Erscheint Dienstag, Donnerstag, Samstag m» Sonntag «ü»«r GratiS-Beilage Der SonntagS- Gast.'
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Dienstag, 7. August
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1900.
Uebertragen wurde die erledigte Hauptlehrstelle an der ein- klasfigen Realschule in Dornstetten dem Amtsverw. Schwenk an der Friedrich EugenS-RealschuIe in Stuttgart; ferner die Schulstelle in Besen- feld, Bez. Psalzgrafenweiler, dem Schullehrer Traunecker in Reis ach. Bez. römnstein und die Schulstelle in Reudern, Bez. Nürtingen, dem Schul- lchrer Zaiser in Klosterreichenbach, Bez. Freudenstadt. _
Sollte er im S«r«de oei?l«rrtfeir?
^ In ollen Staaten — außerhalb Deutschlands — hofft Mn auf das Bestimmteste, baß die betreffenden Ge- foodlen in Peking noch am Leben sind. Ueber den Verlust einer größeren oder kleineren Teiles der noch der chinesischen Hauptstadt entsandten BewachungS-Mannschaften geht man ohne große HerzenSbedenken vielfach fort, und hat nebenbei schon ganz vergessen, daß von deutscher Seite der Tod d«S Aesandten Freiherr» von Ketteler, der nicht zu bezweifeln ist, beklagt wird. Di« natürlich« Folge ist, daß won meint, Deutschland könnt« unter einigen formellen Verbeugungen und einer gewissen Entschädigung von Seiten der Chinesen die- traurige Ereignis auf sich beruhen lassen. Er ist nett, was im Auslande dem deutschen Reiche trotz all' der bestimmten, unzweideutigen Kaiserreden noch zuge-
mutrt wird.
Es unterliegt zunächst gar keinem Zweifel, daß etwa England oder Frankreich, wenn ihnen so etwas passieren sollte, ganz gehörig den Chinesen die Geschichte eingetränkt haben würden. Daß sie „aufzuräumen" verstehen, haben sie vor v rrzig Jahren bereits unzweideutig bewiesen. Wahrscheinlich würde bei dieser Gelegenheit da- Nest „genannt Peking" kaltblütig niedergebrannt worden sein. Heute, wo au- Deutschland Stimmen laut werden, daß es dahin nicht kommen muß, wohl aber dahin kommen kann, schlägt man di« Hände über den Köpfen zusammen und redet vom Fehlen der Humanität. Was heißt Humanität? Dafür sorge», daß die Menschen wie Menschen behandelt werden. Und eben damit die Weißen in China wie Menschen behandelt werden, muß de« Chinesen da- Notwendige klar gemacht werden.
Auch di« Weiße», resp. die Christen, haben ihre Fehler! Warum haben in den Kreuzzügen die Christen Palästina nicht behaupten können? Weil die Sarazenen ehrlicher, gerechter, wahrheitsliebender waren, als die große Meng, der Kreuzfahrer. Da- ist eine bittere Thatsache, aber immerhin «ine Thatsache. Aber für Ostasien kommt ein ähnliche» Verhältnis nicht in Betracht, wenn auch der Prinz Tuan Recht hat, dem di« Aeußerung zugeschrieben wird, er sähe in mancher chinesischen Hafenstadt an einem Tage mehr betrunkene Weiße, wie betrunkene Chinesen in einem ganzen Jahr«! Als Kulturträger werden sich die 'Lnrvpäer «och sehr bewähren müssen, doch schließt diese Erwartung nicht aus, daß di« Chinesen, in deren Abschließungs- Wem nun einmal Bresche gelegt ist, sich als Menschen zu betragen haben. Im Kampf« um die Oeffnung ihre- Lande» konnten die Chinesen kämpfend fallen, aber nachdem es einmal eröffnet war, waren auch sie nur GeleitSmänner des modernen Verkehrs.
Hierauf ist besonder- hinzuweisen, weil eben verschiedene Mächte Jntriguen spinne«, die auf da» Ende abzielru, daß in China im wesentlichen alle» beim Alten bleiben möge. Die Engländer sagen weis«, in Indien sei e» ebenso und dort stehe alles vortrefflich. In Indien ist aber eben nicht alle» Aenso, ebensowenig steht er vortrefflich. Den Hindu» ist ihr Gottesdienst gesichert, und in dieser Beziehung sollte man auch dir Chinesen am liebsten sich selbst überlassen, aber iw Uebrigeu WM dir Briten in Indien: „Ihr habt das Geld zu geben, wir haben es zu nehmen!" England ist durch Indien reich geworden, während «s Indien der Hungersnot und den Epidemien überließ.
