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Nr. 108

Dienstag, den 1. September 1914

50. Jahrgang.

Kriegsnachrichten.

Im Samstagsblatt konnten wir noch die Nach­richt von einem großen Sieg über die Rnfferi veröffentlichen, und schon gestern früh lief wieder eine hocherfreuliche Nachricht ein: 30000 Russen bei großen Kämpfen in Ostpreußen gefangen ge­nommen I Herr Stadtschultheiß Baetzner gab die Tiegestelegramme auf dem Treppenvorplatz der evaiig. Kirche bekannt und ließ unsere tapferen Truppen und ihre Führer hochleben, woraufNun denket alle Gott" angestimmt wurde. Glocken­geläuts und nachfolgende patriotische Gesänge mit Musikbegleitung umrahmten die denkwürdigen, un­vergeßlichen Augenblicke. Groß und allgemein ist die Freude und Genugtuung darüber, daß nunmehr die Aussicht besteht, daß auch im Osten das Land vom Feinde gesäubert wird.

Das gestern früh eingelaufene Telegramm lautet:

W. T.-B. Berlin, 31. Aug. Bei großen Kümpfen, in denen die russische Armee bei Kannenberg, Höhenstein, Ortelsburg geworfen ivurde, gerieten nach vorläufiger Schätzung über 3VV8V Russen mit vielen Offizieren in Ge» fangenschaft.

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Eine große Schlacht zwischen Russen und Öesterreichern im Gange

Wien, 28. Aug. Der Kriegsberichterstatter desNeuen Wiener Abendblattes" meldet aus dem Kriegspressequartier: Gleichzeitig mit dem Angriff auf Ostpreußen unternahmen die Russen einen Vor­stoß gegen Brody und den Fluß Zbrucz. Andere russische Streitkräfte sind zwischen Weichsel und Bug bei Krasnic von uns geschlagen worden. Die feindlichen Hauptgruppen dringen auf der Linie Rawaruska-Zlozzow vor. So­wohl hier als auch am Zbrucz sind erbitterte Kämpfe im Gange. Der linke Flügel unserer Mitteltruppen, Zolkiew-Rawaruska, dringt siegreich in voller Offensive zwischen Weichsel und Bug vor. Auf dem rechten Flügel dauert der Kampf fort. Ne Schlachtfront beträgt 400 Kilometer. Trotz der günstigen Lage unserer Truppen ist eine lange Schlacht vorauszusehen

An der galizischen Grenze ist also noch keine Entscheidung gefallen. Offenbar sind die Oester­reicher auf ihrem linken Flügel siegreich, auf dem rechten Flügel ist aber die russische Uebermacht 1°,stark, daß eine Entscheidung noch nicht herbei­geführt werden konnte. Doch scheint soviel sicher, daß es den Oesterreichern am 27. August gelungen >!t, die bei Krasnik geworfenen russischen Streit­lüste und herangeführte Verstärkungen, im Ganzen etwa io Divisionen von 6 verschiedenen Korps, w einer zweiten Schlacht neuerdings zu schlagen. Auch sonst soll der Stand der Schlacht für die Österreicher gut sein, wie aus folgender Meldung hervorgeht:

Wien, 29. Aug. (W. Tel.-B.) Das Kriegs- pressequartier meldet amtlich: Die seit 26. August wogende große Schlacht dauert fort. Die Lage unserer Truppen ist günstig, das Wetter warm und sonnig.

(Die gewaltige russische Streitmacht, mit der o>e Oesterreicher jetzt im Kampfe liegen, beweist, ° die russische Mobilmachung sich schneller voll- m m öu erwarten war. Offenbar ist sie

u> Geheimen schon wochenlang im Gang gewesen, ^ "ran Kunde davon erhielt.)

