Mannheim, 7. Jan. Der Metallarbeiter Ludwig Freyler ermordete seinen einjährigen Sohn und schoß sich auf dem Friedhof am Grabe seiner Frau selbst eine Kugel in den Kopf. Die Tat ist umso trauriger, als die verstorbene Frau im Spätjahr 1913 ihre beiden Kinder zu ermorden versuchte. Bei einem Kind war damals der Mord gelungen, das andere konnte von seinen schweren Verletzungen geheilt werden. Dieses Kind hat nun der Vater ermordet.
König Ludwig von Bayern beging gestern die Feier seines 69. Geburtstags. Sein Volk beging den festlichen Tag in würdiger Weise.
Straßburg, 6. Januar. Als Gesamtbild der heutigen Zeugenvernehmungen in dem Prozeß gegen Oberst v. Reuter läßt .sich heute feststellen, daß sich die günstigen Atomente für die Angeklagten noch gesteigert haben. Es waren heute ungefähr 50 Zeugen aufgerufen worden, und zwar die Verhafteten aus dem Pandurenkeller und die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, welche die Verhaftungen vorgenommen haben. Sämtliche Soldaten bekundeten übereinstimmend, daß laut ge- gröhlt und geschrieen worden sei, ferner daß Ansammlungen von Menschen stattgefunden hätten, sodaß das Militär zum Einschreiten gezwungen war, um den Anrempelungen der Offiziere ein Ende zu machen. Dagegen behaupten sämtliche Verhaftete, sie hätten nichts getan und gar nicht gewußt, weshalb sie festgenommen worden seien. Aber auch diese Zeugen geben zu, daß geschrieen, gepfiffen und gegröhlt wurde. Die Aussagen dieser Zeugen stehen somit in direktem Wtderspruch zu den Aussagen der gestern vernommenen Juristen, die behaupten, daß große Stille geherrscht habe. DaS Urteil dürfte morgen abend gefällt werden.
Straßburg, 7. Jan. Als gestern abend gegen 8 Uhr Leutnant v. Forstner und 2 andere Offiziere sich von der Gerichtsverhandlung gegen Oberst v. Reuter aus dem Gerichtsgebäude entfernt hatten, wurden sie von mehreren Personen erkannt und mit Pfuirufen usw. bedacht. Forstner sprang mit seinen Kameraden auf einen Straßenbahnwagen und fuhr dem Bahnhof zu. Einige von den Leuten rattnten dem Straßenbahnwagen bis zum Bahnhof nach. — Um dieselbe Zeit kam Oberst v. Reuter in einer Kutsche an, wurde aber nicht beachtet, da sich die ganze Wut der Menge gegen v. Forstner richtete.
Metz, 7. Jan. Gestern nachmittag erfolgte die feierliche Ueberführung der sieben Opfer des
Eisenbahnunglücks bei Woippy vom Garnisons- lazarett aus nach dem Hauptbahnhof, von wo die Verunglückten mittels Sonderzugs zur letzten Ruhe in ihre Heimat Barmen-Hagen verbracht wurden. Eine große Menschenmenge umsäumte die Straßen und verharrte in ergriffener Stille.
Aus Lern Ausland.
Nach einer Meldung ausToulon wurden durch die Explosion eines Kesselrohres des Panzerschiffes „Gaulois" vier Matrosen durch ausströmenden Dampf schwer verletzt.
Rom, 7. Jan. Für den verstorbenen Kardinal Rampolla hat der Papst den Kardinal Fer- rata zum Sekretär des Sant' Usfizio ernannt. — Ferrata ist einer der ältesten Kirchenfürsten.
Konstantinopel, 7. Jan. Der Chef des Generalstabes und etwa 200 andere hohe Offiziere sind pensioniert worden. Im Generalslab find wichtige Veränderungen eingetreten. — Man sieht, Enver Pascha räumt auf mit dem alten Schlendrian in der türk. Armee und Verwaltung.