Um endlich die Wahrheit derb herau-zusagen: Wes- halb giebt man sich verschiedentlich so groß« Mühe, di« ganze Geschichte im Sande verlaufen zu lasten? Warum A wii einem Male der alte Chinamann nicht so schlecht, « ^ den Kämpfen von Peking, Taku und Tientsin
gestellt hat? Weil dem verdammten Deutschen nicht ge- gount werden soll, in Peking zu sagen: So will ich e-,
befehle ich es! Von manchen Stellen, von wo «S viele Leute in der That nicht vermuten, wird in neuester «eit versucht, uns den Wind aus den Segeln zu nehmen, ^ e äu HumanitätS-Du-lern zu stempeln, das heißt, in
"sE: uu» lächerlich zu machen. Hoffentlich, oder gewiß, wird da- nicht gelingen!_
g.i ^ rist * sÜ' 6. Aug. (Theater.) Gestern abend gin «'vollbesetztem Zuschauerraum über die Bühne: „Da 7 i 7 °k'nd". Lustspiel in 3 Akten von G. v. Putlitz. U.b, war da» Auditorium voller Begeisterung bedauert, daß die Gesellschaft UN« noch ii kA? d'Ä" Woche verläßt. Nur noch eine Vorstellun jux Dienstag abend bevor, bei welcher als Novität da
Lustspiel von Blumenthal und Kadelburg: „AIS ich wiederkam" gegeben wird. Versäume kein Theaterfreund diese letzt« Vorstellung, di« voraussichtlich einen recht angenehmen Abend bietet.
* Neuenbürg, 3. August. Zur Untersuchung wegen de» Mordes an den beiden Kindern au- Grunbach ist der Oberstaatsanwalt von Tübingen am Morgen der Auffindung der Leichen hieher gerufen worden. Die angestellten Nachforschungen haben auf di« Spur de» Verdächtigen geführt, welcher durch zwei Landjäger verfolgt und in Sandweier festgenommen wurde. Derselbe leugnete zuerst die That, wurde jedoch hieher eingeliefert und hat nach weiteren Versuchen de» Bestreiten» zugestanden, daß er ein Sittlichkeits- Verbrechen au dem einen Kinde begangen und dann beide erwürgt hat. Das Geständnis des Thätrrs stimmt mit dem Befunde der Sektion überein. Der Thäter ist nicht rin gewisser Seiler, für den er sich auSgegeben hatte, sondern der 24 Jahre alte Bauernknecht Karl Steinach« aus Herbertingen, OA. Saulgau.
*Mühringen, 3. Aug. Bei Kontrollierung der Hinterlassenschaft der allen Anzeichen nach ermordeten Witwe Raiz, stellte sich ein Verlust von etwa 23 000 Mark in Staatspapieren heraus, di« abhanden gekommen sind. Alle Banken find telegraphisch benachrichtigt.
* Kaum ist die Bodenseegürtelbahn fertig, so muß sie geflickt werden. Man hat bei den Anlagen di« großen Gesichtspunkt« vergessen und geknausert. All« Güterhallen der nördlichen Streck« müssen vergrößert werden, da sich alsbald ein direkter großer Durchgangsverkehr ausgebildet hat.
* (Verschiedener.) Der vom Freiherr« v. Münch durch Rrvolverschüsse verletzte Knecht Blatt ist in der Tübinger Klinik gestorben. — Der Sohn de» Bürgermeister» Weber in Babenhausen an der württ.-bayrr. Grenz« versetzte dem Dienstknrcht Schmid nacht» auf der Straße «inen Stoß auf die Magrngegend. Schmid fiel um und war tot.
* Aus Offen bürg wird geschrieben: Der ehemalig« Musketier des hiesigen 9. Bad. Jnf.-Rgt. Nr. 170, Karl Seiler von Sinzheim, der sich zur Expedition nach China freiwillig gemeldet hatte und bereits mit den betr. Truppen in Hagenau sich befand, hat sich am Dienstag von dort entfernt. Dieser Schritt dürfte ihm teuer zu stehen kommen, da die Dersertion von einer im mobilen Zustande befindlichen Truppe mit lebenslänglichem Zuchthaus, event. mit dem Tode bestraft wird.