, .Wien, 29. Aug. (W.T.-B.) Der Arzt des chtorbenen Papstes, Dr. Marchiafava, äußerte Mnüber einem Vertreter derWiener Reichspost",

der Papst dringend gebeten worden ist, mit > großen Autorität gegenüber dem Ausbruch

des Kriegs zu vermitteln. Der Papst erklärte darauf wörtlich:Der einzige Herrscher, bei dem ich mit Aussicht auf Erfolg vermitteln könnte, weil dieser Monarch stets in Treue dem hl. Stuhl er­geben war, ist Kaiser Franz Joseph. Aber gerade bei dem kann ich nicht vermitteln, denn der Krieg, den Oesterreich führt, ist gerecht, nur allzu gerecht."

Berlin, 29. Aug. Dem Lokalanzeiger wird aus Wien gemeldet. Die österreichische Regier­ung hat Belgien den Krieg erklärt. Dem bel­gischen Gesandten wurden die Pässe zugestellt. Die Kriegserklärung wird damit begründet, daß Belgien den Feinden der Monarchie, Frankreich, England und Rußland, Hilfe leiste, sowie mit der schlechten Behandlung, welche österreichischen Beamten und Staatsbürgern unter den Augen der Mitglieder des Königl. Hauses zuteil wurde.

Berlin, 28. Aug. (W. T.-B.) Kaiser Franz Josef hat den Kaiser Wilhelm in einem sehr herzlich gehaltenen Telegramm gebeten, das erste militärische Ehrenzeichen, das er besitze, das Großkreuz des militärischen Maria-Theresia-Ordens, als Zeichen seiner hohen Wertschätzung und seiner treuen Waffenbrüderschaft annehmen zu wollen. Dem General der Infanterie v. Moltke verlieh Kaiser Franz Josef das Kommandeurkreuz des Maria- Theresien-Ordens.

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Berlin, LS. Aug. Der Berichterstatter der Vossischen Zeitung" meldet aus Thorn vom 27. August: Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung vom 25. August als bevor­stehend angekündigte neue Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt gründ­lich und bombardierten sie sodann von den nahen Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs, das etwa 6000 Einwohner Hot, war es gelungen, über Hohenstein nach Laueustein zu fliehen. Das 20. Armeekorps griff energisch in die Kämpfe gegen den russischen Gegner ein.

Hierzu teilt Landrat Hagemann in Marienburg derMarienburger Zeitung" mit, daß 2 russisch« Armeekorps aufgerieben worden wären.

(General-Oberst Paul von B eneckendorf und von Hindenburg, der Sieger über die Russen auf der Schlachtlinie Ortelsburg-Gilgenburg, ist heute ein Mann von 67 Jahren.)

Berlin, 38. Aug. (W. T.-B.) Der Kaffer hat aus dem großen Hauptquartier ein sehr herzlich gehaltenes Telegramm an das Staatsministerium gesandt, worin er durchgreifende Maßnahmen zur Fürsorge für die ostpreußischen Flüchtlinge in Aussicht stellt. -

Berlin, 29. August. (W. Tel.-B.) Der Magistrat von Osterode in Ostpreußen telegra­phiert, daß sämtliche Flüchtling, zurückkehren können, da der Feind geschlagen worden ist.

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Ein Seegefecht

Berlin, 28. August. (W. Tel.-B.) Im Laufe des gestrigen Vormittags sind bei ziemlich unsichtigem Wetter mehrere modern« englische Kreuzer und zwei englische Zerstörerflotillen (ca. 40 Zerstörer) in der Bucht der Nordsee nordöstl. Helgoland aufgetreten. Es kam zu hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unseren leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer drängten heftig nach Westen nach und gerieten dabei infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit meh­reren starken Panzerkreuzern. S. SN. Schiff Ariadne" sank, von 2 Schlachtschiffen der Lion- Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie beschossen, nach ehrenvollem Kampf. Der weitaus