An der amerikanischen Küste hat eine Sturmflut große Verheerungen angerichtet. Eine Menge Gebäude sind total weggeschwemmt worden und unermeßlicher Schaden ist entstanden.
New-Orleans, 7. Januar. Auf dem deutschen Dampfer Geestemünde hat eine Explosion stattgefunden. Mehrere Personen wurden getötet oder verletzt. Der Schaden ist erheblich.
Aus Stadt, Mezirk u. Umgebung.
— Die neuen Fünfmark-Stücke in Silber find zur Ausgabe gelangt. Die Vorderseite schmückt das Bildnis des Kaisers in Generals- Uniform, ähnlich demjenigen auf den Zwei- und Drei-Markstücken zum 25jährigen Regierungsjubi- lüum. Die Umschrift lautet „Wilhelm 1t., Deutscher Kaiser, König von Preußen"; Münzzeichen Die Rückseite schmückt der Reichsadler, sowie die Umschrift „Deutsches Reich 1913, Fünf Mark". Die Stücke zu 3 und 2 Mark dürsten in Bälde folgen.
Das kurz gemeldete Feuer in Dobel ist im Schulhause infolge Kanunschadens ausgebrochen und auf das stattliche Schulhaus, welches aus dem alten Rathause hervorgegangen ist, beschränkt ge-' blieben. Der zweistöckige Bau enthielt noch viele Rathausakten, die aber gerettet wurden. Diese Akten haben in der Berichterstattung den Irrtum hervorgerufen, daß auch das Rathaus mitverbrannt
sei. Das Neue RathauS ist völlig unversehrt. Mit Mühe gelang eS, das Nachbarhaus von Kaufmann Treiber zu retten. Die Schule^ wird zeitweise ins neue Rathaus verlegt. Vom Schulmobiliar und dem Mobiliar des Lehrers konnte wenig gerettet werden. Von zwei Schulklassen ist die ganze Einrichtung verbrannt. Der Gebäude- schaden beträgt 30 000 Alk., der Mobiliarschaden des Lehrers etwa 9000 Mark.
Calw, 7. Januar. Ein hübsches Geschicht- chen wird dem „C. T." mitgeteilt: In einem Orte des Calwer Waldes bestand die Sitte der Neujahrsverehrung noch, bis vor etwa 15fahren ein neuer Lehrer aufzog. Als er mit der Spende, welche die Kinder auf den Katheder niedergelegt hatten, überrascht wurde, sagte er zu seinen Schülern: „Es freut mich, daß ihr mir etwas schenken wolltet. Ihr könnt mir aber eine größere Freude machen, wenn ihr fleißig und folgsam seid. Zudem werden manche eurer Eltern das Geld nötiger brauchen als ich. Wenn ihr heim geht, nimmt jeder sein Geld wieder mit." So geschah es. Nachdem der letzte Schüler seinen Blick auf den Katheder warf, fing er plötzlich an, jämmerlich zu heulen. Teilnehmend erkundigte sich der Lehrer nach der Ursache seines Schmerzes. Da schluchzte das Michele: „I hau doch feifz'g Pfenneng uf da Katheder g'legt on jetzt send's bloß no feifazwanz'gl"
Pforzheim, 6. Jan. Im nahen Bilfingen sind infolge Branüstistung vier Wohnhäuser und drei Scheuern abgebrannt. Ferner hat es hier früh 1 Uhr im Chemnitzer Warenhaus an der Leopolvstraße gebrannt. Als ein Wächter in dem Laden Feuerschein bemerkte, sah er den Geschäftsführer, den ledigen Kaufmann Heinrich Heene, davonlaufen. Dieser wurde verhaftet. Man vermutet einen versuchten Versicherungsbetrug.
(Das Lachen und der Charakter.) Daß man an dem Lachen eines Menschen seinen Charakter erkennen kann, erzählt seinen Lesern daS „Pariser Journal". Das Kennzeichen sei der itn Klang des Lachens vorwaltende Vokal. Der Mann, der auf a lacht, ist harmlos, die Frau unbeständig und außerstande, ein Geheimnis zu bewahren. Das Lachen auf e läßt auf Neurasthenie, Schwermut und Skepsis schließen, das Lachen auf o auf 'einen offenen, großmütigen Charakter; auf i lachen Kinder und blonde Frauen. Vorsicht aber — so warnt das „Journal" — vor den Menschen, die auf u lachen. Das sind unehrliche, verlogene, verleumderische Charaktere.
