der glücklichste Mann. Heute morgen bot eine Frau mir 10 Frcs. für einen Laib Brot, den ich ihr selbstverständlich umsonst gab. Außerdem schickte ich ihr heute abend von meinem Landgut, in dem ich mit 6 Mann ganz allein liege, 1 Sack Kartoffeln (1 Sack kostet in Cirey 40 Centim.) und 1 Sack Wirsing. Das Elend unter der französischen Bevölkerung ist das größte, das man sich denken kann. Trotzdem ich nur noch ca. 100—120 Mann zu verpflegen habe, koche ich in meiner Feldküche für 300 Personen täglich, um dem armen Volk etwas zukommen zu lassen. Der Krieg ist etwas Fürchterliches, selbst noch für uns, die wir jetzt 10 Gefechte mitgemacht. Kinder, dankt täglich 1000 mal unserem Herrgott auf den Knien, daß dieses Elend bisher von unserem teuren deutschen Lande abgehalten worden ist, und betet weiter, daß unseren Waffen weiter der Sieg verliehen sein möge. Ich kann nicht weiterschreiben, mein Bleistift ist nur noch 2 cm lang, ich habe schon den Krampf in den Fingern, der Feind liegt uns auf ungefähr 1000 Meter gegenüber und ich muß noch weitere Meldungen erstatten. Sie müssen sich deshalb zum Entziffern etwas Mühe geben. Habe heule das Eiserne Kreuz erhalten, als einer der ersten im Regiment. 16. September morgens. Wir liegen marschbereit mit unbekanntem Ziel... -* *
Die Württemberger im Schlachtfeld.
Aus der amtlichen Verlustliste Nr. 33 geht hervor, daß vom Infanterie-Regiment 121 (Ludwigsburg) das I. Bataillon am 18. September bei Apremont, das II- Bataillon am 10. September bei Voux Marie gefochten hat; auffallend ist die große Zahl der Vermißten in der 5. und 6. Komp. (60 und 68). Das III. Bataillon des Grenadier-Regiments Nr. 123 in Ulm hat vom 29. bis 30. August bei Montmedy, Doulcon und Dun, sowie am 6. Sept. bei Lriancourt und Vaubecourt gekämpft. Am 23. und 25. Sept. hat das Landwehr-Inf.-Regt. Nr. 125 bei Avocourt, sowie am 27. bei Cierees an den Schlachte» teilgenommen. Vom Jnfant.- Regt. Nr. 126 in Straßburg hat das I. Bataillon vom 16. bis 18. Sept. bei Chevreaux, das II. Bat. am 7. Sept. bei Le Chipal und das III. Bat. am 13. Sept. bei Löwen im Kampfe gelegen. Das Ulanen-Regiment Nr. 20 in Ludwigsburg hat am 16. und 20. Sept. bei Montblainville und am 3. Sept. bei Varrennes gefochten.
Die 33. württ Verlustliste verzeichnet vom Jnf.-Regt. 121 in Ludwigsburg 339 Name», vom Gren.-Regt. 123 in Ulm 105 Namen, vom Land- rvehr-Jnf.-Regl. 125 in Stuttgart 345 Namen, vom Jnf.-Regt. 126 in Straßburg 244 Namen, vom Ulanen-Regt. 20 in Ludwigsburg 7 Namen. Die Liste umfaßt insgesamt 940 Namen und zwar: 88 tot, 109 schwer, 421 leicht verwundet bezw. verwundet, 315 vermißt, 6 erkrankt, 1 verletzt. In der Gesamtzahl befinden sich 18 Offiziere und 3 Offizierstellvertreter, und zwar: 6 gefallen, 2 schwer, 9 leicht verwundet bezw. verwundet, 4 vermißt.
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vrr Leppelln über VstenSe.