größte Teil der Besatzung, voraussichtlich 350 Per­sonen, konnten gerettet werden. Auch das Tor­pedoboot V 187 ging, von einem kleinen Kreuzer und 10 Zerstörern auf's heftigste beschossen, bis zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottenchef «nd Kommandanten sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung wurde gerettet. Die kleinen KreuzerKöln" undMainz" werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen Reuter-Meldung aus London gleichzeitig im Kampf mit überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil ihrer Besatzung (9 Offiziere und 81 Mann) scheint durch englische Schiffe gerettet worden zu sein. Nach der gleichen englischen Quelle haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten. (Ariadne" ist ein kleiner geschützter Kreuzer älterer Bauart. Er wurde 1900 gebaut und hatte 369 MannBesatzung. Die kleinen KreuzerKöln" undMainz" wurden 1909 gebaut und hatten je S79 Mann Besatzung. Torpedoboote der V-Klassr haben 83 Mann Be­satzung).

(Weitere Telegramme am Schluß.)

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Die vierte Berlnstliste bezieht sich auf das Landwehr-Infanterieregiment Nr. 119. Sie um­faßt von diesem Regiment 346 Namen. Die achte Verlustliste des Reichsanzeigers enthält den Namen: Reservist Karl Furch aus Haiterbach, OA. Nagold, verwundet.

Stut 1 gart, 28. Aug. Die vomSt.-Anz." heule veröffentlichte fünfte württ. Verlustliste umfaßt 136 Namen, nämlich 87 vom Landwehr- Infanterieregiment Nr. 121, 9.12. Kompagnie, und 49 vom Landwehr-Infanterieregiment Nr. 123, L.8. Kompagnie. Beim ersten Regiment stad es 12 Gefallene, 40 Verwundete und 35 Vermißte. Vom Landwehr-Infanterieregiment Nr. 123 sind verzeichnet 3 Gefallene, 28 Verwundete und 18 Ver­mißte.

Gmünd, 29. Aug. In das hiesig« Amts- gerichtsgefängnis sind 10 Gefangene auS dem Elsaß, die des Landesverrats angeklagt sind, unter scharfer Bedeckung eingeliefert worden.

München, 27. Aug. Hier wurde die Er­richtung einer Kreditbank beschlossen, für die nach denMünch. N. N." bereits 4 Millionen Mark gezeichnet wurden. Auch für Württemberg wurde dieser Gedanke angeregt.

Berlin, 28. Aug. DerNeue Rotterdam» sche Courant" berichtet aus Tokio vom 27. ds. Mts.: Eine besondere Ausgabe des Blattes Jamata meldet, daß die japanische Flotte den Kampf um Tsingtau begonnen habe.

Köln, 28. Aug. DerKöln. Ztg." zufolge wird von der rumänisch-russischen Grenze ein drohender Aufmarsch russischer Truppen gemeldet, der die Absicht verrät, unter Bruch der rumänischen Neutralität in der Bukowina einzufallen. Die Freigabe des Durchzugs durch Rumänien hat die drohende Sprache des russischen Vertreters in Bukarest ebensowenig erzwingen können, wie die des russischen Botschafters in Konstantinopel die Freigabe der Dardanellendurchfahrt. In der letzten Frage ergibt sich sogar eine Interessengemeinschaft zwischen Türkei und Griechenland, da dieses nach Erzwingung der Dardanellendurchfahrt durch Ruß­land feine eigenen Hoffnungen auf Rußland be­graben müßte.

Amsterdam, 28. Aug. Clemenceau ver­öffentlicht in seinem Blatte, daß der französische Oberbefehlshaber Joffre und mehrere Generale des Generalstabs wegen Unfähigkeit entlassen und der französische General Pau an ihrer Stelle mit dem Befehl über die Truppen im Unterelsaß betraut werde.

Kopenhagen. 28. Aug. Die Londoner Evening Post" schreibt in ihrer Ausgabe vom Dienstag: Die Nachricht von den ersten ernsten