sprachliche Zugeständnisse, darunter die Schaffung einer tschechischen Abteilung beim Wiener Magistrat. In Wien leben allerdings mehr Tschechen als in Prag.

* Es ist nicht Dünkel oder Eigensinn, wenn die Deutschböhmen nicht Tschechisch lernen wollen. Diese Sprache hat keinen Zweck sür sie. In den nord­böhmischen Jndustrieorten. wie Reickenberg. Gablonz, Warnsdorf, oder in Karlsbad, Marienbad und in vielen anderen Städten, ja sogar in Marktgemeinden im deut­schen Gebiete Böhmens, finden sich englische, französische oder selbst italienische Klubs, aber keine tschechischen. Der Geschäftsmann braucht eben in der Regel nur die Kenntnisse jener Weltsprachen dringend, die ge­schäftlichen Verbindungen sind nicht blos mit dem be­nachbarten deutschen Reiche, sondern selbst mit Frank­reich, England, Amerika, der Levante und noch ferner gelegenen Gegenden weit lebhafter und stärker als mit Prag und den tschechischen Teilen des Landes. Für den Tschechen ist es dagegen ein in allen Verhältnissen begründetes Bedürfnis, deutsch zu lernen, und überdies genießt er, wie die Strömung in den Regierungs- und oberen Kreisen nun einmal seit Jahrzehnten ist, noch den besonderen Vorteil, daß man an seine Sprach- kenntniffe nicht den gleichen strengen Maßstab legt wie bei einem Deutschen. Wird ja das amtliche Deutsch in Oesterreich von Tag zu Tag schlechter, verworrener und sprachwidriger, mit dem Tschechischen ist es etwas ganz anderes.

* Paris, 9. Okt. Bei der Beratung des Heeres­budgets verwarf die Budgetkommission unter dem Vor­behalt, daß der Minister noch gehört werden solle, mit 10 gegen 8 Stimmen die Vermehrung des Truppen­kontingents.

* Paris, 9. Okt. DerTemps" erklärt die Lage auf Kreta für unhaltbar. Es sei die höchste Zeit, daß Europa der übernommenen Verpflichtung Nachkomme und gedeihlichere Zustände auf der Insel herbeiführe.

* Konstantinopel, 9. Okt. Der Sultan ver­lieh dem deutschen Botschafter, Baron Saurma v. d. Jeltsch, der bereits im Vorjahre die Brillanten zum Osmanisorden empfing, heute den großen Brillanten zum Medjidiorden, der Baronin Saurma den Groß- cordon zum Frauenorden Nischani el Chefakat mit Brillanten und dem Botschaftsräte von Schlözer den Stern zum Medjidiorden.

* Konstantinopel, 9. Okt. Aus dem Aildiz- Kiosk erfahre ich, daß der deutsche Botschafter Baron Saurma in seiner heutigen Audienz beim Sultan dem­selben ein eigenhändiges Schreiben Kaiser Wilhelms überreicht hat. In diesem Schreiben drückt der Kaiser seinen Dank für die Uebersendung der eroberten Ka­nonen aus, hebt ferner die weise, von ganz Europa gewürdigte Mäßigung der Türkei bei den Friedens­verhandlungen hervor und versichert den Sultan seiner, des Kaisers, aufrichtigsten Freundschaft.

ein Umschwung, der sich alle vier Wochen zur allge­meinen Befriedigung von Herrschaft u. Dienern vollzieht.

Zu dem Leben und Treiben einer Südwestafri­kanischen Garnison gehört aber nicht nur der Kriegs­mann mit seinen Waffen, sondern auch ein sehr gro­ßer Apparat an Vieh und Pferden. In erster Linie braucht die Truppe die letzteren zu ihren Patrouillen­ritten und Märschen, wenngleich das Pferd in Süd­afrika nur als Transportmittel, nicht aber als taktischer Faktor verwendet wird. Aus diesen Gründen hält die Schutztruppe immer an tausend Pferde, um jeden Mann beritten machen zu können.

