minister sagt, eS gebe ja nur 13 Warenhäuser in ganz Württemberg. Es geht aber sehr rasch mit der Verwehrung, und wenn die heutigen Verhandlungen nicht zu thatsächlichen Maßnahmen führen, so werden sie wie Pilze aus dem Boden schießen. ES ist nicht zu bestreiten, daß die jetzige Besteuerung der Warenhäuser von der übrige» Geschäftswelt für nicht ge- nügend erklärt Wird, und wenn die Geschäftsleute das sagen, wenn sie über schreiende Ungerechtigkeit klagen, so ist darin Wort; ich stehe selbst der Sache ferne, aber ich gebe etwas auf diese Klagen. Außerordentlich unangenehm ist e» mir, wenn bei Besprechung solcher MittrlstandSsragen immer wieder davon gesprochen wird, mau dürfe die „Großen nicht erdrosseln". Was sollen dazu die Kleinen sagen, die that- sächlich stranguliert werden, während der Staat ruhig zusieht? Und wenn man je die Geschäfte von Tirtz und Werthkim nötigte, ihren Betrieb »inzustrlle», was wäre der Effekt? Daß man sie zu den bereits verdienten Millionen nicht noch mehr Millionen verdienen ließe. Die Kleinen aber, die zu Grunde gehen, verlieren Brot und Obdach und Alles. Der Staat dürste da wohl fragen: Was geht da unten vor? damit nicht sang- und klanglos Hunderte von Existenzen in- Proletariat sinken. (Egger: ganz richtig! Große Heiterkeit.) Immer höre ich auch den Spruch: die Gewerbefreiheit darf nicht angetastrt werden! Das ist ein Axiom, da» bestehen soll, und wenn Hunderte von Existenzen zu Grunde gehen. Wir haben aber die Gewerbefreiheit schon in vielen Stücken ganz kolossal eingeschränkt. Die ganze Sozialgesetzgebung ist nichts als eine Einschränkung der Gewerbefreiheit. Nehmen Sie nur die Bäckereivrrordnung. Der Staat mischt sich in alle- mit seinen Vorschriften hinein, warum hier nicht, wo es so viele selbständig« Existenzen zu retten giebt? Wenn bestritten wird, daß überhaupt eine solche Not vorhanden sei, so macht das auf mich gar keinen Eindruck. Die Thatsach« besteht, sonst würden die Leute nicht schreien. Und wenn man sagt, sie übertreiben, so glaubeich dar nicht, ehe man mir nicht den scharfen Gegenbeweis liefert. In anderen Staaten geschieht ja auch was, warum warten wir denn auf Preußen? Bayern hat bereit- etwas gethan, da tadelt man, eS fehle an der richtigen Definition des Warenhauses. Die Interessenten fragen den Kuckuck nach der Definition. Da» Publikum weiß ganz wohl, war ein Warenhaus ist, ersteht ja auf dem Schild geschrieben: Warenhaus. (Heiterkeit.) Große Autoritäten reden über di« Frage ganz ander-, als wir es vom Ministertisch hören. Fürst Bismarck hat 1895 zu einer Handwerkerdeputation gesagt, der Staat habe finanziell keine Interesse, daß große Massengeschäfte entstehen, aus politischen Gründen aber sollte er sie verhindern. Jeder versündige sich, der in einem solchen Warenhaus kaufe. Der bayerische Finanzminister v. Riedel hat gesagt, man dürfe den Kopf nicht in den Sand stecken, so könne es der kleine GewerbSmann nicht mehr aurhalten, darum müsse Abhilfe geschaffen werden. Herr v. Miqurl hat zwar die gestellten Anträge für unannehmbar erklärt, aber in der Sache hat er sich ähnlich ausgesprochen. Man rühmt ja sogar jetzt die Humanität dieser Warenhäuser und die guten Löhne. Dar Haus Wertheim in Berlin zahlt seinen weiblichen Angestellten durchschnittlich etwa 800 dir 900 Mk. Gehalt, das ist für Berlin nicht viel. — Der Abg. Schmidt hat heute ausgezeichnet gesprochen, ich unterschreibe jeder Wort, werde ihn aber auch später daran erinnern, was er heute gesagt hat. Ich muß nochmals mein lebhafter Erstaunen auSsprechen, daß unS vom Ministertisch der Rat kommt: Warten wir auf Preußen. Also so bescheiden ist Württemberg geworden? Preußen soll sogar für uns die Erfahrungen sammeln. Bayern hat doch auch etwas gethan, wir sollen aber erst warten, ob es sich bewährt. Da heißt «S vielmehr: xriumpüs odsta! Wollen Sie warten, bis die Kameralämtrr Berichte einschickrn: «S sind wegen der Warenhäuser so und so viel Existenzen zu Grund gegangen? Dann wird die Kotze den Baum hinauf
