schaftlichen Verhältnissen nicht für angezeigt, eine so tief einschneidende Maßnahme zu treffen. Auf der anderen Seite sind aber die wirtschaftlichen Verhältnisse einer großen Zahl von Personen so in Mitleidenschaft gezogen, daß zu ihren Gunsten besondere Maßnahmen angezeigt sind. Diese Erwägungen haben schon zu dem Erlaß des Gesetzes über den Schutz der infolge des Krieges an der Wahrnehmung ihrer Rechte gehinderten Personen geführt. Die letzten Verhandlungen haben den Beschluß gezeitigt, den Bundesrat zu veranlassen, dem richterlichen Ermessen die Entscheidung darüber anzuvertrauen, ob im einzelnen Falle dem Schuldner eine Zahlungsfrist von höchstens drei Monaten insoweit zu bewilligen ist, als es sich um Geldsorderungen handelt, die vor dem 31. Juli 1914, dem für die kriegerischen Ereignisse maßgebenden Zeitpunkt, entstanden sind.
Berlin, 20. Äug. (W. Tel.-B.) Der hiesige japanische Geschäftsträger hat im Auftrag seiner Regierung dem auswärtigen Amt eine Note übermittelt, worin unter Berufung auf das englisch-japanische Bündnis die sofortige Zurückziehung der deutschen Kriegsschiffe aus den japanischen und chinesischen Gewässern oder die Abrüstung dieser Schiffe verlangt wird; ferner bis zum 15. September die bedingungslose Uebergabe des Pachtgebietes von Kiautschau an die japanischen Behörden und die unbedingte Annahme dieser Forderung bis zum 23. ds. Mts.
Auf den Gang der Ereignisse würde das Eingreifen Japans, das ja nur einem Beutezug gegen Kiautschau gelten kann, kaum irgendwelchen Einfluß ausüben. Das Geschick dieses Krieges wird auf dem europäischen Schauplatz entschieden werden. Im übrigen war ja wohl von vornherein anzunehmen, daß Kiautschou, wie auch die anderen deutschen Kolonien bei einem Konflikt mit England fürs erste schwer zu halten sein würden. In Kiautschou liegt nur ein Seebataillon nebst einigen kleineren Abteilungen Spezialtruppen. Außerdem dürften in den ostasiatischen Gewässern zwei große und drei kleine Kreuzer liegen.
Nach englischen Meldungen ist am Sonntag den 9. August das deutsche Unterseeboot U. 15 von englischen Schiffen in den Grund gebohrt worden. Die Boote fuhren unter Wasser und auf der Oberfläche des Wassers waren nur die Periskope (rings umsichtige Sehrohre) zu sehen. Als die Boote in genügende Nähe gekommen waren, feuerte ein englischer Kreuzer einen Schuß ab, welcher das Periskop des nächsten Unterseeboots zertrümmerte. Während das so getroffene Boot untertauchte, entfernten sich die anderen Boote schleunigst. Der englische Kreuzer brauchte nicht lange zu warten, bis das untergetauchte Boot, das infolge der Zertrümmerung des Periskops seiner Augen beraubt war, wieder an die Oberfläche kam. In diesem Augenblick traf ein zweiter Schuß des Kreuzers das Boot am Kommandoturm und dasselbe sank so schnell, daß die Beobachter kaum Zeit hatten, die Nummer des Boots festzustellen.
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Wien, 19. Aug. (W. T.-B.) Die „Wiener
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
61 (Nachdruck verboten.)
„Ach. entschuldige, Papa, daß ich in der Freude des Wiedersehens vergaß —"
Das Gesicht des alten Forstmannes verdüsterte sich wieder zusehends; er ließ den Sohn nicht aussprechen.
„Papa — Papa!" ahmte er ihm nach. „Seit wann bin ich denn nicht mehr dein Vater?"
„Aber das sagt man doch heutzutage nicht mehr. Papa!" wollte der Sohn wissen.
