Abwehr des befürchteten deutschen Einfalls in England dienen sollen. Man kann annehmen, daß Rußland in der letzten Zeit auch Truppen nach dem Süden geschickt hat. Denn daß es mit einem Eingreifen der Türkei und der Balkanstaaten rechnet, geht aus seinem Protest gegen die Durchreise deutscher Matrosen durch Bulgarien hervor. Was an dieser Durchreise wahr ist, weiß man nicht; auf jeden Fall liegt es im Bereich der Vermutungen, daß Rumänien und Bulgarien eine Niederlage Rußlands sich zunutze machen, und es läßt sich auch denken, daß, sobald auch die Türkei angreift, deutsche Seesoldaten ihr im Schwarzen Meer und an den Dardanellen helfen werden. Denn trotz verschiedener Interessen in der Dardanellenfrage werden die russische Schwarzemeerflotte und die englische Mittelmeerslotte die heißbegehrte Durchfahrt gemeinsam zu erzwingen und zu besetzen suchen. Doch wie gesagt, das sind nur Vermutungen. Sie erscheinen nur deshalb im Bereiche der Möglichkeit, weil England den Krieg hinausziehen will, „wenn es sein muß, 20 Jahre"; dabei kann ganz Europa und Asien in Brand aufgehen und Deutschland genötigt sein, seine Heeresmacht an den verschiedensten Stellen des Erdteils einzusetzen.
Frankreich verfügt jetzt noch über zwei große Heere. Das eine, das Westheer, ist auf der etwa 150 Kilometer langen Linie PariS- Meaux-Montmirail-Vitry zu suchen. Das andere, das Ostheer, steht im Schatten der großen Festungen Verdun-Toul-Epinal-Belfort. Gegen beide Heere haben die deutschen Truppen in den letzten Tagen Schläge geführt. Unser am weitesten auf Paris vorgeschobenes Heer hat seine Kräfte mit dem linken Flügel des französischen Westheeres gemessen, hat ihn wacker gezaust, ihm 50 Kanonen und mehrere Tausend Gefangene abgenommen, hat dann aber, als der Feind starken Zuzug erhielt, sich vorsichtigerweise nicht tiefer verstrickt, sondern ist mit seiner Beute zurückgegangen, ohne daß der Feind ihm zu folgen wagte. Das war die richtige Taktik, da eine Entscheidungsschlacht vor Paris nicht geschlagen werden soll und kann, solange nicht alle unsere Kräfte zum vernichtenden Stoße beisammen sind. Der deutsche Kronprinz hat inzwischen offenbar die Aufgabe übernommen, dem französischen Ostheer die Rückendeckung zu zerstören. Er hat die Stellung südöstlich Verdun genommen und beschießt nun mit schwerer Artillerie die südlich Verdun gelegenen Sperrforts. Das bedeutet, daß er im Rücken der hartnäckig den deutschen Frontangriffen widerstehenden Franzosen von Norden nach Süden Vordringen wird, wobei dem Feind nur die zwei Möglichkeiten bleiben, sich entweder in die Festungen einschließen zu lassen oder nach Süden zurückzuweichen. Für einen Rückzug nach Westen, nach Paris zu, dürfte die Zeit vorbei sein, nachdem das feste Rheims bereits in deutschen Händen ist. — Unsere Lage in Frankreich kann also als fortgesetzt günstig bezeichnet werden.
«» Stu" 2 a^ s Sept. (Württ. Verlustlist Nr. 14.) Die ,m heutigen „Staatsanzeiger" ve> öffentllchte 14. württ. Verlustliste verzeichnet zunäch 125 Namen des Reserve-Jnfanterie-Regiment Nr.120 (Ltab, 5., 6., 7. und 8. Komp, gefallen 20, verwundet 91, vermißt 14 . Voi
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
171 (Nachdruck verboten.)
Während die Magd sich entfernte, trat sie zu ihrem Mann.
„Was sagte Klara? Kommt der Zettel wirklich von Otto? Was ist's mit ihm? Er wird vielleicht erst später heimkommen?"
Lorenz Reiner hatte das Papier vollends entfaltet und einen Blick darauf geworfen. Alle Farbe wich aus seinem wettergebräunten Gesicht.
„Er — er —" Seine Stimme klang wie gebrochen: das Blatt zitterte in der Hand des starken Mannes. Gleich der mächtigen Eiche des Waldes, deren Stamm bis zum Grunde erbebt, wenn der Sturm heulend in ihre Krone greift, taumelte er und griff in die leere Luft.
„Um Gottes willen, Vater!" rief Klara, ihm beispringend.
' „Was ist denn? Mein Gott!" schrie auch die Försterin voll Schrecken auf.
„Er — er —" kam es mühsam über Reiners Lippen, „er geht!"
„Geht? Was sagst du, er geht?" mischten die Stimmen von Mutter und Tochter sich in verwunderter Frage.
Der Förster hatte schwankend den Tisch erreicht und stützte sich schwer mit der Faust auf dessen Kante.