sein. Man vehauptet, rS sei noch nicht so weit, der Existenzkampf sei noch nicht konstatiert. Di« Geschäftsleute wissen doch besser, wie e» mit ihnen steht, sie wissen eS auch besser als selbst die Steuerbehörde, denn mancher zahlt des Renommo'S wegen zu viel Steuer. Ich gebe ja zu, allein sind di« Warenhäuser nicht schuldig, aber mitschuldig sind sie. Kritisieren ist leicht an den Maßnahmen, die anderswo getroffen werden; Bayern und Preußen thun doch war, aber wir sehen zu. Da kann man mit Recht von dem schwäbischen Landsturm sprechen. Er ist heut« auch gegen di« kleinen Ladengeschäfte gesprochen worden. Jch bedaure er gar nicht, daß so viele solcher kleinen Lädchrn vorhanden sind; sie sind ganz nützlich, die Leute werden selbstständig und die Käufer sind zufrieden ukit der Bedienung. Wenn wir erst einmal nur noch ein einzige- Dutzend große Geschäfte in Stuttgart hätten, dann wäre ja da- Kloßische Ideal der Geschäft-Vereinfachung erfüllt. Dann wird Tirtz für sein« Angestellten ein« Art Eisenbahndörfle bauen und hier in der Kammer wird man dar Lob seiner sozialen Fürsorge singen hören. Nein, die beste Sozialpolitik ist, die selbständigen Existenzen zu schützen. Der Herr Finanzministrr hat gesagt, er wolle die Meinung der HauseS hören, sagen Sie ihm Ihre Meinung möglichst rund und deutlich und stimmen Sie für die „Berücksichtigung".
(Eingesendet.) Welchen Wert die Stenographie für alle Berufs- zweige hat, ersieht man aus allen „Gesuchen für Kaufleute. Buchdrucker, Buchhalter" rc., überall wirb Stenographie verlangt. Ein Hemmschuh für allgemeine Verbreitung und Erlernung der Stenographie waren die mehr denn zwanzigerlei Systeme der Stenographie. Nunmehr hat der württ. Bund für „Vereinfachte deutsche Stenographie" ein Einigungs- System aufgestellt „Stolze-Schrey". Am 8. Juli d. Js. hält dieser Bund seine Hauptversammlung in Eßlingen ab, dem über 30 Vereine mit mehr denn 5000 Mitglieder anwohnen. Auch in hiesiger Stadt wird vom Sonntag den 20. ds. MtS. an Unterricht in diesem System erteilt. Eltern und Lehrherrn werden auf den in diesem Blatt an- gekündigten Kurs aufmerksam gemacht.
* N a go ld , 12. Mai. (Industrielle-.) Der Ruf »ach
neuen Fabriken, der in den letzten Jahren bei un- immer wieder laut wurde, scheint jetzt Erhörung zu finden. Im letzten Herbst wurde hier eine Bijouterirfabrik mit elektrischem Betrieb eingerichtet und eine zweite Fabrik wird gegenwärtig gebaut. Im allgemeinen wird dieser neu« Zug für unsere Stadtverhältnisse nur mit Freuden begrüßt, da er auch den Arbeitskräften unserer Umgebung lohnende Beschäftigung zuführt. Unser BezirkSkrankenhauS, an dessen Erbauung seit vorigem Jahr gearbeitet wird, ist nun seiner Vollendung nahe. Gegenwärtig wird die Dampfheizung eingerichtet. Die Kostrnvoranschläge wurden allerdings etwas überstiegen, jedoch ist da- neue Institut mit allem Komfort au-staffiert. Die Einweihung de- Hause- wird bis spätestens 1. Okt. d. I. erwartet. (T. Chr.)
