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Nr. ttö >

Donnerstag, den 17. September 1914

50. Jahrgang.

Zeichnet die Kriegsanleihen!

Kriegsnachrichten.

W. T.-B. Wien. Ueber die Save einge­brochene serbische Kräfte wurden überall zurück­geschlagen. Syrmien und Banat vom Feind voll­ständig frei. Stellv. Generalstabschef:

Höfer, Generalmajor.

Großes Hauptquartier: Der auf dem rechten Westheerflügel seit 2 Tagen stattfindende Kampf dehnte sich heute auch auf die nach Osten anschließenden Armeen bis Verdun aus. An einigen Stellen des ausgedehnten Kampffeldes sind bisher Teilerfolge der deutschen Waffen zu verzeichnen. Im übrigen ist die Schlacht noch im Gange. Auf dem östlichen Kriegsschau­plätze ordnet sich Armee Hindenburg nach abge­schlossener Verfolgung. Die in Oberschlesien verbreiteten Gerüchte über drohende Gefahr ist unbegründet.

Berlin, 15. Sept. Eine demBerliner Lokal-Anzeiger" aus Rotterdam zugegangene Mit­teilung besagt, daß die belgische Antwerpen-Armee sich nach viertägigen Kämpfen vor einem über­mächtigen Gegner aus Antwerpen zurückgezogen habe. Die Verluste seien beträchtlich gewesen.

Berlin, 15. Sept. Ein Mitarbeiter des Lokalanzeigers" schreibt aus Holland, er hätte dort Gelegenheit gehabt, mit einem aus Lüttich gebürtigen Belgier zu sprechen, der nach Ant­werpen gereist war, um seinen dort bei der bel­gischen Kavallerie dienenden Sohn zu besuchen. Der Mann erzählte, die Stimmung in Antwerpen sei sowohl unter den Soldaten wie unter der Zivilbevölkerung sehr gedrückt. Alle bemittelten Familien seien nach dem Zeppelinischen Bomben­werfen geflüchtet. In der armen Bevölkerung herrsche unbeschreibliche Not. Die Stadtverwaltung sei nicht mehr in der Lage für die Notleidenden zu sorgen. Auch die Besatzung sei unlustig und ihr Mut völlig gebrochen. Sie sehe den Nutzen weiteren Blutvergießens nicht ein. In ganz Ant­

werpen gehe das Gerücht, daß König Albert, welcher seit mehreren Tagen nicht mehr zu sehen ist, die Flucht ergriffen hätte. (Eine amtliche belgische Mitteilung bestätigt, daß die Belgisch- Antwerpener Armee sich nach viertägigem Kampf auf Antwerpen zurückgezogen habe.)

Mailand, 15. Sept. DerSecolo" läßt sich aus Paris melden: Die Führer des Arbeiter­syndikats haben bei der- Militärbehörde um einen Empfang nachgesucht, der ihnen auch am letzten > Donnerstag bewilligt wurde. Sie unterbreiteten !dem General Galliöni die Bitte des Arbeiter­syndikats um Abwendung eines großen Unglücks ^ für die zwei Millionen-Bevölkerung von Paris im Falle eines weiteren Vordringens der Deutschen. Ihr Ersuchen gipfelte in der Schlußforderung , einer Nichtverteidung von Paris und Erklärung , von Paris zur offenen Stadt. Der General er­widerte der Deputation, daß für die Bitte nicht er, sondern die Regierung in Bordeaux zuständig sei, deren Befehle er lediglich durchführe. Der , General warnte jedoch vor Kundgebungen der Syndikalisten in der Pariser Arbeiterschaft für den Fall, daß die Regierung auf ihrem Befehl der Verteidigung von Paris bestehen bleibe. Der Deputation wurden auf ihrem Weg von und zur 'Präfektur stürmische Kundgebungen des niederen Volks bereitet.