„Er geht wieder zurück in die Hauptstadt!" vollendete er mit Anstrengung endlich. „Hölle und
Dragonerregiment Nr. 26, Stuttgart, 5. Eskadron sind aufgeführt 2 Namen, 1 schwer verwundet, 1 vermißt. Vom Pionierbataillon Nr. 13, Ulm, 4. Komp., sind es 53 Namen (gefallen 18, verwundet 34, vermißt 1). Von der Reserve- Munitionskolonne Abt. Nr. 26 sind 2 Leichtverwundete und 1 Schwerverwundeter aufgeführt. Die Verlustliste enthält somit insgesamt 183 Namen: gefallen 38, verwundet 129, vermißt 16. Unter der Gesamtzahl sind 9 Offiziere und 1 Sanitätsoffizier (gefallen 3, verwundrt, bezw. leicht verwundet 7).
Auf dem Weg zum Kriegsschauplatz kamen gestern vormittag zwölf Kraftwagen durch Stuttgart, die von München freiw. Liebesgaben an die Front zu den unter dem Kronprinzen von Bayern kämpfenden Truppen bringen. Weitere Kraftwagen, darunter 2 von der Stadt München gestellte, gehen nach Münchener Blättermeldungen mit der Bahn nach dem Westen. (Auch von Stuttgart sind schon Autos in derselben Weise zu den württ. Truppen abgegangen.)
Stuttgart, 11. Sept. Sonntag vormittag fand in der ev. Garnisonskirche und in der kath. Eberhardskirche die Vereidigung der Kriegsfreiwilligen statt.
Ludwigsburg, 11. Sept. Oberst ».Sonntag, Kommandeur des Feldartillerie-Regts. Nr. 65, ist aus dem Felde der Ehre gefallen. Er war lange Zeit militärischer Erzieher des Herzogs Albrecht vom Württemberg. -
Karlsruhe, 11. Sept. Der soz.-dem. Reichs- und Landtagsabgeordnete Dr. Frank ist bei einem Sturmangriff in der Nähe von Luneville aus dem Felde der Ehre gefallen.
Prinz Friedrich von Hessen, der älteste Sohn des Prinzen Friedrich von Hessen, der mit den Hanauer Ulanen als Leutnant in den Krieg zog, ist in Frankreich durch einen Brustschuß verwundet worden.
Detmold, 11. Sept. Prinz Ernst zur Lippe fand am 8. Sept. den Heldentod auf dem Felde. Es fielen bereits vor dem Feind ein Onkel, ein Neffe und der Schwager des regierenden Fürsten.
Wie der „Frkf. Ztg." aus Dresden mitgeteilt wird, sind in Sachsen etwa 17500 russische Gefangene untergebracht worden.
München, I I. Sept. Der bayrische Landtagsabgeordnete Martin Loibl ist im Kampf gegen Frankreich schwer verwundet worden und am 6. Sept. in einem deutschen Lazarett seinen Wunden erlegen. Er war Landwehrhauptmann und gehörte der Zentrumspartei an.
Aus Stcröt, Mezirk uns Umgebung.
Wildbad, 12. Sept. Von den hierunter- gebrachten verwundeten Kriegern ist leider gestorben: Eugen Wolpert aus Bondorf, Oberamts Herrenberg. Der Leichnam wurde heute dorthin überführt nach feierlicher Abholung mit Musik und ehrenvoller Begleitung. Seine Kameraden waren, soweit möglich, vollzählig zugegen. Möge ihm die Erde leicht sein!
— Zwei« und Einmarkscheine Außer den Fünf- und Zwanzig-Mark-Darlehenskassen- scheinen, die von der Reichsschuldenverwaltung auf
Teufel, er geht ohne meine Erlaubnis! Was soll das heißen? Bin ich denn ein Narr geworden? Mein Sohn geht ohne ein Wort des Abschieds, weil er — — da lest doch, da steht's! — weil er es hier nicht aushalten kann in dieser kleinlichen Atmosphäre, so schreibt er! . O, Gott, der Sohn kann es nicht mehr aushalten im Hause seiner Eltern!"
„Fasse dich, Vater," bat Klara, zu Tode erschrocken, „gewiß ist nicht er schuld, sondern sein Freund!"
Die Förstern: fiel ihr in die Rede:
„Aber begreifst du denn nicht, daß es für Otto —"
Der Alte hörte sie nicht.
„Er geht, er geht und ich stehe hier!" schrie er auf. „Die Hetzpeitsche her, die Hunde hinaus! Sie sollen ihn suchen, ihn stellen, er soll nicht gehen, nicht in die Stadt, in die verfluchte Stadt, ich verbiete es ihm, ich-"
Die Wut erstickte ihm die Stimme, mit dröhnender Wucht sank er auf den nächsten Stuhl.
„So besinn' dich doch, Lorenz!" begann die Försterin nach minutenlanger Pause von neuem. „Folgen wir ihm denn nicht in kurzer Zeit selbst in die Stadt? .Er mochte nicht müßig hier warten, es trieb ihn zu seinen Studien zurück —"
„Willst du ihn noch verteidigen?" fuhr der Förster auf.
„Gegen das Unrecht, das man ihm tut, gewiß!" ereiferte sie sich. „Er ist gegangen, weil — weil du —"
„Weil ich ein ehrliches Wort mit ihm gesprochen habe, meinst du?" vollendete er.