D München. Einen glücklichen Fang hat die Polizei in Burghausen gemacht, indem sie den Dekorationsmaler Eder au» München verhaftete. Seit einiger Zeit tauchten in München und Umgebung gefälscht« 50 Mark-Reichs- kassenschein« auf, ohne daß «» gelingen wollte, den Urheber zu fassen. Dieser Tage versuchte nun Eder in Burghausen «in solches Falsifikat zu verausgaben. Der Schein wurde jedoch als gefälscht erkannt und Eder verhaftet. Es fand sich bei ihm noch eine Anzahl weiterer solcher Scheine vor, weshalb in seiner Wohnung zu München eine Haussuchung vorgenommen wurde. Diese führte zur Entdeckung von zahlreichen Gegenständen, die zur Herstellung falschen Papiergeldes gedient hatten. Auch fanden sich viel« gefälscht« ReichSkassenscheine in allen Stadien der Ausführung vor. Der Verbrecher ist bereits geständig.
* Leipzig, 4. August. Der hochangesehen« Großindustrielle Julius Krauß in Reichenbach (Vogtland), Inhaber der am vergangenen SamStag eingeäscherten Stark- scheu Streichgarnspinnerei, wurde unter dem dringenden Verdacht der Brandstiftung verhaftet. Der Fall erregt außerordentliche» Aussehen.
* Berlin, 4. Aug. Der „Nordd. Allg. Ztg." zufolg« lautet di« Antwort de» König» Victor Emanuel auf da» Beileids-Telegramm de- Kaiser-: „Dein Telegramm hat mich tief gerührt. Er ist mir ein Beweis, daß Du auf mich di« brüderliche Freundschaft übertragen willst, die Du für meinen trefflichen, so grausam hingeopferten Vater immer gehegt hast. Sein Andenken, da- in unseren Herzen unauslöschlich bleibt, wird di« unsere Häuser und Völker einigenden Bande ebenso unabänderlich machen."
* Berlin, 4. August. Au» Mailand berichtet der „Lokalanzeiger": Bressi hat allen Mut verloren und zeigt sich sehr gebrochen. Beim heutigen Verhör war er kleinlaut und schüchtern. Er gab zu, daß «S sich um ein Komplott handle, war aber zu weiteren Geständnissen nicht zu bewegen. De» Anarchisten Lanner behauptet er nicht zu kennen, obwohl die Polizei bereit- im Besitze von Briefen ist, welche den Zusammenhang zwischen beiden konstatieren. Bressi bat, au» seinen Ketten befreit zu werden; man möge ihm Erleichterungen gewähren, dann werde er weniger zurückhaltend sein.
* Berlin, 4. Aug. Der amerikanische General William
Ludlow weilt zurzeit im amtlichen Auftrag in Berlin. Der Auftrag besteht in einem Studium der Einrichtungen de» deutschen großen Generalstab-. Die Vereinigten Staaten beabsichtigen, ihre Armee zu reorganisieren; vor allem soll der Generalstab nach dem Muster de» deutschen General- stabr eingerichtet werden.
* Berlin, 4. Aug. Der „ReichSanzeiger" veröffentlicht da» Handelsabkommen zwischen Deutschland und den Bereinigten Staaten von Amerika vom 10. Juli 1900.
* Bremerhaven, 4. Aug. Trotz strömenden Regen- und Sturms war der Andrang de» Publikum» zur Einschiffung der letzten dreitausend Manu de» Expeditionskorps heute ebenso stark wie an den übrigen Tagen. Auch au» Süddeutschland waren Angehörige, besonders von Offizieren, hergekommen. Um sechs Uhr verließen die beiden Dampfer „Phönicia" und „H. H. Meier" unter dem Spiel der Matrosenkapellen den Hafen. Die Einschiffung der ostasiatischen Expedition ist damit beendet.
* Bremerhaven, 4. August. Der Kaiser reist«
gestern abend nach Koburg ab. Vorher erteilt« er an
15 Arbeiter der Hamburg-Amerikalinie Auszeichnungen, wobei er eine Ansprache hielt, in der er den Arbeitern für ihre Hingabe und Aufopferung bei der Verladung der
Transportdampfer dankt« und sagte, die Dekorationen sollten ihnen ein Zeichen seiner Zufriedenheit sein, da sie sich nicht von dem Beispiel vaterlandslosrr Gesellen anstecken ließen
und zeigten, daß sie Ehrenmänner seien. Ehrlos sei, wer
sein Vaterland im Stiche lasse.
