Hand bieten werde, und daß sie, wenn sich bei der jetzt geplantenVereinfachung" die Mißstände Herausstellen, die man in weiten Kreisen befürchtet, so bald wie möglich zu der seither bewährten eingeübten Praxis zurückkehren wird.

Schwenningen, 21. April. Die Erben des verstorbenen Kommerzienrats Ehr. Manche machten znm Andenken an ihren dahinge­schiedenen Vater und Schwiegervater folgende Stiftungen: 20 000 Mk. wurden dem seit längeren Jahren schon bestehenden Arbeiter­unterstützungsfond, dessen Höhe jetzt 40 000 Mk. erreicht, 10000 Mk. einem neu zu errichtenden Beamtenerholungsfond der Fabrik Friedr. Manche G. m. b. H. überwiesen. Weitere 10 000 Mk. erhielt der Kirchengemeinderat zur Erhöhung der schon länger von dem Verstorbenen er­richteten CH. Mauthe'schen Legatenstiftung, deren Zinsen am Geburtstage des Stifters an würdige Arme der Stadt ohne Rücksicht aus Konfession und Herkunft zur Verteilung kommen sollen. 2000 Mk. wurden den Herren Stadtpfarrern für die Armen ihres Sprengel- überwiesen, 1000 Mk. dem Diakonissenverein; der Klein­kinderschule, sowie den am Begräbnistage an­wesenden Vereinen und Körperschaften wurden in ihre Kassen ebenfalls höhere Beträge über­mittelt.

Berlin, 21. April. Maximilian Harden hat gegen das Urteil abermals Revision beim Reichsgericht eingelegt.

Die Mitglieder eines Stammtisches in Hamburg waren über die Toilettenverhältnisse an Bord des Zeppelinschen Luftschiffes in Meinungsverschiedenheiten geraten und wandten sich daher kurz entschlossen brieflich mit der Bitte um Auskunft hierüber an den Grafen v. Zeppelin nach Friedrichshafen. Hierauf ist jetzt vom Bevollmächtigten des Grafen, Hrn. Ernst Uhland, die folgende launige Antwort eingetroffen:Unter Bezugnahme auf die an Seine Exzellenz Hrn. Grafen v. Zeppelin ge­richtete Anfrage betreffs der Toilettenverhältnisse an Bord des Luftschiffes teile ich Ihnen, ohne natürlich auf eine eingehende Beschreibung der Bedürfnisanstalt übergehen zu können, mit, daß für die speziellen Verhältnisse besondere Ein­richtungen und Maßnahmen getroffen worden sind, so daß die Herren des Stammtisches ge­trost ihre Spaziergänge sortsetzen können, ohne mit Regenschirm oder anderen Mitteln zum Schutze gegen Sendungen von oben ausgerüstet sein zu müssen."

Wien. Sämtliche Mächte haben sich nun­mehr mit der Aufhebung des Art. 25 des Berliner Vertrags einverstandeu erklärt. Hier­durch ist die bosnisch-herzegowinische Angelegen­heit auch formell endgültig zum Abschluß ge­bracht.

Berlin. DieKreuzztg." schreibt:Wir mußten bereits einigemale davon Notiz nehmen, daß in englischen Blättern in vollem Ernst und mit allem Nachdruck dafür eingetreten wurde, ohue weiteres Zögern Deutschland zu überfallen und dessen Flotte mitten im Frieden zu ver­nichten. Solange das Verlangen nach einem derartigen brutalen Völkerrechtsbruche nur von Blättern vom Schlage desObserver" und Standard" gestellt wurde, konnte man sich im Vertrauen auf die Besonnenheit und Rechtlich­keit der britischen Regierung und den Ge­rechtigkeitssinn des britischen Volkes darüber hinwegsetzen. Das dürfte jetzt aber kaum mehr angehen, nachdem auch ein britischer Volksver­treter im Vollbesitze seines Verantwortlichkeits­gefühls als Mitglied des britischen Parlaments die gleiche Forderung in offener Volksver­sammlung wiederholt hat. Man meldet dazu folgendes:

London. Das Parlamentsmitglied Samuel Roberts hat in Sheffield seinen Zuhörern er­klärt, in Deutschland spreche man jetzt nur von einer Invasion Englands. Früher oder später werde dieselbe unbedingt zur Ausführung kommen, und daher bilde sie das natürliche Gesprächs­thema der Deutschen. Es sei genau dieselbe Sache, wie vor dreihundert Jahren, als die spanische Armada gebaut wurde. Sir Francis Drake habe aber damals die Gefahr sofort er­kannt, und er wollte mit seinen Schiffen in die spanischen Häfen fahren und die spanffchen Kriegsschiffe vernichten. Wenn Königin Elisabeth

ihn hätte gewähren lassen, dann wäre kein einziges spanisches Schiff nach England gesegelt, denn er Hütte sie alle vorher vernichtet. Und es sei durchaus nicht sicher, ob nicht eine ähn­liche Politik auch jetzt am Platze wär, denn wenn Großbritanien wolle, könne der Ent­wicklung der deutschen Flotte schnell ein Ende gemacht werden. Vielleicht sei eine solche Politik nicht ganz im Einklang mit den Prinzipien moderner Zivilisation. Aber nichtsdestoweniger sei es doch ein Ausweg, den die englischen Staatsmänner nickt aus dem Auge lassen sollten."

