ruhe eingestellte elektrische Ausbau der Albtal- bahn bald wieder ausgenommen werden. Es scheint, daß die Parteien sich einigen konnten. Für die Bewohner des Albtals ist diese Nachricht von der Wetterführung des Ausbaues und damit die Hoffnung auf bessere Verbindungen eine sehr erfreuliche.
München, 25. Sept. Kein Bürgermeister der Welt würde es wohl je sich leisten können — so schreibt man der „Frankst. Ztg." — eine so seltsame Verfügung zu erlassen, wie die soeben vom Bürgermeister von Oberammergau herausgebrachte es ist. Am 1t. Mai des kommenden Jahres beginnen die Oberammer- gauer Passionsspiele, die bis zum 25. Sept. dauern. Der Bürgermeister hat daher schon jetzt die Mitwirkenden der Passionsspiele daran erinnern lassen, daß sie sich ihre Haare nicht mehr abschneiden lassen dürfen, damit diese bis zum 11. Mai nächsten Jahres die zur Mitwirkung an den Spielen nötige Länge erreichten. Der Friseur von Oberammergau hat aus dieser Verfügung schon die nötigen Konsequenzen gezogen und sich für den kommenden Winter nach einer Nebenbeschäftigung umgesehen. Für die Sommersaison hat er dies nicht nötig, da er selbst — selbstverständlich im Schmuck angemessenen Lockenhaares — mitspielt.
— Die dritte Generalversammlung der Vereinigung der Hoteliers nnd Restaurateure deutscher Bade- und Kurorte e. V., Sitz: Bad Kissingen, findet am 13., 14. und 15. Oktober er. in Frankfnrt a. M., Hotel Drexel, statt. Die Tagesordnung enthält neben geschäftlichen Berichten wichtige, für das Hotel- und Restaurationsgewerbe einschneidende Punkte: unter anderm Besprechung über die Wirkung der neuen Steuern, Stellungnahme zu dem Z 33 R.G.O., Konzessionspflicht der Privatpensionen und Logierhäuser in Badeorten. Der letzte Punkt dürfte den breitesten Raum der Verhandlungen einnehmen, da die Ansichten sehr verschieden sind und die Gesetzgebung noch nicht die genügende Handhabe bietet, um die Privathäuser zur Einholung der Konzession zu zwingen.
Frankfurt a. M. Vom 3. bis 10. Oktober ist die Internationale Fliegerwoche unter Beteiligung erster Aviatiker. Preise und Garantien 300000 Mark.
— Dem sicheren Tode entronnen ist durch einen wunderbaren Zufall vorgestern der in der Nähe von Battenberg bei Kassel stationierte königliche Förster Jagemann. Gegen ihn wurde ein teuflischer Racheakt zur Ausführung gebracht, weil er bei Ausübung seines Berufes im Kampfe mit Wilderern einen der beiden erschossen hatte. Man hatte ihm nämlich in der Jagdhütte seines Reviers von oben durch den Schornstein hindurch eine Dynamitpatrone in das Ofenrohr hinabgelassen in der sicheren Annahme, daß er beim ersten Feueranmachen in der Hütte samt dieser in die Luft fliegen würde. Als der Förster sich nun seinen Kaffee in der Hütte kochen wollte, entfernte er sich, nachdem er das Feuer angezündet hatte, um Wasser zum Kaffee aus einer in der Nähe befindlichen Quelle zu holen. Er war kaum 100 Meter von der Hütte, als die Dynamitpatrone explodierte und die ganze Jagdhütte in die Luft flog.
— In der 23. Hauptversammlung des „Verbandes Sächsischer Gewerbe- nnd Handwerkervereine" äußerte sich Buchdruckereibesitzer Beck aus Geringswalde dahin, daß der Lehrlingsmangel seinen Grund nicht zum kleinsten Teile darin habe, daß die Handwerksmeister zu viel über ihre schlechte wirtschaftliche Lage klagten und namentlich den eigenen Nachwuchs dem Handwerke mit der Begründung entzögen, daß ihre Söhne es einmal besser haben sollten als sie selbst.
Berlin, 13. Sept. Prinz Bernhard von Sachsen-Meiningen ist zum Generalfeldmarschall befördert worden.
