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erscheint Dienstag Donnerstag, SamStag und Sonntag »it der GratiS-Beilage Der Sonntags Ga 8.
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Donnerstag, 17. Mai
Bekanntmachungen aller Art finden die ersolg- reichste Verbreitung.
1900.
Bestellungen auf „Aus den Tannen" können fort-
während gemacht werden.
Genehmigt wurde die Errichtung einer Telegraphcnanstalt in der
Gemeinde Bollmaringen.
Reichstes.
* Berlin, 12. Mai. Im Reichstag erklärte vor der
Tagesordnung der Präsident Graf Ballest rem auf die gestrige Anfrage Singers betreffend die nächste Geschäfts- »mtiilung, es gebe kein kollegiales Präsidium, sondern der Präsident leite die Geschäfte selbstständig. Niemand habe ihm vorzuschreiben, wen er dabei anhöre und mit wem er berate. Eine Konferenz oder eine Verabredung mit Vertretern der MehrhritSparteien habe nicht stattgefunden. Er habe den Herren, dis zu ihm gekommen seien nur mitgeteilt, daß rr vor Pfingsten verschiedene Reste von Vorlagen, darunter auch dir I-ex Heinz« erledigen wolle. Bon der Berufung des sogenannten Srniorenkonvrnts verspreche er sich keinen Nutzen mehr, nachdem vor Ostern einzeln« Parteien zur Obstruktion übrrgegangrn seien. Singer erklärte hierauf, er bedauere und halte rS für unpraktisch, daß der Präsident den Seniorenkonvent nicht mehr berufen wolle und freue sich im Nebligen, daß der Zweck seiner Anfrage nun erreicht und dir Absicht des Präsidenten dem ganzen Reichstage und nicht nur einzelnen Parteien bekannt sei. Sooann beginnt die zweite Beratung des Entwurfes des Unfallgesetzes für Land- und Forstwirtschaft. Der Als. wird in der Fassung der Vorlage mit einer redaktionellen Aenderung angenommen und die KomwisstonSfasfung abgr- lehnt. Die 1—6 werden debattelos angenommen unter
Ablehnung eine- sozialdemokratischen Antrags zu 8 6. Eine Reihe weiterer Paragraphen bis § 10 wird debattelos an- grnowmen und die Writerberatung auf Montag 1 Uhr vertagt.
* Berlin, 14. Mai. Drr Reichstag beendete heute die zweite Lesung des UnfallversicherungsgesetzeS für Forst- ond Landwirtschaft und nahm das Bauunfallversicherungs- gesetz nach den Beschlüssen der Kommission en Kloo an. Morgen See-Unfallversicherungsgesetz.
* Berlin, 15. Mai. Der Reichstag erledigte das SeeunfallverstcherungSgesetz. Abg. Rickert fragte am Schluß der Sitzung nach den D «Positionen betreffend Verabschiedung des MünzgesktzeS und bat unter dem Widerspruch der Rechten und des Zentrums, es morgen aus die Tagesordnung zu setzen. Präsident Graf Ballestrem erklärte,
der Widerspruch des Hauses zeige, daß das Münzgesetz nicht so schnell und so ohne weiteres, wie Rickert glaube, verabschiedet werde. Darum empfehle sich bei der Wichtigkeit des Gesetzes eine Beratung morgen nicht. Er würde aber dafür sorgen, daß das Gesetz zu einer passenden Zeit aus die Tagesordnung gesetzt werde.
LvttirttetttberrsisHerr ^«rir-t«r<K.
Kammer der Abgeordneten.
