auf die Ehrenscheibe that Herr Karl 8 uz, Gerber. Unter großer Heiterkeit ging die Verteilung der Preise vor sich, welche von schöner Hand überreicht wurden. Ein Teil der hiesigen Stadtkapelle spielte auf. Wir wünschen dem Schießklub Glück und ferneres Gedeihen.
* Freuden st adt, 8. Okt. In der benachbarten Gemeinde Kloster-Reichenbach brach gestern nacht in einem Wohn- und Oekonomiegebäude Feuer aus, welches so rasch um sich griff, daß trotz aller Anstrengungen der Feuerwehr das Gebäude in ganz kurzer Zeit vollständig abbrannte. Der Gebäude- und Mobiliarschaden ist ziemlich bedeutend. Der Abgebrannte soll versichert sein. Ueber die Entstehungsursache des Brandes dürfte die bereits eingeleitete Untersuchung Aufklärung bringen.
(Schw. B.)
* Tübingen, 8. Okt. In der letzten Nacht sank das Thermometer auf 2" kl. unter Null herab. Alle zarten Gartengewächse sind erfroren; auch der Weinstock wurde empfindlich davon berührt.
*Von derReutlinger Alb, 8. Okt. Der vor zwei Tagen gefallene Schnee bedeckt heute noch Berge und Hausdächer. Heute früh hatten wir 4—5° Kälte und hart gefrorenen Boden. Dabei sind die Hackfrüchte meist noch im Freien.
* (V.e rschiedenes.) In Serres, O.A. Maulbronn, kam ein ^/»jähriger Knabe mit seinem Röck- chen einem auf dem Felde angefachten Feuer zu nahe. Er trug so schwere Brandwunden davon, daß er in der folgenden Nacht durch den Tod von seinen großen Schmerzen befreit wurde. — Von den bürgerlichen Kollegien in Lauffen a. N> wurde die Erbauung einer Wasserleitung für das 3000 Einwohner zählende Dorf Lauffen einstimmig beschlossen. Die Kosten der Wasserleitung werden sich auf 120000 Mk. belaufen.
* Pforzheim, 8. Okt. Unsere Kriminalpolizei ist wieder einer Goldschnipflergesellschaft über die Köpfe gekommen und hat eine Anzahl Hehler und Stehler hinter Schloß und Riegel gebracht. Auch in dem benachbarten Dill-Weißenstein wurden einige Verhaftungen vorgenommen. Man munkelt, daß noch verschiedene Andere in den nächsten Tagen emgezogen werden. Die Golddiebstähle werden hier ungeachtet aller Bestrafung wohl nie aufhören, denn für Viele, die nicht genug Rechtsgefühl und inneren Halt besitzen, ist eben die Versuchung zu groß.
* Pforzheim, 9. Oktbr. Die heutige amtliche Statistik über die Typhus-Epidemie zeigt wieder einen bescheidenen Rückgang im Krankenstand. Vom 1. bis 8. Oktober sind 22 Personen neuerkrankt und 35 genesen, so daß sich die Anzahl der noch in ärztlicher Behandlung befindlichen von 143 auf 130 ermäßigt hat. Seit Eintritt der Krankheit sind nunmehr in der Stadt Pforzheim 502, im Landbezirk 147 Erkrankungen zur Anzeige gelangt. Davon starben hier 43, 344 sind genesen.
* Aus Sachsen, 7. Okt. Eine sächsisch-böhmische Schwindlerspezialität sind die „Geldmänner". Es find das Jndustrierittcr, die Dumme suchen und finden, denen sie in Aussicht stellen, ihnen für eine bestimmte Geldsumme den zehn- oder zwanzigfachen Betrag in falschem, aber täuschend nachgeahmten Gelds zur Ver
fügung zu stellen. Die Zahl der Hereingefallenen ist nicht klein und auch die Behörden haben sich fortwährend mit derartigen Schwindeleien zu beschäftigen. Meist gelangen diese nicht zu ihrer Kenntnis, da auch die Betrogenen Grund zum Schweigen haben. Bor einigen Tagen hat man ein derartiges „Geldmännel" und seine Opfer in Markneukirchen verhaftet. Der Schwindler hatte einem dort wohnenden Schuhmacher für 1200 Mk. gutes Geld 20 000 Mk. in vorzüglich nachgeahmten Hundertmarkscheinen versprochen. Da der Schuhmacher soviel Kleingeld nicht besaß, wandte er sich im Vertrauen an einen Nachbar und dieser Biedermann steckte gleichfalls 400 Mark „ins Geschäft", das m einer der nächsten Nächte im Freien abgewickelt wurde. Als der Schuhmacher nach Hause kam, sah er jedoch, daß er für seine 1200 Mark nichts als sogenannte „Blüthen" erhalten hatte. Diese wollte aber der Nachbar Compagnon nicht nehmen und der Schuhmacher mußte einen Wechsel über 400 Mark ausstellen. Als dieser nicht eingelöst wurde, kam die Schwindelei zur Kenntnis der Behörde.