Grund des Darlehenskassengesetzes vom 4. August ausgegeben wurden, sollen jetzt auch Zwei- und Einmarkdarlehenskassenscheine in Verkehr gebracht werden. Die Scheu, Papiergeld anzunehmen, ist ja jetzt zum größten Teil überwunden. Man darf daher hoffen, daß sich das Publikum auch an diese „kleinen" Scheine gewöhnen wird. Im Interesse des reichlichen Umlaufs auch von Klein-Silbergeld wäre das jedenfalls zu wünschen. Denn wenn auch umfangreiche Ausprägungen von Silbergeld stattgefunden haben, so ist doch das Bedürfnis an kleineren Geldzeichen immer noch nicht vollkommen befriedigt. Nur um diesem Bedürfnis entgegenzukommen, keineswegs aber unter dem Drucke einer Finanznot, haben sich jetzt die maßgebenden Behörden entschlossen, diese Kassenscheine dem Verkehr zu übergeben.
— Eine bessere Zugsverbindung mit Stuttgart ist da: Wildbad ab 4.37 früh, Pforzheim an 5.28, Stuttgart an 8.55. — Stuttgart ab 4.20 nachmittags, Wildbad an 10.01 abends. — Diese Neuerung ist sehr zu begrüßen/
Keine Tanzunterhaltung während des Kriegs. Im Hinblick auf die demnächst ein- tretende Zeit der Kirchweihfeiern wurden dir Oberämter und Ortspolizeibehörden im Einverständnis mit dem stellvertretenden Generalkommando vom Ministerium des Innern angewiesen, über die Dauer des Feldzugs keine Erlaubnis zur Abhaltung öffentlicher Tanzunterhaltungen zu erteile».
Aufschriften der Postsendungen au ausgezogene Angehörige der Laudsturminfanteriebatailloiie.
(GKG.) Die Beförderung von Postsendungen an ausgezogene Angehörige der Landsturminfanteriebataillone wird häufig dadurch verzögert oder unmöglich gemacht, daß m der Aufschrift das betr. Bataillon nicht nach dem Namen seines Landwehrbezirks (z. B. Landsturmbat. Ellwangen, Ludwigsburg, Leonberg usw.) bezeichnet wird, sondern nach einer Nummer, die es erst nach dem Ausmarsch in seiner neuen Verwendung erhalten hat und der heimatlichen Postbehörde unbekannt ist. Letztere weiß dann nicht, nach welchem Teil des Kriegsschauplatzes die Sendung zu leiten ist, wodurch die Sicherheit und Schnelligkeit der Weiterbeförderung beeinträchtigt wird. Es ist deshalb dringend an- zuempsehlen, die Landsturmbatailloue bei Postsendungen nur nach ihrem heimatlichen Landwehrbezirk zu benennen.
Auch bei Feldpostbriefen und Feldpostsendungen an alle übrigen Heeresangehörigen ist unbedingt genaue Adresse (Regiment oder Reserve- oder Landwehr-Regiment, Kompagnie oder Batterie oder Eskadron, Bataillon oder Abteilung, Brigade, Division und Armeekorps) anzugeben. Nur dann kann die Feldpost ihre Aufgabe erfüllen.
Letzte Nachrichten.
Stuttgart. (Amtl.) Der König hat den General der Inf. v. Marchtaler unter Belastung in seiner Stellung als Kriegsminister zum stellvertretenden komm. General des (13.) württ. Armeekorps ernannt.
Stuttgart, 10. Sept. (GKG.) Wie der „Schwäb. Merkur" hört, ist vom Generalkommando
„Aber nein! Begreifst du denn nicht? Weil — weil wir —" Sie würgte förmlich an den Worten. „Ach, ich kann es nicht fagen, weil ihr es nicht fühlt
— nicht versteht! Weil wir ihm nicht gebildet genug sind!"
„Mutter, wie kannst du nur so etwas sagen? Der Vater —"
Doch Frau Adelheid ließ die Tochter nicht aus- fprechen.
„Ja, es ist so, wenn ihr's denn wissen wollt," fuhr sie fort. „Ich habe es gleich gefühlt, wie er heute ins Haus kam, es ist so und er konnte gar nicht anders!"
Der Förster erwiderte nichts, er war aufgesprungen und hatte mit heftiger Bewegung die Tür geöffnet.
„Wo ist der Matthias? — Matthias, he!"
Schwere Schritte stampften gleich daraus durch den Hausgang und auf der Schwelle stand der Gerufene.
„Herr Förster l"
„Wo hast du den Otto getroffen?" herrschte dieser ihn an.
„Den Otto? Im Walde beim Mühlentobel. Er
— er war —"
Das weitere wollte dem Forstaufseher nicht heraus, er stockte und wollte wieder gehen.
Aber Reiner hielt ihn zurück.
„Halt, ich habe dich noch mehr zu fragen! Also er war — was war er? Warum stockst du? Hat er dir noch etwas gesagt?"
„Sprich, Matthias!" redete ihm auch die Försterin zu. (Fortsetzung folgt.),