Ilntsrhaueine Anfrage an die Regierung gestellt, nne sie sich dazu verhalte, das; an der Murmrnluste deutsche U-Bovie mit finnischer Hilfe operieren und russisches Gebiet unter den Einfluß von Deutschen und Finnen gerate. Die Regierung antwortete, falls die Soojet- regierung eine Aufforderung zu militärischem oder ma­ritimem Beistand ergehen lasse, um russisches Gebiet ge­gen Deutschland zu verteidigen, werde man das Ersu- .chen insympathische Erwägung" ziehen. Man mutz sagen, die englische Heuchelkunst ist unübertrefflich, denn siss bringt es fertig, die Tatsachen geradezu auf den Kopf zu stellen. Nicht Deutschland oder Finnland hat Absich­ten guf russ. Gebiet im Norden, sondern England, und nicht ersicre haben solches Gebiet besetzt, sondern Eng­land. Aber man mutz doch den neuen Völkerrechtsbruch, gegen den übrigens die ruffische Sovjetregierung ener­gisch protestiert hat, begründen uird da ist jeder noch so dreiste Schwindel gerade gut genug. Der wirkliche Be­weggrund zur plötzlichen offenen Behandlung der Fra­ge der Murmanküste ist folgender: England will diese Küste besetzen, um von dort aus, wenn Rußland für dre Intervention reif ist, seine militärische Expedition aus- zuführen. Die derzeitige Regierung in Finnland patzt den Engländern nicht, weil sie im Lande mit Hilfe der Deutschen Ordnung geschaffen hat. Finnlands Un­abhängigkeit, die anfangs von sämtlichen Ententestaa­ten anerkannt worden war, wurde deshalb nun wieder desavouiert, und es wird heute eine direkt feindselige Haltung gegenüber der bürgerlichen Regierung Finn­lands eingenommen. Diese ist daher anscheinend auch im Begriff, die Folgerungen aus der Ententepolitik zu ziehen. Eie soll sich nach den neuesten Meldungen an­schicken, sämtliche Engländer aus dem Lande zu weisen. Dagegen wird berichtet, datz Deutschland und Finnland ein wirtschaftliches Abkommen auf vorerst 6 Monate ge­schloffen haben, um d. gegenseitigen Austausch von Wa­ren zu regeln, u. zu verhüten, datz Waren von militäri­schem Charakter von neutralen Ländern aus über Finn­land unfern Feinden zugeführt werden. Dieses Ab­kommen dürfte die Ententefeindschaft gegen Finnland natürlich noch steigern. Die Erklärung der englischen Regierung, sie würde es in wohlwollende Erwägung ziehen, wenn von Petersburg oder Moskau der Ruf nach einer militärischen Intervention komme, zielt doch nur darauf ab, einen etwaigen Einfall in Finnland zu recht- fertigen, wann die Verhältnisse in Erotzruhland sich so ändern sollten, datz die Ententefreunde wieder ans Ru­der gelangen wüäen. Datz die Entente dann keinen Wert mehr auf die Unabhängigkeit Finnlands legen würde, liegt auf der Hand. Wie weit nun die Dinge sich in der nächsten Zeit entwickeln werden, das hängt von der Macht der derzeitigen ruffischen Regierung ab, die nach verschiedentlichen Erklärungen keinen neuen Krieg gegen Deutschland will. Die Machenschaften der Entente sollen der Negierung sogar den Plan aufgedrun­gen haben, mit Deutschland einen Friedensoertrag anzu­streben, der Rußland gegen die weitere wirtschaftliche Ausbeutung und Beraubung seines Gebietes durch die Entente schützen sollte.

Letztere Auffassung dürfte jedoch vorerst nur eine Kombi­nation sein, die aber immerhin der Beachtung wert wäre und an Bedeutung gewinnen würde, wenn Japan auf seinem Eins älutz, die Absichten der Entente in Sibirien nicht zu un­terstützen, beharren sollte.

Di« Kriegsvorberciiungen der Entente an der Mnrman-

küste.

Stockholm, 3. Juli. WieStockholms Daggblaast" aus Helsingfors erfährt, erzählte ein Petersburger Ge­lehrter. der von einer wissenschaftlichen Expedition in Nordrutzland zurückgekehrt ist, von den Kriegsvorberei­tungen der Entente an der Murmanküste. Danach lie­gen in den Murmanhäfen 2 englische und 2 fra,Höfische Kriegsschiffe und in der Petschengabucht ein französi­sches. In Kandslals (?) ist ein Panzerzug mit Englän­dern, Franzosen, Serbe» und Russen angekommen, Kein ist durch eine Garnison von Engländern in eine starke Festung verwandelt worden. Infolge der regelmäßigen Zufuhr aus England sind die Vorräte an Lebensmitteln reichhaltig.

