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Landes bedeutet der aus Granada gemeldete Tod des Architekten Anton Richard Widman aus Schorndorf, eines Schülers von Gauth, der schon in Jahren, da andere erst lernen, hoffnungs­reiche Proben von schöpferischer Erfindungskraft gegeben hat. Schon im vorigen Jahre hatte er sich in Granada während der Zeit der Cholera unversehrt ausgehalten. Diesmal ist er der­selben in nur neunstündigem Kranksein erlegen Der Verstorbene war erst 29 Jahre alt. Lehrer und Freunde werden den in der besten Schaffenslust gleich seinem Meister seiner Arbeit entrissenen Kunstgenossen betrauern und sein Heimathlanv einen Sohn, welcher ihm schöne Kränze des Ruhmes heimzubringen bestimmt schien.

Im Maschinensaale der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel wurde am Samstag eine Heftmaschine neuer Kon­struktion, hervorgegangen aus der Maschinenfabrik der Gebrüder Brehmer, unter Leitung des Vertreters E. Baumgärtner hier und in Gegenwart von Sachverständigen, einer Probe unter­zogen. Es handelt sich nicht bloß um das Heften einzelner Bogen, dafür sind die Maschinen, ebenfalls von Brehmer, längst vorhanden, sondern um das Binden einer Anzahl von Bogen, also Brochiren. Die kompendiöse Maschine kann mit Dampf-, Hand- und Fußbetrieb benützt werden und ist im Stande, mit außerordentlicher Leichtigkeit 25 Bogen und noch mehr fertig zu binden.

Für die am 1. Dezember stattfindende V o l k s z ä h l u n g im deutschen Reiche find die Vorbereitungen in vollem Gange. Die Zählung wird ganz so wie vor fünf Jahren ausgeführt, und nur bezüglich der Berufsklassen diesmal in sofern beschränkt, als die letzteren jetzt nicht gezählt werden. Die Zählkommissionen sollen bis zum 4. November gebildet sein; ihrer Einsetzung wird dann die Abgrenzung der Zählbezirke und die Ernennung der Zähler folgen.

22. August. (Kartoffel-, Obst-, und Krautmarkt.) Leon­hardsplatz: 600 Säcke Kartoffeln L 2 ^ bis 2F

20 per Ztr. Wilhelmsplatz : 500 Säcke Mostobst L 2 ^ 70 bis 3 ^ pr. Ztr. Marktplatz: 3000 Stück Filderkraut zu 15 bis 20 ^ per 100 Stück.

Gmünd, 30. Aug. In den Tagen des 19., 20. und 21. September d. Js., findet in hiesiger Stadt die Jahresversammlung und Ausstellung, des württembergischen Landes-Bienenzüchter- Vereins statt. Am 21. September tagt sodann der genannte Verein hier in den Sälen des Hotes zumgoldnen Rad," um über verschiedene Vereinsangelegenheiten und Fachfragenzu beraten. Die Ausstellung selbst findet in der im Westen vor der Stadt sich befindenden geräumigen, in ziemlicher Nähe vom Bahnhof gelegen Seminarturnhalle (früher Forsterschen Reithause) und auf deren Vorplatz statt. Landesvereinsmitglieder, welche sich an der Ausstellung beteiligen wollen, sollten ihre diesfallsigen An­meldungen und die auszustellenden Gegenstände längstens bis Anfangs September dem Ausstellungskomite in Gmünd mitteilen, damit rechtzeitig der Platz vorgesehen und der Ausstellungskatalog fertiggestellt werden kann. Retoursendung der in Gmünd nicht verkauften Gegenstände erfolgt auf den württembergischen Bahnen frachtfrei. Auch die Anmeldungen zum gemeinsamen Festmale im Hotel Rad am Montag den 21. Sept. sollten dort oder beim Ausstellungskomite rechtzeitig gemacht werden. Allen Anzeichen nach wird die heurige Landesbienenausstellung eine großartige und hochinteressante werden und hofft man auf-sehr zahlreichen Besuch umsomehr, als unsere schöne Stadt und Gegend bei gar vielen Schwaben durch irgend welche Erinnerungen, persönliche und ge­schäftliche Verbindungen ja im besten Andenken steht. An Inte­ressantem aller Art fehlt es bekanntlich in Gmünd und Um­gegend nicht.

Schorndorf, 31. Aug. Die Diphtheritis, die gegenwärtig unter den Kinder von Stadt und Land herrscht, hat schon manche schmerzliche Lücke in Familienkreise gerissen. Viele Kinder werden nach auswärts gebracht, um sie der Ansteckung zu entziehen.

D Kirchheim u. I-, 28. Aug. Wie wir vernehmen, wird bei dem am 11. September hier stattsindenden Landeskirchen­gesangfest Hofprediger Dr. Emil Fromme! aus Berlin die Festpredigt übernehmen.

In Neuenstein, O.A. Oehringen, brach am 28. August Feuer aus, wodurch ein zweistöckiges Oekonomiegebäude stark be­schädigt wurde. Es besteht die Vermutung, daß Kinder durch sog. Zündeln den Brand verursacht haben.

Alm, 28. Aug. Seit einigen Tagen sind die nötigen Vorrichtungen zum Aufstellen des eisernen Dachstuhls auf dem Münster fertig, und gestern wurde mit dem Aufziehen und Auf­stellen der eisernen Sparren, deren einer gegen 25 Ztr. wiegt, begonnen. Die Aufstellung des ganzen Dachstuhls wird etwa 4 Wochen währen. Die Bedachung des Münsters wird nun

sicher mit glasirten Ziegeln stattfinden. In diesem Jahr wird nur noch die Hälfte des Daches mit neuen Ziegeln gedeckt, die andere über den Winter mit alten Platten.

