Gesang. Stadtpfarrer Planck hielt eine Rede. Nachher bekamen die Zugereisten ein gutes Nachtessen und zwei Glas Bier; am Morgen des/Christfestes erhielten sie Kaffee und Weißbrot, dann sammelten sie sich vor ihrer Abreise im Saal zu einer gottesdienstlichen Feier.
* Heilbronn, 23. Dez. Heute ist Ephorus Palm von Maulbronn auf Grund eines von der Strafkammer des Landgerichts hier erlassenen Haftbefehls ins landgerichtliche Gefängnis eingeliefert, indes alsbald nach seiner Einlieferung gegen die Sicherheitsleistung von 5000 Mk. wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die Hauptverhandlung gegen Palm wegen mehrfacher Unterschlagung im Amt findet am Mittwoch den 29. Dez. d. I. hier statt.
* Ulm , 27.?Dez. In Voraussicht der Niederlegung des Festungswalles beginnt es sich in dem westlichen Rayon bereits industriell zu regen. Die Gebr. Braun zwischen hier und Söflingen dehnen ihre Asphaltfabrik bedeutend aus und der Steinbruchbesitzer Strobel hat vom kaiserlichen Gouvernement die Erlaubnis erhalten, eine Steinbrechermaschine mit Lokomobil in seinem Steinbruch aufzustellen und eine 300 Meter lange Rollbahn zum Bahnhof Söflingen anzulegen.
* (Verschiedenes.) In der Schanz'schen Wirtschaft in der Fabrikstraße in Cannstatt wollte ein Schutzmann der Wirtin seinen Revolver erklären. Dabei zog er den Sicherheitsstift und plötzlich entlud sich ein Schuß, der die im Büffet stehende Wirtin, eine Frau von 26 Jahren, so unglücklich in den Kopf traf, daß der Tod augenblicklich eintrat. Mit dem Gatten beweinen 2 kleine Kinder den Tod der Mutter. Auch der Schutzmann, der sich sofort selbst der Polizei stellte, ist Familienvater. — Im Juni d. I. wurden einem Einwohner von Bissingen 8000 Mark in Obligationen entwendet, ohne daß es bis jetzt gelungen wäre, den Thäter zu ermitteln. In letzter Woche hat sich nun der vermögenslose Bäcker Holpp von dort durch Ausgabe mehrerer Coupons verdächtig gemacht, so daß er wegen Verdachts, diesen Diebstahl begangen zu haben, verhaftet wurde. — In Heilbronn suchte sich am heiligen Abend eine alleinstehende elternlose Fabrikarbeiterin im Neckar zu ertränken. Dieselbe wurde aber durch einige hinzugekommene Männer wieder dem nassen Elemente entrissen.
* Hechingen, 27. Dez. (Fürsorge für die Hagelbeschädigten). Keinen üblichen Modus bei der Verteilung von Sammelgeldern für Hagelbeschädigte hat das hohenzollernsche Zentralhilfskomite gefunden, indem dasselbe seine Beiträge an die vier schwer verhagelten Gemeinden Burladingen, Hausen, Gauselfingen und Thannheim nach dem Verhältnis des Schadens und der Bedürftigkeit der Verhagelten mit der Bestimmung verteilt, daß jede Gemeinde O 7 ihrer Hilfsgelder dazu verwenden soll, die verhagelten Grundbesitzer bei Abschluß neuer Versicherungsverträge gegen künftigen HagelschaNbn zu unterstützen. Dadurch wird der Hagelversicherung so wesentlicher Vorschub geleistet, daß künftig bei einbrechendem Hagelwetter der hohenzollernsche Landwirt der betreffenden Gemeinden nicht allein auf die Mildthätigkeit seiner Mitmenschen, wie es Heuer vielfach der Fall war, angewiesen sein wird und mit ruhigerem Herzen einer drohenden Wolke ent-
W_ Lefefrucht. _M
O streuet alle aus des Guten Saat I Nur aus vereinter Kraft erwachst das Große;
Was dann auch Zukunft birgt in dunklem Schoße, Sie findet einig uns und stark zur That.
Leidenschaft und Lieöe.
Roman von C. Belmar.
(Fortsetzung.)
Die Worte der harmlosen Professorin riefen einen Sturm von Gefühlen und Empfindungen in seinem Innern wach; er zitterte und bebte, wenn er an ein Zusammensein mit Cornaro dachte.
Künstler sind für Frauen gefährliche Leute, Melitta war so jung, so unerfahren in die Residenz gekommen; wie, wenn dieser Mann mit den feurigen Augen sie mit süßen Redensarten umstrickt, wenn sie ihm Glauben geschenkt hätte?
Unwillkürlich ballte er die Hand, als er auf den Künstler sah — — seine süße Melitta in den Armen jenes Mannes! Nein, nein, es konnte nicht sein!
Seine erregte Phantasie erregte wieder Schreckbilder, die außer dem Bereiche der Möglichkeit lagen. Was war weiter dabei, daß Melitta mit Cornaro zusammen gespielt hatte? Mußte sie deshalb den Künstler lieben?
Eine kleine Hand legte sich auf seinen Arm. seine Frau stand vor ihm.
Melitta hatte glücklich ihre Bestürzung überwunden. Ihr Auge blickte wieder klar und ihre Lippen lächelten,
gegensehen kann. Der gefundene Weg zu einer unfreiwillig-freiwilligen Hagelversicherung erscheint so praktisch, daß er Nachahmung verdient.
* Pforzheim, 26. Dez. Bei ihren Weihnachtseinkäufen bestohlen wurden eine Lehrersfrau von Calmbach und ein Dienstmädchen. Dieselben befanden sich am letzten Freitag in dem Laden der Firma Wronker u. Cie. hier, in welchem den ganzen Tag über ein großes Gedränge herrschte. Diese Gelegenheit benutzte ein Taschendieb, um der ersteren das Portemonnaie mit 40 Mark und dem Dienstmädchen das ihrige mit 15 Mark aus der Tasche zu stehlen. Bis jetzt ist es nicht gelungen, des Diebes habhaft zu werden.
* München, 28. Dez. Die Allg. Ztg. meldet aus Paris: Der neue russische Botschafter in Paris, Fürst Urussoff, bisher in Brüssel, wird nach Neujahr in Berlin eintreffen und bei dieser Gelegenheit mit dem Fürsten zu Hohenlohe konferieren. Die Möglich- keit eines Zusammengehens mit Rußland und Frankreich in der ostasiatischen Frage gilt als nicht ausgeschlossen.
* Berlin, 28. Dez. Im nächsten preußischen Staatshaushaltsetat werden die dauernden Ausgaben um 100 Millionen höher bemessen sein als im laufenden Etatsjahre.
* Berlin, 28. Dez. Der Lokalanzeiger meldet aus Goldberg: Infolge eines Stubenbrandes erstickten eine Arbeiterfrau und ihre drei Kinder.
D Nachdem der Kreuzer zweiter Klasse „Vineta" vom Stapel gelaufen, setzt sich unsere Kreuzerflotte aus 22 Schiffen zusammen: aus vier Kreuzern erster Klasse, sieben Kreuzern zweiter Klasse, drei Kreuzern dritter Klasse und acht Kreuzern vierter Klasse. Die drei Kreuzer erster Klasse „König Wilhelm," „Deutsch- land" und „Kaiser" sind freilich alt, ebenso von den Kreuzern dritter Klasse die „Alexandrine" und „Arcona" (Stapellauf 1885); sonst aber ist das Kceuzermaterial vorzüglich, wenngleich, wie ja bekannt, die Marmekreise dessen Vermehrung für nötig erachten. An der Fertigstellung der Kreuzer „Fürst Bismarck", „Freya", „Viktoria Luise", „Hertha", „Vineta". soll mit voller Kraft gearbeitet werden, damit sie so schnell wie möglich hinausgesandt werden können.