Die Tschechoslowaken in Sibirien.

Berlin, 2. Juli. DieNationalzeitung" meldet aus Zürich: Nach den in Paris eingetroffenen Meldun­gen ist durch das energische Eingreifen früherer österrei­chisch-ungarischer Kriegsgefangener deutscher Sprache Ir­kutsk von den Tschecho-Slomaken befreit worden. Diese mutzten sich in der Richtung auf Krasnojawsk zurückzie­hen. Es wird weiter gemeldet, die Lage der Tschecho- Slowaken sei so ungünstig, datz sie mit größter Nervo­sität das Eingreifen der Alliierten erwarteten. Die Gefahr für die Tschecho-Slowaken steigere sich von Tag zu Tag.

Köln, 2. Juli. DieKölnische Zeitung" meldet aus Amsterdam: Auf dem Umweg über Tokio gibt dieTi­mes" die Drohung von Tschechenführern weiter, die Tschechen, die in Sibirien die Gewalt hätten, würden an den 200 000 Deutschen und Oesterreichern, die jetzt in ih­rer Macht seien, blutige Rache nehmen, wenn die Oester­reicher fortfiihren, die an der italienischen Front gefan­gen genommenen Tschechen erschietzen zu lassen.

England und die russische Schwarzmeerflotte.

(WTB.) London. 1. Juli. (Reuter.) Im Unterhaus sagte m Beantwortung einer Anfrage über die Ver­senkung russischer Schiffe im Schwarzen Meer durch die

Besatzungen, um nicht die Schiffe in die Hände der Deutschen fallen zu lagen. Bonar Law: Wir haben Grund auzunehmen. datz einige russische Schisse auf diese Weise zerstört wurden, aber cs isc eine Tat­sache. datz eingrotzerTeilder russischen Schwarzen Meerflotte in deutsche Hände gefallen ist.

Zur Lage im Osten.

Die Ukraine und Deutschland.

(WTB.) Berlin, 2. Juli. Baron Steinhei l, der gestern in Berlin eingetrosfene Gesandte der ukrai­nischen Republik, sagte zu einem Vertreter desB. L.-A.", der Hetman und seine Negierung verfolgten das Ziel, die guten Beziehungen zu dem Deutsche« Reich zu verstärken und zu vertiefen und zu einem für beide Teile ersprießlichen Vundesverhältnis fortzuentwickeln. Die Ernte stehe im allgemeinen gut und die Schwierigkeiten mit den Bauern würden nach und nach behoben.

Anklage gegen die ehemalige rumänische Regierung.

(WTB.) Berlin. 2. Juli. Der Vizepräsident der rumänischen Kammer gab anläßlich der Adretzdebatte im Namen der Regierung die Erklärung ab, die Negie­rung Bratianus werde nicht unter Anklage gestellt werden, weil sie den Krieg begonnen habe, sondern weil sie die Verfassung und die Gesetze des Staates verletzte.

Eine armenische Republik.

(WTB.) Konstantinopel, 1. Juli. Nach einer Meldung derAg. Milli" bringt die armenische Presse aus Anlaß des Eintreffens von Vertretern der arme­nischen Republik in Konstantinopel Artikel, in denen sie betont, daß die Vergangenheit vergessen werden müsse, und für ein freundschaftliches Zusammenleben mit der Türkei eintritt.

Aus dem feindlichen Lager.

DerParlamentarismus" in England.

(WTB) London» 2. Juli. (Reuter. Unterhaus.) Als Billing hartnäckig daraus bestand, entgegen der Entscheidung des Sprechers die Frage der Inter­nierung der feindlichen Ausländer zur Sprache zu bringen, wurde er vom Sprecher aufgefordert, das Haus zu verlassen. Billing weigerte sich, dies zu tun. Das Haus nahm darauf einstimmig einen Antrag Bonar Laws auf Ausschließung Billings von den Sitzungen des Unterhauses an. Da Billing sich auch weiterhin weigerte zu gehen, wurde er schließlich durch 5 Diener aus dem Saal entfernt und vor das Parla- mentsgebäuds geführt. Seine Ausschließung gilt für unbestimmte Zeit. (Peinliche Fragen werden im englischen Parlament anscheinend auf solchediskrete" Weise erledigt. Was sagen die Haase und Ledebour zu dieser zweckmäßigen Einrichtung?)