Am Fuße des Windhoeker Hügels, den die Feste krönt, schlängelt sich der breite, von den Ochsenwagen über harten Boden gebahnte Fahrweg durch den eigent­lichen Ort, d. h. denjenigen Teil, in dem sich das wirtschaftliche Leben abspielt. Hier liegt in rührender Anspruchslosigkeit das sogen.Dove-Häuschen", das von dem Enkel des berühmten Windpropheten zur Aufnahme seiner meteorologischen Instrumente ange­legt wurde und wohl bestimmt ist, der Kolonie wich­tige Dienste zu leisten. Zwischen Bäumen und Büschen versteckt, liegt dieHcyn'sche Wirtschaft", die echt deutsche Kost an Gartenbänken und Tischen und im Hause darbietet, und von allen Beamten, Offizieren und Soldaten sehr gesucht wird, da sie ihre Gäste stets mit Freundlichkeit bewillkommnet. Weiter hinauf erheben sich, im Gegensätze zu den roten, mit Wellblech bedachten Gebäuden der Regierung, mehrere eckt süd­afrikanische Häuser, die mit ihrem frischen Weißgelb, dem flachen, nur mit einer Umkränzung versehenen Dach und ihrer niedrigen, langgestreckten Form sofort erkennen lassen, daß sie in allen Stücken der Eigen­heit des Landes angepaßt sind. In der That ist die- serHartebeest-Haus" genannte Baustil den alten wandernden holländischen Bauern abgelernt, hat sich aber in seiner einfachen Herstellungsart aus Lehmziegeln mit nur wenigen Kameldorn-Balken als durchaus landesgemäß bewährt und daher auch erhalten.

* Athen, 9. Okt. Die Regierung thut Schritte bei den Mächten im Interesse der Rückkehr der ge­flüchteten Thessalier, welche nur unter der Garantie der Mächte wieder nach Thessalien zurückkehren wollen.

* Madrid, 8. Okt. DemHeraldo" zufolge hat Spanien in seiner Antwort auf die Nöte der Ber­einigten Staaten erklärt, daß, wenn die Vereinigten Staaten durch den Krieg in Cuba zu leiden hätten, zu beachten sei, daß der Aufstand durch die aus den Vereinigten Staaten zugezogenen Elemente aufrecht erhalten werde. Die spanische Regierung hege ferner die Zuversicht, daß die neue spanische Kolonialpolitik auf Cuba eine Aenderung in der Haltung der Ber­einigten Staaten nach sich ziehen werde.

D Der Berichterstatter des ,Diario de Barcelona' berechnet den Verlust des spanischen Heeres auf Cuba an Toten, Invaliden und Kranken, die entweder noch in den kubanischen Lazaretten liegen oder schon als Todeskandidaten nach Spanien zurückgesandt sind, auf 65- bis 70000 Mann! Da ist jeder Kommentar überflüssig.

*Newyork, 8. Okt. Nach einer Depesche aus Havanna ist Fräulein Cisneros, die Tochter des Prä­sidenten der Republik Kuba, die beschuldigt war, au einer Verschwörung gegen den Gouverneur der Insel Pinos tetlgenommen zu haben, aus dem Gefängnis ent­flohen. Die Eisenstäbe ihrer Zelle waren durchgesägt. Zwei Gefängnisaufseher sind verhaftet worden.

