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schiedene Blätter melden: Ein eigentümliches Ereignis erhält seit einigen Tagen die hiesige Bevölkerung in bedeutender Aufregung. Seit ganz kurzer Zeit haben nämlich sämmtliche Dohlen, die zu Tausenden die Domthürme bevölkerten, dieselben mit einem Schlage verlassen. Wenn man bedenkt, daß dieselbe Erscheinung im Jahre 1873 vor Einbruch der Cholera eintrat, ist diese Auf­regung sehr erklärlich. Auch in München soll eine, wenn auch nicht so auffallende, doch ähnliche Erscheinung an den Dohlen der Frauenthürme bemerkbar sein. Hoffentlich erweisen sich diese Be­fürchtungen als gänzlich unbegründet.

Stadt Wasserburg (Bayern), 7. Aug. Hier ist heute ein großer Brand ausgebrochen; 35 Häuser sind bis jetzt abgebrannt.

Merlin, 11. August. Es verlautet, daß auf die Zusammen­kunft der Kaiser von Oesterreich und Rußland unmittelbar eine Zusammenkunft der Kaiser von Deutschland und Rußland erfolgen werde. Wann und Wo diese Begegnung stattfindet, ist noch nicht bekannt, obwohl schon alle Einzelheiten vereinbart seien.

Die Begegnung zwischen Franz Josef und Alexander III. findet bestimmt am 24. August in Kleinster statt.

Die holländische Regierung hat alle in Europa gelegenen spanischen und französischen Mittelmeer-Häfen, mit Ausnahme derjenigen von Korsika, als von der Cholera infizirt erklärt.

Wrag, 6. August. (Am Dirigentenpult verschieden.) Ein tragischer Vorfall wird ans Böhmisch-Kamnitz berichtet: Ein Monstrekonzert der vereinigten Musikkapellen von Steinschönau, Langenau und Böhmisch-Kumnitz, welches am Sonntag im Hotel Merkantile" abgehalten wurde, hat einen raschen und erschütternden Abschluß gefunden. Der Musikdirigent Herr Aug. D. Grohmann aus Steinschönau stürzte, als er bei Beginn der zweiten Abteilung die Noten an die Musiker verteilen wollte, in Folge eines Herzschlages pötznch zu Boden und blieb sofort tot. Die beiden erwachsenen Söhne des Dirigenten, welche als Musiker beim Konzert mitwirkten, waren Zeugen der trau­rigen Scene, die alle Anwesenden tief ergriffen hat.

Marseille, 10. August. Von Samstag 5 bis Sonntag 1 Uhr Nachmittags waren 17 Choleratote zu verzeichnen.

Marseille, 8. August. In den letzten 24 Stunden kamen Hierselbst 26 Choleratodesfälle vor.

Wom, 6. Aug. Infolge der Cholera in Marseille wurde von heute ab für den französischen Grenzverkehr die ärztliche Untersuchung eingeführt.

Madrid, 6. August. Gestern sind, wie offiziell verzeichnet wurde, in Spanien 4113 Erkrankungen und 1668 Todesfälle an Cholera vorgekommen. Diese Ziffern umfassen jedoch blos sieb­zehn Provinzen, während die Cholera fast in ganz Spanien und namentlich in der Provinz Barcelona herrscht

Melgrao, 8. August. Ein königl. Erlaß ordnet für ver­schiedene Kreise wegen des herrschenden Räuberunwesens das Standrecht an. Heitere Gegend!

Werv-Kork, 8 August. Das Leichenbegängnis des ver­storbenen Generals Grant fand heute in großartiger Weise statt. Der Leichenzug war fast sechs englische Meilen lang.

Wern-Kork, 5. August. Der durch den Wirbelsturm am Montag in Philadelphia und Camden angerichtete Schaden wird auf 1,200,000 Dollars veranschlagt. 6 Personen kamen dabei um's Leben und 96 wurden verletzt.

Neueren in Akerandria eingetroffenen Meldungen zufolge wäre der Mahdi keines natürlichen Todes gestorben. Auf seinem Zuge nach Berber mit der Eintreibung harter Kriegskontributionen beschäftigt, soll er von den Mitgliedern eines durch die Revolte verarmten Stammes aus Rache ermordet worden sein.

Hiesiges.

Wikdöad, 11. August. Der deutsche Geometertag hat sei­nen Abschluß mit einem Ausflug nach Wildbad gefunden. Der­selbe wurde bekanntlich letzten Samstag ausgeführt, worüber wir noch in der an diesem Tage erschienenen Nummer derWild­bader Chronik" kurz referiren konnten. Heute sind wir nun in der Lage, näheren Bericht über den Ausflug, welcher einen so schönen Verlauf genommen hat, zu geben.

An demselben beteiligten sich 290 Personen. In Calw wurden bei An- und Abfahrt Böllerschüsse gelöst. Großes Gaudium er­regte es, als bei Liebenzell der Zug von einem arbeitenden Geometer mit Schwenken der Flurkarte aus der Ferne begrüßt wurde. In Unterreichenbach war die Stuttgarter Ferienkolonie auf dem Perron, welche den Zug mit Hurrah begrüßte. In Wildbad, dessen Häuser alle reichen Flaggenschmuck zeigten, empfing die Kur­kapelle die Gäste mit einem lustigen Marsch. Stadtschultheiß Bätzner, welcher mit den bürgerlichen Kollegien auf dem Bahn­hof erschienen war, begrüßte kurz die Gäste, dann ging es, die

