Berlin, 4. Okt. Die Stadt Berlin muß als Leidtragende der Moabiter Straßenkämpfe zum Ersatz der Beschädigten usw. über eine halbe Million Mark aus Stadtmitteln bezahlen. Die Berliner Polizei hat ihre bis 30. September reichende und auf 160 000 Mk. lautende Rechnung bereits der Stadtkämmerei eingereicht. Die in Moabit geschädigten Geschäftsleute haben ein Komitee ernannt, welches die Klage gegen die Stadt Berlin anstrengen und insgesamt ca. 385 000 Mark Eutschädigungsgelder einklagen soll.
— Die Verhaftung des Berliner Bankiers Sattler gestaltet sich zu einer der größten Sensationen der letzten Zeit. Bisher liegen etwa 3800 Anzeigen von Geschädigten vor. Die Anzeigen kommen durchweg von kleinen Rentnern und Beamten aus der Provinz, die von den Agenten Sattlers ausgesucht und bearbeitet worden waren, sich in Börsenspekulationen einzulassen, und auf diese Weise ihr kleines Vermögen verloren haben. Sattler hat in 5 Jahren etwa 2'/» Millionen Mark verdient, die er bei ausländischen Banken in Sicherheit gebracht hat. Der Bankier war bei seiner Verhaftung sehr wütend und verlangte, daß seine Entlassung schnellstens erfolge, da alle seine Börsengeschäfte amtlich zugelassen seien. Ob er wegen Betrügereien strafrechtlich verurteilt werden kann, wird selbst von behördlicher Seite bezweifelt.
— Auf der 23. Generalversammlung des Evangelischen Bundes in Chemnitz wurden in einer von Tausenden besuchten öffentlichen Versammlung am Montag abend die beiden Losungen des Evangelischen Bundes: „Mehr Ehrfurcht vor der Religion und mehr Vertrauen zu den Lebenskräften der Reformation", in zwei vom Gymnasial- direktor Erythropol-Hameln und Prof. Dr. Hunzinger-Erlangen gehaltenenVorträge behandelt. Beide ernteten reichen Beifall. In der gestrigen Mitgliederversammlung sprachen Professor D. Wirbt- Marburg und Professor Dr. Haußleiter-Halle über die Weltaufgaben des Bundes „Die evangelische Mission im Ausland" und „Die deutsch evangelische Diaspora des Auslandes." Im Anschluß daran wurde folgende Kundgebung beschlossen: „Die Mitgliederversammlung der 23. Generalversammlung des Evangelischen Bundes erklärt es für eine bedeutsame Aufgabe des Evangelischen Bundes, das tatkräftige Interesse für die deutschen Evangelischen im Ausland und die evangelischen Mission in den! Kolouien zu wecken und zu pflegen und bittet sowohl den Zentralvorstand als auch die Vorstände der Haupt- und Zweigvereine, durch geeignete Veranstaltungen und Vorträge die Aufklärung über die Bedeutung dieser deutsch-protestantischen Aufgaben veranlassen zu wollen."
Hamburg, 3. Okt. In der auf heute abend einberufenen Versammlung der Mitglieder des deutschen Metallarbeiterverbandes, die von über! 5000 Personen besucht war, erstattete der Bevollmächtigte Otto Franz Bericht über den Gang der Verhandlungen mit den Arbeitgebern. Er teilte mit, daß die Verhandlungen ergebnislos verlaufen seien. Der Vorstand des deutschen Metallarbeiterverbandes habe nunmehr beschlossen, die von dem Verband der Industriellen angedrohte Aussperrung anzunehmen, sodaß jetzt die Aussperrung von 400000 bis 500000 Arbeitern bevorstehe. Die Versammlung nahm den Beschluß mit lebhaftem Beifall auf und genehmigte einstimmig die vom Vorstand vorgeschlagenen Maßnahmen wie die Ausschreibung eines Extrabeitrags von einem Tage-! lohn für alle noch in Arbeit verbleibenden Mitglieder und den Verzicht der von der Aussperrung Betroffenen auf jede Unterstützung während der ersten 14 Tage der Aussperrung. Ferner verzichten die Angestellten und Beamten des Verbandes auf ein Monatsgehalt.
London, 4. Okt. Von der in der Baumwoll- Jndustrie von Lancashire begonnenen Riesen- Aussperrung der Arbeiter sind, wie die „News" meldet, bis gestern abend 210 000 Arbeiter betroffen. Die zweite Aussperrung ist für den 8. Oktober beschlossen und trifft nach Bekanntmachung der Spinnerei-Besitzer weitere 120 000 Arbeiter.
— Aus London wird geschrieben: In Leeds kommt in den nächsten Tagen die berühmte Haddock Kollektion alter Geigen zur Versteigerung. Unter diesen alten Instrumenten befindet sich auch der „Kaiser-Stradivarius", der mit 200000 Mark bewertet wurde. Dieser Preis bedeutet einen Rekord, da noch nie so viel für eine Violine geboten würde. Kurz nach der Bekanntmachung der Veisteigerung telegraphierte der berühmte Geigenkünstler Kubelik an Herrn Edgar Haddock, und es sind jetzt Verkaufsverhandlungen wegen der „Kaisergeige" zwischen den Herren im Gange.