„Willst du besser sein als deine Muttersprache?" grollte der Alte.
Tie Försterin kam ihrem Liebling zu Hilfe.
„In der Hauptstadt wäre das gewiß zu gewöhnlich!" meinte sie.
Auch Klara mischte sich ein.
„Wir sind hier eben noch nicht gebildet!" sagte sie.
Der Bruder warf einen raschen Seitenblick auf sie.
„Ah. mein schönes Schwesterlein kann auch boshaft sein?" lachte er.
Sein Begleiter fand es jetzt an der Zeit, nicht länger stumm zu bleiben; ein wenig vortrctend meinte er galant:
«Geistreich, mein Fräulein, entzückend geistreich!"
Doch Klara hatte nur eine kühle Antwort.
„Ich kedaure, nicht zu verstehen, was Sie damit sagen wollen. Was ich äußerte, war nur meine vielleicht recht unmaßgebliche M nung!"
Allg. Ztg." meldet aus Pest: Ein hier eingetroffener verwundeter österreichischer Offizier erzählt über die schon gemeldeten Kämpfe an der Drina und der Save: Unsere Truppen griffen den Feind an seinen stärksten Punkten an. Die Serben desertierten während des Kampfes massenhaft in voller Ausrüstung und wurden von uns entwaffnet. In gleicher Weise verlief das Treffen bei Losnica, doch hatten wir hier einen viel stärkeren Feind vor uns. — Der „Pester Lloyd" bringt den Bericht eines Teilnehmers an der Erstürmung von Sabac a. d. Save, der u. a. besagt: Nachdem die Feldbefestigungen genommen waren, entspann sich in Sabac selbst ein verzweifelter Straßenkampf. Nach einstündigem Kamps wurde der Ort besetzt, aber auch dann noch wurde aus Kellern und Böden und aus den Dachfenstern der Kirche auf unS geschossen. In einer nahegelegenen Sägemühle verschanzten sich etwa 60 Komitatschi, die Handgranaten warfen. Die Mühle wurde schließlich in Brand gesteckt. Am nächsten Tage erneuerten die Serben ihren Angriff, wurden aber unter großen Verlusten zurückgeworfen.
Wien, 19. Aug. (W. T.-B) Das Wiener Acht-Uhr-Abendblatt meldet aus Lemberg, daß Oberleutnant Weiß mit einem Zug von einer zehnfach überlegenen Kosakenabteilung angegriffen und beschossen wurde. Der Oberleutnant kommandierte Schnellfeuer und brachte dem Feind derartige Verluste bei, daß er die Flucht ergriff.
Cettinje, 18. Aug. Die montenegrinischen Truppen kämpfen seit 2 Tagen in der Umgebung des Berges Lisanitz, in der Gegend von Grahovo, gegen bedeutende österreichische Streitkräfte. Die Verluste der Montenegriner in den Kämpfen betragen bisher 45 Tote und Verwundete. Das 16. österreichische Armeekorps greift die Westgrenze Montenegros auf der Linie Kcivace-Grahovo an. Das 15. österreichische Korps marschiert auf der Linie Tschainitsy-Gatsko. Die österreichische Flotte bombardiert die montenegrinischen Stellungen auf dem Lovcen.
Frankfurt, 18. Aug. Der Franks. Ztg. wird aus Konstantinopel gemeldet: Am Samstag fand in Stambul im Theater Millet eine große deutsch-freundliche Kundgebung statt. Der Abgeordnete von Smyrna sprach über die kulturelle Kraft der deutschen Nation, die diejenige anderer Völker, namentlich der Franzosen und Engländer, weit übertreffe. Er forderte das ottomanische Volk auf, sich an die Seite Deutschlands zu stellen.
Aus der Ätzung -er Kmem-eko-egien
vom 10. August 1014.
