Mldba-er Chronik.

AmLsbl'crtL für die SLcröL WiLöbcrö.

Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.

Kinirndzwanzigster Jahrgang.

Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. Abonnementspreis mit dem jeden Samstag erscheinenden Illnstrirten Sonnlags-ZLlalt in Wildbad vierteljährlich 1 10 ^, monatlich 40 ^; durch die Post bezogen im Bezirk 1 15 ^; auswärts 1 45 ^ viertel­

jährlich. Jnsertionspreis die Zeile oder deren Raum 10 ^; bei Redaktions-Auskunft 20 ^ Zuschlag.

Uro. S1.

Württemberg

Stuttgart, 11. Nov. Interessant ist es, wie die Zahn­radbahn bei unserer den Neuerungen sonst so abholden Landbe­völkerung in Aufnahme gekommen ist. Nicht nur die Milche­rinnen von Degerloch und Möhringen, sondern auch von Sillen­buch und Heumaden kann man jetzt täglich zu Dutzenden um die Mittagszeit mit dem schnaubenden Dampfroß bergwärts fahren sehen, während vorne auf breitem Gepäckwagen ganze Kolonnen der Milchwägelchen aufgefahren stehen. Daß Zeit Geld sei, diese Erkenntnis dringt eben auch bei unserer Landbevölkerung allmäh­lich durch, ganz abgesehen davon, daß Fahren eben auch nett ist, wenn man so früh aufstehen muß wie unsere Milcherinnen.

Nach einer Verfügung des evangelischen Konsistoriums wird, wie im Jahr 1880, so auch dieses Jahr den Lehrern ge­stattet, bei der auf 1. Dezember vorzunehmenden Volkszählung mitzwirken, wenn von den zuständigen Behörden ihre freiwillig Mitwirkung in Anspruch genommen wird. Auch wird ihnen die Erlaubnis erteilt, zu ungehinderter Besorgnung des Zählungs­geschäfts am Nachmittage des 1. Dez. und soweit es nötig sein sollte, auch noch am 2. Dez. die Schule auszusetzen.

ßannstatt, 10. Nov. In den letzten Tagen trieb sich hier ein älterer Mann herum, der es bei mehreren Geschäftsleuten, zum Teil mit Erfolg, versucht hatte, falsche Dollarscheine anzu­bringen. So kam er zu einem Schuhmacher und bezahlte für ein Paar Stiefel mit einem 10-Dollarschein. Da der Schuh­macher nicht wechseln konnte, schickte er zu einem benachbarten Kauf­mann, dessen Ladenjungfer den Schein umwechselte; somit konnte dem Manne das übrige Geld zurückgegeben werden. Zwei Tage darauf entdeckte der Kaufmann selbst den Schein als einen ge­fälschten und sandte ihn dem Schuhmacher wieder zurück. Von dem Fälscher hat man bis jetzt noch keine Spur. Jedenfalls ist hienach bei Annahme von Dollarscheinen größte Vorsicht zu be­obachten.

Kakiv, 11. Nov. Am letzten Samstag hatte der Jagd- pächter Staudenmeyer das seltene Glück, beim Wurstbrunnen 2 Dächse zu erlegen, dabei ein Prachtexemplar im Gewicht von 34 Pfund. In einem vor ca. 14 Tagen abgehaltenen kleineren Tr-ibjagen wurden von demselben 2 Rehe, 2 Füchse und 4 Hasen geschossen.

In Gaildorf ist derNeue" sehr billig, das halbe Liter kostet dort 15 ^.

Rundschau.

Pforzheim. Im Gemeinnützigen Verein hält Sonntag, 15. November abends 7V- Uhr im evangel. Vereinshause Herr Pfarrer Kayser aus Karlsruhe einen Vortrag über:Der Sonn­tag nach seiner religiösen, sittlichen und sozialen Bedeutung. Der Vortrag des Herrn Stadtpfarrer Brombacher im Protestanten­verein über:Der Heldentod der 400 Pforzheimer eine geschichliche Thatsache" findet nach neueren Bestimmungen Mittwoch den 18. November abends acht Uhr im Saale desSchwarzen Adlers" statt. Zu beiden Vorträgen hat Jedermann Zutritt.

Die 1848er badische Revolution begann mit der Volks­versammlung in Menöurg. Es ging sehr lebendig her und die Menge rief: Hecker soll Minister sein! Der gefeierte Volks­tribun lehnte ab mit dem stolzen Wort des Marquis Posa: Ich kann nicht Fürstendiener sein! Brauchst auch nicht Fürsten-, sondern nur Kammer-Diener zu werden! rief plötzlich eine Stimme. Alles suchte nach dem witzigen und kecken Rufer, aber umsonst, sein Name ist bis heute nicht bekannt. Er hatte aber Recht; denn es war die Kammer (Landtag), die damals Baden regierte.

