AusStaöt, Wszrrkunö Umgebung.
Wildbad, 8. Aug. Die auf gestern abend in die König-Wilhelm-Schule von Frau Stadtschultheiß Baetzner und Frau Stadtpfarrer Rösler emberufene Versammlung hiesiger Frauen zur Gründung eine« Hilfsvereins für die bedürftigen Angehörigen der hiesigen Ausnearschierten war von Frauen aus allen Ständen außerordentlich zahlreich besucht. Die den Vorsitz führende Frau Stadtschultheiß Baetzner begrüßte die Erschienenen und führte über die Ziele und Zwecke der Vereinigung etwa Folgendes aus: „Liebe Frauen von Mdbad l Wir haben uns erlaubt. Sie auf heute abend hieher einzuladen, um mit Ihnen eine Hilfsaktion für die bedürftigen Familien unserer zum Heere einberufenen Männer in hiesiger Stadt einzuleiten. — Die Zahl der Einberufenen ist groß, die Dauer des Feldzuges nicht abzusehen, die Hilfsbedürftigkeit bei den Familien wird daher vermutlich eine große werden I Es ist deshalb notwendig, daß auch die Hilfe eine umfangreiche und ergiebige wird. Alle bedürftigen Familien erhalten ja von Reichswegen eine Unterstützung und zwar sind vorgesehen: Für eine Frau in den Sommermonaten monatlich 9 Mk., in den Winter- monaten 12 Mk., für ein Kind oder ein sonstiges Angehöriges 8 Mk. monatlich. Das ist erfreulich und wird der schwersten Not Vorbeugen, aber ganz wird es in vielen Fällen nicht zureichen und wird siir die Vereinigung, die wir heute ins Leben rufen wollen, sich noch ein weites Feld der Tätigkeit darbieten. Denn die gegen den Feind ziehenden Bürger unserer Stadt sollen die reruhtgende Gewttzheit draußen im Felde Huden, datz für ihre Lieben daheim gesorgt ist, »atz sie Nicht darben müsse«! Das soll die erste Aufgabe unserer Vereinigung sein. Weiter werden wir uns bemühen, für unsere Krieger Liebesgaben, warme Kleidungsstücke zu fertigen, zu sammeln und zu beschaffen. Eine weitere Aufgabe von uns wird es sein, die Tätigkeit des Landesvereins vom Roten Kreuz in hiesiger Stadt zu fördern und zu unterstützen durch Sammlungen, Werbetätigkeit usw. Diese 3 Aufgaben soll sich unsere Vereinigung stellen, zu deren Begründung wir Sie heute auffordern möchten. Zur Durchführung dieser Zwecke sind vor allem reichliche Geldmittel nötig. Eine von einer Dame, Frau Clara Schumacher aus New-Aork, angeregte und ausgesührte Sammlung hat bereits den Betrag von 537 Mk. 30 Pfg. ergeben, wofür wir herzlichen Dank aussprechen. Dies ist aber nur ein kleiner Anfang. Das Vielfache dieser Summe wird noch nicht hinreichen! Ich gestatte mir nun, den Vorschlag zu machen, daß wir zunächst die Vereinigung ins Leben rufen und ihre Organe bestellen und daß wir dann in erster Linie eine große, umfassende Sammlung von Geldmitteln bewerkstelligen, bei der vor allem unsere jungen Mädchen durch Sammlungen von Haus zu Haus sich nützlich machen können. Tue ein jedes, was in seinen Kräften steht. Wenn das Vaterland ruft, darf keines zurückstehen I Ich gebe nun einem der Herren das Wort zur weiteren Behandlung der Sache. — Herr Stadtpsarrer Rösler, der zur großen Freude der Versammlung sich nach seiner schweren Erkrankung zum ersten Mal wieder in der Oeffentlichkeit zeigte, ergriff nun das Wort. Mit treffende», herzbewegenden Worten richtete er die dringende Mahnung an die Einwohnerschaft, dem Ernst der Lage entsprechend, jetzt, wo der Kampf um Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes gehe, vor keinem Opfer zurückzuschrrcken. Nur wenn alle Kräfte des deutschen Volkes, auch die der Zuhausegebliebenen, Zusammenwirken, könne auf eine Ueberwindung der Feinde, auf einen guten Ausgang gehofft werden. Er legte dann dar, wie man sich die Tätigkeit des heute ins Leben zu rufenden Hilfsvereins zu denken habe. Zur Betätigung einer umfassenden Geldsammlung werde die Stadt in Bezirke eingeteilt werden, für die je «ne Sammlerin aus der Zahl unserer jungen Mädchen aufgestellt werde. Die Sammlerinnen werden von HauS zu Haus gehen und die freiw. Gaben eiusammeln. Mit den gesammelten Geldmitteln werden die bedürstigen Familien der zum Heere Eingezogenen unterstützt und für die Ausmarschierten Liebesgaben beschafft werden. Um a^n Hilfsverein über die Lage der bedürftigen Familien aus dem Laufenden zu erhalten, werden je für 5—6 Familie» Fürsorgerinnen bestellt, die me Familien jede Woche zu besuchen haben. Eine Tätigkeit für den Landesverband vom Roten Kreuz werde der Hilfsverein in hiesiger Stadt ebenfalls entfalten, dadurch, daß er die Sammlungen für >hn besorgt, bei der Einrichtung der Vereinslazarette, der Ausbildung von Pflegerinnen usw. mitwirkt, ousolge einer heute morgen stattgehabten Vorbesprechung mache er den Vorschlag, die Organisation des Hilssvereins jetzt dadurch zu bewerkstelligen.
daß der Vorstand, Ausschuß und Beirat bestellt werde. Zufolge des Vorschlags werden dann gewählt: als Vorsitzende: Frau Stadtpfarrer Rösler und Frau Stadtschultheiß Baetzner, als Schriftführer: Herr Kaufmann Brachhold, Stellv. Herr Stadtpfleger Gutbub, als Kassier: Herr Verwaltungs-Aktuar Schmid, Stellv. Herr Gemeinderat Kapprlmann, als Ausschußmitglieder: Freifrau von Gemmingen - Guttenberg, Frau Hofapotheker Dr. Metzger, Fräulein Luise Hammer, Herr Bürgerausschuß-Obmann Dr. Metzger, Herr Flaschnermeister Güthler, Herr Gemeinderat Karl Rath, als Beirat: Herr Stadtschultheiß Baetzner, Herr Stadtpfarrer Rösler, Herr Stadtpfarrer Fischer. Inzwischen war in der Versammlung der Bezirksvertreter des Landesvereins vom roten Kreuz, Herr Oberamtmann Ziegels, mit Frau Gemahlin, erschienen. Herr Stadtschultheiß Baetzner begrüßte sie im Namen der Versammlung und erläuterte nochmals in längeren Ausführungen Ziele und Zwecke des Hilfsvereins. Die von ihm vorgeschlagenen kurzen Satzungen des Vereins wurden ohne Debatte angenommen. Mit einem warmen Appell an die Opferwilligkeit der Wildbader Einwohnerschaft schloß er seine von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Worte. Herr Oberamtmann Ziegele richtete hierauf die Aufforderung an die Versammlung, auch für die Zwecke des Roten Kreuzes ihr Möglichstes zu tun. Er teilte mit, daß für Wildbad die Errichtung von Vereinslazaretten vorgesehen sei und daß es dringend nötig sei, die vorgejchriebene Bettenzahl durch private Spenden jetzt schon zusammen zu bringen. Die eben hier ins Leben gerufene Hilfsaktion bezeichnet er als vorbildlich, es freue ihn, dies konstatieren zu können. Auf eine Anfrage von Frl. Springer wurde noch mitgeteilt, daß die Frauen die Handarbeiten auch zu Hause fertigen und die nötigen Materialien mit nach Hause nehmen können. Wohlhabende Frauen sollen aber die Strickgarne usw. auf eigene Kosten beschaffen. Hierauf wurde die Versammlung vom