Die zufolge Weisung des Gemeinderats erfolgte Auszahlung einer Gabe von je 20 Mk. an jeden hiesigen, zum Heere eingezogenen Einwohner wird vom Gemeinderal und Bürgerausschuß genehmigt.
Auf Antrag des Vorsitzenden wird die Stadtpflege ermächtigt, in Notfällen an die Familien der Ausmarschierten auf die diesen reichsgesetzlich zustshende Unterstützung Vorschüsse zu gewähren und zwar je nach Notlage halbmonatlich bis zu 15 Mk. an jede Familie. Ebenso wird die Stadt
Der Förster wollte ungeduldig werden, und Otto, das bemerkend, stellte endlich seinen Begleiter vor, indem er sagte:
„Verzeiht! Mein Freund, Robert von Hohlen, Studiengenosse, Gelehrter und Künstler. Mein Papa, meine Mama — Pardon: Vater und Mutter, und dort ms sosur, Fräulein Klara Reiner."
Die Försterin reichte sogleich dem Gaste die Hand.
„Herzlich willkommen in unserm bescheidenen Hause!" sprach sie. „Wenn Sie vorlieb nehmen wollen —"
Robert von Hohlen verneigte sich und küßte ihr galant die Hand.
„Zuviel Ehre!" näselte er.
Geschäftig fuhr die Försterin fort:
„Aber so legen Sie doch ab, Ihren Hut, Ihren Spazierstock!" Sie nahm ihm beides dienstfertig aus der Hand. „Klara, was stehst du noch da? Wo bleibt der Kaffee, der Kuchen? Geschwind!"
Das Mädchen eilce ins Nebenzimmer.
„Gleich, Mutter," antwortete sie, „es ist ja alles fertig!"
Die Försterin suchte sich noch immer dem Freunde des Sohnes diensteifrig zu zeigen.
„Sie sind zu liebenswürdig, wirklich gar zu liebenswürdig!" meinte der junge Mann.
„Ei, wir wissen nur die Ehre zu schätzen!" versetzte sie süßlich.
Lorenz Reiner, der das übcrfrenndliche Gebaren seiner Frau mit unwilligen Blicken betrachtete, fügte in kühlerem Tone hinzu:
«Wenn Sie ein wahrer Freund unseres Otto sind.
pflege ermächtigt, an die Familien der Ausmar- schierten und sonstige hilfsbedürftige Bürgers, familien jetzt schon Abschlagszahlungen auf die heurige Bürgernutzung pro 1914/15 zu machen und zwar in 14 tägigen Raten bis zu 10 Mk.
Für die Familien der im Felde stehenden Mannschaften ist es von Wichtigkeit, daß die Mitgliedschaft letzterer bei den Krankenkassen aufrecht erhalten wird, damit ihren Angehörigen im Krankheitsfalls eines Ausmarschierten die Familienbeihilfe und im Falle des Todes das Sterbegeld gesichert bleibt. Der Stadtvorstand beantragt deshalb, daß für die verheirateten Aus« marschierten und solche mit unterstützungsbedürftigen Angehörigen, welche in den dem Ansmarsch vorangegangenen 12 Monaten mindestens 26 Wochen oder unmittelbar vorher mindestens 6 Wochen bei einer Krankenkasse versichert waren, die Mitgliedschaft bei dieser Kasse fortgesetzt wird und daß die Stadtkasse, soweit dies nicht die Arbeitgeber tun werden, die Beiträge hiefür in 3. Klasse, zunächst auf die Dauer von 2 Monaten, übernimmt. Von den Gemeindekollegien wird beschlossen, den Antrag des Stadtvorstands zum Beschluß zu erheben und die Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung mit sofortiger Wahrnehmung des Erforderlichen zu beauftragen.