GKG. Das Untwerpener Blatt „Metropole" bringt die folgende Schilderung des Angriffs, de» ein deutscher „Zeppelin" in der Nacht vom ver
gangenen Freitag zum Sonnabend auf Ostende unternommen hat. Das „Berl. Tagebl." gibt die Schilderung wieder:
„Es war 2 /. 11 Uhr nachts, und Ostende lag schon lange in tiefer Finsternis, als ein telephonischer Anruf aus Thourout den Stadtkommandanten Oberst Wielemanns verständigte, daß ein Zeppelin, von Audenarde kommend, Thourout in der Richtung auf Ostende passiert habe. Und schon einige Minuten später kann man das furchtbare Surren der Maschinen eines „Zeppelin" zweihundert Meter über den Dächern des schlafenden Ostende hören. Der „Zeppelin" sucht mit dem Feuer seiner gewaltigen Scheinwerfer den Stand ab, dann nimmt er Richtung nach dem Bois de Boulogne und dem Strandbahnhof, und bald darauf zerreißen vier furchtbare Detonationen die Stille der Nacht. Die Bürgergarde von Gent, die am Bahnhof steht, gibt wohl ein paar Gewehrschüsse auf das Luftschiff ab, aber mit Windeseile verschwindet das Luftschiff in der Nacht. Der Knall der Detonationen hat natürlich ganz Ostende aus dem Schlaf geweckt, und zehn Minuten später eilt alles nach dem Strandbahnhof. Aber wenn auch der sternen- übersäte Himmel von wunderbarer Klarheit ist, es ist unmöglich, den Schaden zu erkennen, den die Bomben verursacht haben. Erst der Morgen gibt Aufschluß über seine Größe. Die erste Bombe ist in eine Lichtung des Bois de Boulogne gefallen. Sie hat ein riesiges Loch von mehr als 10 Metern Umfang und wenigstens 5 Metern Tiefe gerissen. Ueberall sind Staub- und Erdklumpen zu sehen. Die zweite Bombe ist auf einem kleinen Platz zwischen Bahnhof und Strand niedergegangen. Im Umkreis von 5 Metern ist das Erdreich von ihr zerwühlt. Eine dritte Bombe ist auf dem Straßenpflafier explodiert. Obwohl sie sich nur einen Meter tief in den Boden gewühlt hat, hat sie doch eine furchtbare Detonation verursacht. Auf hundert Meter im Umkreis sind alle Fensterscheiben in Trümmer gegangen. Auch in einigen Eisenbahnwagen sind die Scheiben gesprungen und eine Säule aus blauem Stein ist zweihundert Nieter vom Bahnhof fortgeschleudert worden. Ten größten Schaden aber hat die vierte Bombe angerichtet. Sie ist in dem Bureau eines Fischexporteurs namens Willems explodiert, und das phantastische Zerstörungswerk, das sie dort angerichtet hat, gibt einen Begriff von ihrer Kraft. Sie hat das Dach durchschlagen und fortgeschleudert und ist dann auf einen schweren, ungewöhnlich starke» Geldschrank niedergegangen. Von diesem Geldschrank waren nur ein paar größere Stücke in allen vier Ecken des Zimmers zu sehen, die übrigen hatten an etwa zwanzig Stellen der Mauern tiefe Spuren zurückgelaffen. Durch die Gewalt des Luftdrucks war auch die Stiege des Hauses gesprungen, und ein kleiner Eisent'asten, der in dem Geldschrank gelegen, hatte sich tief in die hölzerne Diele eingebohrt. Während die Bombe auf diese Weise im Bureau des Fischexporteurs alles vernichtet und schließlich ein Loch von 2 Metern Tiefe in den Erdboden gerissen hatte, war im ersten Stockwerk ein kleiner Kamin, auf dem ein Christus stand, unversehrt gebliebem „Das ist alles, was von meinem Geschäft übrig geblieben ist" sagte Herr Willems. „Seit dreißig Jahren steht diefer Christus da, und er hat sich!
auch heute nacht nicht gerührt." Jetzt werden Maschinengewehre in Aufstellung gebracht, die das furchtbare Raubtier bei einem neuen Angriff ans die Stadt vernichten sollen."