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Haberei betreibt. Ich halte nichts von der Superklugheit dieses Herrn, dessen Ueberhebung mir stets unsympathisch war. Wenn Sie aber durchaus neben unserer Tätigkeit noch einen Privatspürhund haben wollen, so kann ich Sie nur an Elias Abram weisen. Der Mann ist seinerzeit wegen zu großer Eigenmächtigkeit im Vorgehen pensioniert worden, aber zweifellos einer der findigsten Leute, die ich kenne. Ergründete kein „Detektivinstitut" und ist nicht so albern, wie Hempel, zu behaupten, daß er seine Arbeit aus Liebhaberei macht. Für gute Bezahlung leistet er gute Dienste."
„Nennen Sie mir die Adresse dieses Menschen."
„Elias Abram, 4. Bezirk Luisenstraße 16."
„Danke bestens." Mabel notierte sich die Adresse. Dann reichte sie dem Kommissar warm die Hand.
„Und nun nochmals innigen Dank für all Ihre Güte, Herr Kommissari Ich hoffe, wir haben uns nicht zum letzten mal gesehen, und Sie geben mir Gelegenheit, Ihnen noch anders zu danken."
Langmann küßte die schöne Hand, unter deren, Spitzenhülle kostbare Juwelen funkelten, und atmete I noch, als Mabel schon verschwunden war, den j
leisen Veilchenduft ein, den ihre Anwesenheit zurückgelassen hatte.
Dann klingelte er nach Ziegelmaier.
„Rufen Sie mir sofort Klinger her."
Ein mittelgroßer, geschmeidiger Mann mit intelligenten Zügen erschien.
„Herr Kommissar wünschen?"
„Klinger, hier habe ich eine Aufgabe für Sie, bei der Ehre und Geld zu gewinnen ist. Den Fall des verschwundenen Malers Witt. Auf die Ermitlung der Wahrheit setzte eine Amerikanerin, Airs. Henderson, 10 000 Kronen."
„Hoho! ?"
„Jawohl. Dort liegen die Akten, die alles enthalten, was man bisher ermitteln konnte. Nun strengen Sie sich an. Ich muß Ihnen aber im Vertrauen sagen, daß Ihr einstiger Kollege Abram privatim auch in der Sache arbeitet. Sehen Sie zu, daß Sie den Sieg und — die Prämie davontragen!"
, Klinger reckte stolz seine kräftige Gestalt und strich sich über das an den Schläfen schon leicht j ergraute, kurzgeschnittenne Haar.
„An mir soll'sLnicht liegen, Herr Kommissar, wenn wir nichts herausbringen. MitAbram will ich's wohl aufnehmen und mein Möglichstes tun."
VII.
Der Wirt zum „Blauen Lamm" saß mit feinem Geschäftsführer in dem kleinen Privatkontor hinter dem Eßzimmer und rechnete, als der Portier sein feistes, rotes Gesicht zur Tür hereinstreckte.
„Herr Melzer, es ist ein Herr da, der Sie unter vier Augen sprechen möchte."
„Schon wieder. Das ist ja heute schon zum Kuckuck. Erst verliert man eine geschlagene halbe Stunde mit diesem Signor Bassano, und jetzt — na, ich komme schon."
Der „Herr", welcher den Besitzer des kleinen EinkehrgasthofeS unter vier Augen sprechen wollte, sah mcht sehr vornehm aus. Eine untersetzte Gestalt mit derben Gesichtszügen, großen roten Händen und klugen Augen, glich er am ehesten noch einem Landwirt.
Auch sein Aussehen war derbfrisch, wie das eines Menschen, der nicht viel Federlesen macht.
(Fortsetzung folgt.)