Los Angeles (Kalifornien), 1. Oktober. Bei einem durch eine Explosion entstandenen Brand des Gebäudes der hiesigen Times sind etwa 20 Personen getötet und ebensoviele verletzt worden. Die Mehrzahl der Opfer sind Mechaniker. Da die
Zeitung nicht organisierte Leute einstellte, so be
hauptet der Chefredakteur, die Feinde der gewerb
lichen Freiheit hätten heute morgen das Haus durch Dynamit zerstört. Das Gebäude ist vollkommen zerstört. Der Schaden wird auf eine halbe Million Dollar geschätzt.
Los Angelos (Kalifornien), 2. Okt. Zudem Brand in dem Gebäude der Times ryird noch gemeldet: Auf dem Dache der in einem anderen Stadtteil befindlichen Hilfsdruckerei, die für den Fall einer schon oft angedrohten und nunmehr eingetretenen Zerstörung des Hauptbüros der „Times" erbaut worden war, wurden heute zwei Männer bemerkt. Als sie sich entdeckt sahen, flüchteten sie. Man nimmt an, daß sie versuchten, auch dieses Gebäude in die Lust zu sprengen. Der Stadtrat hat 35000 Dollar für die Ermittelung und Ergreifung der Anstifter der Explosion bewilligt. — Neue Erregung hat es hervorgerufen, daß man unter der Wohnung des Sekretärs der Fabrikanten- vereinigung eine Bvmbe gefunden hat, der die Times in ihren Bestrebungen gegen die Arbeiterorganisationen unterstützt bat.
— Die Polizei hat 2 Höllenmaschinen gefunden, eine in einer Handtasche direkt an der Mauer des Hauses des Besitzers der „Times", die andere im' Erdgeschoß des Hauses des Sekretärs der Fabrikantenvereinigung, der sich in der Bekämpfung der Arbeitervereinigungen hervorgetan hat. Die Zahl der Getöteten ist 19, von den 25 Verletzten dürften auch mehrere sterben. Unter den Toten sind zwei Redakteure, ein Mitglied der Geschäftsleitung, ein Telegraphist und ein Maschinist, die andern sind Setzer.
Los Angeles, 4. Okt. Für die Ergreifung der Schuldigen an der Explosion in dem Times- gebäude sind Belohnungen im Gesamtbetrag von 100000 Dollars ausgesetzt worden. Die Polizei ist bedeutend verstärkt worden, l 7 Personen wurden bisher als verdächtig verhaftet. "
graphieren. Von Bord des Schiffes aus sieht man das Bombardement des Palastes, der von vielen Geschossen getroffen ist.
Madrid, 6. Oktober. (Tel. d. Chronik.) Nach einer offiziellen Meldung ist in Portugal die Republik erklärt. An der Spitze der provisorischen Regierung steht Theodello Drada als Präsident.
London, 5. Okt. Wie Blätter aus Paris melden, hat die dortige brasilianische Gesandtschaft die Nachricht erhalten, daß König Manuel sich an Bord des brasilianischen Kriegsschiffes San Paolo befindet.
MnterHcrb'tenöes.
Der Arinz-Kemahl.
Roman von Henriette v. Meerheimb. (Forts.) (Nachdruck verboten.)
Die Revolution in Portugal.
! Madrid, 5. Okt. Von einem Schiff aus Santander, das in Lissabon ankert, ist hier die l Meldung eingelaufen, daß in Lissabon die Revo- ; lution ausgebrochen sei. Kriegsschiffe bombardieren das Königspalais, wo die Revolutionäre republikanische Fahnen hißten. — Von anderer Seite ! wirk gemeldet, daß König Manuel von Portugal j gefangen sei.
! Paris, 5. Okt. Der „Matin" erhält ein draht- i loses Telegramm von einem in den portugiesischen ! Gewässern liegenden Schiff, das dorthin geschickt ! wurde. Es heißt in dem Telegramm, daß die ! Revolution in Portugal ausgebrochen sei. Der ! Verkehr nach Lissabon .sei untersagt. Um 2 Uhr , mittags habe das Bombardement des Königl. ) Schlosses durch die Kriegsschiffe begonnen. Ein großer Teil der Landarmee und die gesamte Marine i sei auf Seiten der Republikaner. Ein Telegramm ^ast desselben Wortlauts ist auch dem „Echo de Paris" zugegangen. Der Pariser Vertreter der ^ „Daily Mail" erklärte, daß seine Londoner Redaktion Nachrichten erhalten habe, daß König Manuel Gefangener der Revolutionäre sei. Weitere Nachrichten sind bis 4 Uhr morgens in Paris nicht eingetroffen. Das Kabel zwischen Portugal und England funktioniert nicht und auf den Telegraphenlinien zwischen Portugal und Frankreich ist gestern kein einziges Telegramm befördert worden. Um 2.50 Uhr hat die Times ein Telegramm erhalten, ! in dem es heißt, man habe Grund zur Annahme, daß Portugal sich in einer schweren Lage befinde.
Madrid, 5. Okt Privatmeldungen aus Portugal zufolge dauern die Straßenkämpfe in Lissabon !fort. Die Revolutionäre haben bereits verschiedene ! Kasernen und Befestigungswerke eingenommen. Der königliche Palast ist umzingelt und der König befindet sich tatsächlich in der Gewalt der Revolutionäre.
Berlin,5.Okt. DerLissaboner Korrespondent ' des Lok.-Anz. sendet seinem Blatt folgenges Telegramm aus Cap Blanco: Ein großer Teil des § Heeres, besonders Artillerie, sowie die ganze Marine, hat sich gegen das Königshaus erhoben. Die ! Kriegsschiffe und die Forts hißten die republikanische ' Flagge. Um2Uhr nachmittagsbegann dasBombarde- ment des Palastes durch Kriegsschiffe. Sämtliche Zugänge zur Stadt find abgesperrt und die Telegraphenleilungen abgeschnitten, so daß ich auf dem Schiff Cap Blanco erreichen mußte, um zu tele-
I
„Zufall, mein Lieber — du siehst Gespenster!" meinte Norbert.
„Warum soll er auch nicht lachen? Es muß sehr komisch sein, wenn jemand immer etwas Unbrauchbares hartnäckig wieder anbringen will. Freilich — eine Seele in ihrer Qual verspotten, das ist etwas Grausiges. Aber woher können die wissen, daß ich so elend bin? Mir gehts ja auch nur wie so vielen anderen!"
Werners Kopf sank vornüber. Eine Weile blieb er still.
„Wenn du dich entschließen könntest, einiges zu ändern, Werner!" bat Norbert.
Werner schüttelte nur stumm den Kopf. Plötzlich sah er auf, tief in Norberts scharf auf ihn gerichtete Augen hinein, als ob er dessen Gedanken herauslese. „Ja — ja, mal mich nur!" sagte er kurz. „Dazu bin ich gut."
„Vielleicht versuche ich es einmal", entgegnete Norbert ruhig. „Aber du wirst aus allen deinen traurigen Erfahrungen auch noch etwas schaffen, das sich Bahn bricht."
„Zu spät! In mir ist das Beste zerstört worden hier in Paris."
„Dummes Zeug! Niemand kann einen anderen vernichten, nur selbst kann man das tun."
Norberts Worte waren direkt an Werner gerichtet, aber sie schienen auch Nadine zu gelten; wenigstens streifte ein Blick seiner Augen ihr halb- abgewandtes Gesicht.
Georg fühlte ein deutliches Unbehagen. Die schwermütige Gesellschaft des Dichters bedrückte ihn. Am liebsten hätte er ihm hundert Franken angeboten, aber er fürchtete eine beleidigte Zurückweisung. Er wollte gerne noch mit Nadine in dem eleganten Palasthotel am Elysee die berühmte Zigeunerkapelle hören, und trotz der vorurteilslosen Ansichten, aus die er sich viel einbildete, hätte ihn bei diesem Unternehmen die Begleitung von Norbert und Werner denn doch gewaltig geniert.
Aber die beiden dachten gar nicht daran, das teure Hotel aufsuchen zu wollen. „Wir bleiben noch eine Weile hier sitzen und sehen die Sterne sich im Wasser spielen", sagte Werner. „Und wenn der Mond heraufkommt und hier durch die Buchenzweige scheint, dann gehen wir heim, trinken und schlafen. Schließlich ist das doch immer noch das beste. Da merkt mans nicht, ob das Bett hart oder weich, schmutzig oder sauber ist. Es ist ja alles eins, ob man schläft oder tot ist — was, Norbert?"
„Ach, red keinen Unsinn!" schalt der verdrießlich. „Absynth bekommst du heut keinen Tropfen, verlaß dich darauf!"
Werner lachte nur. Aber hinter dem fast kindlich klingenden Lachen hörte Georgs scharfe? Ohr einen heimlichen Triumph heraus. Natürlich hat er beständig irgend etwas bei sich, um sich betäuben", dachte er angewidert. Die Gesellschaß Werners wurde ihm unheimlich. Er ging solchen Eindrücken gern aus dem Wege.
Kommen Sie, Fräulein Nadine, das Konzert geht bald an."
Er hing ihr ihre Kape um und schlug den Kragen hoch. Wie reizend ihr zartes Gesicht von dem dunkelroten Plüschkragen abstach!
Norbert grüßte stumm. Mit finsteren Blicken sah er ihnen nach, als die beiden schlanken Gestalten neben einander her dem Ausgang des Bois de Boulogne zugingen.
„Sie ist die Erste nicht!" sagte Werner spöttisch vor sich hin.
„Was willst du damit sagen?" fuhr Norbert heftig auf.
„Nichts. Ich zitiere nur eine Stelle aus dem Faust."
„Das paßt nicht hieher."
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