Berlin, 11. Aug. Eine vorgeschobene gemischte Brigade des französischen 15. Armeekorps wurde von unseren Sicherungstruppen bei Lagarde in Lothringen angegriffen. Der Gegner wurde unter schweren Verlusten in den Wald von Parroy, nordöstlich von Luneville zurückgeworfen. Er ließ in unseren Händen eine Fahne, zwei Batterien, vier Maschinengewehre und 700 Gefangene. Ein französischer General ist gefallen.
Berlin, 11. Aug. Ueber Belgien wurde letzten Samstag der Belagerungszustand verhängt. Alle Deutschen wurde» aufgefordert, das Land baldigst zu verlassen. Was sich in den letzten Tagen in Brüssel ereignet hat, übertrifft alles das, was sich die kühnste Phantasie ausmalen kann. Seit der Kriegserklärung am Dienstag verwüstete der Pöbel die Geschäfte, die Deutschen gehören oder deutsche Erzeugnisse anboten. Jedes Schild mit deutscher Anspielung wurde entfernt, und jeder, der ein deutsches Aussehen hat, tätlich auf der Straße angegriffen oder der Spionage verdächtigt.
Köln, 10. Aug. Hier eingetroffene Briefe aus Brüssel bestätigen, daß unmittelbar vor dem deutschen Vorgehen gegen Belgien eine französische Militärmission in Brüssel geweilt habe und auch vom König empfangen worden ist. — Bei der Eroberung Lüttichs wurden an 2000 Deutsche vorgefunden, denen man die Rückkehr nach Deutschland gewaltsam verweigert hatte, während nach Frankreich Tag und Nacht Züge mit Rückwanderern abgingen.
Berlin, 11. Aug- Dem „Berl. Tagbl." ist ein englisches Flugblatt zugegangen, das in Tausenden von Exemplaren in den Straßen Londons verbreitet wurde und wie folgt lautet: „Engländer, tut Eure Pflicht und haltet Euer Land fern von einem schmählichen und unsinnigen Krieg. Eine kleine, aber mächtige Klique will Euch in den Krieg treiben. Ihr müßt diese Verschwörung vernichten, oder es wird zu spät sein. Fragt Euch selbst: warum sollen wir in den Krieg ziehen? Die Kliquenpartei sagt: wir müssen das Gleichgewicht der Kräfte aufrecht erhalten; wenn Deutschland Holland und Belgien annektiert, wird es so mächtig sein, daß es auch uns bedroht. Aber diese Kliquenpartei sagt Euch nicht die Wahrheit. Es ist vielmehr Tatsache, daß, wenn wir an der Seite Rußlands und Frankreichs kämpfen, das Gleichgewicht der Mächte gestört würde, wie nie zuvor. Wir würden Rußland zu der gewaltigsten militärischen Macht auf dem Kontinent machen, und ihr wißt, was für eine Macht Rußland ist. Es ist Eure Pflicht, das Land von dem Verderben zu retten. Handelt, bevor es zu spät ist."
Berlin, 11. Aug. Der bisherige Botschafter in Paris, Freiherr von Schön, hat sich zur Militärdienstleistung gemeldet. Er hat den Rang eines Obersten und ist 63 Jahre alt.
Berlin, 11. Aug. Aus London wird gemeldet: Die Nachricht von der Tat der „Königin Luise" erregt hier eine wahre Pamk. Bei allem Gerede von der Jnvafionsgefahr in den letzten Jahren hat es doch niemand ernstlich für möglich gehalten, daß ein deutsches Schiff unmittelbar an der Themsemündung erscheinen könnte. Man beschwichtigt nicht das unwiderstehlich hervorbrechendc Mißtrauen an der Wachsamkeit der Admiralität.
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann 31 (Nachdruck verboten.)
Ohne die Anwesenheit seiner Frau und Tochter zu beachten, grollte er, die Hände in die Taschen verkrampft, in sich hinein:
„Eine Schande ist's, eine Schande!"
Ein wenig zaghaft näherte sich ihm die Försterin: „Kommst du endlich zurück, Lorenz?"
Barsch fuhr er sie an:
„Siehst ja, daß ich da bin! Was soll immer das Wortemachen und überflüssige Fragen!"
Klara war an der Tür stehen geblieben.
„Du bist verstimmt, Vater," sagte sie.
Der Förster setzte noch immer seinen unwilligen Gang durch das Zimmer fort
„Freilich bin ich das! Wie sollte man's auch wohl nicht sein!"
„Hat die Verhandlung so lange gedauert?" begann von neuem die Förstcrin.
„Den ganzen Vormittag und ist nichts dabei herausgekommen!"
„Die Verhandlung gegen Hellborn, Vater?"
Klaras Stimme zitterte leicht; sie schien jetzt die Erregung des Vaters zu teilen.
Ärgerlich blieb der Förster in seinem Gang durchs Zimmer stehen.
„Was fragst du? Hast du nichts zu tun? Geh an die Arbeit! Die Dummheiten sind nichts für Weibsleute! Genug, wenn sie mir den schönen Sommertag rauben!"
