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ren Freundeskreise durch seine herrliche, metallreiche und wuchtige Baßstimme. Auch steht derselbe durch seine sonstigen gewinnenden Eigenschaften und liebenswürdigen Charakter bei uns im besten Andenken.
Merkin, 28. Sept. Die Hoffnung wird bestärkt, Deutschland werde durch Verständigung mit Spanien erlangen, was die Wahrung der deutschen Interessen und der Schutz der deutschen Staatsbürger rhatsächlich erheischen. Die etwaige Vermittlung des Papstes würde eine formale Bedeutung haben, indem sie die spanischen Ultramontanen beruhigte.
— Fürst Bismarck hat in Berlin mit dem spanischen Gesandten, Grafen Benomar, eine lange Unterredung gehabt. Berliner Blätter wollen wissen, daß der Spanier nicht nur Schmeicheleien zu hören bekommen habe. Das erscheint wohl glaublich, denn es liegt zum Lobe nicht die geringste Veranlassung vor. Was besprochen wurde? Die Karolinen-Frage. Ob über dieselbe etwas abgemacht wurde? Darüber schweigt die Geschichte, aber man nimmt an, daß es schließlich doch noch zu einem Schiedsgericht kommen werde, um so mehr als dieser Art der Lösung England, Frankreich, Rußland und Oesterreich gleichfalls zustimmen.
Wien, 26. Sept. Die soeben von Kaiser Franz Josef in Anwesenheit zahlreicher Abgeordneten verlesene Thronrede wurde beiläufig ausgenommen. Bei der zu allgemeinen Ausdrücken abgeschwächten Stelle über die auswärtige Lage herrschte völliges, nahezu enttäuschtes Stillschweigen.
Wien, 28. Sept. Ein Telegramm aus Sofia meldet, 200 bewaffnete Macedonier trafen dort ein und wurden sofort von der Grenze weg nach Ostrumelien dirigirt
— DieLeichen von B eethoven und Schubert dürften in der nächsten Zeit aus dem Währinger Ortssriedhof bei Wien ausgegraben werden. Die für dieselben bestimmten Särge sind bereits vollendet. Beide find schwarz, aus Metall, sehr groß und mit reicher, auf die Musik bezüglicher Ornamentik geziert. Diese Leichen werden bekanntlich auf dem Zentralfriedhof auf dem für berühmte Männer bestimmten Platz beigesetzt werden.
— Am Dienstag Vormittag wurden in Wiener Neustadt, Aspang, Neunkirchen, Oedenburg und Graz mehrere ziemlich heftige Erdstöße verspürt. Größere Unglücksfälle sind dabei nicht vorgekommen.
Innsbruck, 28. Sept. Infolge anhaltender Regengüsse ist in allen Landestheilen neuerlich eine ernste Ueberschwemmungs- gefahe eingetreten. Hilfsvorkehrungen sind überall getroffen. Bei Predazzo ist bereits Militär in Anspruch genommen.
Laibach, 28. Septbr. Der Bahnverkehr Tarvis-Pontafel und Tarvis-Aßling ist infolge Unfahrbarkeit, verursacht durch die auf heftige Regengüsse angeschwollenen Wildbüche, eingestellt.
Mern, 28. Sept. Ueberall in der Schweiz ging starker Schneefall nieder. Der Rhein ist infolge von Regen an mehreren Orten ausgetreten.
— Die Einen sagen ja, die anderen nein InParis will man wissen, der Großtürke lasse marschiren, aus Athen wird dieser Nachricht widersprochen. Mukthar Pascha soll der Ausek- wählte der Pforte sein, der eine Armee gegen die Bulgaren führen werde. Uebrigens regt sich's auch bereits in Albanien und in Bosnien und der Herzegowina beginnt man gleichfalls unruhig zu werden. Serbien will vorerst sich nicht beteiligen, sondern nur für alle Fälle bereit sein, ebenso gedenkt man in Griechenland nur „die Rechte des Hellenismus" zu wahren. Der König von Griechenland ist aus Kopenhagen nach Athen heimgekehrt
— Jeder Tag bringt eine neue Hiobspost aus Tonkin oder Anam nach Paris. Tausende von Christen werden vertrieben oder niedergemetzelt. General Courcy aber hat zu wenig Mannschaften, um überall als Helfer und Retter beispringen zu können. So hat man in Paris jetzt beschlossen, ihm noch 6000 Mann Infanterie zu senden.
Madrid, 26. Sept. Deutschland hat sich durch die von der spanischen Regierung wegen der Pöbelangriffe auf die deutsche Gesandtschaft abgegebenen Erklärungen für befriedigt erklärt. Man glaubt hier, die Lösung der Karolinenfrage werde so ausfallen, daß Deutschland und England die nominelle Souveränetät Spaniens über die Karolinen- und Palaos-Jnseln gegen Gewährung der Freiheit des Handels und der Schiffahrt für ihre Staatsangehörigen anerkennen und Deutschland noch besonders die Abtretung einer Schiffsstation und Niederlagen auf den östlichen Karolinen erhalten wird.
Madrid, 27. Sept. Die Mäßigung und die wohlwollende Haltung Deutschlands im Verlaufe der Karolinenfrage wird hier sehr anerkannt. Man hofft, daß sich die Angelegenheit in einer Weise erledigen wird, welche die Beziehungen zwischen Deutsch
land und Spanien enger gestaltet. Die umlaufenden Gerüchte über eine Ministerkrise entbehren der Begründung. Der König, der an einer Erkältung litt, wird morgen das Zimmer verlassen können.