* Eßlingen, 15. Mai. Seit heut« früh schneit eS hier ununterbrochen. Die Bäume leiden bereits stark unter dem Schnerdruck, ebenso Beerenstreichsr rc. Bei den Saatfeldern ist eS namentlich der Roggen, der wie gewalzt niedergedrückt ist. Auch sonst dürft« der Schaden auf den Feldern und in den Gemüsegärten groß sein. Die mit Blüten reich behangenen Obstbäume gewähren «inen trostlosen Anblick.
* Hall, 11. Mai. (Prozeß Faulhaber.) Sicherem Vernehmen nach haben im Prozeß Faulhaber-Herwig sowohl beide Angeklagte, als die K. Staatsanwaltschaft, auf Revision verzichtet. Die Ablieferung der Angeklagten in die Strafanstalten zu Rottenburg und Heilbronn ist erfolgt.
* Friedrich-Hafen, 13. Mai. Der gestern früh 9 Uhr in Manzell aufgestiegene Luftballon, Eigentum des oberrheinischen LuftschiffervrrrinS, in welchem Prof. Hrrgrsell und Graf Stolbrrg aus Straßburg mitfuhren, landete um 1 Uhr nach günstiger Fahrt über dir Zugspitze und den Wetterstein bei Mittenwald in den bayerischen Alpen, in der Luftlinie ein Weg von ca. 150 km. Gleichzeitig wurden auch in München, Berlin, Wien, Paris, Petersburg, Luftballone zu wissenschaftlichen Untersuchungen abgelassrn.
* (Verschiedenes.) Ein Bauer von Ditzina«, sprang letzten SamStag kurz vor der Einfahrt des 9^, in den dortigen Bahnhof herab, geriet unter die Räder war sofort tot. — Wegen de» im Gasthaus z. „schwarz» Ochsen" in Biberach verübten schweren Diebstahls wird der als Thäter ermittelte 26jährige ledig, Metza., Johanne- Brenner von Bartholomä, OA. Gmünd, wohnhaft in Heidenheim, nunmehr steckbrieflich verfolgt. —Ein schwer» Diebstahl ist in Meckenbeuren vorgekomwen. E- wurde daselbst im Stationsgebäude eingebrochen und dur» Erbrechen von zwei Schubladen ungefähr 60 Mk., welch, dem Stationsvorsteher gehörten, und etwa 4 Mk. amtlich, Gelder, sowie 3 Fahrkarten nach Lindau entwendet. Handwerksburschen sind der That verdächtig. — Ein weiter» Diebstahl kam in Ailingen vor. Er wurde in di« dorG Kirche eingebrochen. Im Innern wurde da» TabernM brachen und 2 wertvolle Kelch« sowie das Ciboriuw iwd Altardeck« im Gesamtwert von etwa 500 Mark entwch,i — Im See bei Obergruppenbach fanden Steinbrch, einen Leichnam. Aus am Ufer zurückgelassenen Abschichp briefen geht hervor, daß der Selbstmörder der 20 Ich, alte Kommis Ludwig Rödel aus Bamberg ist. — Um ein» gesegneten Appetit ist eS ein« schöne Sache, und wenn man denselben kostenlos befriedigen kann, um so besser. Saßm da in Ellwangen am letzten Wochenmarkt zwei Bauern m „Rot-Ochsen", «S wurden eben saftig-glänzende Bratwiich aufgrtragen. Da sagte der Eine zu seinem Nachbar, dn gar lüsterne Blicke nach dem Teller de- Andern warf: „Lukas, wenn du ein Dutzend solcher auf eine» Sitz vertilgst, dann zahle ich sie." „Er gilt!" rief der Angerufrne und das Wasser lief ihm im Munde zusammen. Alsbald wurde da» Dutzend aufgrtragen und heitern Blicke» machte sich d« Hungrige darüber. In kurzem Tempo verschwand «ine Wurst nach der andern vom Teller und als da» Dutzend im Mag«» des schmunzelnden Esser- wieder vereinigt war, strich erwit dem Brode noch säuberlich die Sauce aus dem Teller. Beweis genug, wie sehr eS ihm geschmeckt hatte. — Bei Wald- bach brach vorige Woche im StaatSwald Buchau ein Waldbrand aus, dem 20 Ar Laubwald zum Opfer fielen. M der Brandstiftung verdächtig wurde ein 15jähriger Bursch, au- Eschenau festgenommen. — Fabrikant Riedmüller von Ellwangen, der vor kurzem eine Couvertfabrik grMe/e, hat sich erschossen. — Der verheiratete Buchbinder Wn. von Schömberg fuhr letzten SamStag mittels Fahrrad nach Rottwril. Unterwegs begegnet« ihm ein Fuhmnl, dem er vorschriftsmäßig nach rechts auswich. Dabei ka« er cber dem Trottoir-Randstein zu nahe und wurde kops- übrr an einen Baum geschleudert. Als Leiche wurde n aufgehoben.
