Der englische Major CH.ZA. Aale, der wie gemeldet, aus der Kriegsgefangenschaft in Torgau entflohen ist, hat sich selbst das Leben genommen. Ueber den Vorfall wird derVoss. Ztg." aus Dresden gemeldet: Major Date war in der Nacht aus dem Brückenkopf in Torgau, wo er als Kriegsgefangener untergebracht war, entflohen und befand sich auf dem Weg nach Dresden, als er noch vor Erreichung der ersten Station Mühlberg festgehalten wurde. Einem Fabrikdirektor aus Brottewitz, der mit dem Rad auf dem Weg nach Lehendorf eben die Martins- kirchener Ziegelei berührt hatte, fiel der entgegen­kommende Fremdling auf. Dieser machte einen vornehmen Eindruck, obwohl er eine mit frischem Schmutz bedeckte Arbeiterhose und einen schäbigen Umhang trug, und erregte besonders dadurch Verdacht, daß er ohne Kopfbedeckung war. Er wurde angehalten und einem Verhör unterzogen, bei dem sich sofort herausstellte, daß er, obgleich er deutsch sprach, Ausländer sei. Man nahm ihm eine Wachstuchtasche ab, die neben vielen Gebrauchs­gegenständen eine Menge zusammengehefteter Papier­bogen enthielt, die mit Bleistift in englischer Sprache geschrieben waren. Während man mit dem Durchsuchen der Taschen beschäftigt war, zog der Engländer plötzlich ein Rasiermesser und durch- schnitt sich die Kehle. Er brach zusammen und gab bald darauf seinen Geist auf. Angaben über seine Persönlichkeit waren nicht zu finden. Da­gegen fand man in seiner Geldbörse neben eng­lischen Goldmünzen auch deutsches Papiergeld in ansehnlichem Betrag. Da man glaubte, es mit einem englischen Spion zu tun zu haben, wurde dem Garnisonkommando in Torgau Mitteilung gemacht. Dieses meldete darauf zurück, daß der Selbstmörder offenbar der entwichene Kriegs­gefangene Major A"te sei. Bemerkenswert ist, daß bei dem Engländer auch ein von anderer Hand geschriebener Zettel vorgefunden wurde, worauf der Reiseweg vorgezeichnet stand: Mühl-

berg-Röderau-Meißen-Kötzschenbroda-Dresden.

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Stuttgart, 25. Septbr. Die im gestrigen Staatsanzeiger" veröffentlichte 25. württernb. Verlustliste verzeichnet vom Lau-rv -Inf.-Regt. Nr. 12V (Stab des 1. Bataillons, 1., 2., 3. und 4. Kompagnie) 65 Namen und zwar: gefallen 23, schwer verwundet 8, verwundet bezw- leicht ver-! wundet 31, vermißt 2, verletzt 1. Vom Inf.-Regt. i Nr. 121 Ludwigsburg (Stab des 1. Bataillons,! 1., 2., 3., 4., 5., 7., 11., 12. Kompagnie) sind ver­zeichnet 390 Namen, und zwar: gefallen bezw. ge­storben 65, schwer verwundet 56, verwundet bezw. leicht verwundet 203, vermißt 66. Vom Inf.- Regt. 124 Weingarten (1. bis 4. Komp.) enthält die Liste 265 Namen und zwar: gefallen 34, schwer verwundet 77, leicht verwundet bezw. verw. 133, vermißt 21. Von der Kriiayabt. Feldart.-Regts. , Nr. 13, 5. Batterie, ist ein Leichtverwundeter auf-, geführt. Von der 2. Laudwehr-Pionier-Kom- ! sind 8 Name» verzeichnet (schwer verw. 1, leicht verw. 5, vermißt 2). Die Liste enthält demnach insgesamt 72S Namen (gefallen 122, schwer ver­wundet 142, verwundet bezw. leicht verw. 373, vermißt 91, verletzt 1). Unter der Gesamtzahl sind 17 Offiziere u. 1 Offizierstellvertreter (gefallen 4, schwer verw. 4, verwundet bezw. leicht verw. 10).

Berlin, 23. Sept. DasBerl. Tagebl." berichtet aus dem österreichisch-ungarischen Kriegs­pressequartier, daß am 19. Sept. französische Flottenteile die ausschließlich von Leuchtturm­wächtern bewohnte österreichische Insel Pelagosa angegriffen, die Leuchttürme beschädigt, das Trink­wasser verdorben und die zum Trocknen aufgehängte Wäsche, sowie Proviant gestohlen haben.

Berlin, 23. Sept. DerVoss. Ztg." zu­folge hat die deutsche Zivilverwaltung in Belgien zur Ernährung der arbeitenden Bevölkerung in Charleroi Getreide zur Verfügung gestellt. Aehnlich wird für andere Plätze gesorgt.

Berlin, 23. Sept. Ein Sonderberichterstatter desBerl. Tagebl." hat eine Fahrt nach dem Gouvernement Suwalki unternommen. Gumbinnen hat wenig gelitten. Zwischen Gumbinnen und Stallupönen liegen sämtliche Häuser in Trümmern. Stallupönen ist weniger mitgenommen. Eydtkuhnen besteht nicht mehr, ebensowenig Kibarty, nur der Bahnhof wurde verschont. Hinter der Grenze muß der Rückzug zur vollständigen Flucht aus­geartet sein.

Berlin, 23. Sept. (G.K.G.) In den Hoch­vogesen und im Hochschwarzwald ist am 20. und 21. Sept. bis weit herab Schnee gefallen. Rhein und Mosel führen Hochwasser. Die Schifffahrt mußte eingeschränkt werden.

Berlin, 23. Sept. (W.T.B. Amtlich.) Auf die Kriegsanleihen sind gezeichnet worden 1318149800 Mk. Reichsschatzanweisungen, 1 177 205 000 Mk. Reichsanleihe mit Schuld­bucheintragung, 1 894 171200 Mk. Reichs» n- leihe ohne Schuldbucheintragung, zusammen 4 389 576 000 Mk.

Mailand, 24. Sept. (Tel. G.K.G.) Der Corriere della Sera meldet aus Paris: Der schon seit 10 Tagen andauernde Kampf nimmt immer mehr den Charakter einer Belagerung an und aller Wahrscheinlichkeit nach wird er ebenso enden. Ganz plötzlich wird die Serie der ein­förmigen Depeschen durch die Nachricht unterbrochen werden, daß in die Verteidigungslinie eine Bresche geschlagen wurde, die den Widerstand auf der ganzen Linie unmöglich macht. Der Berichterstatter sagt nicht, wer nach seiner Meinung der Breschen­schläger sein wird. Niemand könne sagen, ob das Ende nahe bevorstehe oder nicht; ein unheimliches Dunkel lagert auf dem Riesenkampf und das Publikum sei gezwungen, seine ganze Kraft und Geduld zusammenznnehinen, um seine berechtigte I Wißbegierde zu mäßigen. !

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Aus Atudt, Mezir. l'ruu> Hlingeturug- !

Wildbad, 25. Sept. Wie wir erfahren! haben, wurde Herr Leutnant Rößler vom! Füsil.-Regt. Nr. 122 (Heilbronn-Mergentheim) für! besondere Tapferkeit vor dem Feinde bei den Kämpfen ! von Longwy mit demEisernen Kreuz" aus- ^ gezeichnet. Es ist dies das ersteEiserne" Kreuz" in Wildbad, welchesfür hervorragende Tapferkeit im Feld" verliehen wurde. i

Wildbad, 22. Sept. Mit herzlicher Teil-^ nähme werden viele hier hören, daß nach heute eingetroffener Nachricht Vizefeldwebel Schenkel, der hier vor kurzem als Vikar wirkte und allgemein beliebt und geehrt war, am 10. September durch

einen Schuß in den linken Unterschenkel sch^ verwundet wurde. Er liegt jetzt im GarnisvA lazarett in Hagenau. Der Chefarzt erklärte, daß obwohl der Knochen ganz zerschmettert sei, dock Heilung zu hoffen sei, wenn es auch lange da,,^ werde. Möge diese Hoffnung sich erfüllen!