8. O. L. Stuttgart, 15. Mai. Die Kammer der Abgeordneten hatte heute schon wieder mit der progressiven Umsatzsteuer sich zu beschäftigen. Die mittleren und kleinen Müller Württembergs beklagen sich bitter über die erdrückende Konkurrenz der Riesenmühlen bei Ludwigshafen und wünschen eine progressive Umsatzsteuer für die Großmühlen im Lande und einen gestaffelten Eisenbahntoris für ausländisches Mehl gegenüber dem Getreidetarif und endlich auch die Aufhebung der Zollkredite für die Großmühlrn. Berichterstatter war der Volksparteiler Abg. Schock, der die Notlage der württ. Mühlenindustrie, wodurch auch die württ. Landwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird, anerkannte, im übrigen aber sich gegen eine progressive Umsatzsteuer aussprach und di« Petitionen namens der Kommission der Regierung nur zur Kenntnisnahme zu überweisen beantragte. In gleichem Sinne sprach sich der Mitberichterstatter Rath aus, wogegen der gleichfalls volksparteiliche Abgeordnete Schmid-Besigheim, unterstützt von den Abgg. von Grß. Dr. Kiene, Sommer und Spieß unter Vorbringung eines reichhaltigen statistischen Materials für ein« Uebergab« der Petitionen an die Regierung zur Erwägung sprach. Der Finanzmiuister be- kämpfte den Antrag auf eine progressive Umsatzsteuer der Großmüller, welche die Riesenmühlen am Rhein doch nicht treffen würde, versprach jedoch, die Sache bei drr Steuerreform in Erwägung zu ziehen. Der Minister deS Innern aber, welcher erschreckende Zahlen über den Rückgang der Mühlemndustri« Württembergs in den letzten 10 Jahren vortrug, erklärte, er habe nichts dagegen einzuwenden, wenn die Sache der Regierung zur Erwägung überwissen werde. Doch ist auch er gegen eine progressive Umsatzsteuer. Drr Sozialdemokrat Kloß ist gegen alle Anträge, welche den mittleren und kleinen Müllern oder de« Landwirten helfen sollen. Er verlangte kurz und bündig möglichst billige Lebensmittel, ob die Müller dabei zu Grunds gehen und die Landwirtschaft mit ihnen, ist dem Sozialdemokraten natürlich vollständig gleichgiltig. Die Kommission war endlich damit einverstanden, den Antrag drr Regierung zur Erwägung zu überweisen und demgemäß beschloß auch das Haus mit großer Majorität. Morgen Fortsetzung dieser Debatte und Beratung anderer Petitionen.
LsrrtdesnMeHVi-tzteir.
* Alten steig, 16. Mai. Der Eismann Bonifazius hat sich in übel angebrachter Laune dazu verstiegen uns eine Schneedecke zu bescheere«, welche gestern bis gegen Abend anhielt; in den höheren Lagen soll's heute früh noch geschneit haben. Wahrhaftig ein rascher und schlimmer
Wittrrungsumschlag auf den schönen Sonntag. Schlimm ist der Nebenbuhler für den Blütrnschnee der Bäume. Von Stuttgart und der Filderebene wird berichtet, daß durch den Schneedruck an den blühenden Bäumen viel« Zweig« und Neste gebrochen, ja ganze Bäume abgeknickt worden sind und der Schaden ein enormer genannt werden müsse. Aus allen Teilen de- engeren und weiteren Vaterlandes liest man Hiobsbotschaften von dem schädlichen Schueefall und jähen Temperatursturz. Nach den Wettervorhersagen der heutigen Tageszeitungen ist nunmehr der gefährlich« Luftwirbel in der Auflösung begriffen und bahnt sich jetzt unter langsamer Zunahme der Temperatur bessere Witterung an.