* Dresden, 9. Okt. In den sächsischen Landtag wurden heute gewählt: 17 Konservative, 11 Nationalliberale und 2 Fortschrittler. Der sächsische Landtag zählt somit künftig 50 Konservative, 19 Nationalliberale, 5 Fortschrittler und 8 Sozialdemokraten.
* Berlin, 8. Okt. Die „Nat.-Ztg." erfährt: Die von Prof. Staby seit einigen Tagen mit Unterstützung der militärischen Luftschifferabteilung vorgenommenen Versuche des Telegraphierens ohne Draht nach dem System Marconi hatten gestern ein außerordentlich befriedigendes Resultat. Bei ungewöhnlich ungünstig atmosphärischen Verhältnissen gelangen die Versuche zwischen zwei in der Luftlinie 21 Irin entfernten Stationen.
* Berlin, 8. Okt. Der „Reichsanz." meldet: Der Kaiser verlieh der Kronprinzessin von Griechenland den Luisenorden mit der Jahreszahl 1813/14 und dem roten Kreuze.
* Berlin, 9. Okt. Die Debatten in der bayerischen Kammer über das letzte Kaisermanöver finden in den hiesigen politischen Kreisen ernste Beachtung. Selbst ein Blatt wie die „Nationalztg.", die die Interpellation und das Auftreten der ultramontanen und sozialdemokratischen Redner als einen „Verhetzungsversuch" bedauert, schreibt am Ende des Artiels doch: „Wir haben schon gesagt, daß bei dem Vorstoß der Herren Schädler, von Vollmar, Sigl und Genossen ohne Zweifel auf die Wirkung mancher Vorkommnisse, die auch außerhalb der Kreise dieser Politiker Bedenken erregten und auf eine, aus oft berührten Gründen, weitverbreitete Verstimmung gerechnet wurde. Es kann nach den Berichten unbefangener Beurteiler nicht bezweifelt werden, daß die Manöver, welche zu einem Teil militärisch sehr wertvoll waren, zum anderen Teil Prunkmanöver gewesen sind. Insbesondere die großen Reiterattacken werden von zuständigen Militärs ebenso beurteilt, wie von den klerikal-sozialdemokratischen Autoritäten der bayerischen Kammer.
* Berlin, 9. Okt. Aus Athen wird dem Lokal- anzeiger gemeldet: Wegen der Streitigkeit zwischen den Matrosen des deutschen Kriegsschiffes Kaiserin Augusta und den Bewohnern von Piräus wollte der griechische Untersuchungsrichter auf dem Kriegsschiff
mehrere Matrosen und Offiziere vernehmen; diese ver- weigerten indessen die Aussage, da der Untersuchung«, richter auf deutschem Boden stehe. Kaiser Wilhelm, dem die Sache gemeldet wurde, hat dem Untersuchung-^ richter das Bernehmungsrecht zuerkannt.
2 Der neue Tirpitz'sche Flottenplan hat dem preuß. Staatsministerium Vorgelegen, das die preußischen Bundesbevollmächtigten inzustimmendem Sinne instruiert hat. Die Vorlage enthält tatsächlich einen Instand- haltungs- und Flottenvermehrungsplan für die nächsten sieben Jahre, der einen Kostenaufwand von rund 410 Millionen Mark beansprucht.
