Mader Tljwnili
Amtsblatt
für die Stadt Witdvad.
Anzeiger
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> 50. Jahrgang.
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Ar. ttS s
Samstag, den 12. September 1914
Zeichnet die Kriegsanleihen!
Wir stehen allein gegen eine Welt iss Waffen. Vom neutralen Ausland ist nennenswerte finanzielle Hilfe nicht zu erwarten, auch für die Geldbeschaffung sind wir auf die eigene Kraft angewiesen. Diese Kraft ist vorhanden und wird sich betätigen, wie draußen vor dem Feinde, so in den Grenzen des deutschen Vaterlandes jetzt, wo es gilt, ihm die Mittel zu schaffen, deren es für den Kampf um seine Existenz und seine Weltgeltung bedarf.
Die Siege, die unser herrliches Heer schon jetzt in West und Ost errungen, berechtigen zu der Hoffnung, daß auch diesmal wie einst nach 1870/71 die Kosten und Lasten des Krieges schließlich auf diejenigen fallen werden, die des Deutschen Reiches Frieden gestört haben.
Vorerst aber müssen wir uns selbst helfen.
Großes steht auf dem Spiele. Noch erwartet der Feind von unserer vermeintlichen finanziellen Schwäche sein Heil. Der Erfolg der Anleihe muß diese Hoffnung zerstören.
Deutsche Kapitalisten! Zeigt, daß Ihr vom gleichen Geiste beseelt seid wie unsere Helden, die in der Schlacht ihr Herzblut verspritzen! Deutsche Sparer! Zeigt, daß Ihr nicht nur für Euch, sondern auch für das Vaterland gespart habt! Deutsche Korporationen, Anstalten, Sparkassen, Institute, Gesellschaften, die Ihr unter dem mächtigen Schutze des Reichs erblüht und gewachsen seid! Erstattet dem Reiche Euern Dank in dieser schicksalsschweren Stunde! Deutsche Banken und Bankiers l Zeigt, was Eure glänzende Organisation, Euer Einfluß auf die Kundschaft zu leisten vermag !
Nicht einmal ein Opfer ist es, was von Euch verlangt wird! Man bietet Euch zu billigem Kurse Wertpapiere von hervorragender Sicherheit mit ausgezeichneter Verzinsung!
Sage Keiner, daß ihm die flüssigen Mittel schien! Durch die Kriegsdarlehenskassen ist im weitesten Umfang dafür gesorgt, daß die nötigen Gelder flüssig gemacht werden können. Eine vorübergehende kleine Zinseinbuße bei der Flüssigmachung muß heute jeder vaterländisch gesinnte Deutsche ohne Zaudern auf sich nehmen. Die deutschen Sparkassen werden den Einlegern gegenüber, die ihre Sparguthaben für diesen Zweck verwenden wollen, nach Möglichkeit in weitherziger Weise auf die Einhaltung der Kündigungsfristen verzichten.
Näheres über die Anleihen ergibt die Bekanntmachung unseres Reichsbank-Direktoriums, die heute au anderer Stelle dieses Blattes erscheint.
Kriegsnachrichten.
Berlin, 10. Sept. (GKG-) Zur Wiederaufnahme der Kämpfe bei Lemberg telegraphiert ber Kriegsberichterstatter des „Berl. Tagebl." aus dem österr.-ung. Kriegspressequartier: Nachdem die ästerr.-ung. Armee in den letzten Tagen ungestört von den Russen hinter dem vorübergehend geräumten Lemberg taktisch günstigere Stellungen kittgenommen hatte, ging sie gestern aus der De- fensive in die Offensive gegen die russische Hauptmacht über, um in der zweiten Phase die Entscheidung des nach Otägigem Kampfe beiderseits abgebrochenen Ringens zu erzwingen.
Wien, 10. Sept. (GKG.) Der Kriegsbericht- matter des Fremdenblattes stellt in jeinein Beucht aus dem Hauptquartier fest, daß auf russischer ^eite ungefähr 560000 Mann Infanterie, 40000 weiter, ungefähr 1500 Maschinengewehre und mehr ms 2000 Geschütze an den Kämpfen der letzten Woche,, beteiligt gewesen sind. Mindestens die Hälfte dieser gewaltigen Streitmacht wurde unter großen Verlusten zurückgeworfen, sodaß die russische ärmee eine bedeutende; Einbuße erlitten hat. Noch
ist die Hauptentscheidung nicht gefallen, aber die Bilanz der bisherigen Ereignisse ergibt für uns ein mehr als befriedigendes Ergebnis.