Auf den Straßen und Plätzen fanden Zusammenrottungen statt, wobei gerufen wurde: „Fort mit dem Kriege!"
Wien, 11. Aug. Die Gazette Peranno meldet aus Krakau vom 8. August, daß 600 galizische Jugendschützen unter dem Hauptmann Frank in der Nacht etwa tausend meist schlafende Kosaken bei Mjecho überfielen. Der Kampf dauerte einige Stunden und endete mit völligem Rückzug der Kosaken, die 400 Tote und Verwundete hatten. Hauptmann Frank hatte 140 Verwundete und besetzte Mjecho.
Wien, 11. Aug. Die „Neue Fr. Presse" meldet aus Lemberg: Die Jungschütze», die Miecho einnahmen, haben ihren Marsch nordwärts nach Ksiaz fortgesetzt, das nach kurzem Scharmützel besetzt wurde. Die Russen ließen Tote, Verwundete und bedeutende Proviantvorräte zurück. Es heißt, daß auch Pilitza und Kielca von den Russen geräumt worden sind. Unter den polnischen Jungschützen herrscht große Begeisterung.
Wien, 11. Aug. Das Oberkommando veröffentlicht folgenden Aufruf in Russisch-Polen:
„Die verbündeten österreichisch - ungarischen und deutschen Armeen überschreiten die Grenze. Sie bringen euch Polen hiermit die Befreiung vom moskowitischen Joch. Begrüßt unsere Fahnen mit Vertrauen, die euch Gerechtigkeit bringen werden. Die Aufgabe, die uns aus diesem Kriege erwächst) ist, die Schranken zu sprengen, die eueren Verkehr mit den Errungenschaften der westlichen Kultur verhindern, und euch die Schätze des geistlichen und wirtschaftlichen Aufschwungs zu erschließen."
Wien, 11. Aug. An der ganzen Grenze Ost- und Mittelgaliziens erneuerten die Russen vorgestern früh ihre Versuche, in österreichisches Gebiet einzufallen. Außer ihrer Kavallerie traten auch Jnsanterieabteilungen mit Geschützen in Tätigkeit. Trotzdem vermochte der österreichische Grenzschutz alle Angriffe abzuwehren.
Wien, 11. Aug. Ueber die Lage im Innern Serbiens meldet die „Reichspost" aus Sofia: Während die österreichischen Truppen von der Donau, der Save und der Drina das Land umklammern, versagt die Zufuhr aus den neuerworbenen Gebieten Serbiens infolge vielerlei Störungen. Vor allem ist die wichtige Brücke von Gewgheli zerstört worden, welche die Verbindung mit Saloniki herstellt, so daß der Nachschub aus den griechischen Häsen aufgehalten ist Von Bulgaren erhält Serbien nichts, da Bulgarien selbst Vorräte sammelt. Infolgedessen beginnt sich bei der serbischen Armee und Bevölkerung Verpflegungsmangel geltend zu machen. Au der albanischen Grenze sind starke albanische Banden aufgetaucht. Kvnjulatsberichte aus Albanien melden, daß die Aufständischen vor Schias mit den Truppe» des Fürsten fraternisierten und nach der albanischserbischen Grenze abgezogen sind.
Mailand, 10. Aug. Der „Corriere della Sera" berichtet aus Paris: „Viele russische Offiziere befanden sich in den französischen Badeorten bei Ausbruch des Krieges. Der russische Botschafter in Paris, Jswolski, wandte sich an den Zar mit der Aufrage, ob sie nackfl Rußland zurückkehren sollten. Der Zar hat geantwortet: Die Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere russischer Nationalität,
die von dem Kriegsausbruch in Frankreich überrascht wurden, sind bevollmächtigt, in Frankreich zu bleiben und in ihrem Grade an der Seite der Franzosen zu kämpfen."
Wien, 12. Aug. Im Süden ist nichts Besonderes vorgefallen. Es kam nur zu unbedeutenden Grenzscharmützeln. Im Norden versuchten russische Kavalleriepatrouillen, östlich der Weichsel gegen den San vorzudringen, wurden aber überall zurückgeschlagen. Gegen Brody versuchten die Russen mit 3 Schwadronen und Maschinengewehren vorzudringen, wurden aber über die Grenze zurückgeworfen.
Aus Stuöt, Zöezir krrrrd Umgebung.
Wildbad, 12. Aug. (Beschränkungen j,n Verkehr mit Oesterreich.) Der Postanweisung^-, der Postauftrags- und der Nachnahmeverkehr nii! Oesterreich-Ungarn nebst Bosnien und Herzegowina sind bis auf weiteres eingestellt.
— Von jetzt an dürfen mit sämtlichen Militärlokalzügen und Milchzügen Lebensmittel aller Art, als Expreß und Eilstückgut oder in Ladungen auch als Frachtgut ohne Annahmeschein, von einer Militärbehörde nach allen deutschen Stationen, ausgenommen das Gebiet westlich des Rheins, befördert werden.
Neuenbürg, 12. Aug. Hier wurden zwei Wilderer verhaftet, die die jetzige Kriegszeit als günstig betrachteten, ihr lichtscheues Gewerbe auszuüben. Der eine sitzt bereits hinter Schloß und Riegel, dein anderen, bei dem Lebensgefahr besteht, mutz ein Arm abgenommen werden.