Stadtvorstand mit Worten des Dankes an die Erschienenen geschlossen, worauf Gemeinderat Brachhold noch einige warm empfundene Worte sprach. Möge die Hilfsaktion, die nun eingeleitet ist, zum Segen der armen Familien unserer Ausmarschierten wirken, möge sie überall opferwillige Herzen und Hände finden, auf daß sie im Stande ist, etwas Erkleckliches zu leisten. Möge Jeder tun, was in seinen Kräften steht! Das kleinste Scherflein ist willkommen und wird dankbar entgegengenommen, denn viele Wenig machen auch ein Viel. Diejenigen aber, die mit Glücksgütern gesegnet sind und zu Hause bleiben dürfen, sollen daran denken, daß unsere Brüder im Felde für uns die Blutsteuer entrichten und ihr Leben in die Schanze schlagen müssen. Hiegegen ist es nur ein Geringes, wenn man von ihnen, den Zuhausegebliebenen, erwartet, daß sie diesmal einen tiefen Griff in ihr Portemonnaie tun nnd dadurch dazu beitragen, daß von den Kindern und Frauen der Ausmarschierten wenigstens alle leibliche Not und Sorge ferngehalten wird.
Ein zweiter Bericht lautet:
Wildbad, 8. August. Zwecks Vorkehrung geeigneter Maßnahmen für die bedürftigen Familien und Angehörigen der zum Heere einge- zogenen Einwohner von Wildbad und Beschaffung von Liebesgaben (Socken, warme Unterkleidung etc.) für die im Felde befindlichen Wildbader Krieger haben Frau Stadtschultheiß Bätzner und Frau Stadtpfarrer Rösler gemeinsam in den hiesigen Blättern einen Aufruf an die Wildbader Frauen zu einer Besprechung auf Freitag abend den 7. August in den Handarbeitssaal der König- Wilhelm-Schule hier erlassen, welchem Aufrufe zahlreich Folge geleistet wurde.
Nachdem Frau Stadtschultheiß Bätzner die Versammlung eröffnet und über Zweck und Ziele der zu treffenden Maßnahmen berichtet und Herr Stadtpsarrer Rösler, welchen wir nach langer Krankheitsabwesenheit wieder zu unserer Freude in unserer Mitte begrüßen durften, die Vorkehrungen der Familien- u. Krieger-Hilfe lebhaft unterstützt hatte, gab Herr Stadtschultheiß Baetzner den Satzungsentwurf und die Organe der Verwaltung des Unternehmens bekannt, die einstimmige Annahme bei den Anwesenden gefunden hatten.
Das Unternehmen führt den Namen „Hilfsverein Wildbad", dessen Satzungen lauten:
8 I.
Der Hilfsverein hat den Zweck, während der Dauer des Krieges:
a. die Familien und Angehörigen der zu dem Heere eingezogenen Einwohner von Wildbad zu unterstützen,
d. für die im Felde befindlichen Krieger Liebesgaben, warme Unterkleidung u. a. zu fertigen, zu sammeln und zu beschaffen.
' d. die Tätigkeit des Württbg. Landesvereins vom roten Kreuz in hiesiger Stadt zu unterstützen und sich durch Errichtung der Vereinslazarette, Ausbildung von Krankenpflegerinnen, durch Sammlungen, Werbetätigkeit usw. in seinen Dienst zu stellen.
8 S-
Mitglied des Hilfsvereins wird jedermann, der eine Gabe zur Vereinskasse beisteuert.
8 3.
Die Organe des Vereins sind der Vorstand, der Ausschuß und der Beirat; st« werden in einer Wahl auf die ganze Kriegsdauer bestellt.
Der Vorstand besorgt die Verwaltung der Vereinsangelegenheiten und der Kasse und führt die Beschlüsse des Ausschusses aus.
Der Ausschuß beschließt gemeinschaftlich mit dem Vorstand durch Stimmenmehrheit über die Verwendung der Vereinsmittel, die Bewilligung der Unterstützungen und bestellt die Sammlerinnen und Fürsorgerinnen.
