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während der Saison: Amtliche Fremdenlistq«
Sir. 27 I
Donnerstag, den 5. März 1914
s 50. Jahrgang.
Deutschland und Kußland.
In einer Petersburger Korrespondenz bespricht die „Kölnische Zeitung" das Verhältnis Rußlands zu Deutschland und weist auf die aggressive Tendenz der russischen Heeresrüstungen an der Westgrenze des Zarenreiches hin. Rach Ansicht des Mitarbeiters des genannten Blattes werde die russische Armee in ein paar Jahren so weit sein, um gegen Deutschland einen Krieg zu führen. Mit Rücksicht aus die loyale Haltung des deutschen Nachbarn während des russisch-japanischen Krieges wird Len amtlichen russischen Kreisen beispiellose Undankbarkeit vorgeworfen und festgestellt, daß die Legende von der historischen deutsch-russischen Freundschaft im Begriff sei, von ihnen zerstört zu werden. — Wenn auch die Ausführungen der Kölnischen Zeitung zweifellos auf Wahrnehmungen ihres Petersburger Korrespondenten beruhen, Re dieser un Lause der letzten Monate an der Newa gewonnen hat und die den Tatsachen entsprechen dürsten, so glauben wir doch zu wissen, daß die deutsche Diplomatie ihnen fernsteht, zumal auch der Pessimismus des Verfassers in unterrichteten deutschen Kreisen nicht durchweg geteilt wird. Man wird daher gut tun, die Auslassungen des Blattes nicht als Kundgebung deutscher diplomatischer Kreise, sondern lediglich als Stimmungs- bencht ihres Petersburger Korrespondenten zu bewerten.
Das erste Echo, das diese neuen Erörterungen in Frankreich geweckt haben, liegt in einer Preß- stimme vor, die wie folgt übermittelt wird:
„Paris, 3. März. Bei Besprechung der gegenwärtigen deutschrussischen Beziehungen givt oas„Echo de Paris" folgender Meinung Ausdruck: Wenngleich die nächsten Wochen als kritische zu betrachten seien, dürfe man doch gewissen deutschen Alarrflrufen übergroße Bedeutung nicht beilegen. Die Behauptung, daß Rußland von französischer Seite zu schnellerer Mobilisierung gedrängt werde, sei ganz willkürlich. Zunächst müsse man doch abwarten, ob es sich bei jenen publizistischen Aeußerungen nicht um die Vorbereitung neuer Forderungen der Berliner Heeresverwaltung handle, oder ob die öffentliche Meinung etwa auf einen Präventivkrieg vorbereitet werden solle. Der Monat März werde wohl die wünschenswerte Klärung der allgemeinen Lage bringen. Be- ruhigend hebt „Petit Parisien" hervor, daß eine Un
einigkeit der Großmächte anläßlich der epirotisch- albanischen Angelegenheit nicht zu befürchten sei. Mit der an Griechenland erfolgreich gerichteten Aufforderung, Nordepirus zu räumen, hätten Dreiverband und Dreibund ihre Pflicht gegenüber Albanien voll erfüllt. Die gegenwärtigen Vorgänge in Arigocastro und Umgebung, an denen die griechische Regierung nicht beteiligt ist, entzögen sich demzufolge der direkten Einwirkung der Großmächte. Als Beweis der griechischen Loyalität wird ferner auf die Tatsache hingewiesen, daß der griechische Gouverneur des vielumstrittenen Gorizza dieses Land soeben bedingungslos den Vertretern der albanischen Regierung übergeben hat." — Die Erklärung, die der russische Ministerpräsident Goremykin in der Reichsduma abgeben soll, ist in ihren allgemeinen Zügen bereits ausgearbeitet. Es wird darin betont, daß die Regierung die Durchführung der im Oktober-Manifest vorgesehenen Reformen betreiben werde. Da Goremykin Minister ohne Portefeuille ist, glauben viele Dumakreise nicht recht an einen neuen Kurs.
Aus Württemberg.
Stuttgart, 4. März. Am Montag vormittag ließ sich Herzog Albrecht im Hof der großen Jnfanteriekaserne das Grenadierregiment Königin Olga Nro. 119, zu dessen Chef der Herzog am Geburtstag des Königs ernannt worden ist, vor- stellen. Herzog Albrecht begrüßte das Regiment, worauf der Kommandeur Oberst von der Esch erwiderte. Zu dem feierlichen Akt, bei dem auch Herzog Philipp Albrecht anwesend war, wurden die Feldzeichen aus dem Wilhelmspalaft abgeholt und nachmittags wieder dorthin verbracht. Nach dem Parademarsch des Regiments fand im Kasino ein Frühstück statt, während die Mannschaften in den Kompagnierevieren bewirtet wurden. Abends war das gesamte Offizierkorps des Gren.-Regts. vom Herzog Albrecht in das Kronprinzenpalais geladen.
Stuttgart, 4. März. Der Verband württ. Gewerbevereine und Handwerkervereinigungen.richtet auf 1. April d. I. eine Krankenunterstützungskasse ein, die bei bescheidenen Wochenbeiträgen ein tägliches Krankengeld bezahlt.
Stuttgart, 3. März. Gestern vormittag sprang ein 24 Jahre alter Eisendreher in der Neckarstraße von einem in voller Fahrt befind
lichen Straßenbahnwagen der Linie 1 ab. Er -- kam zu Fall, erlitt erhebliche Verletzungen und mußte ins Katharinenhospital verbracht werden. — In einem hiesigen Bad wurde gestern vor-: mittags ein 44 Jahre alter lediger Mann vom-- Herzschlag betroffen, der den sofortigen Tod herbeiführte. — Die Persönlichkeit der am 27. v. M. aus dem Neckar geländeten Leiche ist festgestellt. Es ist ein 43 Jahre alter, verheirateter Schuhmacher von auswärts. ,
Heilbronn, 4. März. Der entwichene Stadt, Pfleger Burger befindet sich schon seit Mitte Dezember in Brindisi. Von dort soll er nach Chiasso gebracht werden, doch scheinen die Behörden über die Weitertransportierung noch nicht schlüssig geworden zu sein. Durch die Schweiz soll Burger „per Schild" gebracht werden, weil die Schweizer Eisend ah nenG rfangen entransportw agen nicht führen. Burger wird also die Schweiz in Begleitung von: Gendarmen, die sich ablösen, zu Fuß durchqueren müssen und es wird noch einige Zeit dauern, bis er in Heilbronn eintrifft.
Göppingen, 4. März. Die KirchenauStritts- bewegung wurde auch hier durch eine vom proletarischen Freidenkerverein veranstaltete Versammlung in Fluß gebracht. Dekan Kalchreuter trat dem - zum Austritt aus der Kirche auffordernden Redner- eindrucksvoll entgegen, sodaß der Erfolg der Versammlung bezüglich des Kirchenaustritts nur ein minimaler war.
Ulm, 2. März. Im Lauf des heutigen Abends durcheilte die Kunde von einer schrecklichen Bluttat unsere Stadt. Auf dem Gericht stellte sich eine Frau Namens Marion und sagte, sie habe ihre 3 Kinder getötet. Als man in ihrer Wohnung, Hoheschulgafse 5, nachsah, fand man die Angabe der Frau, die man anfänglich nicht glauben mochte, bestätigt. Im Wohnzimmer hatte sie an dem Lampenhaken ihren 6jährigen Knaben aufgehängt, in einem andern Zimmer fand man an der Türschnalle hängend innen die Leiche eines 4jährigen Mädchens, außen die eines » Monate allen Knaben. Was die Frau, die immer lebensfroh gewesen sein soll und an der von einer geistigen Störung nichts zu bemerken war, zu der entsetzlichen Tat trieb, ist noch unaufgeklärt. Man spricht von Schulden, die sie gehabt haben soll. Ihr Mann, in der Fabrik von Magirus angestellt, hat das Zeugnis eines sparsamen Arbeiters.
Dir schöne Amerikanerin.
