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Rupsch, der mit Reinsdorf und Küchler zum Tode verurteilte Anarchist, will die Gnade des Kaisers anrufen. Er ist bei weitem der Jüngste unter den Verbrechern.

Zwei berühmte Amerikaner, Stanley,der weltbekannte Pionier, und Elliot Sheppard aus New-Pork, gratulirten Deutsch­land bei einem Festmahl in Wiesbaden zu Bismarck. Ihr Deutschen, sagte Stanley, habt den rechten Mann, daß Ihr bei der Teilung Afrikas nicht zu kurz kommt. Ich habe Deutschland studirt, die blühende Industrie Deutschlands ist ganz geeignet, die Tausende von Millionen Meter Stoff herzustellen, um die bedeckungsbedürf­tigen Bewohner des Congobeckens in deutsche Farben zu kleiden. (Gr. Heiterkeit.) Auch Sheppard wies auf das reiche Absatz­feld für deutsche Maaren in Afrika hin und fuhr fort: Euer großer Staatsmann trifft zweifach das Ziel, einmal traf er es in einem großen, siegreichen Kriege, der Deutschlands Besitz ver­größerte und sein Staatswesen reformirte und jetzt arbeitet er für den Weltfrieden durch Einigung der größten Völker: Raum für Alle hat die Erde und er fand den Platz, wo sich die Völker als Brüder fühlen können. (Von derSchweinepolitik" Bis­marcks, mit der man vor einem Jahre die Amerikaner aufhetzen wollte, wissen diese Amerikaner nichts.)

Kiek, 15. Jan. Das der Albatroßklasse angehörende Kanonen­boot Habicht, welches 5 Geschütze führt, 848 Tonnen Gehalt und 127 Mann Besatzung hat, wird augenblicklich in Wilhelms­haven ausgerüstet. Es soll nach Westafrika bestimmt sein, um dort auf den Flüssen Untersuchungsfahrten vorzunehmen, wozu sich der Habicht seines geringen Tiefganges wegen ganz besonders eignet.

In Krfurt hat ein Hospitalit glücklich umgesattelt; es fiel ihm als Erbschaft ein Majoratsgut im Werte von mehreren 100 000 in der Nähe von Naumburg zu. Reiten wird er ja können!

Aasel, 16. Januar. Der Rhein war gestern Nachmittag, nachdem die Sonne endlich den dichten Nebel durchbrochen hatte, von einer Schaar Möven belebt, welche bald lustig dahinschwammen, bald in gewaltigen Bogen in der sonnigen Luft sich jagten. Ein Zeichen der herrschenden und wahrscheinlich andauernden Kälte.

In Wien ist abermals eine großartige Unterschlagung, man spricht von 20000 Gulden, an den Tag gekommen. Der Thäter, ein Geldwechsler, ist gefänglich eingezogen worden.

Der Schnellzug von Brüssel nach Calais ist bei Tour- nai verunglückt. Es gab mehrere Tote und Verwundete. Der Frkf. Ztg. wird aus Brüssel 17. Jan. darüber gemeldet: Das Unglück passirte vor dem Bahnhof Bierges, das Rad eines Wagens brach, alle Wagen dahinter entgleisten und liefen aufeinander, wobei mehrere zerschmettert wurden. 14 Personen sind verwundet. Die Verletzten sind meist Belgier.

H'aris, 16. Jan. Der Polizeibeamte Ballerich, der bei dem neulichen Vorgang in der Redaktion desCri du Peuple" ver­wundet worden war, ist heute Nachmittag gestorben.

Aizza, 16. Jan. Fürchterlicher Sturm auf dem Meer; das Wasser hat die bekanntePrommenade des Anglais" überschwemmt und dringt in die Magazine des Corso.

An einigen Orten der Provinz Granada will man wahrge­nommen haben, daß die Sonne am Morgen jetzt bedeutend später als früher (ein Madrider Tel. gibt den Unterschied auf eine Vs Stunde an) sich höher über die Berge erhebe, und man will dar­aus schließen, daß die Gebirgskette der Sierra Nevada sich um einige hundert Meter gehoben (oder die Ebene gesenkt?) habe. In Almanneyar in der Provinz Granada dauerten die Erder­schütterungen noch fort. Dasselbe wird unter dem 9. d. aus Torrox, Nerja und Triziliana in der Provinz Malaga gemeldet. Das Erzittern des Bodens und das dumpfe unterirdische Tosen hören nicht auf. Es haben sich in jener Gegend große Erdrisse aufgethan, sogar in Felsen. Ein vielbewunderter Felsen bei Torrox hat seine Stellung verändert und droht über die Stadt herein­zustürzen.

Nach einem Telegramm des Temps aus Kairo hätte der Mahdi die Bedingungen des General Wolseley angenommen und marschiren in Folge dessen die Engländer ungehindert auf Khartum.