* Altensteig, 16. Mai. Ueber die Gebühren, welche die Aerzte, Zahnärzte u. s. w. anzusprechen berechtigt sind, herrscht im Publikum vielfach Unkenntnis. In diesem Punkte möge besonders darauf hingrwiesen sein, daß der Arzt für den ersten Besuch mindestens das Doppelte derjenigen Taxe verlangen kann, welche für die weiteren Beratungen in Ansatz kommt; dasselbe ist der Fall bei Besuchen in der Zeit zwischen 9 Uhr abends und 7 Uhr morgens, sowie bei den sogen, dringenden Besuche» unter Tag- d. h. solchen, di« sofort nach Berufung des Arztes zu machen sind. Besonders eingehende unter Anwendung von technischen Hilfsmitteln gemachte Untersuchungen dürfen extra berechnet werden. Es liegt daher im pekuniären Interesse de- Publikums, wenn der Arzt vor Antritt der täglichen Rundgänge zeitig bestellt wird, natürlich nur wenn dessen sofortiges Eingreifen nicht vonnöten ist. — An dieser Stelle möge noch die Mahnung am Platze sein, wenn immer möglich den Arzt so zeitig zu Rate zu ziehen, daß seine Be- rusung bei Nacht vermieden wird. Es ist für einen vielbeschäftigten und geplagten Mann sicher nicht angenehm, nachts aus dem Bette geholt zu werden und dann beim ersten Anblick des Patienten zu finden, daß es mit dem Besuch noch sehr wohl Zeit bis zum andern Tag gehabt hätte.
* Alt«nsteig, 16. Mai. Zur Warenhaus-Besteuerung hat der Landtagsabgeordnete Schrrmps in der Sitzung vom 10. Mai folgende Rede gehalten, die unS zur Veröffentlichung zugesandt wurde. Abg. Schrempf führte aus: „Ich konstatiere, daß niemand im Hause zu Gunsten einer weiteren Entwicklung dieser Warenhäuser gesprochen und daß kein« Partei sie offen in Schutz genommen hat. Damit sind sie verurteilt. Ich glaube, daß wir eine Eingabe nicht leicht nehmen dürfen, die von 4500 Firmen unterschrieben ist. Es muß doch «in abnormer Mißstand vorhanden sein, wenn die kaufmännische unter sich konkurrierende Welt von Stadt und Land so einig ist in ihrem Vorgehen. Die Stuttgarter Kaufleute machen denen auf dem Lande gewiß auch Konkurrenz, warum gehen denn aber die ländlichen Geschäfte nicht auch gegen diese Konkurrenz vor? Der Herr Finanz-
Ä
Im Hause binden uns der Liebe Pflichten, In der Gesellschaft bindet uns die Sitte, Im Staate bindet uns das Staatsgesetz Und die Notwendigkeit in der Natur.
Raup ach.
Nach Langen Jahren.
Roman von Fritz v. Wickede.
(Fortsetzung.)
Der Baron selbst war mit raschen Schritten an einen der Hotelbedienstrten herangetreten.
„Wagen aus Steinau hier?"
„Jawohl, gnädiger Herr."
»Wo ist der Kutscher? Er soll sich sofort zu mir verfügen!"
Ein Kellner rief den Kutscher herbei, der eben am Brunnen stand, um de» Pferden Wasser zu holen.
„Karl, sagen Sie 'mal, was ist denn eigentlich in Steinau los? Sind doch sonst keine Wagen hier?"
„Der junge gnädig« Herr sind gestern gekommen und Joseph meinte, daß die Pflegeeltern heute geholt werden."
„Was reden Sie da für Unsinn! Wer soll gekommen sein?"
„Der junge Herr Baron Harry."
„Hahaha," lachte der Baron, aber die Stimme klang heiser und gepreßt, „junge gnädig« Herr — wahrhaftig, da- Schloß scheint zum Irrenhaus geworden zu sein!"
„Dort kommt er selbst!" rief plötzlich der Kutscher in sichtlicher Erleichterung.
Eine elegante, auffallend schöne Männergestalt betrat «den da, Vestibül des Hotels.
„Das ist der junge Herr Baron!" wiederholte der bischer in gutgemeintem Eifer.
„Scheren Sie sich zum Kuckuck!" entließ der andere den unwillkommenen Zeugen seiner Erregung.