* Newyork, 8. Oktbr. Wie man ein Vermögen von 12 Millionen Dollars in 25 Jahren durchbringen kann, hat gestern Herr Parker Corning vor der zu­ständigen Behörde erzählt, um derselben klar zu machen, daß das von seinem Vater Erasmus Corning hinter- lassene Vermögen nicht 81000 D. bettage. Der Gründer des Hauses und Vater von Erasmus Corning hatte im Eisengeschäft ein großes Vermögen zusammen­gebracht, allein der Sohn, der zu Anfang der 70er Jahre 12 Mill. D. erbte, brachte davon in 5 Jahren 3 Mill. D. durch. Er gab Feste, wie man sie noch nicht gesehen hatte, hielt einen großen Rennstall, schaffte sich eine Kollektion Orchideen an, die allein 1 Mill. D. kostete und gab auch viel Geld für Politik aus. DerNew-Iork Hcrald" erinnert daran, C. Corning habe an Stelle Clevelands 1881 demokratischer Kandidat für den Newyorker Gouverneursposten werden können, wenn er gewollt hätte. Bei seiner zweiten Heirat ver­machte er seiner Frau 1 Mill. D. und verschleuderte immer mehr Geld, so daß er am 29. August d. I. verhältnismäßig arm starb.

Handel und Verkehr.

* Horb, 8. Okt. (Hopfenbericht.) In den Hopfen­handel ist wieder Leben gekommen. Trotz der um 1015 Mk. per Zentner zurückgegangenen Preise setzen die Produzenten ab. Gestern und heute wurden

Hier hat die Firma Mertens u. Sichel aus Wal­fischbai und Swakopmund ihr Verkaufshaus, ihren Store", wie man hier nach englischer Sitte sagt, und ihr Vertreter verkauft mit seinem Gehilfen, einem Euro­päer und der gelegentlichen Hilfe eines Farbigen, von der Nähnadel und dem Schnäpschen bis zum Ochsen- wagcn u. der Ochsenherde zu mehreren tausend Mark oder Pfund Sterling alles, was eines Weißen oder Farbigen Herz an Gebrauchs-, Lebens- und Genuß- mittelu oder Luxusartikeln begehren kann. Wohl giebt es viele Tage und Wochen, wo flaue und faule Zeit ist, wenn aber die Truppen ausrücken oder heimkehren nach oft monatelanger Abwesenheit und wenn große Frachtransporte von der Küste eintreffen und die far­bigen Frachtfahrer ihren Lohn erhalten, dann werden oft in einem Tage an 20000 umgesetzt, und es wird tüchtig verdient, denn kaum ein Stück geht unter einem Aufschlag von 100150 pCt. zu allen Unkosten fort. In Windhoek ist viel zu verdienen, denn die Soldaten allein haben ein jeder einen Lohn von lOOO^M. jährlich bar, aber andererseits sind dem Händler bei dem von so vielen Zufällen abhängigen Umsatz die hohen Forderungen nicht zu verdenken, denn hier mehr als irgendwo anders muß man den Grundsatz gelten lassen: Leben und leben lassen! Und unsere Landsleute lassen die Händler dort unten recht gut leben, denn so oft siekrumm liegen" müssen und nur Reis und Fleisch als Kost haben, scheuen sie auch keine ihnen zur Verfügung stehende Summe, wenn sie das kaufen können, wonach ihnen gerade der Sinn steht. So werden oft ganze Wagenladungen schon auf der Landstraße verkauft, ehe sie in die Räume des Stores zu wandern Zeit finden, und 10 OM Zigarren sind in einer halben Stunde an den Mann gebracht.

An solchen kauflustigen Abenden entwickelt sich dann ein buntes Leben in den nur schlecht erleuchteten Stores. Vor dem langen Ladentisch stehen dickt ge­drängt trinkende und plaudernde Soldaten, dort feil­

wiederum größere Partien verladen. Vorrat noch vorhanden.

* Stuttgart, 9. Oktbr. Mostobst-. (Wilhelms­platz.) Zufuhr 6M Ztr. Preis per Ztr. 6 Mk. 60 Pfg. bis 7 Mk. Birnen: 6 Mk. 50 Pfg.

* Bietigheim, 8. Okt. Gestern und heute wurden bei flottem Verkauf für prima belgische und holländische Mostäpfel per Zentner 6 Mk. 80 Pfg. gezahlt.