* Köln, 8. Okt. Der Postgehilfe Emil Saure, der im Mai bei der Post angestellt wurde und bisher im Postamt zu Küppersteg thätig war, unterschlug die Geldbeträge von 13 Postanweisungen und flüchtete alsdann in's Ausland. Nunmehr wurde der ungetreue Beamte mittellos bei fernem hier wohnenden Onkel verhaftet.
* Essen (Ruhr), 7. Okt. Großes Aufsehen er- regte hier die Verhaftung der Rentnerin Dithmar, die beschuldigt wird, ihre in den 70er Jahren stehende Mutter durch fortgesetzte Mißhandlung getötet zu haben. Die D. hat eine Kaution von 50,000 Mark angeboten; doch ist ihre Entlassung bis heute noch nicht erfolgt.
* Am 5. Oktober lief auf der Werft von F. Schickau in Danzig der zweite der für den Norddeutschen Lloyd in Bremen bestimmten Riesenschnelldampfer vom Stapel, deren erster, der „Kaiser Wilhelm der Große" bekanntlich auf seiner ersten Reise nach New-Aork alle Schiffe der Welt an Geschwindigkeit übertraf, wie er denselben auch an Größe überlegen ist. Der am Dienstag vom Stapel gelaufene Dampfer erhielt den Namen „Kaiser Friedrich." Seine Majestät der Kaiser wohnte dem Taufakte des Schiffes bei, wie Allerhöchst derselbe auch beim Stapellauf des Schnelldampfers „Kaiser Wilhelm der Große" zugegen gewesen ist. Der neue Doppelschraubenschnelldampfer ist nicht weniger als 600 Fuß lang, 64 Fuß breit und bis zum Oberdeck 41 Fuß hoch. Sein Raumgehalt wird etwa 12000 Tonnen, das Deplacement 17 000 Tonnen betragen. Die außerordentlich geschmackvoll, für 400 Personen eingerichteten Passagierräume I. Klaffe werden durch die bekannte Berliner Möbelfabrik I. C. Pfaff in der beim Norddeutschen Lloyd bekannten künstlerischen Geschmacksrichtung ausgeführt. An Passagieren III. Klasse (Zwischendeckspassagiere) vermag Dampfer „Kaiser Friedrich" 750 Personen mifzunehmen. 300 Passagiere II. Kl. finden in 111 bequemen Zimmern Unterkunft. Die Bemannung des Schiffes wird aus 400 Mann bestehen. Die beiden gewaltigen Hauptmaschinen des Dampfers werden nicht weniger als 25 000 Pferdekräfte indizieren und sollen dem Schiff eine Geschwindigkeit geben, welche derjenigen des Schnelldampfers „Kaiser Wilhelm der Große" nicht nachsteht, also etwa 23 Meilen in der Stunde.
Ausländisch--»
* Aus Wien wird gemeldet: Infolge Schneesturms mußte auf der Nordbahnstrecke bei Zauchtl der Gesamtverkehr eingestellt werden.
* Die Tschechen werden immer unverfrorener. Sie verlangen selbst in Wien und in Niederöstreich
HamLsonskeöen in Süd-Westafrika.
Einer Schilderung, die Franz Josef von Bülow iw Frkf. G.-G.Anz. von der deutschen Kolonialhauptstadt Windhoek entwirft, entnehmen wir folgende interessante Einzelheiten:
Unsere Soldaten im fernen Südwesten lieben es sehr, sich auch auf afrikanischem Boden ihren Winkel heimisch herzurichten. Die oft nur aus alten Kistendeckeln und den Resten eines einstmals köstlichen Wiß- mann-Feldbettes bestehende Lagerstatt wird mit einer Gardine grellfarbigen Kattuns umgeben, die Wände werden mit den Reklamebildern der Tabak-Fabriken verziert, die meist schöne Frauenköpfe grell bunt darstellen, ein Leopardenfell und Straußenfedern, gewundene Antilopenhörner und Schlangenhäute hängen dazwischen, und das bunte Bild einer südafrikanischen Trapper-Ausstattung ist fertig. In einem stillen Winkel aber, meist von der Gardine halb versteckt, hängt das Bild des elterlichen Hauses, des heimatlichen Kirchleins und die teuren Angehörigen, deren Liebe selbst von dem anscheinend teilnahmlosesten Herzen hier draußen in weiter Ferne, von Gefahren rings umgeben, doppelt warm und dankbar empfunden wird.