Wildbad. 25. Sept. (Eingesandt Aufforderung zur Steuerzahlung.) Der als Fried«, fteuer gedachte Wehrbeitrag ist nun zu einer Kriegssteuer geworden. Pflicht eines jeden gute» Deutschen ist es, dem von Feinden bedrohte» Vaterland mit dem Nötigsten, was zum Krieg­führen gehört, dem Gelbe, unter die Arme z» greifen und es so in dem schweren Kampfe mit allen Mitteln zu unterstützen. An die zur Zahlung eines Wehrbeitrags, sowie von Kapital- und Ein­kommensteuer Verpflichteten ergeht daher die dringende Bitte und Mahnung, ihre Schuldigkeit in kürzester Frist und womöglich gleich im ganze» Betrag zu entrichten. Es gilt dem teuren Valn- land, und wir hoffen, es ist soviel patriotischer Sinn in der Bevölkerung, daß dieser Mahnruf an den Geldbeutel von vollem Erfolg begleitet ist.

Auszug aus der Zusammenstellung der in den Verlustlisten der nicht württembergische» Heereskoutingente sowie der Marine verzeichneten Württemberger im Staatsanzeiger vom 23. Cent. 1914 No. 227. Inf.-Regt. Nr. 142, Mühlheim i. B., 6. Komp.: Reservist Michael Rentschler, Zainen, tot; 7. Komp.: Reservist Arthur Zachmann, Ottenhausen, schwer verwundet. Inf.-Regt. Nr. 169, Lahr-Villingen, 7. Komp.: Reservist Friedrich Rau, Calmbach, vermißt.

Auszug aus der Württemb. Verlustliste Nr. 25. Inf.-Regt. 121, Ludwigsburg, 4. Komp. Vizefeldwebel der Reserve Oskar Schüller aus Sprollenhaus leicht verwundet, linkes Bein.

Letzte Nachrichten.

kW. Tel.-B.) Großes Hauptquartier, 26. Sept. Der Fortgang der Operationen hat auch auf unserem äußersten rechten Flügel zu neuen Kämpfen geführt, in denen eine Entscheidung bisher nicht fiel. In der Mitte der Schlacht­front ist, abgesehen von einzelnen Vorstößen beider Parteien, heute nichts geschehen. Als erste- Sperrfort südlich Verdun ist heute Camp des Romains bei St. Michiel gefallen. Das bayerische Regimentvon der Tann" hißte anf dem Fort die deutsche Fahne. Unsere Truppen überschritten dort die Maas. Im übrigen weder iin Weste» noch Osten irgendwelche Veränderungen.

Mühlhausen a. N., 23. Sept. Ueber ein entsetzliches Unglück, das sich gestern mittag zwischen V- und '/«l Uhr hier zugetragen hat und über das in Kürze schon in letzter Nummer berichtet wurde, wird demAnzeiger für Münster" von einem Augenzeugen berichtet: Der verheiratete Vorarbeiter Seybold von Fellbach, der mit Ver- messungsarbeiten beschäftigt war, fuhr mit einenr Kahn unterhalb Mühlhausen über den ziemlich augeschwollenen Neckar, um Meßgerätschaften zu holen. Da er des Fahrens nicht kundig war, verlor er die Herrschaft über sein Fahrzeug, das stromabwärts trieb und auf einen Eisenpfosten aufschlug. Das Schiff fiel um und Seybold ver­schwand in den schmutzig gelben Wellen. Ein

Gerichtet.

Roman von Franz Wichmann.

25) (Nachdruck verboten.)

«Aber bedenke, es ist doch eine Ehre für uns, wen'" Otto"

In der Tat," unterstützte dieser die Mutter,es kann von größtem Vorteil für mich sein. Gesellschaft­liche Beziehungen anznknüpfen, ist heutzutage die erste Pflicht eines gebildeten Menschen!"

Der Förster schüttelte den Kopf.

Ich denke, die Worte, die ein Vater an seinen Sohn richtet, sollten von grösserem Vorteil sein!"

Aber es geht wirklich nicht, ich muß um sieben Uhr dort sein!"