* Allsonntäglich pflegt der Kaiser an Bord der „Hohen- zollern" eine Morgenandacht in freier Red« zu halten. Am letzte« Sonntag entnahm er den Text dem 2. Buch Mose, Kapitel 17, Vers 11: „Und dieweil Mose seine Hände ewporhielt, siegte Israel; wenn er aber seine Hände nieder- lirß, siegt« Amael." In seiner Ansprache auf Grund diese» Texte» erwähnt« der Kaiser, der „Kreuzztg." zufolge, die Vorgänge in Ostasien. Wieder einmal habe sich da» heidnische Amalek erhoben. „Mit großer Macht und viel List, mit viel Sengen und Morden will man, wie die Amalekiter dem Durchzug der Israeliten durch di« Wüste, dem Durchzug deutschen Geistes und christlichen Glauben- wehren und wiederum ist der Ruf ergangen: „Erwähle dir Männer, ziehe au- und streite Wider Amalek!" Ein heiße» Ringen hat begonnen. Schon stehen viel« unserer Brüder drüben im Feuer, viel« fahren den feindlichen Küsten zu und ihr habt die Tausende gesehen, die auf den Ruf: „Freiwillige vor! Wer will de» Reiche- Hüter sein?" sich jetzt sammeln und mit fliegenden Fahnen «ingreifen in den Kampf. Christen, laßt uns beten, damit unsere Brüder draußen freudig bleiben auch in drückendster Not, auch in der größten Gefahr. Dazu brauchen st« mehr als Munition und Waffen, mehr als jugendlichen Mut und flammend« Begeisterung. Dazu brauchen sie den Segen von oben, Lebenskraft von oben, sonst können sie nicht gewinnen und den Sieg behalten, und diese himmlische Welt, sie öffnet sich nur im Gebet. Wir wollen nicht bloß Bataillon« von Kriegern mobil machen, sondern auch eine heilige Streitmacht von Betern. Unser Gebet soll der starke Arm sein, der die Meuchelmörder trifft."
0 Einen ergreifenden Beweis kindlicher Anteilnahme an dem Ergehen der ins Feld rückenden Mannschaften bildet die Spende eine» Flensburger Mädchens an die zweite ostasiatische SanitätSkompagni«. Die Kleine sandte de» Offizieren und Mannschaften unmittelbar vor der Abfahrt «inen großen Korb mit 255 Sträußchen, die sämtlich einen Papterstreifen mit der Aufschrift „Gott behüte dich !" zeigten. Jeder steckt« «in Sträußchen an die Brust.
* Mit Draht und Kohlin hält England die Welt in Banden. Wenn es ihm h«ut« einfallen sollte, sein« Urbersee- telegraphen-Kabel abzusperrrn, so wüßten di« anderen Nationen nicht wa» draußen in der Welt vorgeht. Und wenn sein« zahlreichen Kohlenstationen sich allgesamt weigerten fremden Schiffen Kohlen abzugebrn, so würden di« meisten davon so gut wie auf dem Sande sitzen. Nehmen wir einmal de« Fall an, e» bräch, plötzlich «in Krieg au», etwa wie 1870. Dann würde di, deutsche Panzerdivision ahnungslos weiter in die Welt hineindampfen, vielleicht vor Singapore ruhig zur Kohlrnübernahme vor Anker gehen, um dann Plötzlich von britischen Geschwadern angefallen zu werden. Deutschland hätte nicht die Mittel, dem Geschwaderchef telegraphische Warnungen oder Instruktionen zukommen zu lassen, da da» Kabel in englischen Händen ist. Da- deutsche Geschwader würde erst gefecht-klar machen können, nachdem di« einschlagenden feindlichen Granaten den Kriegszustand bekundet hätten. Der Aktionsradius der Deutschen größten Kriegsschiffe, da« heißt die Strecke, für deren Durchmessung der Kohlenvorrat auS- reicht, beträgt durchschnittlich 4500 Seemeilen, also etwa ein Drittel drS Wege«, den sie eben von Wilhelmshaven nach