Aus Stuöt, ZSezi v k un> Umgebung.
Gefallen ist Leutnant der Landw. Otto Prem im Jnf.-Regt. Nr. 125, Sohn des Kal. Musikdirektors Prem in W i l d b a d - Stuttgart 35 Jahre alt; ferner Musketier Karl Vollmer aus Birkenfeld und Reservist Herrn. Kull aus Gaistal beide vom Jnf.-Regt. 169 in Lahr. Vermiß! werden die Reservisten Friedrich Regelmann und Wilh. Bohnenberger aus Birkenfeld, von demselben Regiment.
Auszug aus der Württ. Verlustliste
Nr. 33. Jnf.-Regt. 121, Ludwigsburg, 5. Komp.: Landwehrmann Ludwig Knüller aus Schwann vermißt. — Jnf.-Regt. 126, Straßburg, 4. Komp.: Tambour Friedrich Fauth aus Feldrennach gefallen. — 5 Kompagnie: Gefreiter Karl Müller aus Birkenfeld verwundet, linker Arm; Musketier Karl Ott aus Oberniebclsbach vermißt. — 6. Kompagnie: Musketier Friedrich Faas aus Grunbach leicht verwundet, linkes Bein; Musketier Emil Groß mann aus Höfen vermißt.
Wildbad, 8. Okt. Laut amtlicher Bekanntmachung wird hier nun auch eine Ingen dwehr gebildet, deren Zweck die Vorbereitung für de» Militärdienst ist. Die gesamte hiesige männliche Jugend vom 16. Lebensjahr an wird dazu herangezogen und aufgefordert, sich zur Stammrolle der Jugendwehr am nächsten Sonntag, den 11. Okt., nachmittags 2 Uhr, im Rathaussaal anznmelden. Die Teilnahme an der Jugendwehr ist vaterländische Pflicht jeden jungen Mannes, denn die Zeit ist ernst. Ueber die Teilnahme an der Jugendwehr wird ein Schein ausgestellt, der beim Eintritt ins Heer oder in die Flotte als Empfehlung vorzulegen ist.
— Für Angehörige von Verwundete».
Zu halbem Preise fahren mit der Eisenbahn, was man in Württemberg noch zu wenig weiß, die Angehörigen von Verwundeten, wenn der Weg zum Besuch desselben mindestens 50 Kilometer beträgt. Die näheren Bedingungen erfährt man an jedem Eilenbahnschalter.
— (Vorficht bei Viehvcrkäufen !) Zu Beginn der Mobilmachung haben einige Proviantdepots Vieh anfkanfen lassen und den damit betrauten Händlern Legitimationsscheine ausgestellt. Obgleich die Ankäufe für den Truppenbedarf beendet sind, benutzen dem Vernehmen nach Viehhändler diese Scheine weiter, um bei Viehkäufen für eigene Rechnung den Landwirte» vorzutäuschen, der Geschäftsabschluß erfolge im Aufträge der Militärverwaltung, mit der Absicht, Schleuderpreise zu erzielen.
Im Lager Bl ünsingen befinden sich zurzeit über 2800 französische Kriegsgefangene, die mit dem Anlegen von Straßen, mit dem Abbruch eines
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
35f (Nachdruck verboten.)
„Ich will nur, was ich brauche, um in den Klub der Wahrheitsfreunde gehen zu können: — meine Einladungskarte, die ich hier verloren haben muß!" Er begann mit den Blicken umherzusuchen. „Ich war nirgends anderswo —"
.Ihre Eintrittskarte?" wiederholte Klara. „Es ist unmöglich, daß Sie dieselbe hier verloren haben sollten, ich hätte sie sonst gefunden —"
Herr von Hohlen näherte sich dem Nähtisch und bückte sich plötzlich.
„Ah, da ist ja schon, was ich suche!" rief er.
