Wildbader Chronik.
Amtsblatt für öis Staöt Wttdbad.
Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.
——b Einundzwanzig stev Jahrgang. §——
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Mittwoch, den 2. September
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^in Jubelruf durchschallt die deutschen Lande,
Gedenket Sedan's, das uns einst befreit, !
Gedenkt des Tages, der die deutschen Bande !
Fest schlang um uns in Ewigkeit, !
Es sprach im Donner jener Schlachten ?
Die Stimme Gottes sich für Deutschland aus, !
Für jene Helden, die den Rhein bewachten !
Und in Versailles gebaut ein deutsches Haus. ^
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Bis an die Rhone, Seine und Garonne Zog einst von Sedan kühn der Helden Schaar, -
Zu Dijon, Orleans, Paris grüßt' sie die Sonne ! Und vorwärts, vorwärts flog der Zollern Aar. ?
Wohl mancher Tapfre schloß dabei die Lider Und mancher gute Sohn ward heiß beweint.
Doch denkt Ihr Sedan's, denket immer wieder: >
Es ward schon dort das deutsche Reich geeint!
Die Kaiserkrone ward daselbst geschmiedet.
Als ein Napoleon fiel vom hohen Thron,
Ein fester Reif um Nord und Süd genietet.
Die deutsche Einigkeit war Sedans edler Lohn! Das hat die Thränen jener Mütter voll gesühnet. Die dort verloren den geliebten Sohn,
Jn's Herz getroffen fiel, der sich erkühnet.
Dem Deutschen Land zu bieten Spott und Hohn!
Drum preiset Sedan und gedenkt der Wonne, Die nach dem Siege unser Herz erfüllt.
Des ein'gen Vaterlandes Zukunfts-Sonne Verbreitet Strahlen glänzend, fruchtbar, mild!
Und strahlen wird sie einst zum Hellen Siege,
Den Gott im innern uns gnädig verleiht,
Heil Kaiser dir! Sedan dem Trug, der Lüge! Dem Vaterlande Heil in Ewigkeit!
Iurn Seöantage.
Drei Lustren sind verstrichen, aber jung und frisch bleibt die Erinnerung an den zweiten September 1870, da sich das Schicksal des dritten Napoleon entschied, im Herzen des Volkes. So viele Einwendungen auch die Reichsfeinde wider den nationalen Fest- und Gedenktag zu machen hatten, immer noch erhebt sich erfrischt und neu gekräftigt der nationale Gedanke durch die frohe Stimmung, in welche der zweite September alle Patrioten versetzt. Mag man die Sedanfeier noch so sehr bekritteln, sie erhält sich im Volke, weil es ein tiefes Bedürfnis fühlt, das Gedächtnis einer herroischen That des „Volkes in Waffen" und damit das Andenken an die „große Zeit" zu feiern, und länger wohl, als noch die Zeugen und Mitkämpfer des glorreichen Krieges leben, wird die Erinnerung an Sedan einer Sonne gleich die Wolken des Parteihaders, die Schatten der Sorgen der aufwärts strebenden Nation und den Nebel der Wirren der Gegenwart durchbrechen.
Ja mehr als das, — denn grade je heftiger die innerpolitischen Wogen gehen, deren Hochflut zuweilen die Fragen aufwerfen läßt, ob das Deutschland der großen Zeit noch fernerhin Vertrauen auf seine Zukunft habe, ob er nicht ängstlicher und kleingläubiger geworden sei und ob nach kurzer Glanzperiode sein Stern zu sinken drohe, um so erhebender wird der jungen Generation am Sedantage zu Gemüte geführt werden, daß sie zu streben habe, den Vätern gleich zu werden, zu streiten und zu kämpfen gleich ihren Altvordern, die auf dem Schlachtfelde an des Dichters Ausdruck dachten: „und setzet Ihr nicht das Leben ein, nie wird Euch das Leben gewonnen sein!" Ohne Kampf — kein Sieg, — das ist nicht nur die große Lehre des Tages von Sedan, des Krieges, der uns das einige Vaterland und das Deutsche Kaisertum gebracht hat, es ist auch das bezeichnende Wort aller unserer inneren Kämpfe, all' unserer Kulturbestrebungen, insbesondere der sozialen und kolonialen Thätigkeit.
Diese beiden großen Tagesfragen hängen freilich mit dem Sedantage nur lose zusammen, denn Niemand hat ihrer gedacht, als der Donner der Schlacht, die welthistorische Entscheidung brachte, aber gleich dem großen Kampfe um den inneren Ausbau des Reiches, um die Stellung des Staates zur Kirche, welche das Gebäude der Gewissensfreiheit, wie es ein Luther errichtet hat, zu erschüttern dachte, und dem wirthschaftlichen Kampfe, welcher einen nationalen Zolltarif brachte, sind heute die Sozial-
und Kolonialpolitik mächtige Kulturfragen, die zunächst national zu nennen sind, weil aber gleichzeitig von fast allen modernen Staaten in den Vordergrund gestellt, als wichtige, weitumfassende und folgenreiche Fragen der allgemeinen Kultur zu betrachten sind.
Ohne Kämpf kein Sieg! — Das lehrt uns der Kampf gegen den Umsturz, wie er leider im Anarchismus nicht nur in Deutschland erschreckende Thaten gereift hat, sondern auch in der Sozialdemokratie zersetzend gähnt, und in der Selbstzersetzung der Roten und Rötesten sich als geistiges Gift erweist, welches den jungen frischen Organismus des Reiches bedroht und von ihm ausgestoßen werden muß. Auch in der Kolonialpolitik setzten treue Forscher und edle Söhne der Nation ihr Leben ein, kämpften unsere Blaujacken gegen rohe Urvölker und wird noch mancher Kampf durchzumachen sein, ehe sich die Segnungen der deutschen Reichspolitik in Afrika und in der Südsee in einem Siege friedlicher Kultur werden zeigen können. Ist unserer Generation versagt, auf dem Schlachtfelde zu kämpfen und zu siegen, so bleibt ihr der edle männliche Kampf in der Wissenschaft und Technik, der Kampf für die gedeihliche Entwickelung der Verfassungszustände, der Kampf gegen Not und Elenv als weites Feld offen, und der Sieg wird nicht ausbleiben, wenn in ehrlicher politischer Arbeit, im redlichen Wollen und mit demselben Mannesmuthe in der friedlichen Arena der Tagespolitik so tapfer gestritten wird, wie es die Väter aus den Schlachtfeldern von Frankreich thaten.
Es ist der Lauf der Weltgeschichte, daß sie mit immer neuen fruchtbaren Aufgaben an die lebende Generation herantritt; einem jeden Volke auch dem deutschen giebt die Vorsehung eine ernste Kulturmission. Der Geist des Volkes, wie er sich in der „großen Zeit" offenbarte, hat das deutsche Volk in Waffen urkräftig, tapfer und edel, das deutsche Volk daheim opferwillig und gut gezeigt, das ist ein herrliches Vermächtnis für die Nation und verdient alljährlich gefeiert zu werden. Auf denn. Du junges Volk: „Was Du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!" Das sei ein Mahnwort für und für, und mag an jedem Sedantage wiederholt werden.
W ü r t t e m berg
Stuttgart, 27. August. Zum Tode des Architekten Anton Richard Wivmann von Schorndorf schreibt der Staatsanzeigcr. — Einen schmerzlichen Verlust für die Kunstbestrebungen unseres