Die Wirkung der englischen Jeenpolitik in Amerika.

(WTB.) Bern. 2. Juli. Der New Yorker Bericht­erstatter derDaily News" drahtet, durch die Ankün­digung der englischen Regierung, daß Homerule für Irland fallen gelassen worden sei, werde die ganze hoffnungsvolle englische Propaganda in den Vereinig­te« Staaten zur Beseitigung amerikanischer Mißver­ständnisse in Frage gestellt und die britische Diplomatie in Amerika stark gehemmt. Der erste Erfolg der An­kündigung sei eine Stiftung von 20 000 Dollars.für den irischen Parieifonds durch einen hervorragenden Ame­rikaner und die Zeitungen beobachteten die größte Zurückhaltung, um England nicht Verlegenheiten, zu bereiten. Trotzdem sei klar, datz in vielen Kreisen die Herzlichkeit des englisch-amerikanischen Verhältnisses sich abkühlen ^verde. DieChicago Trib." schreibe: Die Wehrpflicht für Irland war ein furchtbarer Schlag für unser Vertrauen. Ihre Zurücknahme ist ausreichend, um in Friedenszeiten das Prestige irgend einer Regie­rung zu zerstören und ist auch nicht angetan, das An­sehen Lloyd Georges zu erhöhen.

Wilsons Sorgen.

(WTB.) Washington, 1. Juli. (Reuter.) Präsident Wilson kündigte im Repräsentantenhaus an. datz die Regierung Maßnahmen bezüglich des Telegraphen- und Telephondienstes plane. Man werde versuchen, in die­ser Woche ein Gesetz durchzubringen, das den Präsiden­ten ermächtigt, die notwendigen Schritte zu erar--^» um einen drohenden Streik auf den großen Telegrapyen- stellen zu begegnen. Es scheint, datz Wilson immer mehr Maßnahmen nötig hat, um seine Herrschaft auf­rechterhalten zu können.

Gerards Dentschenhehe in Amerika.

(WTB.) Berlin, 2. Juli. Zur Propagandatätig­keit Geralds in den Vereinigten Staaten heißt es in derNordd. Allg. Ztg.": Wie derN. R. C." berichtet, unternimmt der frühere amerikanische Botschafter in Berlin, Eerard, zurzeit eine Vortragsreise, auf der er gegen Deutschland loszieht. Unlängst hat er in New York geäußert, datz er in Berlin den unum­stößlichen Beweis dafür erhalten habe, datz Admiral v. Tirpitz zunächst die britische Flotte zu erobern be­absichtigte, um mit ihr nach Amerika auszufahren und das Land zu einer gewaltige» Kriegsentschädigung zu ^ngen. DieNordd. Allg. Ztg." bemerkt dazu: Torheiten, wie die hier mitgeteilte, ist man von dem ehemaligen Botschafter der Vereinigten Staaten längst gewöhnt, seit er in seinem Buchs über Deutschland eine

ganze Sammlung solcher Ammenmärchen vereinigt hat. In Deutschland nimmt man Herrn Ecrards Enthüllun­gen mit Humor hin. da sie das Zeichen der Torheid' weit sichtbar an der Stirn tragen. Das amerikanische Publikum aber, das über Deutschland so gut wie nichts weiß, fällt der mit großem Geschick betriebenen Ver­hetzungstätigkeit des Herrn Gerard wehrlos zum Opfer und wird sich in seiner Kriegsbegeisterung bestärken. Das aber ist ja gerade der Zweck der Propaganda. (Sehr richtig!) Leider haben unsere Diplomaten in Amerika aber nicht schon in Friedenszeiten gemerkt, datz das amerikanische Volk seit Jahren in deutsch­feindlichem Sinne erzogen wurde. Jetzt glaubt es eben jeden Blödsinn, der über Deutschland ausgestreut wird. Wer die Anschauungen persönlich kennen gelernt hat. die vor dem Krieg der Durchschnitteamerikaner, über das deutsche Volk und seine Regierung hatte, der findet es keineswegs so verwunderlich, datz man heute Sem amerikanischen Volk allen und jeden Schwindel über Deutschland und seine Absichten auftischen kann.

Die Schriftl.).

Amerikanische Hochkultur.

