entfliehen. Die Aufregung im Departement Eure und Seine-Jnferieure über die kecke Tat der deutschen Pioniere ist außerordentlich groß.
Großes Hauptquartier, 30. September. (W. T.-B.) Der Generalstabsarzt und Chef des Feldsanitätswesens v. Schjerning hat Seiner Majestät folgende Meldung erstattet: Vor einigen Tagen wurde in Orchies ein Lazarett von Franktireurs überfallen. Bei der am 24. Lept. gegen Orchies unternommenen Strafexpedition durch das Landwehrbataillon 85 stieß dieses auf überlegene feindliche Truppen aller Gattungen und mußte unter Verlusten von 8 Toten und 36 Verwundeten zurück. Ein am nächsten Tag ausgesandtes bayrisches Pionierbataillon stieß auf keinen Feind und fand Orchies ,on den Einwohnern verlassen. Im Orte wurden 20, bei dem Gefecht am vorhergehenden Tage verwundete Deutsche grauenhaft verstümmelt aufgefunden. Ohren und Nasen waren ihnen abgeschnitten und man hatte sie durch Einführen von Sägemehl in den Mund und die Nase erstickt. Die Richtigkeit des darüber aufgenommenen Befundes wurde von zwei französischen Geistlichen bestätigt. Orchies wurde dem Erdboden gleichgemacht. (Orchies liegt an der französisch-belgischen Grenze zwischen Roubaix und Valenciennes.)
Amsterdam, 5. Okt. Der „Telegraaf" meldet aus Antwerpen vom 3. Oktober: Die Lage ist hier äußerst kritisch. Amtlich wird gemeldet, daß die äußerste Fortslinie gefallen ist. Die Stimmung in der Stadt ist sehr gedrückt. Eine heute erlassene Proklamation ermahnt die Einwohner zur Ruhe. Min befürchtet, daß die Wasserzufuhr abgeschnitten wird.
Königsbergs. Okt. (W. T.-B. Nicht amtl.) DaS stellv. Generalkommando in Königsberg hat vom Generalstab die Ermächtigung erhalten, über die bereits gemeldeten Kämpfe in Augustow folgende ergänzende Meldung in die Presse zu bringen: Die Russen sind in zweitägigem Kampfe bei Suwalki am 1. und 2. Okt. völlig geschlagen und haben 3000 Gefangene, 18 Geschütze, darunter eine größere Batterie, viele Maschinengewehre, Fahrzeuge und Pferde verloren.
Berlin, 4. Oktober. (Amtlich.) Für den Postverkehr im Bereiche des kaiserlich deutschen Generalgouvernements in Belgien werden Freimarken „Deutsches Reich" zu 3, 5, 10, 20 Pfg., sowie einfache und Weltpostkarlen zu 5 u. 10 Pfg. mit dem Ueberdruck „Belgien" und der Wertangabe 3, 5, 10, 25 sowie 5 und 10 Centimes verwendet werden. Zu Sammelzwecken werden amtliche Wertzeichen in einigen Tagen bei der Kolonialwertzeichenstelle des Briefpostamtes Berlin, Zentrum, Königstraße 61, zum Verkauf gestellt.
Die Sprengbombe», die von den Zeppelinschiffen geworfen werden, sind von furchtbarer Gewalt. Im Wäldchen von Ostende riß eine Bombe ein Loch von 10 Metern Umfang und 5 Metern Tiefe. Eine andere Bombe siel auf das Haus des Fischgroßhändlers Willems. Sie durchschlug das Dach, schleuderte es fort und fiel auf einen schweren, ungewöhnlich starken Geldschrank. Von diesem Geldschrank waren nur ein paar größere Stücke in allen vier Ecken des Zimmers zu sehen, die übrigen hatten an etwa zwanzig Stellen der Mauern tiefe Spuren zurückgelassen.
Durch die Gewalt des Luftdrucks war auch die Aus Staöl.MezivAunö Umgebung. Stiege des Hauses gesprungen, und ein kleiner Eisenkasten, der in dem Geldschrank gelegen, hatte sich tief in die hölzerne Diele eingebohrt. Die Bombe drang bis zum Erdgeschoß durch und rißt dort noch ein 2 w tiefes Loch in den Boden.
Wien, 3. Aach einem Bericht der Süd- slavischen Korr, aus Sofia liegen dort Meldungen aus Varna vor, wonach Reisende, die aus dem südliche» Rußland kommen, berichten, daß in Odessa die Spitäler und Kasernen mit Schwerverwundeten überfüllt sind. Die meisten Verwundungen rührten von Schrapnellschüssen her, wobei von russischer militärischer Seite festgestellt worden ist, daß die österreichisch-ungarische Artillerie wahre Verwüstungen unter den russischen Truppen angerichtet hat. Allgemein wird über den Mangel an Offizieren in der russischen Armee geklagt.
Wien, 4. Okt. (A. T.-B.) Amtlich wird verlautbart am 4. Okt.: Die im östlichen Bosnien eingedrungenen serbischen und montenegrinischen Kräfte zwangen, in dieses abseits der Hauptentscheidung liegende Gebiet mobile Kräfte zu detachieren. Die erste dort eingeleitete Aktion hat bereits einen erfolgreichen Abschluß gefunden. Zwei montenegrinische Brigaden, die „Spuska" unter dem Kommando des Generals Vucowitz und die „Zetska" unter dem General Rajewitz. wurden nach zweitägigen heftigen Kämpfen vollkommen geschlagen und auf Fora znrückgeworfen. Sie befinden sich in panikartigem Rückzug über die Landesgrenze. Ihren ganzen Train, darunter nicht unbedeutende, in Bosnien erbeutete Vorräte, mußten sie zurücklassen. Anch bei dieser Gelegenheit wurden mehrere Gefangene eigener vorgeschickter Patrouillen, darunter ein Fähnrich, in einem bestialisch verstümmelten Zustand aufgefunden. Bei der im nördlichen Abschnitt eingeleiteten Aktion wurde ein serbisches Bataillon von einem eigenen Halbbataillon gefangen genommen.
Feldzeugmeister P o t i o r e k.
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Die 31. württembergifche Verlustliste
'enthält vom Landw.-Infanterie-Regiment Nr. 130 (1., 3-, 5., 6., 7., 8. Kompagnie) 53 Namen §und zwar gefallen bezw. gestorben 16, schw.-vw- '12, vw. bezw. l.-vw. 25. Vom Jnfanterie-Regt. Nr. 124 Weingarten (Regimentsstab, Stab des I. und III. Bat., 1.—12. Komp.) sind verzeichnet 555 Namen, und zwar gefallen bezw. gestorben 82, schw.-vw. 129, vw. bezw. l.-vw. 279, vm. 64, verletzt 1. Die Liste enthält demnach insgesamt 608 Namen (gefallen bezw. gestorben 98, schw.- vw. 141, vw. bezw. l.-vw. 304, vm. 64, verletzt 1). Unter der Gesamtzahl sind 23 Offiziere (gefallen bezw. gestorben 13, schw.-vw. 5, l.-vw- 4, verl 1). Wie schon in der letzten Liste sind Zeit und Ort der Gefechte angeführt. — Die Liste bringt am Schluß noch eine Reihe von Berichtigungen zu den Verlustlisten Nr. 3 bis 10, 12, 15^ 16, 20, 22, 23 und 24.
Untertürkheim, 5. Okt. Vierzig erbeutete französische Automobile sind dieser Tage hier angekommen, um für deutsche Bedürfnisse zurecht gemacht zu werden; auch erhalten sie den feldgrauen Anstrich.
Gefallen ist aus Wildbad: Hermann Mutterer, Musketier im Jnf.-Regt. 126, Sohn des Oberholzhauers Mutterer hier. — Ehre seinem Andenken I
! Verwundet wurden: die Reservisten Albert Schmid und Hermann Brachhold aus Wildbad und Karl Knüller aus Höfen, i Wildbad, 6. Okt. Für Tapferkeit vor dem Feinde erhielten wiederum zwei Wildbader das eiserne Kreuz. Es sind dies: Gefreiter Krauß, Reservist (Sohn des Metzgermeisters Fritz Krauß), und der Ulanen-Reservist Gefreiter Sießer. — Wie wir hören, hat Krauß sich die Auszeichnung durch Enfernung eines Hindernisses in starkem feindlichen Feuer erworben, Sießer durch hervorragenden Mul bei einem Patrouillenritt. — Wir gratulieren I
Unserer heutigen Nummer liegt ein Prospekt des Allgemeinen Deutschen Versicherungs-Vereins, a. G. in Stuttgart, betreffend KrtegSstcrbckasje und Kriegsfürsorge, bei, worauf wir unsere Leser aufmerksam machen.
i Am Schützengraben.
Und werde ich 70 und werde ich mehr.
Das eine vergesse ich nimmermehr:
Im Schützengraben hinter Menil,
Da lagen wir hundert Stunden still
Und durften nicht vorwärts, nicht ran an den Feind,
Wir haben es nicht zu ertragen gemeint.
Und wenn die Granaten uns pfeifend umbrüllt Und mit Erdreich halb unfern Graben gefüllt, Dann mußten wir liegen, still und gebückt.
Wir haben die Gewehre fest an uns gedrückt. Die Finger in ohnmächt'ger Wut geballt Und dachten: „Kommt der Befehl jetzt nicht bald, So brechen wir vor, komme, was mag."
Und warteten doch bis zum vierten Tag.
Oft, wenn die Geduld schon zu brechen schien, .Hielt uns nur die eiserne Disziplin.
I Wir haben gewartet hundert Stunden I Und haben geblutet aus gleich vielen Wunden. Daß der Hunger an unseren Kräften genagt. Danach hat keiner weiter gefragt.
'Nur eins das Herz schier zerrissen hat:
Wenn ein Sterbender stammelnd um Wasser bat, Und wir konnten den brennenden Durst nicht stillen, Den letzten flehenden Wunsch nicht erfüllen.
Alle Feldflaschen leer, — keinen Tropfen mehr! — Und werde ich 70 und werde ich mehr.
Das eine vergesse ich nimmermehr.
Johannes Burak in den „Münchn. Neuest. Nachr?
Die Millionäre in Württemberg.
Die „Württembg. Zeitung" bespricht das von Regierungsrat Rudolf Martin herausgegebene Jahrbuch der Millionäre in Württemberg und Hohenzollern. Wir entnehmen der Besprechung folgende Stellen: Von insgesamt 570 Millionären
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
33s (Nachdruck verboten.)
Er wollte gehen, doch mit bittendem Tone hielt das Mädchen ihn zurück.
„Nein, so nicht. Sie dürfen mir nicht zürnen —"
„Wie können Sie das glauben!" versetzte er. „Nein, ich gehe in dem Bewußtsein, eine verwandte Seele gefunden zu haben, und werde Ihrer immer in Liebe gedenken."
„Aber so bleiben Sie doch noch einen Augenblick," bat Klara, „der Vater kommt noch nicht heim, wir sind ungestört, und Sie haben vergessen — das Herz —"
Hellborn blickte betroffen auf seine Hand, in der er, ohne es zu wissen, immer noch den goldenen Schmuck hielt.
„Wahrhaftig," sagte er, „ich habe Ihr Herz noch immer!"
Er reichte es ihr und Klara hatte schon die Hand danach ausgestreckt, als sie plötzlich, ohne es zu berühren, mit allen Zeichen des Schreckens zurückfuhr.
„Gott im Himmel, was ist das?" kam es über ihre Lippen. „Hören Sie nicht den Schritt? Es ist mein Vater, der doch schon heimkommt! Wenn er Ihnen begegnete auf der Stiege, — er wüßte, daß Sie von mir kämen! Was tue ich? O, er darf Sie nicht sehen, es wäre mein Tod! Geben Sie da hinein," — sie stieß hastig die Tür des Nebenzimmers auf und wies mit flehender Gebärde in den dunklen
Raum, — „es ist noch früh und er wird noch wieder fortgehen, — solange aber, um des Himmels willen, verbergen Sie sich!"
Hellborn konnte ihrem angstvollen Flehen nicht widerstehen.
„Um Ihretwillen, nicht meinetwegen will ich es tun," sagte er und fühlte sich, ehe er selber noch einen Schritt machen konnte, von dem Mädchen bereits in das kleine Gemach hineingeschoben.
Kaum hatte die Tür sich hinter ihm geschlossen, als sich draußen auch schon eine Hand auf den Drücker legte.
„Vater, bist du es?" fragte Klara mit vor Erregung noch zitternder Stimme.
Aber jeder Laut erstarb ihr auf den Lippen, als statt der Antwort die Tür von draußen her rasch geöffnet wurde und eine Gestalt, welche alles andere, denn die des Vaters war, blitzschnell über die Schwelle und ins Zimmer trat.
Mit grenzenlosem Erstaunen erkannte das junge Mädchen in dem unerwarteten Ankömmling den Freund ihres Bruders, Herrn von Hohlen.
„Tausendmal Pardon, Fräulein Klara, daß ich hier so eindringe, aber ich glaubte. Sie haben mein Klopfen überhört!" sagte er mit seinem liebenswürdigsten Lächeln.
„Sie, Herr von Hohlen?" rief Klara, doch erleichtert aufatmend, daß sie nicht den erwarteten Vater erblickte. „Was wollen Sie hier? Sie wissen doch, daß Otto mit der Mutter zu Pauli gegangen ist! Sie haben ja beide begleitet! Und Sie selbst — sagten
Sie nicht, daß Sie den Klub der Wahrheitssreunde besuchen wollten?"
Herr von Hohlen machte einen raschen Schritt auf das junge Mädchen zu. „Allerdings," antwortete er, „und darum eben bin ich ja hier!"
Klara wich unwillkürlich einen Schritt vor ihm zurück.
„Das verstehe ich nicht!" erklärte sie. „Sie müssen mir schon deutlicher sagen, was Sie wollen."
Ihre ungeduldigen Worte brachten ihn nicht aus seiner selbstbewußten Ruhe.
„Gleich, einen Augenblick!" versetzte er. „Erlauben Sie vielleicht, daß ich mir ein Glas Wasser einschenke? Die Luft draußen ist schwül und mir ist sehr beiß!"
Er trat ohne weiteres an den Sofatisch und goß sich aus der Karaffe ein Glas Wasser ein. Klara sah ihm erstaunt zu.
„Wenn ich meinem Bruder bei seiner Heimketir etwas ausrichten kann," meinte sie dann, „so sagen Sie es mir bitte!"
Robert leerte das Glas auf einen Zug.
„Otto denke ich später noch im Restaurant Z" treffen," erwiderte er, „gegenwärtig handelt es sm> um mich selbst. Also warum ich eigentlich gekommen bin —"
„Herr von Hohlen," unterbrach Klara ihn energisch' „ich muß Sie wirklich bitten, sich kurz zu lMM Wenn mein Vater käme und Sie hier fände, allem bei mir, was sollte er denken?"
Robert lächelte nur. (Fortsetzung solgt-)