Berlin, 15. September. Von der Wiener Südslavischen Korrespondenz" übernimmt die Nordd. Allg. Ztg." nachstehende Meldung aus Konstantinopel: In türkischen militärischen Kreisen wird mit andauerndem Befremden festgestellt, daß die englischen Jnstruktionsoffiziere der Marine es noch immer nicht für richtig befunden haben, auf ihre Stellen zu verzichten und aus türk. Dienst zu scheiden, trotzdem es an einem unzweideutig! Auftreten der leitenden türkischen Offiziere nich gefehlt hat. Man hat hier gegen die englischen Offiziere öffentlich die Beschuldigung erhoben, daß sie gegen die ihnen anvertrauten Kriegsschiffe noch vor Ausbruch des Krieges einen unerhörten Sa­botageversuch gemacht hätten, indem sie durch ge­wisse Manipulationen die Aktionskraft der türki­schen Kriegsschiffe zu vermindern suchten, eine Be­schuldigung, welche unwidersprochen blieb und in­

sofern eine Bestätigung erfuhr, als die Marine­leitung die englischen Offiziere in Stellungen ver­setzte, welche mit einer vollkommenen Kaltstellung identisch sind. Trotz dieser und anderer Brüskie­rungen treten die englischen Offiziere, deren Si­tuation geradezu unhaltbar scheint, nicht von ihrem Posten ab. Es ist nun aufgefallen, daß die türkische Regierung sich in den letzten Tagen ver­anlaßt gesehen hat, den Apparat für Funkenspruch von dem Gebäude der englischen Botschaft durch Militär mit Gewalt entfernen zu lassen, nachdem die englische Botschaft die Abmontierung der Apparate verweigert hatte. Es wird behauptet, daß die englische Botschaft von den englischen Marineoffizieren laufende Informationen über die Vorgänge in der türkischen Marine empfangen habe, welche durch Funkenspruch weitergegeben wurden.

Frankfurt a. M., 16. Sept. Aus Kon­stantinopel wird gemeldet: Die englische Marine- Mission mit dem Admiral Limpus an der Spitze, welche schon seit mehreren Wochen keinen Dienst mehr auf der türkischen Flotte tut und nur noch in den Büros des Marineministeriums beschäftigt war, hat jetzt ihre Entlassung an- türkischen Diensten nachgesucht.

Frankfurt a. M-, 15. Sept. (W. Tel.-B.) DieFranks. Zeitg." meldet aus Nom: Die auf­reizenden französischen Berichte über große Siege an der Marne haben die deutschfeindliche Bewegung gestärkt. Diese beschränkt sich auf Rom und Genua.

Kopenhagen, 15. Sept. (Nicht amtlich.) Die ZeitungPolitiken" veröffentlicht ein Gespräch mit dem hiesigen italienischen Gesandten. Dieser ärte. es sei der lebhafte Wunsch des italienischen kes, außerhalb der kriegerischen Begebenheiten bleiben. Dieser Wunsch werde in Deutschland erstanden, wo man Italien mit genau demselben Wohlwollen betrachte, wie vor dem Ausbruch des Krieges. Es sei nicht richtig, daß die Italiener unfreundlich in Deutschland behandelt würden. Das Gegenteil sei der Fall.

Heinsberg, 15. Sept. (GKG.) Der in Kriegsgefangenschaft geratene Sohn des französischen Ministers Delcassö wurde nach Halle gebracht.

Gerichtet.

Roman von Franz Wichmann.

191 (Nachdruck verbatm.)

Laß das heute," bat die Försterin,es ist zu spät und du bist zu aufgeregt"

Lorenz Reiner hatte die Tür geöffnet, ans der Schwelle wandte er sich noch eimal um.

Ich verfehle ihn nicht! Das Böse muß aus der Welt! ,)ch hab's ihm geschworen schon lange! Und heute will und muß ich ihn treffen!"

4. Kapitel.

Seit einem Jahre wohnte die Försterfamilie in der Stadt. Aber Otto war auch unter den Augen der Eltern kein anderer geworden und hatte seine Studien noch immer nicht beendet. Seit der rauhe, doch im Grunde des Herzens gutmütige und schwache Vater, um den Frieden des Hauses zu wahren und die ewigen Klagen der Mutter zu stillen, sich mit ihm versöhnt hatte, hütete er sich, den Alten zu reizen, und hielt sich ausschließlich an die Mutter, die, wie er wußte, stets seine Partei nahm.