* Würzburg, 14. Mai. Gestern Abend wurde in der Nähe der Jnfanteriekaserne der Leutnant Frank von einem Unbekannten überfallen. Der Angriff geschah hinterrücks, so daß der Osfizier sich nicht zur Wehre setzen konnte. Er stürzte zu Boden und wurde schwer verletzt von Passanten aufgefunden und inS Lazaret gebracht. Der Thäter ist noch- nicht ermittelt. Vermutlich war ein Raub geplant.
* Leipzig, 15. Mai. Seit heute früh herrscht bei einer Temperatur von 2° über Null andauernd heftiger Schneesall. Desgleichen wird starker Schnerfall aus Chemnitz gemeldet.
* Wie aus Erfurt amtlich gemeldet wird, wurde der Eisenbahnfiskus durch den bisherigen Eisenbahnsekretär Timryrr um 92,300 Mk. geschädigt. Der Betrug wurde von Timeyer in der Weise au-geführt, daß er di, Station-- kaffe zu Gotha unter einem erdichteten Vorwände zur Zahlung von Beiträgen anging und diese durch «ine MM- persou erheben ließ. Steckbriefliche Verfolgung ist einMnV. Die Ehefrau TimeyerS wurde bereit- verhaftet.
„Du willst da- Kind deiner Gattin wied«rgefunden haben?" fragte ohne Einleitung Baron Kurt.
„Ja, mein Sohn ist, Gott sri Dank, gefunden!"
„Und du weißt unzweifelhaft, daß keine Unterschiebung eine- fremden Kinde» —"
„Unzweifelhaft," unterbrach ihn der Majoratsherr. „Es ist so gewiß, wie die Thatsach«, daß meine arm« Magdalkne rintm Schurkenstreiche zum Opfer gefallen ist."
„Fixe Idee von dir," warf der andere ein, „von der du nicht lassen willst!"
Baron Reinhard maß mit einem langen Blick den Sprecher. Dann griff er nach einem der Schriftstücke auf dem Tisch und reichte e» dem Bruder.
„Hier lirS diesen Brief!"
Baron Kurt hatte auf den ersten Blick erkannt, daß r» sich hier um die von ihm vorgenommen« Fälschung handelte. Sein Gesicht verfärbte sich. fast unmerklich, als er di« Zeilen überflog.
„Unbegreiflich," murmelte er, „romanhaft!"
„Romanhaft?" wiederholte der Majorat-Herr, und seine blauen, sanfte» Augen schienen Blitze zu sprühen — „ah, wahrhaftig! Aber du giebst zu, eine treffliche Intrige!"
„In anbetracht de» Unglücks, dar dem einfältigen Schreiben folgte, ein schlechter Streich!"
„Ich nenne «S einen Schurkenstreich und den «lenden Fälscher einen Verbrecher!" rief Baron Reinhard mit gehobener Stimme.
„Eine gewissenlose Handlung jedenfalls!"
„Aber klug ersonnen und trefflich auSgeführt," fuhr der andere fort, „da- zeigt selbst die Wahl de- Papier- — erlaub« mir," wandte er sich an Baron Kurt, dem diese lange Erörterung peinlich zu werden anfing, „sieh, die» Papier ist ganz dasselbe, wie ich er immer gebrauchte. Nur eins hat der vorsichtig« Fälscher nicht bemerkt — willst du ein
mal hier gegen das Licht sehen? Erkennst du in der Ecke hier das kleine Wasserzeichen — nur dem Eingeweihten erkennbar — ein R. S. ? Drr Schreiber dieses Briefe- muß diese- Papier von meinem eigenen Schreibtisch entwendet haben; denn nur ich besitze dasselbe!"
