zwischen Berlin und München abgebrochen sind; sie dauern fort und sind nach den bekannten hochoffiziösen Mitteilungen beinahe zumpositivenAbschluß gelangt, was allerdings noch nicht ein endgültiges Gelingen bedeute.

2 Von den kritischen Eisenbahnmonaten dieses Jahres wird in den Nachweisen des Reichs-Eisenbahn- amtes über die Betriebsunfälle aus d euts ch e n Eisen­bahnen nun der August behandelt. Er brachte 216 Betriebsunfälle, davon waren 35 Entgleisungen, 23 Zusammenstöße; sodann wurden 158sonstige Betriebs­unfälle" verzeichnet; 52 Personen wurden getötet, dar­unter 11 Reisende und 35 Bahnbeamte und Arbeiter im Dienst; verletzt wurden 162 Personen. Auf 184 Kilometer kam ein Betriebsunfall.

* 20 OM Mark sind für zwei Briefmarken in Berlin gezahlt worden, der höchste bisher verzeichnet- Preis für Marken. Es war das Doppelstück einer Britisch-Guiana-Marke vom Jahre 1850 im Nennwerte von zwei Cents. Die Marke ist in dem damals welt­fernen Lande selbst hergestellt worden und sehr einfach; sie ist nichts weiter als ein unregelmäßiger Kreis etwa in der Größe unserer Poststempel. Der Name des Landes ist mit rund umlaufener Schrift um den Kreis gedruckt, in dessen Mitte die Wertangabe steht. Die Echtheit ist durch den damaligen Postmeister hand­schriftlich beglaubigt.

* Die Schuhmacher und Schneider sollten mehr turnen! So wünscht es der erste Bürgermeister Anker zu Landsberg a. d. Warthe in einem Rund­schreiben, welches er an die dortige Schuhmacher- u. Schneider-Innung, sowie an den Vorstand des Turn­vereins und den Leiter der Jugendspiele gerichtet hat. In dem von derBerliner Volkszeitung" mitgeteilten Schreiben heißt es:Bei der diesjährigen Muster­ung habe ich wiederum die Wahrnehmung gemacht, daß von den jungen Leuten leider das Turnen sehr vernachlässigt wird, natürlich zum erheblichen Nach­teil ihrer Gesundheit. Besonders tritt der Uebelstand bei Handwerkern mit sitzender Lebensweise, wie Schuh­machern und Schneidern, hervor. Es müssen die jungen Leute durchaus mehr zu Leibesübungen heran­gezogen werden. Ich bitte den Vorstand, sich auch in dieser Hinsicht der Gesellen und Lehrlinge mit warmem Herzen anzunehmen und seinen Einfluß dahin geltend zu machen, daß die Lehrherren diese mit ihnen arbeitenden jungen Leute zum Eintritt in den Turn­verein und zur Teilnahme an den Jugend- und Volks­spielen anhalten."

* Andernach. 12. Okt. In dem benachbarten Kruft schüttete ein Mädchen beim Feueranzünden Petroleum in die Glut, die Kanne explodierte und das Mädchen verbrannte. Die vom Felde heimkehrenden Eltern fanden die verkohlte Leiche ihres Kindes.

* Aarhus, 13. Okt. Eine heftige Feuersbrunst wütet seit heute vormittag in der Stadt. Starker Wind begünstigt das Umsichgreifen des Feuers. 22Wohngebäude und 16 Nebengebäude wurden ein Raub der Flammen. Eine Person ist vor Schrecken gestorben.

«rrslüudisch«»»

* Wien, 12. Okt. (Abgeordnetenhaus.) In einer Rede über die Notstandsvorlage der Regierung rügte Abg. Vafchaty, daß trotz der Notlage der bäuerlichen Bevölkerung Manöver abgehalten wurden. Wir leben,

Mmitla.

(Fortsetzung.)

Ueberdies war Umilta von der Natur viel zu reich bedacht worden, um von ihresgleichen nicht mit scheelem Blick angesehen zu werden. Sie war wahrhaft male­risch schön und von einer unvergleichlichen Grazie, mit der siewie eine Königin einherschritt," wie die un­schuldigen Leute sagten, die nie eine Königin zu Ge- sicht bekommen und sich ihre Illusion bewahrt hatten. Indes in der That, ob Umilta barfuß zwischen dem gelben Korn auf der Tenne oder im Sonntagsstaat unter dem blühenden Lorbeer der Dorfstraße stand, stets war sie ein königliches Geschöpf im vollsten Sinne des majestätischen Wortes.

Dazu besaß sie einen vorzüglichen, vornehmen Geschmack, den Reiz ihrer persönlichen Erscheinung zu erhöhen. Nie sah man sie in auffallende grellfar­bige Stoffe gekleidet und nie überputzt. Eine einfache rote Nelke am Busen hob den weißen Teint hervor, dem die Sonne nicht schaden gekonnt. So war es nach allem nur zu natürlich, daß Umilta an dem Orte nicht allzu beliebt war; erst hätte gern manch einer von den jungen Burschen des Dorfes, von ihrer Schön­heit geblendet, ihr Herz und Hand antragen mögen, indes sie war stets so stolz und abstoßend zu ihnen, daß sie sich beschämt zurückzogen und sich mit ihren Anträgen an andere gefälligere Zuhörerinnen wandten. Als ob ich einen von ihnen zum Manne nehmen möchte," meinte Umilta verächtlich zu sich, trieb die Ziegen weiter durch die Tannenwälder dahin und

sagte Redner, im tiefsten Frieden, wir werden oft durch Besuche unseres nördlichen Nachbars geehrt und durch sein Zuthun sind wir bis an die Zähne gerüstet. Gleichwohl muß fortmanövriert und Geld für Militär verschleudert werden.

* Bern, 13. Okt. Der Nationalrat hat das Bundes­gesetz über die Einführung der staatlichen Unfall­versicherung mit 96 gegen 5 Stimmen und 8 Ent­haltungen angenommen.

'"Rom, 13. Okt. Die diesmaligen Einschätzungen zur Einkommensteuer sollen um 145 Millionen die­jenigen des Jahres 1895 übersteigen; daher der große Unwille, der sich im gesamten Handelsstand geltend macht und in heftigen Einspruchskundgebungen im ganzen Lande zum Ausdruck gelangt.

sj Die Wiederaufnahme des Prozesses Dreyfus soll, wie der Paris er Korrespondent des BrüsselerSoir" von einer hochgestellten Gerichtsperson erfahren haben will, in den allernächsten Tagen bevorstehen. Es sei klar erwiesen, daß der dritte Schriftkundige, auf dessen Gutachten hin die Verurteilung des Dreyfus erfolgte, sich geeirt habe. Ein höherer Beamter des Kriegs­ministeriums habe die Unschuld Dreyfus' gleichfalls längst eingesehen. Die Regierung sei über den augen­blicklichen Stand der Affäre aufgebracht. Für den Fall, daß sich die Unschuld Dreyfus' herausstellt sei der Ausbruch eines Skandalprozeffes zu erwarten.

* Frankreich verkommt im Schnaps. Der Alkoho­lismus breitet sich auf dem Lande ebenso aus wie in der Stadt und das Bürgertum steht hinter den unteren Volksklassen nicht zurück. Frauen und Kinder huldigen dem Laster, die Zahl der Wirtschaften hat sich in fünfzehn Jahren um 80000 vermehrt und nirgends zeigt sich eine Schranke dieser riesigen Vermehrung, denn der Staat lebt von der Schnapspest.Die Alkoholpest" , ruft der Abgeordnete Humbert aus, ergreift uns mit einer Schnelligkeit, die uns über die Zukunft unserer Rasse wahrhaft Beunruhigung einflößt. Sie verbreitet in unserem Volke die Keime furchtbarer Krankheiten, die auf Kinder und Kindes­kinder übergehen. Sw entvölkert unsere Landschaft, leert unsere Werkstätten, schwächt und mindert die Rekruten unseres Heeres, füllt unsere Spitäler und Irrenhäuser und verdirbt in ihrer Wurzel alle Kräfte, durch die unser Vaterland in der Welt handelt, wächst und strahlt. Thun wir denn gar nichts, um die Aus- breitung dieses Nebels zu verhindern?"

* Ein gewisser Prat schädigte die Paris-Lyoner Bahn durch Unterschlagungen und Fälschungen um mehr als 5 Millionen. Bei seiner Verhaftung erklärte der Spitzbube, die Idee sei ihm beim Lesen eines Verbrecherromans gekommen.

* Brüssel, 12. Okt. Vom 1. Januar ab wer­den die Eisenbahnwagen 1. Klaffe auf Anordnung des Eisenbahnministers abgeschafft.

* Vor etwa 3 Wochen wurde die alte und reiche Rentnerin Delsalla in der B r ü s s e l e r Vorstadt Uccl von vermummten Räubern überfallen, geknebelt und beraubt. Die Räuber erbrachen einen eisernen Schrank und entnahmen ihm zahlreiche Wertpapiere, durch- gehends belgische Staatsrenten und Stadtlose. Erst vor einigen Tagen gelang es der Brüsseler Polizei, ein Mitglied dieser Räuberbande und seine Geliebte zu verhaften. Die letztere sagte nun zum größten

Erstaunen des Untersuchungsrichters aus, daß die Bande von der Frau des Oberrechnungsrates C., einer sehr geachteten Dame der Brüsseler Gesellschaft, ge- leitet wurde und daß Frau C. den Verkauf der ge­raubten Wertpapiere besorge. Diese Angabe fand um so weniger Glauben, als Frau C. ihrem Manne eine große Mitgift mitgebracht hatte und für sehr reich galt In ihrem Landhause bei Brüssel gab sie häufig glänzende Abeudfeste, die von der höheren Gesellschaft besucht wurden. Indessen lauteten die Angaben so bestimmt, daß die Polizei sich veranlaßt sah, der Sache auf den Grund zu gehen. Man fand bald heraus, daß Frau C. seit Monaten Wertpapiere ver­äußerte. Eine weitere Nachforschung bestätigte den Verdacht, worauf die Polizei am letzten Sonntag das Landhaus des Ehepaares C. umzingelte. Die Polizisten drangen in das Landhaus ein, wo gerade wieder ein Abendfest gehalten wurde, und verhafteten Frau C. Diese gestand ihr Verbrechen ein und er­klärte, dasselbe in der Absicht begangen zu haben, ihren glänzenden Haushalt aufrecht zu halten. Man kann sich denken, welches Aufsehen diese Verhaftung hervorgerufen hat.

* London, 13. Okt. In der gestern abend ab­gehaltenen Versammlung haben 1400 Kesselschmiede der Londoner Reparaturwerfte beschlossen, am Freitag, an welchem Tage die neunstündige Arbeitszeit ein­geführt werden soll, sämtlich zu streiken und nicht eher zur Arbeit zurückzukehren, bis nicht der Achtstundentag wieder eingeführt ist.

* Stockholm, 12. Okt. Nach dem Berichte des Kapitäns des DampfersAlken", welcher die von Andree abgelassene Brieftaube abschoß, wehten nörd­lich von Spitzbergen zwischen dem 15. und 29. Juli starke Südwestwinde, welche vermutlich auch noch mehr nordwärts geherrscht haben. Danach könnte das am 11. Juli aufgestiegene Luftschiff Andrees nach dem Sibirischen Eismeer getrieben worden sein, ohne den Nordpol zu berühren.

* Sofia, 12. Okt. Dem römischenPiccolo" zufolge, hat die bulgarische Regierung eine Ver­schwörung der Anhänger Stambulows gegen den Fürsten Ferdinand entdeckt. Eine große Anzahl Verhaftungen ist vorgenommen worden.

* Athen. 13. Okt. Die Türken hinderten die Flottille im Golf von Arta am Auslaufen unter dem Vorwände, der Präliminarfrieden sehe nur freie Fahrt für Handelsfahrzeuge vor.

D General Smolensk!, der griechische Kriegs­minister, erklärt, er erblicke seine Aufgabe lediglich in der Reorganisation des griechischen Heerwesens. Das wichtigste sei die Einführung einer eisernen Manneszucht, deren Vorbedingung die Schaffung eines von allen parlamentarischen Einflüssen freien Offizierkorps sei. So lange noch kein Gesetz bestehe, das dem im aktiven Dienst stehenden Offizier die Uebernahme eines Ab- geordneteumandats verbiete, müsse der König von seinem Rechte als oberster Kriegsherr Gebrauch machen und alle Offiziere, welche zugleich Abgeordnete seien, zur Einreichung ihres Abschiedsgesuches veranlassen.

*Newyork, 11. Oktbr. Es sind drei hiesige Journalisten, die Fräulein Evangelina Cisneros in Havana aus dem Kerker befreit haben. Die That findet den größten Beifall, von einem Ende Amerikas

träumte allerhand vage, formlose Träume, in denen sie aber stets eine Krone von Gold trug und die Men­schen auf den Knieen vor ihr erblickte.

Wenn sie doch nur erfahrenkonnte, wer sie war, von wem sie abstammte! Das gingihr immerwährend im Kopfherum.

An den frohen Tagen des Dreschens, der Wein­lese oder der Wallnußernte, wenn andere Mädchen lachten, schwatzten, mit großen Augen auf die Erzählung eines alten Märchens lauschten oder lustig einstimmten in das Lied, das ein junger, munterer Bursch zur Guitarre sang, saß Umilta abseits und träumte träumte von ihrer goldenen Krone und dem vor ihr auf den Knieen liegenden Volk.

Zu solchen Zeiten ging ihr keine Arbeit von der Hand. Dann ging sie am liebsten in ihre Dachkammer hinauf, stieß die Holzläden auf und schälte ihre Nüsse beim Lichte des Mondes, dann und wann aufblickend und träumerisch hinab in das stille dunkle Thal und hinauf auf die silberigen Berge schauend, die in die Wolken hineinreichten; und wenn die muntere Weise der Guitarre von unten an ihr Ohr drang, ward sie erst recht traurig und trotzig.

Wie sie eines Abends wieder so in ihrem Käm- merchen saß, wohin sie sich Schoten zum Brechen mit hinauf genommen hatte es war im Hochsommer und der Marktwagen sollte um Mitternacht nach der viele Meilen entfernten Stadt hinunterziehen da hörte sie plötzlich einen lauten, freudigen Tumult den Sing­sang unten auf dem Hofe ablösen. Alles lachte und schrie durcheinander, und die Stimme der braven Signora Rosa übertönte sie alle mit dem Ruf:

Ah, mein Sohn! Ah, mein Sohn!"Der Vir­ginia wird endlich angekommen sein," dachte Umilta und brach ruhig ihre Schoten weiter auf. Sie war nicht einmal so neugierig, durch ihr Fenster in den Hof hinunterzublicken. Virginia war einfach ein Sohn des Hauses ihr war er nichts. Und so arbeitete sie ruhig weiter, und all das frohe, aufgeregte Leben unten rührte sie nicht. Als sie mit ihrer Arbeit fertig war, schob sie den Korb mit den Schalen beiseite und stellte die Schüssel mit den Schoten auf die Erde und starrte auf den Mond hinauf, der silberweis zwischen lichten Wolken über den Tannenhöhen glänzte. Unten in den Thälern läuteten die Glocken; es war ein Heiligentag morgen. Umilta saß und träumte.

Eine Stunde und mehr verging so; dann rief sie plötzlich Donna Rosas schrille Stimme:

Umilta! Umilta! Komm herunter! Sitzest du wieder auf dem Boden?"

Umilta hob ihre Schüssel mit den Schoten hoch und ging schweigend die Holzstiege hinunter. Die Thür am Fuße der Stiege ging direkt in die Küche hinein, die von ein paar Oellampen nur schwach erhellt wurde, wo sie aber zu ihrem Erstaunen die ganze Nachbarschaft, gestikulierend und die Hälse reckend, versammelt fand. Und inmitten der lauten Versammlung stand, die Ur­sache des ganzen Tumults, ein hochgewachsener Mensch von etwa siebenundzwanzig Jahren mit einem dunklen, bleichen, schönen Gesicht, das von den grünen Federn seines Hutes halb beschattet wurde. Er trug die fesche Uniform der Bersagliere.

(Fortsetzung folgt.)