Lüttich fest in deutsche« Händen.
Berlin, 9. Aug. Lüttich ist fest in unseren Händen. Die Verluste des Feindes waren groß. Unsere Verluste werden sofort mitgeteilt werden, sobald sie zuverlässig bekannt sind. Der Abtransport von 3000 bis 4000 kriegsgefangenen Belgiern nach Deutschland hat bereits begonnen. Nach den vorliegenden Nachrichten hatten wir in Lüttich ein Viertel der gesamten belgischen Armee gegen uns. — Die Feststellung, daß die belgische Festung Lüttich fest in unseren Händen sei, wendet sich wohl, wie die Kreuzzeitung ausführt, gegen die auch in Berlin umlaufenden Gerüchte, daß bis jetzt nur ein Teil der Lütticher Forts von uns genommen sei. Dasselbe Blatt schreibt: Wie von glaubwürdiger Seite erzählt wird, gab man sich in Belgien der Hoffnung hin, den Vormarsch der deutschen Armeen mit Hilfe dieser Festung Lüttich j3 bis 4 Wochen aufhalten zu können. Umso größer wird in aller Welt die Wirkung dieses Erfolges sein, den dis todesmutige Tapferkeit unserer Truppen bei dieser ersten größeren Waffentat in diesem Krieg so schnell errungen hat. Die Vossische Ztg. bemerkt: Wann ist ein mächtiger, moderner, mit allen technischen Hilfsmitteln ausgestatteter Waffenplatz kaum 48 Stunden, nachdem Truppen vor seinen vorgeschobenen Befestigungen erschienen sind, auch bereits dem Angriff erlegen?
General von Emmich
Der Held von Lüttich, Exzellenz von Emmich, ist am 4. August 1848 zu Minden a. d. Weser geboren, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, trat 1866 in das Infanterieregiment Nr. 55 ein und wurde 1868 zum Leutnant befördert. Im Jahre 1897 übernahm er als Kommandant das 114. Jnfanterie-Regt. 1901 wurde er Generalmajor und Kommandeur der 31. Jnfant.-Brigade, 1905 Generalleutnant und Kommandeur der 10. Division, von Emmich machte auch den Feldzug 1870/71 mit und ist im Besitze des Eis. Kreuzes 2. Klaffe. Nunmehr hat der Kaiser dem tapferen Feldherrn den Orden „Pour le mörite" verliehen.
Die österreichischen Trnppen dringen vor.
Wien, S. Aug. Die bis Mi schon» etwa 30 km von Krakau vorgedrungenen österreichischen Truppen setzten gestern die Offensive fort und besetzten bis zum Abend Ortschaften bis ungefähr 40 km vorwärts. Die bisher an der Weichsel stehenden Grenztruppen überschritten den Fluß und setzten sich am jenseitigen Ufer fest. In Ostgalizien bemächtigen sich die Oesterreicher der in feindlichem Gebiet gelegenen Grenzorte Radziwilow, Grenzbahnhof, westlich Lemberg, gegenüber Brody, Wolotschisk, Grenzbahnhof im östlichen Galizien, und Nowocieliea bei Czernvwitz, der Hauptstadt der Bukowina. Sämtliche Versuche feindlicher Reiterpatrouillen, in Ost- und Mittelgalizien einzufallen, wurden abgewehrt. Bei Saloschze, zwischen Brody und Czernowitz, wurden bei der Zurück- wersung feindlicher Reiter 4 Kosaken getötet und 3 verwundet. — Die Montenegriner beschossen gestern nachmittag den Abschnitt Teodo in Bocchs di Eattaro. Sie stellten das Feuer, das von den Oesterreichern erwidert wurde, um 6 Uhr abends wieder ein. Das Feuer der Montenegriner war völlig wirkungslos. Die Oesterreicher hatten
Gerichtet.
Roman von Franz Wichmann.
2s (Nachdruck verboten.)