Mom, 26. Sept. Der „Osservatore Romano" spendet der von Deutschland und Spanien an die Billigkeit und Weisheit des Papstes ergangenen Berufung großes Lob, die Berufung seitens des protestantischen, seit Jahre in lebhaftem Kampfe mit dem Vatiakn sich befindenden Deutschlands sei um so bedeutsamer, weil die Herrscher und Völker sich nicht mehr vor dem päpstlichen Throne neigten. Das große überraschende Ereigniß werfe seinen Glanz auf das Papstthum und besonders auf die Person des Papstes, der sich so sehr auf der Höhe seiner Mission befinde.
Mekgrad, 27. Sept. Von der macedonischen Grenze kommt die Nachricht von einem Zusammenstoß zwischen Nizams und Ar- nauten bei Borani, wobei die Nizams über 100 Tote gehabt und auch die Albanesen Verluste erlitten haben sollen.
Mio de Janeiro, 26. Sept. Beide. Kammern nahmen das Gesetz über Abschaffung der Sklaverei an.
(2^ TnikrhaliLndes.
Girre WcrchL irn Sumpf.
Jagd erlebn iß aus der Lüneburger Haide.
Erzählt von Hermann Robolsky.
Es war Ende der sechziger Jahre. Ich wollte nach Hamburg fahren und hatte in Uelzen den von Hannover angekommenen Personenzug bestiegen. Zur Sommerzeit ziehe ich die dritte Wagenklasse entschieden der zweiten vor; sie ist lustiger und nicht so entsetzlich warm wie jene Polsterräume. Der Zug war im Ganzen wenig besetzt. In „meinem" Koupee saß mit mir nur ein Förster, ein Herr von etwa, ja von wie viel Jahren? Das ließ sich schwer errathen. Der Mann imponirte durch eine kräftige, große Gestalt. Mit einem Paar Schultern konnte er aufwarten, wie sie dem markigen Garde du Corps eigen zu sein pflegen. Auch die Bewegungen meines Vis-L-vis verriethen jene Elasticität, die auf gesunde ungeschwächte Jugend folgern lassen. Dazu hatte der Grünrock rothe Backen wie das schönste Mädchen, einen schwarzen Bart wie ein Südländer, dunkle Augenbraunen aber — schneeweißes Haupthaar. Mich interessirte der greisenhafte Jüngling. Ich weiß es selbst nicht, woher diese Theilnahme kam. Die ersten Stationen hinter Uelzen sprachen wir nicht miteinander. Als wir jedoch Bienenbüttel passirt, richtete ich an meinen schweigsamen Reisegefährten die Frage, ob er die Haidegegend kenne.
Der Förster heftete seine großen Augen auf mich und antwortete in freundlichem Ton: „Besser wie wohl viele andere. Eine Zeit lang war ich unweit der Göhrde stationirt und diese ist ja fast von Haideland eingeschlossen. Jetzt bekleide ich bei Hannover eine Stelle." „Gefiel es Ihnen auf Ihrem alten Platz nicht?" wandte ich mich von neuem an den ernsten Mann. Das will ich nicht grade sagen," meinte der Jäger, aber es knüpft sich an jene Gegend eines meiner furchtbarsten Erlebnisse. Ich bin schon verschiedene Male in Gefahr gewesen, doch trat noch die so drohend der Tod an mich heran als in der Lüneburger Haide." Meine Neugierde regte sich. „Hatten Sie dort einen ungleichen Kampf zu bestehen?" fragte ich theilnehmend. Der Reisende schüttelte den Kopf. „Das wäre so schlimm nicht!" lächelte er und legte die knochigen Hände auf seine Knie. „Auf dergleichen Ereignisse muß ja jeder Forstmann unter Umständen gefaßt sein. Aber wenn man von Minute zu Minute langsam seinem Ende entgegensieht und sich nicht helfen und retten kann, das ist gerade fürchterlich!" Jetzt mußte ich die Geschichte erfahren und sollte ich meine ganze mir zu Gebote stehende Rednergabe aufbieten. „O bitte, Herr Förster, erzählen Sie!" sagte ich, erhob mich etwas von meinem Sitz und warf den Rest einer Cigarre durch das offene Fenster. „Ich selbst bin Freund der grünen Farbe." „Es werden diesen Herbst zwei Jahre," hob der Mann langsam an, „ich war an einem prächtigen Abend in die Haide gegangen, um ein paar Birkhühner zu schießen. Einen Hund hatte ich nicht mitgenommen, denn ich wußte, daß ich beim Umherstreifen in dem hohen Kraut bestimmt etliche der Vögel aufthun würde. Von einem säulenstolzen Kiefernbestand aus trat ich in die braunrothe unermeßliche Wildniß. Vornan wucherten noch überall Heidelbeerbüschelchen zwischen der harten Erica. Hier und da glänzte eine dichtbelaubte Stechpalme aus dem Miniaturwald hervor. Ein schlanker, in sich verschlossener Wachholderstrauch sah vornehm auf das „kleine Volk" unter sich. Verspätete Ginsterblütheu leuchteten wie Goldstücke am Boden und die kleinen Blüthenglöckchen des Haidekrautes rührten sich im