1SSS

Irankenthal, 10. Nov. Viel Staub wirbelt in unserer Stadt, wie derFr. Ztg." geschrieben wird, die Thatsache auf, daß durcb Strafbefehl ergangen auf Grund des byerischen Polizeistrafgesetzbuches mehr als vierzig hiesige junge Mädchen, darunter verschiedenehöhere Töchter," wegen unerlaubten Besuchs von Tanzbelustigungen zu je einem Tag Haft verurteilt wurden. Darob groß Jammern und Wehklagen unter den Betroffenen!

Krankfurt a. M., 10. Nov. In einem hiesigen Bank­hause ist ein junger Engländer als Volontär angestellt, um das deusche Bankwesen kennen zu lernen. Dem jungen Ausländer wurde gestern Mittag nach Beendigung einer Arbeit von Seiten des Prinzipals gesagt, daß er schlecht gearbeitet und Fehler ge­macht habe. Darüber ergrimmte der Engländer derart, daß er das Kassa-Konto, ein ziemlich großes Buch ergriff und seinem Prinzipal derart auf den Kopf schlug, daß -derselbe lautlos zu­sammenbrach und erst nach einer halbstündigen Ohnmacht wieder das Bewußtsein erlangte.

Irankfurt, 11. Nov. Ein Sattler wurde mit der Aus­besserung einer alten Equipage, die einem hiesigen sehr reichen Bürger gehörte, betraut. Als er die alten Polster herausriß, um neue einzusetzen, fand er eine dünne Mappe, in welcher 700 in Papiergeld steckten. Der Fund wurde dem Eigenthümer ein­gehändigt, welcher den Verlust des Geldes nie bemerkte und da­her sehr erstaunt war. Die Redlichkeit des Sattlers belohnte er durch ein ansehnliches Geldgeschenk.

Mainz. Bekanntlich wurde kürzlich im Aborte des Brau­hauseszum Täubchen" eine Reisetasche vorgefunden, ohne daß mit Bestimmtheit behauptet werden konnte, daß diese Tasche Eigen­tum des verhafteten Mörders Herbst gewesen ist. Infolge eines Ausschreibens des Untersuchungsrichters hat sich nun dem Gerichte eine Verkäuferin gemeldet, welche an dem Tage, an welchem der Mord geschah, an einen ihr nicht bekannten Mann eine Reise­tasche verkauft hat. An einem der letzten Tage fand auf dem Untersuchungsamte die Gegenüberstellung des Mörders Herbst und der fraglichen Verkäuferin statt, letztere hatte mit aller Ge­wißheit und Bestimmtheit in dem ihr vorgeführten Herbst den­jenigen wieder erkannt, welchem sie am 26. August die Reisetasche, die sie ebenfalls anerkannte, verkauft hat. Herbst leugnete wie immer und behauptete, daß die Frau sich vollständig im Jrrthum befinde.

Aus Schlesien. (Ein Briefträger im Dienst erschossen.) Der Briefträger Wolfs aus Diersdorf (Kr. Frankenstein) befand sich am 2. d. M. auf seinem Rundgange und kam auch nach Gläserndorf, um dem Sohne des dort wohnhaften Bauerngutsbe­sitzers Stiebeiner einen an ihn adressirten Brief auszuhändigen, wofür 40 Pf. Porto zu entrichten waren. Als Wolfs das Er­suchen um Zahlung dieses Betrages an den seit längerer Zeit geistesgestörten Stiebeiner stellte, nahm dieser kurz entschlossen einen Revolver und feuerte damit auf den ahnungslos dastehenden Briefträger, welcher zofort tötlich getroffen zu Boden fiel und alsbald verstarb. Der mit großer Körperkraft ausgerüstete Wahn­sinnige vorblieb noch längere Zeit bei seinem Opfer und drohte, die Schußwaffe in der Hand, jeden niederzuschießen, der ihm nahe kommen würde. Der Mörder wurde unter sicherer Be­deckung in das Frankensteiner Gefängniß gebracht. Der auf so schreckliche Weise ein Opfer seines Berufs gewordene Briefträger soll eine Wittwe und 6 unversorgte Kinder hinterlassen.

Straßburg i. K., 5. Nov. lieber einen Geldfund im Hotel erläßt der kaiserliche Polizcidirektor Feichtsr folgende Be­kanntmachung:Am 16. Juni d. I. wohnte im Hotel zum eng­lischen Hofe in Straßburg ein angeblicher Dr. oder Direktor G. Günther aus Berlin. Nach dessen Abreise wurde in dem von ihm

Samstag, den 14. November