Ti ld en beförderte denselben im Jahre 1875 zum Generaladjutanten und Stabschef. Im nämlichen Jahre wurde Cook zu Ehren in Rochester eine Miliz-Compagnie unter dem NamenCook Guard" organisiert. Im Jahre 1873 wurde Cook zumCommissioner" des der Stadt Rochester gehörigen Friedhofes Mt. Hope ernannt und erlangte denselben Posten im Jahre 1881. Er mußte es sich gefallen lassen, daß man ihn wegen seines Ansehens und Einflusses unausgesetzt mit Ehrenbe­zeigungen bedachte. Als Vorsitzer der demokratischen Stadt- und County Ausschüsse, als Delegat zu den National-Konventen von St. Louis (1876) und Cincinnati (1880), als Vizepräsident des letzteren Convents, kurz, in allen maßgebenden politischen Stel­lungen hat Herr Cook sich immer als gesinnungstüchtiger Demo­krat in erster Linie aber als Freund einer ehrlichen Verwaltung, einer zeitgemäßen Reform und der uneingeschränktesten persönlichen Freiheit erwiesen. Seinem Mildthätigkeitssinn konnte Cook nach Herzenslust frönen, als der republikanische Gouverneur Cornell ihn im Jahre 1880 in das Direktorium desWestern House of Refuge," eine im Jahre 1846 zur Besserung verwahrloster Knaben und Mädchen gegründete Staatsanstalt, berief. Von Cleve­land wiederernannt, diente Cook in diesem Direktorium als ein­faches Mitglied, bis er (1885) infolge des Ablebens des Richters Rowlcy einmütig zum Sekretär und Schatzmeister erwählt wurde. Seit 1882 ist Cook Präsident derBank of Rochester" und Direktor der Deutschen Sparbank von Rochester. Dies ist, in gedrängter Kürze dargestellt, die Laufbahn des Mannes, welchem kürzlich, laut Kabel-Telegramm, das wichtige Amt eines Staats- Sekretärs übertragen wurde.

Tnikrhaliendrs.-MS

Aev Schein trügt.

Novelle von Alfred Friedman«.

(Fortsetzung.)

III.

Arbeiten besonderer Art beschäftigten Albrecht die nächsten Tage, doch wollte seinem Herzen weder das Bild der schönen Marianne, noch seinem Geiste das jenes sonderbaren Greises ent­schwinden.

Er dachte über Marianne oft nach, ertappte sich bei aller­hand sträflichen Gedanken. Ja, eine geheime Sympathie zog ihn zu ihr hin, und wenn sie sich schon einmal hatte vergessen oder verleiten lassen, war es dann nicht auch um so leichter ....

Aber nein! und er zankte sich selbst aus.

Als ein Ideal ist sie dir erschienen und davon lässest du kein Jota ab und müßtest du zeitlebens ein anderes Ideal ver­gebens suchen oder ledig bleiben."

Der Alte aber, das war eine männliche Sphinx, ein Rätsel, das gelöst werden mußte. Zu allen Tageszeiten ging Albrecht vor dem kleinen Hause vorüber und immer saß der Greis da, auf die Straße blickend, eine Statue der Gutmütigkeit. Des Morgens I fielen die Sonnenstrahlen auf sein Evangelistenantlitz und wenn