Ueber den verunglückten serbischen Vorstoß wird noch gemeldet: Ein großer Teil der Timokdivision, aus den besten serbischen Truppen bestehend, erhielt in der Nacht zum Sonntag den Auftrag, in Mitrowitza einzubrechen, wahrscheinlich in der Annahme, die gegen Rußland beschäftigte Monarchie könne jetzt keinen richtigen Widerstand gegen einen serbischen Vorstoß leisten. Die Serben setzten, von österreichischen Truppen unbehindert, unter dem Schutze der Nacht auf Booten und einer Brücke über die Save und rückten gegen Ruma, wo sie von einer Division ungarischer Truppen, die im Halbkreis Aufstellung genommen hatte, mit einem mörderischen Feuer empfangen und umzingelt wurden. Es entwickelte sich ein größeres Gefecht, welches bis in die Abendstunden andauerte. Von den Serben wurden etwa 5000 gefangen, ebensoviel fielen oder ertranken während der Flucht über die Save. Unter den Gefangenen sind etwa 60 Offiziere. Auch sehr viel Kriegsmaterial ist in österreichische Hände gelangt. Von den Teilnehmern an dem tollkühnen Vorstoß haben im besten Falle nur einige wenige wieder das serbische Ufer erreicht. — Eine aus etwa 1500 Mann bestehende Abteilung der bei Mitrowitza zersprengten Serben wurde bei Jndia noch am Montag nach kurzem Gefecht teils getötet, teils gefangen genommen.
Die Stuttgarter Brigade bei Longwy.
(G.K.G.) An dem großen Ringen bei Longwy war auch unsere Stuttgarter Brigade beteiligt. Ein Leutnant und Bataillonsadjutant vom Olgaregiment, der in Stuttgart verwundet liegt, teilt dem „Schwäb. Merkur" darüber folgende Einzelheiten mit: Wir waren in Bouvange im südlichen Belgien untergebracht, wo wir sehr gut ausgenommen wurden im Gegensatz zu der Aufnahme, die deutsche Truppen in Deutsch-Lothringen fanden. Am 21. August nachmittags gegen 6 Uhr wurden wir alarmiert: Es war die Meldung gekommen, daß der Gegner in mehreren Kolonnen sich westlich von Longwy und ganz besonders stark auf Longwy selbst vorbewege. An den Gesichtern unserer Truppen bemerkte man die Freude darüber, daß es nun nach den langen Tagen des Wartens endlich an den Feind Herangehen sollte. Allgemeine Begeisterung herrschte. Unser Bataillon kam zuerst auf dem Sammelplatz Habergy an und erhielt den Auftrag, von den Höhen südlich Rachecourt aus die Versammlung der Division zu sichern. Mit Begeisterung rückte das Bataillon vor. Das Bataillon nahm dort oben eine weite Stellung ein. Weit auseinandergezogen, hatten sich dieKompagnien bald eingegraben. Der Tag war noch nicht angebrochen, als gegen 4 Uhr morgens die Meldung kam, daß die Deutschen ihrerseits zum Angriff vorgehen wollten, da der Gegner nicht selbst an- griff. Unser Bataillon sollte sich auf dem Weg, der von Musson nach Chenneveaux führt, aufstellen. Ich selbst ritt voraus mit einem Unteroffizier, durch Musson, das einen gänzlich verödeten Eindruck machte. Keine lebende Seele war auf der Straße zu sehen. Läden, Fenster und Türen waren verschlossen; der Ort schien gänzlich verlassen. Als wir durch Musson durch waren und der Tag angebrochen war, war noch keine Aussicht vorhanden, da sich starker Nebel eingestellt hatte. Unser Bataillon war angelehnt rechts an ein Bataillon unseres Regiments, links an ein solches vom Regiment 125. So ging unser Bataillon dann in der Richtung auf Baranzy vor. Der Bataillons- kommandeur ritt mit mir voraus und wir stellten fest, daß in Baranzy keine Zivilperson zu sehen war. Es bot sich uns das gleiche Bild wie sn