Die Mitglieder des Beirats können an den Beratungen des Vorstandes und Ausschusses teilnehmen und haben hiebei Stimmrecht.
8 4 .
Die Tätigkeit des Vereines hört mit dem Friedensschlüsse auf. Etwaige dann noch vorhandene Mittel werden dem Württ. Landesverein vom Roten Kreuz überwiesen.
Die Verwaltung besteht aus Vorstand, Ausschuß und Beirat.
Dem Vorstande gehören an:
1) Vorsitzende: Krau Stadtpsarrer Rösler und Frau Stadtschultheiß Baetzner.
2) Schriftführer: Herr Kaufmann Brach hold. Stellv.: Herr Stadtpfleger Gutbub.
3) Kassier: Herr Verwaltungs-Aktuar Schmid. Stellv.: Herr Gemeinderat Kappelmann. Dem Ausschuß gehören an:
1) Freifrau von Gemmingen-Guttenberg.
2) Frau Dr. Metzger.
3) Fräulein Luise Hammer.
4) Herr Bürgerausschußobmann Dr. Metzger.
5) Herr Flaschnermeister Güthler.
6) Herr Gemeinderat Karl Rath.
Dem Beirat gehören an:
1) Herr Stadtschultheiß Baetzner.
2) Herr Stadtpsarrer Rösler.
3) Herr Stadtpsarrer Fischer.
Der Verhandlung wohnte bei der Bezirkvertreter des Roten Kreuzes, Herr Oberamtmann ,Ziegele mit Frau Gemahlin aus Neuenbürg, der seiner Freude Ausdruck gab über die sofort ein- geleitete Hilfsaktion in Wildbad und glaubte, daß dieses Beispiel im ganzen Bezirk Nachahmung finden werde. Kaufmann Brachhold wünschte, daß wir uns bald des Friedens erfreuen dürfen, den wir durch den uns aufgedrungenen Krieg erobern müssen und gab der ernsten Situation das Geleit: Mit Gott für Kaiser und Reich, König und Vaterland. Die erste Handlung des Hilfsvereins Wildbad wird demnächst beginnen durch eine Sammlung von Geldspenden für die Wildbader Familien der zum Heere eingezogenen Mannschaften.
Den verehrten Damen, die bereitwilligst diese Mission nach eingeteilten Sammelbezirken übernommen haben, bitten wir opferbereite Aufnahme gewähren zu wollen; auf die stets bewährte Opfer- Willigkeit der Wildbader Einwohner glauben wir auch in dieser ernsten Zeit der Hilfe in aufrichtiger Betätigung der Vaterlandsliebe zuversichtlich vertrauen zu dürfen.
Berlin, 9. Aug. Eine Grenzschutzabteilung in Bialla schlug den Angriff einer russischen Kavalleriebrigade ab. Die Deutschen erbeuteten 8 Geschütze und mehrere Munitionswagen. Bialla liegt 10 Kilometer östlich von Johannisburg.
Berlin, 9. Aug. Gestern vormittag sind drei Kompagnien Landwehr bei Schmalleningken, 3 Meilen östlich von Tilsit, von zwei russischen Jnfanteriekompagnien und einer Maschinengewehrkompagnie angegriffen worden. Die Landwehr zwang die Russen zur Rückkehr nach Jurburg.
Der erste in Frankreich gefallene deutsche Offizier. Wie mitgeteilt wurde, hat der Kommandeur eines Jägerregiments zu Pferde einer in Magdeburg wohnhaften Frau Mayer telegraphisch davon Mitteilung gemacht, daß ihr Sohn Albert bei einem kühnen Patrouillenritt auf französischem Gebiet verwundet und nach Belfort gebracht worden ist. Wie jetzt die „Magdb. Ztg." meldet, ist Leutnant Albert Mayer seinen Verletzungen erlegen. Sein« Beerdigung hat in Joncherey unter militärischen Ehrenerweisungen durch franz. Dragoner stattgefunden.