Es hat sich hier unter dem Vorsitz der Frau Stadtschultheiß Baetzner und der Frau Stadtpfarrer Röster ein Hilfsverein gebildet, der die Aufgabe hat, durch Sammlungen Mittel zur Unterstützung armer Familien hiesiger Ausmarschierter aufzubringen, für die im Felde stehenden Krieger Liebesgaben zu sammeln und die Tätigkeit des Württ. Landesvereins vom Roten Kreuz in hiesiger Stadt zu unterstützen. Die Tätigkeit des Hilfsvereins kann nur dann eine wirksame sein, wenn ihm reichliche Geldmittel zu Gebote stehen. Die Gemeindekollegien beschließen, dem hiesigen Hilfsverein (Kassier: Verw.-Aktuar Schmid) aus der Stadtkasse einen Beitrag von 1000 Mark zu ver- willigeu.
Der Schuldiener der König-Wilhelm-Schule, KarlRothfuß, wurde zum Heere einberufen. Zu seinem Stellvertreter wird bestellt sein Vater Karl Rothfuß, Taglöhner sen. hier, gegen einen Taglohn von 3 Mark mit Wirkung vom 3. Aug. ds. Js. an.
Der Gemeinderat genehmigt die Aufstellung des Robert Krauß, Maurermeisters hier, zum Stellvertreter des Feuerwehrkommandanten Kuch und des Malermeisters Luz hier zum Stellvertreter des Kommandantenstellvertreters Schill.
Durch die Einziehung des zweiten Maschinisten am ftädt. Elektrizitätswerk Karl Volz, Mechanikers von hier, wird zur Zeit das hiesige ausgedehnte städt. Elektrizitätswerk mit 260 k8 Dieselmotoren, 60 ?8 Sauggasmotoren und 90 ?8 Wasserkraft nur noch von einem Maschinisten, Wilhelm Volz, geb. am 13- März 1882 in Wildbad, versehen. Wilhelm Volz ist landsturmpflichtig, seine Einberufung zum Heer kann also jeden Augenhlick erfolgen. Da ein Ersatz hier für Wilhelm Volz nicht gefunden werden kann, müßte seine Einziehung zum Heere di« sofortige völlige Betriebseinstellung des städt. Elektrizitätswerkes zur Folge haben, so daß die hiesige Stadt ohne elektrische Beleuchtung wäre, was zweifellos auch
soll Ihr Bestich uns freuen. Stehen Sie ihm zur Seite und behüten Sie ihn vor allen Irrwegen!"
„Gewiß, gewiß!" beeilte Herr von Hohlen sich zu erwidern. „Können mir glauben, daß ich nicht verfehlen werde, — mein Ehrenwort darauf!"
Er wollte dem Förster die Hand reichen.
„Das braucht's nicht," meinte dieser, „ein Mann, ein Wort!"
Robert von Hohlen wurde ein wenig verlegen. Das war ihm noch nicht vorgekommen.
„Ja so, entschuldigen Sie, Herr Förster, ich dachte nur —"
Lorenz Reiner achtete nicht weiter auf sein Gefasel. Er trat ans Fenster, blickte nach dem in heißer Stille brütenden Fichtenwald hinüber und trommelte mit den Fingern an die Scheiben.
Und da die Försterin noch immer mit der Anordnung des Kaffeetisches beschäftigt war, fanden die Freunde Gelegenheit, sich leise einige Bemerkungen zuzuflüstern.
„Nun, was sagst du?" meinte Otto, indem er den Freund an das andere Fenster zog und ihm scheinbar die Gegend zeigte.
Der Gefragte zuckte ein wenig die Achseln.
„Ländlich sittlich!" spöttelte er.
„Das habe ich dir ja zuvor gesagt! Für deinen Geschmack ist das nichts!" versetzte der Försterssohn.
„Warum nicht?" meinte der andere jedoch. „Ich finde 'olch eine Abwechselung ganz interessant!"
Er klenimte den Zwicker fester auf die Nase und musterte neugierig das Zimmer.
(Fortsetzung folgt.)