Auf welch geschmackvolle Weise man in den Ver­einigten Staaten Geld für das Rote Kreuz sammelt, zeigt ein Bericht derDaily News" vom 17. Juni: Das Blatt erfährt aus New York, datz man dort den Sarg Kaiser Wilhelms aufgestellt hat, in den jeder, der 1 Dollar spendet, einen Nagel eintreiben darf und außerdem ein Abzeichen erhält. Einen Riesenerfolg soll auch die Versteigerung des Cold- pokals gehabt haben, den seinerzeit Marshall vom Kaiser als Regattapreis erhalten hat, und der unter der Bedingung versteigert wurde, eingeschmolzen zu werden. Dis Festlandsausgabe derDaily Mail" vom 18. Juni bringt unter der UeberschriftFreuden- feuer aus Hunnenbüchern" die Nachricht, datz die Schü­ler de: Schulen von Garret (Jnd.) in den Vereinigten Staaten anläßlich des Fallenlassens des deutschen Unter­richts einen Umzug veranstalteten, an dessen Ende 1000 deutsche Schulbücher zu einem ungeheuren Freuden- feuer verbrannt wurden.

Vermischte Nachrichten.

Diespanische Krankheit".

(SCB.) Ueber die neue Erippenepidemie äußerte sich der Berliner Medizinprofessor Geheimrat Kraus imBerl. Tagblatt", er könne bereits soweit Auskunft geben, datz der Charakter dieser Epidemie bisher im allgemeinen sehr gutartig sei. Die Men­schen erkranken gewöhnlich plötzlich mit einem Schüttel­frost und daran schließt sich mehrtägiges Fieber. Die Temperatur kann ziemlich hoch werden, ja sie kann bis 40 Grad steigen. Fast immer zeigt sich Rötung der Bindehaut, der Nasenschleimhaut und Entzündung der letzteren. In der Mehrzahl der Fälle ist auch ein leichter Luftröhrenkatarrh zu bemerken. Besonders im Anfang leiden die Kranken am Kopf- und Nacken­schmerzen,' Nackenstarre fehlt jedoch. Die Kranken sind im Anfänge benommen und klagen auch über Schmer­zen des Körpers. Es fällt auf, datz die Pulsfrequenz trotz starker Temperatursteigerung nicht erheblich ist. Es ist bemerkenswert, daß auch junge und sehr kräftige Männer von der Krankheit erfaßt werden. Es wird geraten, datz jeder, der Fieber bekommt, sofort das Bett aufsuchen soll. Die verschleppten Fälle ver­laufen übler.

(SCB.) Ellwangen. 2. Juli. Auch hier tritt die Grippe in umfangreichem Matze auf. Die Geschäfts­stelle derJpf- und Jagstztg." gab am 1. Juli fol­gendes bekannt:Von gestern auf heute ist die Hälfte des Personals plötzlich erkrankt. Es konnte daher nur ein Teil der eingegangenen Inserate für die Mantags- nummer erledigt werden." Auch der redaktionelle Teil mutzte eine erhebliche Einschränkung erfahren." Die katholische Höhere Töchterschule mutzte auf einige Zeit aus dem gleichen Grunde geschlossen werden.

lWTB.) München, 2. Juli. DieSpanische Krank­heit die nichts anderes ist als Influenza, gewinnt immer mehr Ausdehnung, so datz, wie die Bayer. Staatsztg." schreibt, von einer Epidemie ge­sprochen werden kann. Die Krankheitsstand ist in den letzten Tagen sehr hoch geworden. Hatte die Krankheit vor zwei Wochen da und dort vereinzelte Leute ergrif­fen, so breitete sie sich in den letzten Tagen bedeutend aus. Die genaue Zahl der Erkrankten anzugeben, ist nicht möglich. Schätzungsweise hat die Krankheit wohl mehr als 1500 Personen ergriffen. Am meisten erkranken jene Leute, die der Berus in größerer Zahl vereinigt, also besonders Arbeiter und Arbeiterinnen der Großbetriebe. Ziemlich hoch ist der Erkrankten- stand beim Fahrpersonal der Straßenbahn. Im Tele­phonamt sind 30 Beamtinnen erkrankt. Eine weitere Ausdehnung der Erkrankungen würde die Durchführung des Telephondienstes beeinträchtigen. Von der Schutz­mannschaft befinden sich 65 Mann wegen Influenza in Behandlung. Auch der Postbestelldienst leidet infolge der Erkrankungen des Postpersonals.

Fortgesetzte englische Liebenswürdigkeiten für Holland.

(WTB.) Rotterdam, 2. Juli. DerN. R. C." mel­det, daß die Bombe, die in der Nacht vom 11. auf den 12. Juni in der Nähe von Sluis abgeworfen wurde, wie sich jetzt heransstellt, englisches Fa­brikat war.