D Eine wunderliche Begebenheit hat sich eben in dem wunderlichsten Lande der Welt, in Korea, abgespielt. Dort hat sich der Herrscher des Landes, das kaum noch den Rest einer Selbständigkeit bewahrt, das ohne Finanzen und ohne Heer das Bild völliger Ohnmacht darstellt, zum — Kaiser krönenlas sen. Neunmal hat ihn das Volk gebeten, den Kaisertllel anzunehmen, neunmal hat er es bescheiden abgelehnt, aber als ihm zum zehnten Male seine Unterthanen alle die Tugenden, die er besitzt, und alle die Groß- thaten, die er vollbracht, aufzählte, da erkannte der Herrscher des großen Korea, daß kein anderer Titel, denn derjenige des „Kaisers" seiner Würde entspreche, und unter dem Jubel des Volkes und dem Donner der Kanonen entstand ein neuer „Kaiser" im fernen Ostasien.
* An der vorjährigen Postdampfersubventionsvorlage wurde u. a. auch die Normierung der Fahrgeschwindigkeit für die Steamer auf durchschnittlich 13 Knoten kritisiert. Man machte geltend, daß der Nord
dennoch hätte ein scharfer Beobachter wahrnehmen müssen, daß ein eigentümlicher Ausdruck von Abspannung auf ihrem lieblichen Antlitz Platz genommen.
Sie schmiegte sich leicht an ihren Gatten und sagte in scherzendem Tone:
„Was erzählen Sie denn meinem Manne so eifrig. Frau Professorin?"
„Wir sprachen von Cornaro," lautete die Antwort der freundlichen Dame; „ich erzählte Herrn Volkmann, welche Triumphe Sie mit dem Künstler gefeiert haben. Ich erinnere mich noch immer mit Vergnügen der Musikproben, die Sie in unserm Hause hatten."
Ein Schatten flog über Melittas reine Stirn; sie fühlte das Auge ihres Gatten forschend auf ihrem Antlitze ruhen, und sie errötete trotz aller Selbstbeherrschung unter diesem Blicke.
„Sie waren so gut, so freundlich zu mir," sagte sie mit unsicherer Stimme, „ich hatte damals große Angst," sie unterbrach sich — Cornaro war zu ihnen getreten.
Unwillkürlich schmiegte sie sich fester an ihren Gatten; Volkmann fühlte, wie ihre Hand auf seinem Arm zitterte, eine eifersüchtige Wut erfaßte sein Herz. So hatte ihn seine Ahnung doch nicht betrogen? Melitta hatte diesen Mann geliebt, hegte vielleicht immer noch ein wärmeres Gefühl für ihn.
Warum auch nicht, er war ja schön und gewandt, ein gefeierter Künstler, und wie er jetzt dastand mit einer gewissen ruhigen, siegesbewußten Eleganz, lächelnd, verbindliche Worte sprechend, und doch dabei mit prüfendem Blicke beide Gatten musternd, da empfand Volk-
deutsche Lloyd daun schwerlich gegen die englischen und französischen Schiffahrtsgesellschaften erfolgreich werde konkurrieren können. Denn deren erste Sorge werde sein, ihre Dampfer schneller fahren und dadurch für den Passagier- und Frachtverkehr geeigneter erscheinen zu lassen. In dem neuen Dampfersubventionsentwurf, mit dem sich der Reichstag nach Neujahr beschäftigen wird, ist nun vorgesehen, wenn die Schiffe einer Konkurrenzlinie schneller fahren, die subventionierten Dampfer ihre Geschwindigkeit dementsprechend zu erhöhen haben. Es muß allerdings zugegeben werden, daß die Zurücklegung von 13 Seemeilen in der Stunde unter den heutigen Verhältnissen eine nur mäßige Leistung ist, besonders, wenn man erwägt, mit welcher Schnelligkeit beispielsweise die auf der Linie Bremen-Newyork eingestellten Lloyddampfer den Ozean durchqueren. Vielleicht ist der Lloyd in nicht ferner Zeit genötigt, aus der ostasiatischen Linie an Stelle der jetzt verwendeten älteren Postschiffe gleichfalls Schnelldampfer in Betrieb zu stellen. Denn man hat Grund zur Annahme, daß Deutschland aus dem Konflikt mit China auch wirtschaftspolitisch siegreich hervorgeben wird und darüber, daß der ostasiatische Markt der „Markt der Zukunft" ist, besteht ja bei den Nationen des Westens kein Zweifel mehr. So verdient das Bestreben der Reichsregierung, nach Möglichkeit aus dem Wege zu räumen, was das Zustandekommen der Dampfersubventionsvorlage gefährden könnte, volle Anerkennung.