Aus Wüvltemberg.
Stuttgart, 11. Aug. Der Verein Stuttgarter Hotelbesitzer will auf dem Bahnhof einen BereitschaslSdiensi einrichten und den Verwundeten Getränke und warme Speisen verabreichen. Die Mitglieder werden die Speisungen bedürftiger Kinder der ausmarschierten Soldaten in die Hand nehmen.
Stuttgart, 11. Aug. Das Ersatzbataillon Jnf.-Reg. 125 macht folgende Mitteilung: Freiwillige können vorerst beim Bataillon nicht mehr eingestellt werden. Der. Zeitpunkt für Neueinstellungen wird später bekannt gemacht.
Stuttgart, 11. Aug. Kurz vor ^,«6 Uhr heute früh sah man von der Mitteltribüne des Stadions auf dem Cannstatter Waseu eine mehr als 100 Nieter hohe Feuersäule in die Luft steigen. Eine ungeheure Rauchwolke breitete sich über den ganzen Wasen aus und von überall her tönte der Ruf: Das Stadion brennt! Das Feuer muß so ziemlich in der Mitte der gedeckten Tribüne aus- gebrochen sein, und mit Windeseile breitete sich das lodernde Flammenmeer nach rechts und links aus, so daß »ach einer Viertelstunde die ganze Mitteltribüne in Flammen stand. Obwohl die Berufsfeuerwehr mit zwei Dampfspritzen sofort a» Ort und Stelle war und die Löscharbeiten rasch von statten gingen, konnte jedoch von der mit Strohvorräten vollgestopften Mitteltribüne nichts mehr gerettet werden. Innerhalb Vs Stunde war das Bauwerk mit den hoch aussteigenden Sitzreihen in Schutt und Asche gesunken, während die u»-
Aber das Mädchen zögerte noch, glättete verlegen ihre blaue Schürze und stieß nach einer Pause hastig die Frage heraus:
„Ist er freigesprochen?"
„Ja, freigesprochen ist er, der Lump!" brauste der Förster auf. „Es ist nicht zu glauben, die heutige Zeit hat keine Gerechtigkeit mehr!"
„Und sie haben auf deine Aussagen nichts gegeben? Du hast ihnen alles gesagt?"
„Nichts habe ich verschwiegen!" erwiderte Reiner auf die Frage seiner Frau. „Lang und breit Hab' ich es ihnen erzählt, wie der Narr durch das Geschrei seines Kindes das Wild verscheucht, wie der Rauch seiner Hütte die schönsten Bäume schädigt, alles alles!"
Die Wut erstickte ihm die Stimme; wieder begann er, die Fäuste ballend, seinen stürmischen Gang durch das Zimmer.
„Es isr wirklich unerhört," unterstützte ihn Frau Adelheid, „einen solchen Menschen hier dulden zu müssen!"
„Ja, unerhört," fiel der Förster ein, „denn verdienen tät er es, daß man ihn zeitlebens sicher setzte. Statt dessen sprechen sic ihn frei, weil der alte, verlassene Steinbruch nnd der Platz davor niemand gehöre und die Gemeinde Grnmvald also nicht das Recht habe, ihn von dort zu vertreiben. Ach, ich mag gar nicht daran denken, es ist zum Tollwerdcn!"
Er unterbrach sich, „m auf die Uhr zu blicken. Tann wandte er sich plötzlich zornig zu Frau und Tochter um:
„Was steht ihr da und gafft? Gibt es nichts
zu tun im Hause? Kann nicht Otto in einer Stunde hier sein? Er schrieb doch, daß er um zwei Uhr mit dem Wagen des Löwenwirts von Fernem komme!"
„Ich wäre zu Fuß gegangen," meinte Klara, „das hätte nur Spaß geinacht an seiner Stelle, ein kräftiger junger Mensch, wie er ist!"
„Er wird's verlernt haben drinnen in der Stadt, seine Glieder zu gebrauchen!" kam es ingrimmig von des Försters Lippen.
Frau Adelheid aber wandte sich wieder tadelnd zu der Tochter.
„Was du nur wieder daherredest! Gibst ihm eine Schuld, die gar nicht die seine ist! Er ist nun einmal Student, ein feiner Mann, verkehrt in der besten Gesellschaft, da muß er auch an anderen Orten den Anstand wahren!"
„Aber ist es denn in der feinen Gesellschaft nicht anständig, zu gehen?" meinte Klara naiv.
„Mit dem Mädchen ist es nicht zum Aushalten!" wandte Frau Adelheid sich an ihren Mann. „Nicht einmal ein Festtagskleid will sie anziehen, wenn der Bruder kommt!"
Der Vater blickte die Tochter prüfend an.
„So, sie will nicht? Und warum nicht?"
„Wenn der Bruder mich nicht lieb hat, so wie ich bin, Vater, dann —"
„Recht hast dir eigentlich. Mädel," fiel der Förster ein, „aber der Mutter zuliebe solltest dn's doch tun.
(Fortsetzung folgt.)