Hiezu bemerkt der bl.-Korr, derFrks.^Ztg.": Wir nehmeu vorläufig nicht an, daß die eng­lischen Staatsmänner den Rat des englischen Parlamentsmitgliedes Samuel Roberts ernstlich erwägen oder gar befolgen werden. Aber immerhin muß es als ein bedenkliches Symp­tom für die britische Stimmung gegen Deutsch­land betrachtet werden, daß solche Aufforderungen zu einer brutalen Räuberpolitik von verschiedenen Seiten ungeniert erhoben werden und unwider­sprochen bleiben. Diese Hinweise auf die britische Politik gegenüber Spanien (und auch Dänemark)' sind nicht dazu angetan, eine Verständigung über Beschränkungen der Seerüstungen, für die auch in Deutschland die Neigung in weiteren Kreisen zu wachsen begann, die Wege zusebnen."

Konstantinapel, 23, April. Sämtliche Prinzen und Prinzessinnen haben bereits gestern in aller Heimlichkeit den Palast des Sultans verlassen. Burhan-Eddin, der Lieblingssohn des Sultans, der an den letzten Vorgängen nicht unbeteiligt sein soll, wurde in den Palast einer seiner Schwestern gebracht und soll von da auf einem Schiff geflohen sein.

Konstantinopel, 26. April. Der Minister des Aeußeren teilte dem diplomatischen Korps die Uebergabe Konstantinopels an die Jung­türken mit. Heber die Prinzeninseln Kisil-Adafar ist der Belagerungszustand verhängt worden.

Lissabon, 25. April. Aus den Trümmern von Benavente sind bereits vierzig Leicheu ge­borgen. Der König hat die Nacht auf dem Schauplatz der Erdbebenkatastrophe verbracht. In Santarem und Aviz wurden neue Erdbeben verspürt, das Parlament hat einen Kredit von hundert Contos bewilligt.

Lissabon, 24. April. Die Erschütterungen im Erdbebengebiet haben aufgehört. Die Zahl der Getöteten wird nunmehr auf 39 angegeben. Vermißt werden 120 Personen; etwa 100 er­litten Verletzungen. Die Städte Benavente und Samara sind zerstört. Salvaterra und San Stefano sind sehr beschädigt. Der König ist hier wieder eingetroffen.

Berlin, 26. April. In einem Stimmungs­bild, welches der Vertreter des L. A. aus Konstantinopel vom Sonntag Mittag sendet, heißt es: Der Held des Tages, Enver Bey, der am Samstag den Angriff auf Taxim und Taschkischla leitete, empfing mich heute in seinem neuen Standquartier in der Taximkaserne. Auf meinen Glückwunsch erwiderte er:Die Freude über den Erfolg wird mir durch die Verluste, die wir erlitten haben, getrübt. Auf unserer Seite sind zwischen 60 und 100 Mann, sowie 4 Offiziere, 3 Leutnants und der Major des Generalstabs gefallen. Dieser fiel einer Hinter­list zum Opfer. Ein solches verräterisches Vor­gehen veranlaßte mich, energisch einzugreifen. Nach stundenlangem Kampf erreichten wir die Taximkaserne. Ich war von Anfang an darauf gefaßt, daß wir hier im Zentrum des Wider­stands einen harten Strauß auszufechten haben würden. Die Meuterer wurden sehr unterstützt durch den überaus starken Bau der Kaserne. Unsere Gebirgskanonen haben uns vortreffliche Dienste geleistet. Es war eine schwere, harte Arbeit, die wir glücklich zu Ende geführt baben. Jetzt haben sich sämtliche Kasernen ergeben. Nach Skutari haben wir 5 Bataillone entsendet, um Ueberraschungen vorzubeugen. Die Mldiz- mannschaften haben gestern freiwillig die Waffen abgeliefert und wir beließen sie auf ihren Posten, da sie nun völlig unschädlich sind. (?) Die Ruhe wird nunmehr nicht mehr gestört werden, da wir ja Herren der Stadt und der Situation sind." Auf dir Frage, was nun mit dem Sultan geschehe, antwortete Enver Ber>:Das geht uns Soldaten nichts an. Nachdem unsere Arbeit getan ist, hat die Regierung Unterhand­lungen mit dem Sultan zu führen. Ich bin

überzeugt, daß in etwa zwei bis drei Wochen alles wieder seinen normalen Gang gehen wird. Vormittags erschienen bei Enver Bey Jmhof Pascha und der deutsche Militärattache, Major Strempel, um ihre Glückwünsche darzubringen.