* Köln, 27. Dezbr. Dem Kölner Kriminalkommissar Landschulz gelang es, einen schon lange steckbrieflich verfolgten angeblichen Arzt Dr. Wolf aus Aachen in dem Augenblick zu verhaften, als dieser auf dem hiesigen Hauptpostamts dort für ihn lagernde Briese abholen wollte. Dr. Wolf bot in verschiedenen Zeitungen den Frauen Rat und Behandlung in sekreten Fällen an und ließ die zahlreich einlaufenden Briefe postlagernd senden. Eine große Anzahl von Damen besserer Familien aus den verschiedensten Städten Rheinlands ist in die Sache verwickelt. Ein Wirt und ein Mädchen wurden in Oberstein bei Saarbrücken verhaftet und in das dortige Gefängnis eingeliefert. Auch Wolf wurde nach Saarbrücken übergeführt. Die bei Wolf beschlagnahmten Briefe sind für viele angesehene Damen belastend. Weitere Verhaftungen dürften bevorstehen.
* In Ostpreußen ist eine Kulturarbeit von hervorragender Bedeutung in diesem Herbst in Angriff genommen worden. Das bei Heydekrug belegene 130000 Morgen große Hochmoor soll trocken gelegt und zu urbarem Boden umgewandelt werden. Dazu ist diesen Herbst der erste Spatenstich gemacht und zwar zuerst zur Herstellung eines Kanals von 12 Meter Breite und 3 Meter Tiefe, in dem sich das Moorwasser sammeln soll. Zur Ausarbeitung dieses Planes sind Strafgefangene des Jnsterburger Gefängnisses verwendet worden.
Ausländische«.
* Wien, 28. Dez. Der parlamentarische Kampf und das Ausgleichsprovisorium wurde in der gestrigen Abendsitzung des ungarischen Parlaments in heftiger Debatte fortgesetzt. Wiewohl Kossuth und der größte Teil seiner Anhänger bereits vertraulich erklärten, die
mann mit stillem Ingrimm, daß ein solcher Mann gar wohl geeignet sei, ein junges, unbesonnenes Mädchenherz zu betören und an sich zu fesseln.
Melitta antwortete kalt und gemessen; am liebsten hätte sie Cornaro den Rücken gedreht und wäre gegangen, um nicht mit dem Manne sprechen zu müssen, den sie aus tiefstem Grunde der Seele verachtete. >
Es waren aber zu viel Augen auf sie gerichtet: sie mußte ausharren und sie beherrschen, um nicht den Argwohn ihres Gatten zu erregen.
Musikklänge tönten durch das Gemach; die junge Frau atmete erleichtert auf, ihre Qual war nun zu Ende.
Das Geplauder der Gäste verstummte sofort, eine erwartungsvolle Stille trat ein, denn eine wohlgefeierte Konzertsängerin begann mit süßer Stimme ein Schu- bertsches Lied.
Melitta zog ihren Gatten zu einer Fensternische. „Ich fühle mich ein wenig unwohl," flüsterte sie, „mein Kopf brennt und meine Glieder zittern; wenn das Lied zu Ende ist, dann laß uns gehen."
Volkmann faßte besorgt ihre Hände. „Mein süßes Lieb, wir wollen sofort —"
„Nein, nein, jetzt nicht, das würde zu viel Aufsehen erregen — so arg ist es überhaupt nicht, ich kann schon warten."
Cornaro sah dem Paare mit spöttischem Lächeln nach. „Die scheue Taube flieht meine Nähe," murmelte er; „eitle Mühe, ich werde sie zu finden wissen."
Traurig und niedergeschlagen kam Melitta heim; an dem Himmel ihres jungen Glückes war eine trübe