Berlin, 25. Sept. Seltenes^ Glück hatte der Arbeiter Nowack aus Köpenick, der mit einem Kollegen zusammen ein Los der Marienburger Lotterie spielte, das mit -60000 Mk. gezogen wurde. Für den ans seinen Anteil entfallenen Betrag kaufte sich N. eine Landwirtschaft bei Zossen; dabei mußte er das „Ausgedinge" für den ehemaligen Besitzer mit übernehmen. Dieser, ein älterer, kinderloser
Mann, war leidend und wurde von dein Arbeiter treulich gepflegt. Unlängst starb der Kranke. Bei der Feststellung des Nachlasses ward nun ein Testament des Vorstorbenen aufgefunden, durch welches diejenige Person als Erbe eingesetzt war, die den Toten zuletzt gepflegt habe. Nach Abzug einiger Legate fielen N. 24000 Mk. zu!
Berlin, 27. Sept. Lathams Ueberland- flug ist heute in hervorragender Weise geglückt Er fuhr um 3.26 Uhr vom Tempelhofer Feld ab und traf 3.50 Uhr an der Startlinie in Johannistal ein. Er fuhr irr einer Höhe von 100 Metern, begrüßt von dem Jubel der zahlreich versammelten Zuschauer. Latham hat nicht einmal halb so viel Zeit für seine Fahrt gebraucht, als das ihn begleitende Automobil von 40 Pferdekrästen. Er nahin seinen Flug in vorschriftsmäßiger Richtung und legte 2,5 Kilometer in 2,10 Minuten zurück; ferner fuhr er noch zweimal um den Startplatz herum.
— Eine Meldung über die Ausgabe der neuen 25 Pfennigstücke besagte, daß die Münzen Anfang Oktober in den Verkehr gebracht würden. Auf eine Anfrage an zuständiger Stelle erfährt man, daß dies nicht zutrifft. Die jetzt der maßgebenden Behörde vorliegenden Probemünzen bedürfen noch einiger Aenderungen, die sich auf Kleinigkeiten in der Art der Ausführung der Geldstücke beziehen. Eine endgültige Probemünze ist bisher noch nicht vorgemerkt worden. Selbstverständlich beziehen sich die als notwendig erkannten Aenderungen nicht auf das Bild der Münze im allgemeinen, das durch Bundesratsbeschluß bekanntlich festgelegt worden ist. Gegenwärtig sind die Nickelplätt- chen, die bestellt sind, noch gar nicht geliefert, so daß man der Jnkurssetzung der neuen Geldstücke erst im Laufe des Winters entgegensehen kann. Im ganzen sollen 5 Millionen 25 Pfennigstücke geprägt werden. Wieviel bei der Verausgabung sofort in den Verkehr gelangen werden, ist zurzeit noch nicht bestimmt worden.
Berlin, 29. Sept. Aus Belgrad wird gemeldet: In den letzten Tagen wurde eine Verschwörung gegen die Dynastie Karageorg- jewitsch entdeckt. Der Exminister Genschitsch, der Leiter der Verschwörung vom Jahr 1902, ist infolge dieser Verschwörung gegen das serbische Königshaus verhaftet worden. Genschitsch ist von seinem eigenen Schwiegervater, dem Advokaten Novakowitsch, denunziert worden- Vor nicht langer Zeit hatte Genschitsch sich von der Tochter des Novakowitsch scheiden lassen. Dem Beweismaterial nach, das König Peter jetzt in Händen hat, ist der Zweck der neuen Verschwörung die Beseitigung der Dynastie Karageorgjewitsch und die Berufung des Herzogs von Connaught als König.
— Einem „unbekannten Ingenieur" gab Harden in seiner „Zukunft" das Wort zu Ausführungen, die Angriffe gegen den Grafen Zeppelin, sein Werk und seine Leute enthalten.
— Der Premierminister von Transval, General Louis Botha, der am Samstag die Rückreise nach Südafrika angetreten hat, empfing zuvor noch einen Vertreter des Reuterschen Bureaus, der ihn um seine Ansicht über die verschiedenen Probleme der südafrikanischen Politik befragte. Botha äußerte sich dahin, daß ihm die Frage der künftigen Regierung Südafrikas ebenso wenig Sorge mache, wie die Arbeiterfrage. Ein Volk, das so kurz nach einem schrecklichen Kriege solche Mäßigung und so viel gesunden Menschenverstand gezeigt und das ihm erwiesene Vertrauen so glänzend gerechtfertigt habe, könne wohl sich selber überlassen werden. Er glaube fest an eine gedeihliche Entwicklung Südafrikas. Er glaube an eine immer befriedigendere Gestaltung der Eingeborenenarbeit, halte es aber auch für möglich, einen Stamm weißer Arbeiter zu schaffen. Der Minister schloß mit den Worten: Ueberlassen Sie Südafrika sich selbst! Ziehen wir einen Vorhang über die. Mißhelligkeiten der Vergangenheit, vergessen Sie uns eine Weile und geben Sie uns die Möglichkeit, unsere Schwierigkeiten selbst zu lösen. Beide weißen Rassen Südafrikas verlangen heute nichts, als eine Politik gegenseitiger Geduld, der Versöhnung und des Zusammenwirkens. Erfüllt von diesem Geiste und dieser Politik kehre ich in meine Heimat zurück.