Ein langer Blick des tiefsten Haffes ruhte auf dem ahnungslosen jungen Manne, der an den Portier herange- treteu war, augenscheinlich, um ihm einen Auftrag zu erteilen. Er hatte das Gesicht dem in der Tiefe des geräumigen Vestibül stehenden Baron Kurt halb zugewendet. Das edel geschnittene Profil, das unter dem Hute hervorquellende, wellige Haar: — und ohne Zweifel, er war's, gestand sich der ungesehene Beobachter; die Ähnlichkeit mit der, welche er einst ins Elend getrieben, war unleugbar!
Karsten war also der Verräter!
Der Baron ballte unwillkürlich di« Faust. Nun war alles verloren! Alles? — War's ihm nicht, als Hab« Karsten ihm gesagt, die Schauspielerin hätte nichts Schriftliches hinterloffen? Vielleicht fehlte eS an ausreichenden Beweisen! Aber hätte sein Bruder sich dann so schnell dazu verstanden, ihn als seinen Sohn anzuerkenne« ? Und da» mußte doch geschehen sein, ohne jeglichen Vorbehalt, da die Dienerschaft durchweg ihn als den jungen Herrn respektierte.
Verwünscht! — Harry war längst wieder fort, nach seiner kurzen Unterredung hatte er das Hotel wieder verlassen; aber der Baron ging noch immer auf dem weichen Läufer unruhigen Schritte- auf und nieder. Dann begab er sich in die Gasträume und befahl, eine Flasche Wein zu bringen. Er mußte Zeit haben, sich klar zu machen, was nun zu thun sei.
Rasch stürzte Baron Kurt ein Glas und »in zweite-, gefüllt mit schwerem, dunklen Wein, hinunter, aber seine Aufregung wuchs nur. sein Blut erhitzte sich, die Gedanken jagten in toller Flucht durch sein Hirn. Hier kam er zu keinem Entschlüsse; er mußte Gewißheit haben, vor allen Dingen darüber, ob dem unbequemen Neffen nichts am Zeuge zu flicken war. Also fort nach Steinau!
Er rief den Kellner herbei, bezahlte und befahl sofort einen Wagen mit guten Pferden zu besorgen.
„So viel ich weiß," bemerkte der Kellner, „befindet sich eine herrschaftliche Equipage aus Steinau —"
„Thun Sie, was ich anordne!" unterbrach der Baron mit herrischer Stimme den Sprecher, und der Kellner eilte fort.
Noch bevor der junge Eindringling samt seiner Sippschaft nach Steinau kam, mußte er mit seinem Bruder Rücksprache genommen haben.
Nach einigen Minuten schon meldet« der Hausdiener, daß der Wagen bereit sei. Der Baron brach sofort auf.
Als er nach schneller Fahrt durch di« Straßen der Stadt in- offen« Gelände kam und di« Lust des freien Feldes sein erhitztes Blut kühlte, wurde er ruhiger, und die Gedanken ordneten sich. Aber ein Bild mit einer erschreckenden Perspektive rollt« sich vor ihm auf.
Nicht einen Tag hätte er mit dem verstoßenen Sproß des Hause» unter einem Dach leben können, mit dem, den er haßte, ehe er noch geboren war. Einer mußte weichen. Wie aber, wenn der Verdacht des Bruders durch Joseph, der ihn im Hause Karsten- angetroffen, gesteigert werden konnte bis zu der Gewißheit, daß er seine Hand bei jener dunklen That mit im Spiele hatte? — Die Karten standen schlecht, da» Spiel schien verloren zu sein. Unruhig rückt« der Baron auf dem weichen Polstersitz hin und her; ehe er noch zu einem Entschluß gelaugt war, kam Schloß Steinau in Sicht, und nach kurzer Zeit schon hielt der Wagen im Schloßhofe.
Baron Kurt verließ rasch das Gefährt, und ohne sein Zimmer aufzusuchen, ließ er durch «inen rasch vorauseilenden Diener seinem Bruder Mitteilen, daß er ihn unverzüglich spreche» müsse.
Als er bald darauf das Zimmer desselben betrat, war Baron Reinhard — zum wievielten Male? — mit der Durchsicht der ihm von Harry übergebenen Papiere beschäftigt.
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