AlnterHcrttenöes.

Er soll dem Herr sein.

Erzählung von C. Aulepp-Stübs.

(Forts.) (Nachdruck verboten.)

2. Kapitel.

Hier angstvolle Erwartung in kleinen, abgezehrten Kindergesichtern, dort ein Ab­glanz stiller Freude in überirdisch, großen Augen, beim Herannahen Fräulein Doktors, und ihres hohen Begleiters. Ihre kleinen weißen Hände verstehen es so gut, bald sanft über fahle Bäckchen zu streichen, bald ein ver­schobenes Kissen zurecht zu rücken. Datei flüstert sie mit süßer Stimme, kosende, beruhi­gende Worte, welche die Angst zerstreut und statt dessen ein stilles Lächeln hervorzaubert. Hier und da wird die, über jedem Bettchen hängende Tafel zur Hand genommen und die Notizen der pflegenden Schwester, welche die­selbe über die Körpertemperatur machte, ein­gehend geprüft. Hildegards Wesen ist so ruhig, so sachlich und ernst und doch so echt weiblich, daß ihr Begleiter ihr seine Achtung nicht ver­sagen kann. Aber gerade das ärgert ihn und stachelt ihn an, sie aus dem Gleichgewichte zu bringen. Sie sind jetzt im Knabensaal, und Fräulein Doktor fängt dort nicht bei dem, der Türe zunächst gelegenen Krankenbett an, son­dern wendet sich sofort einem, etwas isoliert stehenden und durch einen Bettschirm geschützten Lager zu, an welchem eine Pflegerin sitzt. Sie winkt ihrem Begleiter, und er folgt ihr willig.

Nun, Schwester Marie, wie geht es mit Georg?" fragte sie leise. Die Schwester ist aufgestanden und hat ihr ehrerbietig Platz ge­macht. Sie schüttelt den Kopf und erwidert traurig: Schlecht, sehr schlecht I Ich glaube, wir bringen ihn nicht durch."

O!" Mit leisem Erschrecken schaut das junge Mädchen in das leichenblasse Antlitz, dann flüstert sie ihrem Begleiter einige Worte zu. Mit linder Hand streicht sie dem Knaben die dunklen Haare aus dem Gesicht. Er öffnet matt die Augen, ein Schimmer von Zärtlich­keit bricht hervor, dann liegen die langen Wimpern wieder fest auf den eingesunkenen Wangen. Die abgemagerten Fingerchen fahren wie suchend über die Decke, bis sie Hildegards Hand gesunden haben, dann liegen Sie ruhig eingebettet in der ihren. Doch nur eine Weile kann sie dieselben halten, dann ruft die Pflicht sie weiter. Doktor Paulus aber bleibt noch einen Moment zurück, er richtet einige Fragen an die Pflegerin, die diese freundlich beantwortet.

Fräulein Doktor operiert gewöhnlich um 2 Uhr, wenn es nicht früher nötig ist."

So, danke!" Er folgt Hildegard weiter und weiter, bis sie endlich den Rund­gang beendet haben.

So, Herr Doktor! Nun haben Sie wohl die Güte, noch einige Augenblicke mit mir zu gehen, ich möchte gern etwas mit Ihnen besprechen."

Er verneigte sich und folgte ihr in ein kleines Gemach, dessen Einrichtung ganz ver­schieden von dem der andern ist. An den Wänden wundervolle Stahlstiche ein Smyrna- teppich auf dem Fußboden, duftige Spitzenvor­hänge an den Fenstern hier in einem prachtvollen Ständer eine Fäckerpalme, dort eine Fülle von blühenden Gewächsen um eine leise murmelnde Fontäne im Blumentisch gruppiert. Ein zierlicher, reich geschnitzter Schreibtisch mit einem Sessel davor. Ein Sofa von dunklem Seidensammt, ein wunder­volles Bärenfell mit riesigem Kopfe und hier und da ein Tischchen oder eine Etagöre, mit den Prachtwerken unserer Literatur, vervoll­ständigen die ebenso reiche, wie einen gedie­genen Geschmack verratende Einrichtung.

Mit leisem Lächeln bemerkt Hildegard das erstaunte Gesicht ihres Begleiters. Dill grazöser Handbewegung in das reizende Zim­mer deutend, sagte sie warm: