schon aus diesem Grunde wird sich der Bahnbau als segensreich erweisen für Stadt und Amt Kirchheim. Merkwürdigerweise hat sich auch setzt alles ausgesöhnt mit der Thatsache dieser Verkehrserleichterung.

* (Vers ch ie d enes.) In Geislingen fiel ein Knabe von 3 Jahren in den Werk-Kanal der Metallwarenfabrik und wurde eine Strecke weiter­geschwemmt, bis ein Handwerker den Körper bemerkte und aus dem Wasser zog. Nach anderthalbstündigen Bemühungen gelang es, das Kind wieder zum Be­wußtsein zu bringen. Nach beendigter Kontroll- versammlung in Wurzach gab es in der Wirtschaft zumalten Bären" daselbst eine Schlägerei zwischen Wehrpflichtigen der Gemeinde Hauerz und Unter­schwarzbach, bei welcher von Biergläsern und Stuhl­füßen ergiebiger Gebrauch ^gemacht wurde; zwei der kampflustigen Kriegskameraden trugen bedeutende Ver­letzungen davon. Die Stadtgemeinde Cannstatt bewilligte dem kürzlich altershalber aus dem Dienst geschiedenen städtischen Kapellmeister Schlichthärle ein jährliches Gratial von 400 Mk. aus Lebenszeit. In Plochingen wurde vor einigen Tagen von Schreinermeister D. ein zugereister Geselle eingestellt. Derselbe begab sich sofort zur Arbeit und machte auf seine Umgebung einen günstigen Eindruck. In der darauf folgenden Nacht verschwand er jedoch auf Nimmerwiedersehen, nachdem er einem Mitarbeiter Uhr, Stiefel und Kleider entwendet hatte. In Feldrennach stürzte der Bauer Philipp Schund in der Scheuer vom Speicher auf die Tenne und war sofort tot.Neue Besen kehren gut". Nicht weniger als 47 Bürger, darunter die ruhigsten und friedliebendsten der Stadt Asperg mußten vor dem neugewählten Stadtoberhaupt antreten und wurden wegen Polizeistunde-Uebertretung die teilweise nur 10 bis 15 Minuten betrug, in Strafe genommen. In Münchingen wurde in dem Pfarrhause auf der Bühne der Tochter des Pfarrers ihre in einem alten Rock verborgene Ersparnis von etwa 97 Mark nebst dem Rock entwendet. In der Scheuer des Gastwirts Binder in Brettheim OA. Gerabronn brach Feuer aus, welches trotz sofortiger Hilfe nicht mehr bewältigt werden konnte und das Gebäude nebst Inhalt vollständig einäscherte.

* Das Radfahren ist zu vielen Dingen gut. Als in Tauberbischofsheim der Schreinermeister B. mit seinen Lehrlingen bei Tische faß, kam ein Stromer zum Betteln. Da derselbe verdächtig erschien, ging der Meister in die Werkstätte, um Nachschau zu halten und sah, daß auch wirklich die an die Wand gehängte Uhr fehlte. Da der Meister erfuhr, daß der Stromer auf der Straße nach Dittigheim das Weite suchte, war er rasch entschlossen, setzte sich aufs Rad und holte den Dieb noch vor Ditigheim ein. Er brachte denselben zur Gendarmerie, wo er unter­sucht wurde und auch die Uhr zum Vorschein kam.

* Ein Arzt aus einem Orte der Bergstraße kehrte dieser Tage mit seinem Fahrrade aus einem benach­barten Dorfe nach Hause. Unterwegs begegneten ihm drei Burschen, die ihre Stöcke dem ruhig dahin­fahrenden Manne ins Rad steckten, so daß er zu Fall kam. Glücklicherweise zog er sich keine ernsten Ver­letzungen zu. Er machte sich daran, seine Maschine

Leidenschaft und Ließe.

Roman von C. Belmar.

(Fortsetzung.)

Der Präsident war durch den Tod des einzigen Kindes in Trübsinn verfallen und ließ Konrad keinen Augenblick von seiner Seite.

Der nun gänzlich alleinstehende Mann nahm den jungen Wellendorf an Sohnes Statt an und drang so lange mit Bitten in Konrad, bis dieser sich ent­schloß, seine Professorstelle niederzulegen, um sich so ganz seinem väterlichen Freunde widmen zu können.

Es war ein schweres Opfer, welches Konrad da dem alten, vielgeprüften Manne brachte, denn seine bisherige Stellung war ihm lieb und wert gewesen und seinen bescheidenen Bedürfnissen hatten seine Einnahmen vollkommen genügt.

Konrad war einer derjenigen, die wenig Wert aus Geld und Gut legen; der Umstand, daß ihn der Präsident sofort zum Erben seines nicht unbedeutenden Vermögens einfetzte, konnte für ihn in dieser Sache keinen Ausschlag geben.

Im Gegenteil, gerade deshalb zögerte er länger mit seiner Entscheidung, als er sonst gethan haben würde, allein die unendliche Dankbarkeit und eine innige Zuneigung zu dem alten unglücklichen Manne bewogen ihn schließlich doch, nachzugeben und den Vorschlag des Präsidenten anzunehmen.

Die Aerzte hatten Herrn Wallrodt als das einzige Mittel zur Verscheuchung seines Trübsinns weite Reisen angeraten und den Präsidenten selbst drängte es, den

wieder in den Stand zu setzen, als einer der brutalen Gesellen zurückkehrte, um seinen Stock zu holen. Der Arzt ließ ihn auch ruhig herankommen, packte ihn mit kräftiger Hand und prügelte ihn mit dem Stocke weidlich durch. Der zweite, welcher zur Hilfe herbei­eilte, bekam eine gleiche Lektion. Da aber unterdessen Leute nahten, ergriffen die drei Burschen die Flucht. Nun bestieg der Angegriffene sein Rad und setzte seine Fahrt wieder fort. Kaum war er zu Hause, als die Schelle gezogen wurde und zwei Burschen die Hilfe des Arztes begehrten. Man ließ sie eintreten und der Arzt erkannte sogleich seine Angreifer. Sie gaben an, unterwegs angefallen worden zu sein. Lächelnd gewährte er ihnen seinen Beistand und konnte hierbei konstatieren, daß die verabfolgte Lektion eine sehr gründliche gewesen war.

* München, 20. Novbr. Saatenstandbericht des statistischen Bureaus für Bayern. Infolge der an­haltenden Trockenheit haben sich die Saaten, nament­lich die spät gesäten, im Allgemeinen nur schwach ent­wickelt. Teilweise ist dm Saat, besonders Weizen, noch gar nicht aufgegangen. Sehr viel wird über Schneckenfraß geklagt, der an manchen Stellen die Um- pflügung der Aecker notwendig macht.

* Der wegen Gefährdung eines Eisenbahntransportes angeklagte Lokomotivführer Häger gab vor dem Land­gericht Hanau an, es sei zur Zeit des Unfalles seine Aufmerksamkeit durch zwölfstündigen ununterbrochenen Dienst bei heißer Witterung beeinträchtigt gewesen. Das Gericht konnte unter den obwaltenden Umständen den Angeklagten nicht verurteilen und erkannte auf Frei­sprechung.

* Berlin, 19. Nov. Selbstmord verübt hat heute mittag 3 Uhr der in weiten Kreisen Berlins bekannte Theateragent und ehemalige Direktor ver­schiedener Spezialitätentheater, Arthur Fränkel. Der Lebensmüde schoß sich in seiner Wohnung. Friedrich­straße 79 a, eine Kugel in den Kopf und stürzte sich gleichzeitig aus dem dritten Stockwerk in den ge­pflasterten Hof hinab. Der Tod trat auf der Stelle ein.

* Berlin, 20. Nov. DieNordd. Allg. Ztg." kann auf Grund sicherer Erkundigungen mitteilen, daß nach einem Telegramm des Chefs der Kreuzerdivision Diederichs sämtliche Lager der chinesischen Truppen in Kiautschan nach entsprechender Aufforderung und vollzogenem Ausschiffen des deutschen Landungscorps ohne Blutvergießen geräumt und von dem Landungs­corps besetzt worden sind. Ungefähr 1200 chinesische Soldaten sind mit Gewehren abgezogen. 14 dort aufgestellte Kruppsche Kanonen mit Munition wurden von Diederichs beschlagnahmt.

* Berlin, 20. Nov. Zur Militärstrafreform er­fährt die Börsenzeitung, daß nunmehr der bayerische oberste Gerichtshof mit Vorbehalt zugestanden sei. Wie der Vorwärts mitteilt, hofft der Reichstagsabge­ordnete August Bebel in kürzester Zeit erdrückendes Beweismaterial gegen Normann-Schumann beizubriugen, der unter dem Namen Max Hunns die schwersten Be­leidigungen gegen den Kaiser, den Grafen Caprivi und den Frhrn v. Marschall veröffentlicht habe.

2 Der Streitfall mit Haiti hat nach und nach eine Gestalt angenommen, daß die erste Forderung auf Zahlung einer Entschädigung an den deutschen Reicks-

Ort zu verlassen, an welchem er das Teuerste verloren, das ihm nach so vielen schmerzlichen Verlusten noch übrig geblieben war.

Konrad ging selbstverständlich mit, so blieb denn Melitta allein in der Residenz zurück.

Das junge Mädchen weinte im stillen dem fernen Jugendfreunde die bittersten Thräuen nach.

Sie hing an Konrad mit der ganzen schwär- merischen Innigkeit eines neunzehnjährigen, unerfahrenen Herzens, sie liebte ihn, wie man eben in diesem Alter lieben kann, mit einer schüchternen, idealen Liebe, ohne einen anderen Wunsch, ein anderes Sehnen zu kennen, als den Geliebten täglich sehen und sprechen zu dürfen.

In ihrer Naivität nahm sie Konrads brüderliche Liebe und seine Sorge für ihr Wohl als eine Folge derselben an.

So lange sie denken konnte, war er allein der­jenige gewesen, zu dem sie das meiste Vertrauen hatte, dem sie ungescheut alle ihre kleinen Leiden und Freu­den sagte.

Sie hatte nie gefragt, warum das WortLiebe" ihr gegenüber niemals über seine Lippen kam, sie wagte es ja selbst kaum, ihren stillen Träumen an ihn von Liebe zu sprechen, aber sie liebte ihn, sie fühlte es, er war für sie der edelste, der beste der Menschen, der Mann ohne Fehl und ohne Tadel, zu welchem sie emporsah gleich zu einem Gotte; ihn sehen, mit ihm täglich verkehren zu dürfen, hatte ihr ganzes Glück ausgemacht, und nun?-

Er war von ihr gegangen in derselben ruhigen,

angehörigen Luders etwas in den Hintergrund getreten ist. Herr Lüders hat in allen seinen Eingaben in Port au Prince wie in Berlin für alle ihm angethane Unbill Genugthuung und Entschädigung verlangt, und eine solche wird ihm unzweifelhaft zu teil werden. Doch handelt es sich gegenwärtig nicht allein um diese Ent­schädigung, sondern um eine angemessene Zahlung Haitis an das deutsche Reich. Wie es heißt, soll die Absicht bestehen, von der Republik 50000 Dollar Entschädigung zu verlangen.

* Nach denBerl. Pol. Nachr." soll der neue Militär-Etat 11 Millionen Mk. mehr erfordern wegen Einführung warmen Abendbrotes für die Soldaten und wegen der gestiegenen Getreidepreise.

Ausländisches.

* Wien, 20. Nov. Goluchowsky hat sich im aus­wärtigen Ausschuß der ungarischen Deligation über den Dreibund folgendermaßen ausgesprochen: Es bedarf kaum mehr der Erwähnung, daß unser Bundesverhältnis zu Deutschland und Italien heute wie zuvor und hoffentlich auf lange Jahre hinaus der Grundpfeiler unserer Politik bildet. Dieses Verhältnis beruht bei gleichmäßiger Verteilung gegenseitiger Rechte und Pflichten unter den Verbündeten auf einer so gesunden Basis, hat sich als ein so eminentes Bollwerk des Friedens in den schwierigsten Zeiten bewährt und ent­spricht so glänzend der Aufgabe, die sein Entstehen bezweckt hat, daß es heute selbst denjenigen Vertrauen einflößen muß, die ihm vom Beginn an das größte Mißtrauen entgegengebracht hatten. Der Dreibund hat sich mit einem Worte Bürgerrecht in Europa erworben, und diese seine Stellung zu konsolidieren, ist unser beständiges Streben. Rußland ebenso wie wir weisen jeden Eroberungsgedanken auf der Balkanhalbinsel mit Entschiedenheit zurück und auf beiden Seiten besteht der feste Entschluß, die Unabhängigkeit und das Selbst­bestimmungsrecht der einzelnen Balkanstaaten zu respek­tieren. Der Minister schloß seine Rede mit folgenden bedeutungsvollen Worten: Wir sind am Wendepunkt, im Entwicklungsprozeß Europas angelangt. Die großen Probleme der materiellen Wohlfahrt, deren Lösung sich von Jahr zu Jahr immer gebieterischer aufdrängt, liegen nicht mehr in utopischer Ferne. Der vernichtende Konkurrenzkampf, den wir auf allen Gebieten mensch­lichen Schaffens mit überseeischen Ländern teils schon heute bestehen, teils für die nächste Zukunft zu ge­wärtigen haben, erheischt rasche durchgreifende Gegen­wehr, sollen die europäischen Völker nicht in ihren vitalsten Interessen aufs Empfindlichste geschädigt werden und einem Siechtum entgegengehen, das sie dem allmählichen Untergang zuführen müßte, das zwanzigste Jahrhundert sagt sich für Europa als ein Jahrhundert des Ringens um's Dasein auf handels­politischem Gebiete an und vereint müssen sich die europäischen Völker zusammenfinden, um in der Ver­teidigung ihrer Existenzbedingungen erfolgreich wirken zu können. Möge die Erkenntnis davon allgemein durchdringen und möge es uns vergönnt sein, die Zeiten friedlicher Entwicklung, denen wir nunmehr ver­trauensvoll entgegenblicken, zu benützen, um unsere Kräfte zu sammeln und vornehmlich diesem Ziele zu­zuwenden.

* Prag, 20. November. In einer von mehreren

freundlichen Weise wie sonst, als ob cs nicht eine Trennung für Jahre hinaus gewesen wäre, und während sie schluchzend an seinem Halse hing, hatte er ihr in väterlich ermahnendem Tone Lehren erteilt, wie sie fleißig studieren und der Frau Walther gehorchen solle Lehren, Ermahnungen, kalte Redensarten alles mögliche, nur kein einziges Wort von Liebe!

Nie hatte sie ein Verlangen danach empfunden, ein Wort heißer, stürmischer Zärtlichkeit von ihm zu vernehmen, sie war mit seiner bisherigen Art und Weise vollkommen zufrieden und glücklich gewesen: jetzt aber lechzte sie nach einem Worte der Liebe, wie ein ver­schmachtender nach einem Trünke Wasser, sie dachte, er müsse dieses Wort sprechen, er könne nicht so von ihr scheiden, es sei unmöglich, daß er so von ihr gehen könne, und doch war es so.

Den Kuß, den er beim Abschied auf ihre beben­den Lippen drückte, war warm und herzlich, aber ohne Innigkeit gewesen; kein Mann vor ihm hatte jemals ihre Lippen berührt; aber sie fühlte es instinktiv, das konnte kein Kuß der Liebe gewesen sein, das war nichts als der Tribut einer ruhigen, freundlichen Zuneigung, nichts mehr, nichts weniger als das!

Bitterer, quälender Schmerz erfüllte ihre Seele; mußte sie immer nur Liebe geben und nie selbst welche empfangen? Was lag ihr nun an der Kunst, an der Zukunft, sie fühlte sich unglücklich, tief unglücklich.

Die alte Frau vom Lindenhof hatte diesmal recht. Melitta war keine rechte Künstlernatur, die nur für ihren Ruf lebt und alles leicht nimmt außer der Kunst.

(Fortsetzung folgt.)