Klara legte gleichwohl, die Jacke an, welche die Mutter soeben beanstandete. „Ich will noch arbeiten," sagte sie. „Das Unkraut, das sich in unscrm Garten wieder so breit macht, muß beizeiten nusgejätet werden, später wird man seiner nicht mehr Herr."
Ärgerlich trat die Försterin vor die Tochter hin.
„Ach was," haderte sie, „Unkraut hin, Unkraut her, — ein junges Mädchen wie du sollte sich um andere Dinge kümmern. Wozu ist denn die Lina da?"
„Ich denke zum Arbeiten, wie wir und alle Menschen auf der Welt zur Arbeit da sind!"
„Was für ein Geschwätz das ist! Tu sprichst doch wahrhaftig wie der Apostel vom Stcinbruch!"
Zum erstenmal wandte das Mädchen sich ab und ihre Wangen entfärbten sich ein wenig, während sie an ihrer Jacke nestelte und knöpfte.
„Wen meinst du?"
„Muß ich das wirklich noch sagen? Wen anders sollte ich meinen als den Hellborn!"
Das Mädchen drehte sich jäh herum und eine flüchtige Röte überflog ihr liebliches Gesicht.
„Warum nennst du den einen Narren, Mutter?"
„Dumme Frage! Weil er einer ist! Alle Welt lacht über ihn!"
Klara schüttelte ernst den Kopf.
„Das mag sein, aber darum brauchst du doch nicht auch über ihn zu lachen!"
keine Verluste und ihre Stellungen wurden nicht beschädigt.
Andrang znr Marine
Berlin, 8. Aug. Ueberaus viele Freiwillige und Kriegsfreiwillige treffen an den Standorten der kaiserl. Marine ein, ohne daß ihre Annahme möglich ist- Es wird deshalb denjenigen Personen, die keine Einberufungsbefehle oder keine Kriegsordre haben, dringend abgeraten, nach den Marinegarnisonen zu reisen in der Annahme, dort eingereiht zu werden. Der Bedarf ist augenblicklich gedeckt. Für eine elivaige Einstellung kommen in erster Linie Freiwillige in Betracht, d. h. Leute, die ihrer aktiven Dienstpflicht ohne Unterbrechung genügen wollen, und in diesem Jahr noch nicht 20 Jahre alt sind oder werden, oder zurückgestellte Militärpflichtige. Aussicht auf Einstellung Kriegsfreiwilliger besteht vorläufig nur für frühere Offiziere und Deckoffiziere, für Geschützführer, Seetelegraphisten, Funkentelegraphisten, Rohrmeister, Signalpersonal und andere Spezialisten.
Aus Libau sind vier deutsche Matrosen entflohen, die von den Russen gefangen genommen worden waren, nachdem einige deutsche Handelsschiffe und zwei russische Panzerkreuzer im Hafeneingang versenkt worden waren. Sie sahen, daß ihr Schiff nur halb versunken war, brachten ein Boot desselben ins Wasser und flüchteten, nachdem das russische Militär den »on der „Augsburg" in Brand geschossenen Hafen verlassen hatte. Vor dem Weggang aus Libau hatten die russ. Soldaten auch noch daS große Kohlenlager in Brand gesteckt. Die Libauer Bürgerschaft erwartet, wie die Flüchtlinge erzählen, mit großer Sehnsucht die Ankunft der deutschen Truppen, um wieder in geordnete Zustände zu kommen.
Kopenhagen, 9. August. Die „National Tidende" in Stockholm berichtet über die Zerstörung Hangoes durch die Russen. Die Russen versenkten am Sonntag und Montag einen großen Dampfer im Hafeneingang und ebenso alle Hafenkranen, sprengten die Eisenbahnwerkstätten und die Hafenmole in die Luft, steckten 30 Magazine in Brand, zerstörten die Eisenbahnlinien und sperrten die Einfahrt nach Petersburg durch Minen. Die Einfahrt wird durch Torpedoboots- flotlillen bewacht. (Hangoe ist ein Hafenort an der südwestlichen Küste Finnlands und von Bedeutung für die Beherrschung des Finnischen Meerbusens, an dessen Binnenende ja Petersburg liegt.)
Slockholm, 10. Aug. Das „Südschwedische Tagebl." in Malmö meldet aus London, daß der englische Marineminister Churchill am 7. August den Untergang des „Amphion" offiziell bekannt gegeben hat.
Die ersten Verluste.
Berlin, 10. Aug. Amtlich wird jetzt die Liste der Gefallenen und Verwundeten aus den Gefechten unserer Grenzschutztruppen bekannt gegeben:
Jnf.-Reg. 18 1 3 Tote. nf.-Reg. 41: 1 Toter. nf.-Reg. 59: 5 Verwundete.
Jnf.-Reg. 63: 6 Verwundete.
Jnf.-Reg. 55: 7 Tote.
Die Försterin war sonst eine gute Frau, aber dieses Benehmen ihres Kindes reizte sie.
„Wenn du nicht immer widersprechen müßtest!" meinte sie. „Dein Bruder Otto denkt, Gott sei Dank, vernünftiger als du von der Welt!"
Klara zuckte die zierlichen Achseln.
„Dafür ist er ja auch ein Studierter!" sagte sie mit leichter Schärfe.
„Willst du darum seiner spotten, naseweises Ding?" ereiferte die Försterin sich. „Was bist du gegen deinen Bruder? Otto hat etwas gelernt und kennt das Leben. Ich sage dir, er wird es noch einmal zum Minister bringen!"
Den breitrandigen Gartenhut auf das blondgelockte Haar gesetzt, wandte Klara sich zum Gehen.
„Er hätte auch glücklich werden können," meinte sie, „wenn er den Wunsch des Vaters erfüllt hätte und Förster geworden wäre!"
Doch die Mutter wollte davon nichts wissen.
„Förster!" wiederholte sie. „Das ist ja recht schön, aber unser Otto paßte nicht dafür! Das hat sich überlebt. Das Land ist heutzutage überhaupt nichts mehr, die Städte sind alles!"
„Leider!" entgegnete Klara. „Wie weh aber wird es dem Vater tun, in seinem Alter noch fortzumüssen in eine neue Welt!"
Die Försterin erboste sich von neuem.
„Sprich nicht so töricht! Auf diese Versetzung in die Hauptstadt habe ich jahrelang gehofft. Sie wird unser aller Glück werden. Was verstehst du davon? Du kennst die Stadt und das bunte, glänzende Leben dort nicht. Ach, es war meine schönste Zeit,
Jnf.-Reg. 156: 4 Tote, 7 Verwundete. Jnf.-Reg. 157: 1 Toter, 1 Verwundeter.
Jnf.-Reg. 171: 4 Tote, 1 Verwundeter.
Drag.-Reg. 14: 2 Tote, 2 Vermißte, 2 Verwundete, 1 Gefangener.
Drag.-Reg. 23: 1 Toter, 1 Vermißter.
Husaren 7: 2 Tote.
Ulanen 14: 1 Toter, 2 Verwundete und Vermißte.
Ulanen 15: 1 Toter, 2 Verwundete und Vermißte.
Jäger zu Pferde 3: 2 Vermißte.
Jäger zu Pferde 5: 1 Verwundeter.
Jäger zu Pferde 11: 1 Verwundeter.
Art.-Reg. 35: 1 Verwundeter.
Feldart.-Reg. 57: 1 Verwundeter.
Ort und Datum, an dem die einzelnen Gefechte stattgefunden haben, können bis auf weiteres nicht veröffentlicht werden. Doch gibt an sich auZ- weisende Angehörige aus Anfrage das Nachweik- büro des Kriegsministeriums Berlin N. W. Dorotheenstraße 48, schriftlich oder mündlich Auskunft. Die Verwundeten sind in guter Pflege.