AlrstevHactenöss.
herrlor.
Erzählung von S. CH. von Sell.
(Fortsetzung). (Nachdruck verboten.)
„Mich wundert, daß du dir keine Gesellschafterin hältst, Beate," sagte Ulrike von Thingen, als Joachim sie verlassen hatte. „Dn bist doch viel allein."
„Wir haben den Fall oft erwogen, aber uns beiden ist die beständige Gegenwart einer Fremden zu peinlich."
„Derselbe Grund, aus welchem ich mich immer gegen Anschaffung eines solchen lebendigen Möbels gesträubt habe. Bin auch so ausgekommen. Der blose Gedanke: Da sitzt so ein Wurm und lauert auf Beschäftigung, auf meine Befehle, beobachtet mich, erwartet allerlei Rücksicht, brächte mich zur Verzweiflung Es ist mit dir freilich anders. Ich kann mich fortwährend beschäftigen."
„Ich habe sehr gute Dienstmädchen, und einige junge Freundinnen kommen oft zu mir, wenn sie wissen, daß mein Sohn abwesend ist, lesen mir vor und unterhalten mich."
Kitty dachte im Stillen, wie gern sie zu diesen jungen Freundinnen gehören möchte.
„Und im übrigen — ich bin gern allein. Ich lebe in der Vergangenheit. Ihre Bilder leuchten mir in unverblaßten Farben, trotzdem meine Augen trübe geworden sind."
„Ich finde, dein Sohn wird seinem Vater immer ähnlicher."
„Die meisten sagen, er gleiche mir. Und das tat er früher auch. Schon dadurch, daß er blond ist. Egon war ja immer brünet."
„Und dennoch —"
Ulrike sah lange auf das Porträt eines schönen dunklen Mannes, das einen Ehrenplatz im Zimmer einnahm.
„War er das — der verstorbene Herr von Mansuetos?" fragte Kitty leise. Fräulein von Thingen nickte und ihre Nichte bemerkte mit Verwunderung, daß ihre Augen feucht schimmerten.
„Nein, du irrst dich, Ulrike. Er ist lange nicht so schön wie sein Vatcr und — nicht so hoch begabt. Er ist ja tüchtig in seinem Fache, und ich freue mich der vielseitigen Anerkennung die ihm zuteil wird, von Herzen. Was hätte Egon nicht erst leisten können, wäre ihm das Gleiche geworden! Aber so geht es in der Welt. Das wahre Genie wird verkannt. Nun ist es, als wollten sie an seinem Sohne gut machen, was sie aü ihm gesündigt. Sie machen zu viel aus Joachim. Er ist zum Glück verständig; ein anderer könnte eitel werden bei solchen Erfolgen."
„Du kannst Gott danken für diesen Sohn, Beate, sagte Ulrike nachdrücklich.
„Das tue ich tagtäglich mit wehmütiger Freude. Hätte nur sein Vater so viel Glück gehabt wie er."
Dann vertieften sich die zwei alten Damen in Erinnerungen aus der Jugendzeit. Kitty saß still dabei und wendete traumverloren noch einmal die Blätter um, um sie mit Joachim zu besehen.
„Tante," sagte sie beim Nachhausefahren, „du mußt yür etwas erklären. An der Klingel steht einfach Mansuetos, und ein Brief, der auf dem Tische lag, trug die Adresse: Herrn Baurat Mansuetos. Du aber sprichst immer von Herrn und Frau Mansuetos."
„Ja, siehst du, Kind, die Mansuetos st>m eine uralte adelige Familie, deren einer — im glaube unter Karl dem Fünften — cm» Spanien nach Oesterreich kam. Es war em junger Sohn, der daheim wohl nicht viel zu erwarten hatte. Er blieb in der Fremde, verheiratete sich und ward der Gründer emtt neuen, sich bald ausbreitenden Linie, die bald Reichtum und Grundbesitz in der neuen Heimat erwarb. Endlich wurde der Grafentitel für das Haupt der Familie erblich. Aber wie das so geht, der Wohlstand des Hause» nahm wieder ab; die Güter wurden verschuldei-
„Egon von Mansuetos war der älteste Sohn des Familienoberhauptes. Den Traditionen seines Hauses folgend, war er ohne Freude Offizier. Seine Neigung zog ihn zu Kunst, zur Malerei. Beate von Tarnow ma