„Unerklärlich, wahrhaftig!" bestätigt« Baron Kurt, aber sein Gesicht war leichenblaß. (Schluß folgt.)
Vermischtes.
* Der Schrecken der italienischen Provinz Calabrien ist drr Räuber Musoliuo. Seit 2 Jahren mordet er und doch gelingt «S nicht, ihn festzunehmen. Musolino giebt an, nur Rache zu nehmen für erlittenes Unrecht. In S. Stefano bei Aspromonte geraten einer Tage- zwei Bauern, die in grimmer Familienfehde leben, Giuseppe Musolino und Vinzenzo Zoccalli, aneinander. Man trennt sie, und in der Nacht wird auf Zoccalli ein Schuß abgefeuert, der ihn nicht trifft. Musolino wurde als Thäter angeklagt und wegen Mordversuchs zu zwriundzwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. Er war aber unschuldig. Als er nach dem Verdikt abgrführt wurde, sagte er zu Zoccalli „Bitte zu Gott, daß ich vor Abbüßung meiner Strafe sterbe, oder daß ich nicht ausbrrch«, sonst töte ich dich und deinen ganzen Stamm." Im Zuchthause gelingt es Musolino, sich durch sein« Muskelkraft und seine kühle Schlauheit zum Gebieter der Mitgefangenen zu machen. Drei Stubenkameraden zwingt er, ein Loch in die Mauer zu brechen und au- den Bettbrettern und Leintüchern eine Strickleiter zu fertigen. In einer Mitternacht brechen die Vier aus. Im Freien angrkommen, entwickelt Musolino feierlich sein Programm: „Alle diejenigen, die falsch auSgesagt haben, werde ich töten, den Zoccalli und seine Familie, die mich verleumdet haben, werde ich töten, und töten werde ich alle, die mir Böse- thaten. Hab« ich wein Amt erfüllt, so «andre ich aus." Dreißig Stunden lang irrten di« Flüchtlinge über di« schnee
bedeckten Berge, bis sie in der Nähe von S. Stefano, von Frost und Hunger ermattet, zusammenbrachen. Einer der Flüchtlinge geht in den Ort und ruft seine Verwandte». Diese erquicken die Ermatteten und bieten Musolino da- Geld zur Auswanderung. Aber er weist eS von sich und nimmt nur Waffen an ; trennt sich auch von seinen Gefährten, um sein Rachewerk allein zu vollführen. Anderthalb Jahr« sind'- her, daß er für sein Recht kämpft, zwölf Hinrichtungen hat er schon vollzogen, es bleiben ihm noch vier, und dann will er auSruhen. Die Justiz ist machtlos. 10,000 Lire stehen auf seinem Kopf, ein Regiment Soldaten streift nach ihm, er ist unfindbar. Sein Mut und sein Stolz und — sein« GrrechtigkeitSliebe haben ihn zum legendären Helden ; von Calabrien gemacht: denn er ist nur grausam gegen seine Feinde, stiehlt nicht, raubt nicht, ja nimmt nicht einmal Geschenke an. Seine Strafen vollzieht er mit Flinte, Dolch und Dynamit, letzteres gebraucht er, um die Häuser seiner Feinde zu zerstören. Seine Opfer überfällt er nicht heimlich. So traf er eines Tage- einen Grmeindepolizisten von Sant' Alessio, der bei seiner Verhaftung mitgewirkt hatte, auf d» - Landstraße von seinem Söhnlein begleitet. „Schicke dein«' s Sohn fort, weil ich dich töten muß," sagte Musolino.
Andre gehorchte und im Augenblick« darauf war er ei»e Leiche. Spione hat der „Held" nicht mehr zu fürchte» > denn die Unglücklichen, di« sich in den Dienst der Polizei stellten, lebten nicht lange. Eine- Tages schrieb er an ei»«» jungen Karabinierileutnant, daß er ihn schon dreimal hätte erschießen können, daß er ihn aber immer geschont habe, weil er so jung, schön und sympathisch sri. Bei solch«» Streichen kann man sich nur im Norden darüber wunder», daß ein Bürgermeister aus drr Nähe von Aspromonte an den König telegraphiert«, er wöge Musolino als da- Opfer eines Justizirrtums begnadige» und daß «in andrer Bürgermeister sogar die Schulkinder ein Bittgesuch an den König zugunsten Musolino'- unterschreiben ließ.
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