Auch heute, da Klara ausgcgangen und er mit der Mutter allein war, bedurfte er wieder ihrer Hilfe. Doch so leicht wie sonst gelang es ihm diesmal nicht.

Es ist mir nicht möglich!" beteuerte die Försterin, die vor dem hohen braunen Schrank stand und die geschnitzte Tür in der Hand hielt.

Aber Otto ließ sich nicht abweisen.

»So gib wir wenigstens zehn Mark!" drängte er.

Die Stimme der Frau nahm einen fast flehenden Ton an:

Aber bedenke doch unsere Verhältnisse, jetzt in der Stadt, das teure Leben, sei doch vernünftig!"

Der Student vergrub die Hände in den Taschen seiner Beinkleider und trat, ärgerlich vor sich hin­pfeifend, ans Fenster.

Der Blick ans demselben hatte nichts Erfreuliches.

> Düster und lichtlos, wie der Gefangene im Kerker, lag das kleine Hintergebäude zwischen hohen, schatten­den Häusern eingeklemmt. Das enge, niedrige Zimmer hatte aus seinen zwei Fenstern nur über die Pforte eines Stakets hin einen schmalen Durchblick auf Straße und Stadt. Die dusligen, lachenden Blumen, die im Grnnwalder Forsthause die Fensterbänke ge­ziert, hatten die Stadtlnst nicht ertragen und waren von der Försterin durch künstliche ersetzt worden. Die altertümlichen Möbel waren in den engen Räumen, so gut es ging, zusammcugedrängt und alles erschien mit ärmlichen Mitteln möglichst aufgepuyt,

Otto ließ seine Blicke von dem Fenster weg durch das ganze Zimmer gleiten) ihm schien noch immer genug vorhanden, was man im Falle der Not zu Gelde machen konnte.

Dieser breite, plumve Arbeitstisch des Vaters, der zwischen den Fenstern stand, war ja wohl nicht zu entbehren und hatte auch wenig Wert, aber die Doppelbüchse und andere Gewehre, die Geweihe und Hirschfänger, welche die Wände schmückten, das war doch immerhin hier in der Stadt ein überflüssiger Luxus.

Eben, weil ich vernünftig bin, Mama," begann er nach einer Panse wieder,eben deshalb brauche ich das Geld. Wer wird denn immer von heute auf morgen rechnen! Morgen kann man tot sein und nichts mehr brauchen!"

Die Försterin erschrak.

Aber, mein Hcrzens-Otto, wer wird denn so reden? Sierben, du, ein so kräftiger junger Mensch, der eine so große Zukunft vor sich hat?"

Sie öffnete von neuem den schon geschlossenen Schrank und begann noch einmal in seinem Innern zu suchen. Ganz unten, unter Wäschegegenständen versteckt, fand sich noch eine Schachtel, in der es klirrte lind klang. Sie hob den Deckel ab und griff hinein.

Da hast du noch fünf Mark," sagte sie.Es ist alles, was ich im Augenblick noch in Reserve habe!"

Otto nahm das Geld, warf aber zugleich einen begehrenden Blick auf die Schachtel.

Das reicht nicht, Mama!" meinte er.

Versuch' es einmal, es wird auch damit gehen!"

Sie stellte die Schachtel wieder an ihren Platz.

Otto nahm einen resignierten Ton an:

Freilich, wenn du willst, daß ich mich blamiere, heute, wo ich mit Baron von Rebberg und Graf Höchstem ins Elite-Konzert gehe! Du weißt, sie sind reich, lassen gern etwas springen! Da werde ich eine klägliche Rolle spielen!"

Blamieren?" wiederholte die Försterin betroffen. Gott behüte, wo denkst du hin? Das darf nicht sein! Aber warte ein wenig, bis der Vater heim- kommtl" (Fortsetzung folgt.)