Hiesiges.

ff Wildöad, 19. Jan. Gestern Abend hielt der Turner­bund auf dem Großmann'schen Eissee beim Windhof ein Eisfest mit Beleuchtung ab und fanden sich dort gegen 8 Uhr Alt und Jung aus Stadt und Umgegend ein, um sich in der herrlichen sternhellen Winternacht, die wir gestern, wie seit lange nicht mehr hatten, an einer der schönsten Vergnügungen des Winters, dem Schlittschuhlaufen, zu ergötzen. Paarweise und einzeln durch­flogen sie die durch das Licht der Lampions in trauliches Halb­dunkel gehüllte Eisbahn, um bald, anscheinend der Last des

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Körpers ledig, dem Vogel ähnlich, im sanftesten Gewiege dahin­zuschweben, bald sich mit mutiger Geschicklichkeit und Anstreng­ung des Körpers in allerlei anmutigen Künsten dieser so reizen­den Hebung zu ergehen. Als man dann endlich zum Heimgehen aufbrach, waren sowohl Zuschauer als Fahrende vollauf befriedigt und können wir nicht umhin, dem Turnerbund, der es sich trotz seines kurzen Bestehens bisher stets angelegen sein ließ, den Einwohnern Wildbads und Umgegend Etwas zu bieten, hier unsere Anerkennung und unfern Dank auszusprechen mit dem Wunsche, es möge derselbe, von hiesiger Einwohnerschaft unterstützt, stets blühen und gedeihen. 0 . . .

Unterhaltendes. -DS

Wev ist öev Wervückte?

Ich stand erzählt der Major damals in K. in Garnison und hatte das Glück, in meinen Vorgesetzten, dem Obersten N., einen Kameraden zu besitzen, mit dem ich täglich verkehrte und dessen Freundschaft mir für die trostlose Langeweile der kleinen Garnisonsstadt einigen Ersatz bot. Er war bei Plewna durch einen Granatsplitter am Kopfe verwundet worden, lag 6 Wochen lang in den wildesten Fieberphantasieen und entkam nur durch ein Wunder dem Tode, der ihn schon fest an der Gurgel gepackt hatte. In unserm Städtchen galt der Oberst für ein Orginal, dem man die wunderlichsten Geschichten nachsagte; so erkannte man den besten und edelsten Menschen, der in treuer Pflichter­füllung ein Muster für alle und seinen Untergebenen gegenüber die Humanität selbst war. Eines Abends saß ich mit dem Obersten bei einer Whistparthie, als er plötzlich aufstand und mich ersuchte, ihn nach Hause zu geleiten. Er klagte über Congestionen, die ihm das Blut zum Gehirn trieben, und als wir die Treppe Hinab­stiegen, hatte er einen leichten Anfall von Schwindel. Schweigend gingen wir in die sternhelle Nacht hinaus. Plötzlich faßte mich der Oberst am Arm.Sehen Sie jenen roten Stern dort, der über das Firmament schießt?" fragte er mich, indem er die Stelle in der Höhe bezeichnete, wo das Sternbild des großen Bären erglänzte.Wo?"Er ist schon verschwunden. Sonderbar daß Sie ihn nicht gesehen haben/ff Einige Tage darauf debattirte man im Militär-Kasino sehr lebhaft über die nihilistische Agitation in den Reihen der Armee. Der Oberst leugnete kurz­weg. daß der Nihilismus in den Kreise« der russischen Offiziere Anhänger besitze; alle Verhaftungen, die man in der letzten Zeit in einem Garderegiment vorgenommen hatte, seien die Folge ge­meiner Denunciation.Wissen Sie" rief er mit gerötetem Gesichte aus, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug. Wissen Sie, meine Herren, wer eigentlich an der Spitze der nihilistischen Agitation steht?"Nun?" Niemand anders als der Bismarck. Er bezahlt die Nihilisten und Moltke hat einen Plan ausgearbeitet, nachdem sämmtliche kaiserliche Schlösser an einem Tag in die Luft gesprengt werden sollen."

Drei Wochen später wurde ich von unserem kommandirenderr General ersucht, den Obersten N. nach der Irrenanstalt des Gouver­nements zu bringen, die, zwölf Werst von unserem Städtchen entfernt, isolirt auf einer Anhöhe lag. Ich muß vorausschicken, daß ich mit dem neuen Direktor und ersten Arzte der Anstalt nicht bekannt war und daß der General versäumt hatte, mir eine Vollmacht mitzugeben. Wir fuhren in offenem Schlitten und die Fahrt in der frischen Luft schien dem Kranken wohl zu thun. Er war sehr gesprächig, plauderte von diesem und jenem und er­kundigte sich wiederholt in einer Weise, welche mir auffiel nach meinem Gesundheitszustände.Der Aufenthalt dort" und er deutete nach der Ferne, wo die Anstalt bereits sichtbar war wird Dir gut thun. Man behandelt dort die Kranken, die an Congestionen leiden, sehr rationell! Sehr rationell!" Er zündete sich eine neue Cigarette an, blies den Rauch in großen Wolken in die Luft und sah so heiter und vergnügt aus, als handle es sich um eine Vergnügungspartie.

Was ging in seinem kranken Geiste vor? Der General hatte ihm mitgeteilt, daß eine rationelle Behandlung seines Nervenleidens in einer Heilanstalt seine Gesundheit rasch wieder Herstellen werde. Aber der Oberst wußte recht gut, daß das Gebäude, dem wir uns näherten, nichts anderes war, als die Irrenanstalt. Und dabei diese ängstliche Besorgnis um meine Gesundtheit! Die Natur der Wahnvorstellungen, die in diesem Augenblicke seinen Geist beschäftigten, sollte mir bald klar werden. Als wir in den Hof des Irrenhauses einfuhren, war der Oberst der Erste, der aus dem Schlitten sprang und in das Haus eintrat, während ich dem Kutscher meine Befehle erteilte. Ich sah ihn, als ich ihm nach­folgte, in dem Hausflur sehr angelegentlich in flüsterndem Tone mit dem Direktor sprechen. Dann traten wir alle drei in das