Berlin, 9. Aug. (Verlustlisten). Durch das Einsetzen der Kriegshandlung wird natürlich im ganzen Volk der dringende Wunsch laut, stets schleunigst Kenntnis von unseren Verlusten zu erhalten. Dieser Wunsch ist durchaus begreiflich und es wird ihm immerhin in offenster und weitestgehender Weise Rechnung getragen werden. Jeder, der mit militärischen Verhältnissen vertraut ist, wird es aber auch verstehen, daß es gewisser Zeit bedarf, bis nach einem Gefecht die Zahl der Verluste übersehen werden kann. Es ist sogar für die am Kamps beteiligten Regimenter unmöglich, unmittelbar nach dem Kampf, bevor die von der Truppe Abgekommenen sich wieder eingefunde» haben, ein einigermaßen zuverlässiges Bild zu geben. Es ist Vorsorge getroffen dahin, daß die Truppen durch die Militärbehörden in der Heimat die Angehörigen so schnell wie möglich benachrichtigen. Außerdem werden regimenterweise zusammengestellte Verlustlisten veröffentlicht werden.
Franklireur»Krieg!
Berlin, 8. Aug. Die von den Kämpfen um Lüttich vorliegenden Meldungen lassen erkennen, daß die Landeseinwohner sich an dem Kampfe beteiligt haben. Die Truppen sind aus dein Hinterhalt und erst bei der Ausübung ihrer Tätigkeit beschossen worden. Gegen viele Verwundete wurden von der Bevölkerung Grausamkeiten verübt. Ebenso liegen Meldungen vor, daß die französische Grenzbevölkerung gegenüber Metz aus dem Hinterhalt deutsche Patrouillen abgeschossen hat. Es kann sein, daß dieser Vorfall durch die Zusammensetzung der Bevölkerung m jenen Jndustriebezirken hervorgerufen wurde, es kann aber auch sein, daß der Franktireurkrieg in Frankreich und Belgien vorbereitet ist und gegen unsere Truppen angewendet werden soll. Sollte letzteres zutreffen und durch Wiederholung solcher Fälle erwiesen werden, so haben unsere Gegner es sich selbst zuzuschreiben, wenn der Krieg mit unerbittlicher Strenge auch gegen die Bevölkerung geführt wird. Man wird es den deutschen Truppen, die gewohnt sind, Disziplin zu halten und den Krieg nur gegen die bewaffnete Macht der feindlichen Staaten zu führen,
da ich als Stütze der Hausfrau bei der gnädigen Baronin in der Residenz war. Glaube mir, auch du wirst noch denken lernen wie ich!"
„Niemals, Mutter!" entgegnete das Mädchen fest.
„Du bist ein unvernünftiges Kind," versetzte die Förstcrin: „mit dir kann man kein verständiges Wort reden!"
Klaras Sprache verlor plötzlich den harten, spröden Klang; ihre Stimme wurde weich.
„Sei mir nicht böse, Mutter," sprach sie. „Sieb', ich kann nicht anders, wenn ich auch wollte! Ich habe das wohl vom Vater —"
„Nun, so bleibe, wie du bist!" rief ärgerlich die Försterin. „Geh — geh nur zu deinem Unkraut in den Garten!"
Klara wollte das Zimmer verlassen, aber im Begriff, die Tür zu öffnen, blieb sie stehen und lauschte.
„Horch, ich glaube der Vater kommt!" sagte sie.
Eine Sekunde später ward die Tür wirklich heftig aufgerissen und auf der Schwelle stand die nicht eben große, aber kraftvoll untersetzte Gestalt des Försters Reiner. '
Eine Wolke des Unmuts lag auf seiner Stirn, und unter dem dichten braunen Vollbart, der seltsam von dem schon ergrauten Haupthaar abstach, zuckten die Mundwinkel wie von Arger und Trotz.
Aufgeregt trat er ins Zimmer, warf den grünen Jägerhut auf den Sofatisch und ging, die Hände auf dem Rücken gekreuzt, mit hastigen Schritten auf and nieder.
(Fortsetzung folgt.)