Um die Mittagszeit ertönt das Trompetensignal, das die Soldaten der Feste zum Mittagsmahl ladet, und bald darauf strömen diese aus dem nach Südwesten gelegenen großen Gitterthore der Feste heraus und schlagen den Weg bergab ein, wo am Abhange, zwischen Dornbüschen und einigen hohen Bäumen geborgen, die Küche mit dem Speisesaal liegt. In
großen Kesseln brodelt hier, ganz wie in der Heimat, das schmackhafte Essen für die Landesverteidiger. Dieses besteht in einer Suppe, zwei Pfund Rindfleisch, gekocht oder gebraten, und Gemüse. Das Fleisch ist von allerbester Qualität und erinnert im Geschmack etwas an unser Wildbret. Der vorzügliche Braten des Fettschwanzschafes wird unseren Kriegern nur in Ausnahmsfällen geboten, da sich dieses Fleisch, besonders bei der Masfen-Vertilgung erheblich teurer stellt, als Rindfleisch, das nur 10 Pfennige auf das Pfund kostet, während Schaffleisch auf wenigstens das Doppelte dieses Preises zu stehen kommt.
Windhoek ist in diesem als wasserarm verschrieenen Lande weit und breit als Spenderin nie versiegender Gewässer bekannt. Auf seinen Hängen entspringen sechs heiße Wasserläufe und senden am kühlen Abend ihre weißen Dampfsäulen zum Himmel empor. Die Hottentotten des Landes nennen den Ort daher „Ei- kams" und die Ovaherero „Otjimyza", welche Namen beide „heißes Wasser" bedeuten. Die Temperatur der meisten dieser Quellen ist so, daß man Eier darin kochen kann, und selbst nachdem der Bach eine offene Rinne von 300 Metern durchlaufen hat, vermag man ihn noch nicht zum Badewasser zu verwenden, ohne ihm eine Viertelstunde zur Abkühlung zu gewähren. Der Salz- und Schwefelgehalt der Quellen ist nur gering und der Gedanke, aus Windhoek ein zweites Aix-la-Chapelle zu machen, erscheint als aussichtslos. Immerhin ist die Lage dieser Quellen an den Abhängen von nicht zu unterschätzendem Werte, denn das unter ihnen befindliche reiche Schwemmland kann mit
mühelos gezogenen Gräben leicht bewässert werden, und die Leitung des Wassers in die Küchen und Baderäume der Offiziers- und Beamtenwohnungen ersetzt die vorzüglichsten derartigen Einrichtungen einer modernen Großstadt.
Unterhalb der Feste liegen die im Billenstil erbauten Wohnhäuser für die Kaiserlichen Beamten, nur wenige Meter von den Quellen, und überblicken von ihren gegen Westen und Süden gerichteten Fenstern und Veranden aus den belaubten Abhang um die weite, von den roten Riesen des Awasgebirges umrahmte buschige Hügellandschaft.
Die Offiziere und Beamten halten gemeinschaftlich ihre Mahlzeiten ab, nach dem Muster der heimatlichen Kasinos, und einer der jungen Herrn, der nach allgemeiner Meinung mit besonderen Hausfrauen- Tugenden ausgestattet ist, übernimmt die Leitung der Einkäufe und der Küche. Schwarzes und weißes Personal geht hier im bunten Wechsel über die Bühne und die Kündigungszeit ist meistens nur auf eine Minute festgesetzt, denn kurzer Prozeß ist bei Farbigen und Mischlingen oft eben so nötig, wie Geduld in der Heimat. Der Uebermut nnd die Trägheit der Schwarzen, wie der Hottentotten, pflegt im kubischen Verhältnis zu der Güte der Verpflegung, der Höhe des Lohnes u. der zu leistenden Arbeit zu wachsen, weshalb eine öftere Auffrischung alter süßer Erinnerung wie: Steine tragen, magere Kost und dergleichen sehr förderlich wirkt. Man hält sich dann eben einen Reservestamm, der sofort in die Bresche springt, und nach fünf Minuten ist das ganze Personal gewechselt.