Klaras Augen waren befremdet und betroffen seinen Bewegungen gefolgt.
„Die Karte — Ihre Karte bei meinem Nähtisch und gar unter der Fußbank?" sprach sie langsam. „Wie ist das möglich? Wie konnte sie dorthin kommen?"
Roberts nur mühsam beherrschte Leidenschaft brach sich plötzlich Bahn.
„Wie es möglich ist?" rief er. „Sie fragen noch? Begreifen Sie denn nicht, was mich dorthin zog, an diesen Ihren Tisch, an dem Sie täglich sitzen?"
In Klara empörte sich jede Fiber.
»Herr von Hohlen, welchen Ton erlauben Sie sich gegen mich!" rief sie sehr von oben herab.
Robert trat dicht vor sie hin und seine Stimme sank zum Flüstern herab, indem er ihr zuraunte:
„Der Ton, von dem mein Herz wiederklingt, sobald es Ihre Nähe fühlt, Klara!"
„Sind Sie von Sinnen!" stieß sie hervor. „Kein Wort mehr, oder ich rufe um Hilfe!"
„Geben Sie sich keine Mühe," gab er ihr zurück, „Sie selber wissen am besten, daß Sie allein sind!"
„Allein?" Entsetzt entfuhr ihr das Wort, während sie vor ihm zurückwich. „Wahnsinniger, was beginnen Sie? Was wollen Sie?"
„Dich — dich besitzen!" brach Robert fiebernd aus, ihre beiden Hände erfassend und festhaltend. „Ahnst du denn nicht, wie seit langem dieses Herz dir entgegenpocht? Begreifst du denn nicht, wie ich dich liebe?"
Nur minutenlang, dann hatte sie ihre Hände freigerungen und stieß ihn mit einem Schrei des Abscheus von sich.
Zurück von mir." rief sie, „zurück. Elender, der Sie sind!"
Und als er sich erneut ihr nahen wollte, da rang es sich über ihre Lippen:
„Zu Hilfe — zu Hilfe!"
Jäh ward die Tür des Nebengemachs aufgestoßen.
„Zurück von ihr, Schurke!" knirschte Hellborn, auf den heftig Erschrockenen zuspringend. „Augenblicklich hinaus mit dir!"
Bleich und regungslos lehnte Klara am Tische; sie konnte sich nur mit Gewalt aufrecht halten.
„Was erfrechen Sie sich?" brauste der überraschte, der sich nur zu schnell gefaßt hatte, auf. „Augenblicklich verlassen Sie selber diesen Raum!"
Und er wollte sich aus den Retter Klaras stürzen. Aber schon hatte Hellborn ihn mit festem Griff vor die Brust gefaßt und hielt ihn mit ausgestrecktem Arm von sich.
„Lassen Sie mich los!" brüllte der also Überwältigte, sich wie ein Wurm windend.
„Lassen Sie ihn," bat Klara, „er hat währe Männlichkeit kennen gelernt."
In der Tat ließ Hellborn den Gedemütigten frei, der vorsichtig ein paar Schritte zurückwich, dann aber von neuem in die haßerfüllten Worte ausbrach:
„Wenn Sie Ehre besäßen, würde man Sie zwingen, sich einem Ehrenmann zu stellen! Aber Sie werden es selber nicht glauben, daß man sich nul einem Diebe schlagen könnte!"
„Mit einem Diebe?" schrie Klara auf.
Hellborn blieb völlig gelassen, nur ein ganz klem wenig bebte seine Stimme, als er erwiderte:
„Drücken Sie sich deutlicher aus! Was wollen Sie damit sagen?"
„Was ich damit sagen will?" wiederholte jener. „Denken Sie an Paris, wo das Gericht Sie wegen Diebstahls verurteilte I"
„Wegen Diebstahls? O, mein Gott!" stöhnte Klara und sank auf die Knie.
Ein düster triumphierender Blitz der Schadenfreude überflog Robert von Holstens Gesicht.
(Fortsetzung folgt.)