Kottweil, 29. Aug. Die Ausgrabungen auf Hochmauern, der einstigen römischen Niederlassung, haben vor etwa 14 Tagen wieder begonnen und erfreuliche Ergebnisse zu Tage gefördert. Nicht allein sind nunmehr auch in nordöstlicher Richtung des Ausgrabungsgebietes die Fundamente eines größeren Gebäudes aufgedeckt worden, es wurden vielmehr auch eine größere Anzahl Gefässe aus töi-ra sigillara, einige Münzen, eine Fibula und kleinere Broncegegenstände gefunden, welche der hiesigen Altertumssamm­lung einverleibt und dieser reichhaltigen Sammlung zu weiterem Schmucke gereichen werden. Besucher Rottweils seien wiederholt auf diese Ausstellung aufmerksam gemacht, die des Interessanten und Belehrenden gar Vieles enthält.

Rundschau

Kaden-Kaden, 27. Aug. Die deutsche Kaiserin wird ihren jährlich gewohnten Herbstaufenthalt in unserer Stadt dies­mal schon zwischen dem 7. und 10. September für längere Zeit mit Gefolge nehmen. Die Kaiserin wird ihr Absteigequartier wieder im Meßmer'schen Hause nehmen.

Auf der kurzen Bahnstrecke von Karlsruhe nach Ett­lingen entwickelt sich nunmehr nach erfolgter Eröffnung der Seiten­strecke vom Bahnhof der Stadt Ettlingen zu dieser Stadt selbst ein vollständiger Lokaldienst, welcher noch die Zwischenorte Beiert­heim und Rüppur umfaßt.

Würzburg, 27. Aug. Spanische Firmen annullirten heute ihre einem hiesigen Exporthaus gegebenen Ordres unter Berufung auf ihren Patriotismus rücksichtlich des Zwischenfalls mit den Karolinen-Jnseln.

Mainz, 27. Aug. Im Hospital fand heute Morgen die Untersuchung des aufgefundenen Rumpfes statt. Es wurde fest- gestellt, daß das Fleisch an den Beinen durchschnitten und die Knochen durchgesägt worden waren, ebenso war mit den Armen verfahren worden, der Kopf war durch ein haarscharfes Instrument vom Halse getrennt, welcher sich noch am Rumpf befindet. Nach Ansicht der Behörde hätte kunstgerechter keine Amputation nicht stattfinden können. Die Lungen des Mannes, welcher etwa 27 bis 28 Jahr alt ist, zeigten einen Ansatz von Kohlenstaub. Zwei Schiffsleute haben bei der Polizei die Anzeige gemacht, ihr Bruder, welcher ebenfalls Schiffsmann und seither auf einem Kohlenschiffe gefahren ist, sei seit gestern, wo man noch eine größere Summe Geldes bei ihm gesehen, spurlos verschwunden.

28. Aug. Während die Staatsanwaltschaft und Polizei nach dem Thäter des heute Morgen entdeckten Verbrechens fahndet, durcheilt die Nachricht von einem zweiten hier entdeckten Mord die Stadt. In der Nähe desFürstenbergerhofs" nahmen die Umwohner gegen Mittag mehrere Blutspuren wahr, die Veran­lassung gaben, die Staatsanwaltschaft aufmerksam zu machen. Im Verfolg der Blutspuren fand man in dem ersten Stock vom Blut überströmt die Leiche der Frau eines Schuhmachers Namens Wothe, eine übelbeleumundete Person, die sich erst vor einigen Wochen mit ihrem früheren Zuhälter verheirathet hat. In einem angrenzenden, von einem zweiten Schuhmacher, einem gewissen Herbst, einem erst vor kurzer Zeit nach Verbüßung einer mehr­jährigen Haftstrafe aus dem Zuchthaus entlassenen Individuum, bewohnten Zimmer fand man blutige Kleider und ein blutiges Messer. Da Herbst viel bei Wothe verkehrte, vermuthet man, daß er an dem Verbrechen betheiligt ist; Herbst und Wothe sind seit heute früh verschwunden. Der Schlafgenosse von Herbst, ein Taglöhner Kranches von hier, ist einstweilen verhaftet worden. Weitere Anhaltspunkte fehlen noch, doch vermutet man einen Zu­sammenhang mit dem heute früh entdeckten Verbrechen.

Mainz, 29. Aug. Heute früh ist an der Stelle, wo der Rumpf des ermordeten Mannes herausgeschafft wurde, ein weite­res, für die Untersuchung werthvolles Beweisstück gegen den mutmaßlichen Mörder, Schuhmacher Herbst, gefunden worden. Es ist dies ein sogenannter Klopfstein, wie ihn die Schuhmacher gebrauchen und der als ein Eigenthum des Herbst erkannt wird. Mit Hilfe dieses Steins sollte der Rumpf des Ermordeten auf den Rheinboden gesenkt werden; wahrscheinlich hat aber der Stein beim Hinabstürzen des Packes aus dem Bündel sich losgelöst und es so ermöglicht, daß letzteres an die Oberfläche des Wassers kam und an dem Floß hängen blieb; wo es auch aufgefunden wurde. Herbst leugnet noch immer hartnäckig seine Betheiligung an beiden Mordthaten.

Wiesbaden, 30. Aug. Zur Vermählungsfeier der Prin­zessin Hilda von Nassau und des Erbprinzen Friedrich