Musson. Westlich von Baranzy stieß unser Bataillon, ebenso wie die ganze Brigade, auf den Gegner. Lediglich dem Nebel war es zu danken, daß wir so dicht an ihn herangekommen waren. Der Angriff ging nun vorwärts, die Unterstützungen wurden vorgezogen. Plötzlich bemerkten wir aber, daß wir auch von hinten Feuer bekamen, daß aus den Häusern von Baranzy auf unsere Truppen geschossen wurde. Der Bataillonskommandeur und ich, begleitet vom Bataillonstambour, begaben uns zurück, um zu sehen, was es gebe. Schon hatten aber unsere Kolonnen einzelne Häuser in Brarrd gesetzt, denn es war kein Zweifel, daß die Einwohner des Orts auf unsere Kolonnen und uns in den Rücken geschossen hatten. Gerade, als ich in eine Straße einbog, um zu sehen, wer schoß und woher geschossen wurde, sah ich es aus allen Fenstern aufblitzen. Ich erwiderte das Feuer mit meiner Pistole, hatte aber bald einen Schuß im linken Unterschenkel und im rechten Oberschenkel, erkannte jedoch noch Uniformen und schloß daraus mit Sicherheit, daß außer den Franktireurs auch französische Soldaten sich in den Häusern versteckt hatten, uns durchziehen ließen und uns dann in den Rücken schossen. Daß ich nun durch Baranzy durchkam, verdanke ich lediglich dem Umstand, daß inzwischen ein Zug vom Regiment 125 den größeren Teil der Häuser niedergebrannt hatte. Auch das Haus, aus dem ich angeschossen wurde, wurde vor meinen Augen angezündet. Mit vieler Mühe wurde ich von einem Sanitätsunleroffizier nach Musson zurückgebracht. Wir mußten dabei teilweise im Straßengraben kriechen, da die Einwohner die Chaussee vollständig unter Feuer hatten und auch von den deutschen Truppen nach den Ortschaften geschossen wurde. In Musson glaubte ich mich verbinden lassen zu können. Ein Arzt vom Regiment 125, der hier mit der Gefechtsbagage und dem Sanitätswagen eines Bataillons stand, wollte mir den Verband anlegen, in demselben Augenblick kam Infanterie« und Maschinengewehrfeuer aus den Häusern, vor allem aus der Kirche. Teilweise wurde auch auf den Sanitätswagen, seine Begleitmannschaften und die Verwundeten geschossen. Es scheint, als ob sie Maschinengewehre in der Kirche aufgestellt hatten. Aus dieser furchtbaren Lage wurden wir erst erlöst, als unsere Artillerie die Kirche von Musson zusammenschoß, wobei die Franktireurs zum Teil unter den Trümmern begraben wurden, doch nur zum Teil, denn als ich Musson verließ, sah ich, wie Hauptmann M. vom Regiment 125 auch aus dem Kirchhof verwundet wurde. Es hatten sich also neben der Kirche noch Franktireurs aufgehalten, die lebhaft schossen. Einzelne Leute der Kompagnie des genannten Hauptmanns wurden dadurch verwundet; einer von ihnen starb später im Feldlazarett neber? mir. Erst als ich Musson verlassen hatte, war es mir möglich, mir einen Verband airlegen zu lassen. Dann ging es aus langen Wegen heim; hoffentlich bald wieder hinaus ins Feld!.
Rußland hat, wie durch verschiedene Meldungen bestätigt wird, Hilfstruppen nachEngland geschafft. Aus den Gebieten, die hinter Moskau liegen, hat es von dem Ueberfluß seines Menschen- materials eine Viertelmillion, nach anderen Nachrichten aber nur 40—60000 Mann geradenwegs nach Archangelsk am nördlichen Eismeer gebracht und von da ums Nordkap herum nach Schottland gefahren und dort gelandet. Was sollen diese russischen Truppen in England? — Eine Meldung sagt, sie würden nach Cherbourg und Brest weitergeschafft, um auf dem französischem Kriegsschauplatz verwendet zu werden. Aber wozu hätte man dann die Russen erst in Schottland an Land gesetzt, anstatt sie westlich um England herum, durch minenfreies Fahrwasser, direkt nach Brest zu fahren - Wahrscheinlicher ist schon, daß die Russen jzur