Roman von Erich Ebenstem.
33) (.Nachdruck verboten.)
X1L.
Baron Götz vergaß ganz, daß er vor dem Untersuchungsrichter stand.
Sich erregt in die Haare fahrend, war er aufgesprungen und rannte im Zimmer auf und nieder.
„In meinem Garten — auf meinem Grund und Boden —" stieß er zornig heraus, „um absichtlich auf mich den Verdacht zu lenken — so bodenlos schlecht und gemein konnte sie handeln!"
Scheidewein ließ ihn ruhig austoben. Dann sagte er sanft in warmem Tone, dessen Mitgefühl er gar nicht zu verbergen trachtete:
„Haben Sie nun begriffen, Herr Baron, daß die Frau, welche Sie durch Ihr Schweigen schonen wollten, dieser Schonung gar nicht wert ist?"
Götz sank auf einen Stuhl.
„Ja — das habe ich begriffen!" sagte er dumpf.
„Und wollen Sie mir endlich die Wahrheit sagen?"
Götz starrte düster vor sich hin.
„Ja. Fragen Sie mich, ich werde antworten."
„Wußten Sie um die früheren Beziehungen Gabriel Witts zu Frau Henderson?"
! „Ja. Irgend jemand hatte mir einmal in .einem anonymen Brief Mitteilungen darüber gemacht, doch war ich zu stolz, sie selbst zu befragen. Die Vergangenheit konnte mir ja auch ^ gleichgiltig sein. Erft als ich am 10. Mai un- ^ vermutet Witt bei der Dame traf und hören mußte, wie sie ihn in den innigsten Tönen bei ihrer "einstigen Liebe um etwas beschwor —"
„Was wollte sie von ihm?"
„Das weiß ich nicht. Ihr Ton machte mich rasend vor Eifersucht. Ich sah, daß sie seine Hand umklammert hielt, und zog mich sofort zurück. Erst ging ich in meine Villa. Dann aber ließ es mir keine Ruhe, ich mußte Klarheil über Makels Verhältnis zu Witt haben und kehrte in den Nachbargarten zurück. Es schien mir am angemessensten, mich offen mit Witt, den ich für einen Ehrenmann hielt, auszusprechen. Ich erwartete ihn am Tor des Gartenhauses. Er kam schon nach einer Viertelstunde heraus und schien auch erregt, weshalb der erste Teil unserer Unterredung etwas brüsk verlief. Dann aber mäßigte ich mich, und als er begriff, was ich wollte, folgte er mir willig in mein Haus, wo wir
uns denn auch in völlig befriedigender Weise i aussprachen."
„Welche Aufklärungen gab Ihnen Herr Witt?"
>' „Die Versicherung, daß er Mabel nie geliebt hatte, obwohl er sich als Ehrenmann verpflichtet s hielt, ihr seinerzeit in München seine Hand an- : zutragen. Sie hatte um seinetwillen ihre Heimat s verlassen und war ihm in phantastischer Mädchen- lschwärmerei nach München gefolgt. Dies und der Umstand, daß man ihren Ruf ungerecht anlastete, weil er sie als schöne Magellona malte, bewog ihn zur Verlobung. Umstände, di» nichts mit ihrer Liebe zu tun hatten und über die Herr Witt Schweigen beobachten müsse, bewogen Mabel dann selbst, die Verlobung zu lösen, worauf Wttt abreiste und sie erst am 10. Mai in Wien wiedersah. Mehr als Herrn Witts Worte überzeugte mich damals sein ganzes Wesen, daß meine Elfersucht grundlos war. Er bemerkte sogar mit düsterer Miene: „Eigentlich müßte mich Mabel hassen — und ich glaube, sie ist jetzt auf dem Wege dazu. Meine Bekanntschaft ist ihr gerade so verhängnisvoll geworden, wie die ihre mir."
„Sie gingen dann mit ihm fort. Warum gingen Sie nicht durch das Haupttor nach der Herwigstraße?"
„Herr Witt hatte mich gefragt, ob die Besitzung