Die Försterin, die ihren Mann scharf beobachtet hatte, sragte in einem nnmerklich lauernden Tone:

Du willst wirklich ausgehen, Lorenz?"

«Ich muß etwas trinken in anderer Umgebung," entgegnete er.Der Staub und Dunst dieser ver­teufelten Stadt lagert sich einem hier in der Wohnung auf die Kehle und erstickt einen fast!"

Wenn nur das Vier nicht so teuer wäre!" seufzte die Försterin.

«Fürchtest du, daß ich zuviel ausgebe, weil es nicht für den Otto ist?" gab der Mann ihr zurück.Meinen Mantel, Klara! Blut und Hagel, kannst du nicht hören, wenn dein Vater"

Aber, Klara," tadelte nun auch die Mutter, wo bist du denn wieder mit deinen fünf Sinnen?"

Das Mädchen schrak erst jetzt von der Zeitung

empor, in die sie stch ganz vertieft hatte.

Wie was hast du gesagt? Ich las"

Der Papa will seinen Mantel!" sagte Otto streng.

Ich glaube, das Mädel ist auch schon vernarrt in die Zeitung!" tobte der Förster.Kolonialpolitik, achtstündiger Arbeitstag, Franenemanzipation und wie das ewige Geplärr alles tautet, die interessante Unterhaltung der Städte, mit dem man sein Publikum gängelt!"

Klara hatte das Blatt anf den Tisch fallen lassen und wollte gehen. Aber die Försterin hielt sie zurück.

Was hattest du denn gar so Spannendes?" forschte sie.Zeig' doch mal!" Sie nahm die Zeitung auf und begann darin zu suchen.Den Roman: ,Der Kampf um den Mann?' Ja, ja, ich habe den Anfang auch gelesen, der ist herrlich, packend, echt modern, wie Otto sagt."

Nein, Mutter, ich sah nur in die Annoncen," er­widerte leicht errötend das Mädchen.

Heirutsgesuche und anderes," lächelte Otto spöttisch,steht freilich manches Interessante darin!"

Aber ich wüßte doch nicht," meinte die Försterin, was ein gebildetes junges Mädchen"

Klara, der jede Unwahrheit verhaßt roar, raffte sich zu einer offenen Antwort auf:

Ich las nur die Anzeige von dem heutigen Vor­trag des Herrn Hellborn."

Was, der Mensch will hier einen Vortrag halten?" rief der Förster.

Ja. Ueber natürliches Leben, steht in der Zeitung."

Er sollte nur selber natürlich leben," höhnte d: Försterin.Das wäre gescheiter, als in der lächer­lichen, unanständigen Kleidung herumzulaufen."

Klara wollte etwas entgegnen, beherrschte sich aber und entfernte sich rasch tn das Nebenzimmer, uni den Vater nicht länger auf den Mantel warten zu lassen.

Auch der Förster war an den Tisch getreten und nahm seiner Frau das Jeitungsblatt aus der Hand.

Gib das Zeug her!" sagte er.Wo steht es?'

Frau Adelheid wies mit dem Finger auf die be­treffende Stelle:

Da, ein großes Inserat, eine riesige Reklame, und ein Eintrittsgeld erhebt der Narr sogar!"

Die Stirn in finstere Falten gelegt, las der Förster das Inserat.

Ein Entree zur Erziehung seines Kindes! Lächer­lich !" knurrte er. Er dämpfte seine Stimme ein wenig, daß Otto ihn nicht verstehen sollte:Adelheid, gm acht auf das Mädel, hörst du? Die Klara gefällt mir seit einiger Zeit nicht mehr!"

Die Försteriir widersprach ihm nicht, wie immer, wenn es die Tochter betraf.

Ich glaube es selbst, die Torheiten dieses Narren- apostels stecken ihr im Kopf! Seit wir hier sind, m sie wie närrisch, hat Heimweh nach dem Lande un schwärint immer von Arbeit, Natur und anderen Dummheiten!"

Sie wurde durch ein Klopfen an der Tür unter­brochen.

Der Alte blickte ärgerlich auf.

(Fortwknng wtcch)