Musik voran, durch die beflaggten Straßen nach der Trinkhalle, wo ein Gabelfrühstück eingenommen wurde. Stadtschultheiß Bätzner begrüßte nochmals die Gäste, wenn auch Wildbad nicht so viel wie eine Residenz bieten könne, hoffe er doch, daß es ihnen im Schwarzwalde gefallen werde. Vorstand Winckel dankte für den festlichen Empfang mit einem Hoch auf Wildbad, die Perle des Schwarzwaldes. Geometer Fecht toastete gleichfalls auf Wildbad. NachdemWildbad soll leben" gesungen, wurde aufgebrochen, die Anlagen besehen, ebenso die Bäder, von wenigen auch Aus­flüge auf die Berge unternommen. Der Kaffee wurde gemein­sam in den Anlagen vor dem Theater eingenommen. Hier brachte Stadtgeometer Eberhard aus Tübingen noch ein Hoch auf die Staatsregierung und das Lokalkomite mit Oberstauerrath Schlebach an der Spitze, welches letzterer mit einem Hoch auf den Vereinsvorstand Winckel erwiderte. Ein großer Teil gab sich von 4 bis 6 Uhr ein Rendezvous im Gasthof zur alten Linde, wo der den Stuttgartern wohlbekannte Hofmusikus a. D. Fohmann an Stelle seines Sohnes den jovialen Wirt machte. Bei der guten Aufnahme trennte man sich schwer von hier, doch Parole war 6 Uhr zum Konzert vor das Badhotel. Von hier aus begaben sich die Meisten um 7 V» nach dem Bahnhof zurück, um die Rückfahrt anzutreten. Allgemein wurde bedauert, daß es nicht möglich war, die wegen der Gäste extra auf diesen Abend gelegte Beleuchtung der Enzanlagen zu bewundern. In Calw wurde den Touristen auf dem Rückweg nochmals eine Ueber- raschung zu Teil, indem von befreundeter Seite die ganze Gegend wiederholt bengalisch beleuchtet wurde. Um 10 Va Uhr traf der Extrazug wieder in Stuttgart ein. Noch ein Händedruck, einauf Wiedersehen" und zerstoben waren die Gäste des Geometertages.

fl Wikdöad, 7. August. Die heute Nachmittag in der Brauerei Funk abgehaltene Versammlung von Bienenzüchtern und Bienenfreunden war von etwa 50 Personen besucht. Herr Kaufmann Pfau von hier führte den Vorsitz. Nach kurzer Begrüßung der Versammlung erteilte er Herrn Wanderlehrer Fütterer aus Stein (in Baden) das Wort, welcher sodann einen anderthalbstündigen Vortrag über Bienenzucht hielt. Herr Fütterer löste seine Aufgabe, indem er sein Thema in zwei Teile zerlegte und im ersten Teil den Nutzen und im zweiten Teil die neuere Betriebsweise der Bienenzucht besprach. Beim ersten Teil über den Nutzen der Bienenzucht führte er als direkten Nutzen die Gewinnung von Honig und Wachs an. Als indirekten Nutzen bezeichnte er die Befruchtung der Pflanzen, besonders der Obstbäume, durch Bienen, indem sie den Blumenstaub von einer Pflanze zur andern tragen, und daß die Bienen den oft für die Pflanzen so schädlichen Honigtau von den Pflanzenblättern ablecken und dem Bienenzüchter Honig daraus bereiten. Als moralischen Nutzen führte er an, wie die Bienen für jeden denkenden Menschen ein Muster der Ordnung, der Reinlichkeit, der Sparsamkeit, des Kunstfleißes, der Vater­landsliebe sein müsse. Am Schluffe des ersten Teiles führte Herr Fütterer noch an, wie nützlich der reine Honig als Arznei sein könne, und daß in neuerer Zeit berühmte Aerzte die gefähr­lichsten Krankheiten mit reinem Schleuderhonig heilten. Dies könne jedoch nur mit einem Schleuderhonig, nicht aber mit warm aus­gelassenem Honig, bei welchem sich die von den Bienen dem Honig beigemischten Athome aus ihrem Stachelgift, der Ameisen­säure durch das Erwärmen verflichtigt habe, geschehen. Auch der, hauptsächlich aus der Schweiz eingeführte, Kunsthonig bekam dabei eine Lection. Dieser Kunsthonig seie ein Gemisch von Kartoffelzucker, Syrup, Klizerin und Schwefelsäure und seie so recht geeignet, statt zu heilen, zu vergiften, und es sei gewissenlos, wenn in Gasthöfen oder Apotheken ein solch schädliches Gebräu verwendet werde. Im zweiten Teil des Vortrags gab Herr Fütterer eine Schilderung über die Betriebsweise der Bienenzucht. Er stellte eine Vergleichung zwischen dem Stabil- und dem Mobil­bau an uud wies dann schlagend nach, daß die Bienenzucht in Dzierzonkästen, also mit beweglichen Waben, mehr als das doppelte rentabler sei, als die Betriebsweise in Strohkörben mit unbe­weglichen Waben. Nach einer kurzen Beschreibung des Dzierzon- stockes führte der Redner als besondere Vorgänge des beweg­lichen Baues an, daß der Züchter jederzeit Herr seiner Bienen sei, indem er nach Belieben den ganzen Stock zerlegen könne, um sich zu überzeugen ob der Bau gut, das Volk gesund, die Königin rüstig und fruchtbar sei; ferner kann er jederzeit Honig entnehmen und die entleerten Waben sogleich wieder verwenden, so daß die Bienen in der besten Erntezeit statt neue Waben zu bauen, nur die schon gebauten wieder mit Honig füllen dürfen. Auch über das Schwärmen und die Kunstschwarmbildung wurden Erklär­ungen gegeben. Zum Schluffe teilte Herr Fütterer noch mit, welches Vergnügen es gewähre, so in seinem Bienengarten zu