* Die allgemeine Weinlese hat in den Weinbau treibenden Orten des Unterlandes nunmehr begonnen.

DaS Einkorn.

Das Einkorn (Iritioum monoooooum) gehört mit zu der Gruppe Spelz und Emmer, zeichnet sich aber noch dadurch aus, daß es noch widerstandsfähiger ist als diese Getreidearten. Man baut es auf sehr klotzigen, steinigen oder sonst schlechten Aeckern, besonders dann, wenn man nicht mehr im stände war, das Feld für Spelz gehörig vorzubereiten. Dabei säet man das Einkorn bis spät in den November hinein, ja selbst im Dezem­ber oder noch im Februar und Anfang März, sofern die Witterung solches nur einigermaßen gestattet. Stellt also das Einkorn an die physikalischen Eigen­schaften des Bodens keine großen Ansprüche, nimmt es auch s«Mr mit einer bescheidenen Bodenkraft vor­lieb, so lohnt das Einkorn doch eine sachgemäße Düng­ung, und es empfiehlt sich als eine solche dort, wo der Stallmist nicht zureicht, die Anwendung von Kno­chenmehl und Ammoniak-Superphosphat, oder auch nur Superphosphat neben der üblichen Stall­mistdüngung zu verwenden. Man giebt davon 150 bis 2M Pfund per V» Hektar, eggt den künstlichen Dünger vor der eigentlichen Aussaat ein und kann im zeitigen Frühjahr, um das Schossen des Einkorns bei später Saat zu fördern, auch noch 5060 Pfund Chilisalpeter per V» Hektar als Kopfdüngung auf­streuen.

Die Erntezeit ist zumeist später als beim Dinkel; es empfiehlt sich das Einkorn auf dem Halm völlig reif werden zu lassen und nach dem Mähen möglichst bald einzubringen, da es durch Lagern in den Schwaden nach dem Abmachen leicht Schaden nimmt.

Wegen seines sicheren und bei rationeller Düng­ung guten Ertrages auf schlechten Böden verdient das Einkorn volle Beachtung. Dr. U.

* (Aus der Kaserne.) Sergeant (vor der ersten Jnstrnktionsstunde):Rekruten, froh und glück­lich könnt Ihr sein, daß Ihr Soldaten geworden! Da giebt es Leute, die das nicht werden die nie­mals eine Jnstruktionsstunde haben. Diese Unglück­lichen müssen nur ihr ganzes Leben im Dunkeln herum­tappen !"

LermtworSich« Rckakteur: W. Nieter, Altensteig.

scheu riesige, gelbhäutige Bastards, von ihren umfang­reichen Frauen begleitet, um Kleider, Stoffe und Kaffe; alles ist ihnen zu teuer, aber sie kaufen doch von allem reichlich ein. Daneben stehen Hottentotten und verlangen einSüppchen", wie sie einen recht anstän- digen Schnaps nennen, der manchen trunkfesten Deut­schen schaudern machen würde; unweit davon kaufen bescheidene Berg-Damaras ein paar Fetzen Katum und einige Lebensmittel, aber alle schreien und toben durch einander, und jeder will von dem unglücklichen Händler zuerst bedient sein. Dieser aber ist an den Lärm schon gewöhnt und seine überlegene Ruhe ver- läßt ihn keinen Augenblick. Aber während seine Ohren taub erscheinen, sehen seine flinken Augen jeden Griff und verstehen jeden Wunsch, der sich berechtigt oder unberechtigt nach seinen Waren ausstreckt.

Im Hinterzimmer sitzen die Händler mit ihren breitkrämpigen Filzhüten in bunten Hemden, rauchen aus kurzen geraden Holzpfeifen und trinken ganze Kisten von Bierflaschen aus, die zu ihren Füßen stehen. Hier wird die Zukunft des Landes besprochen, die Poli­tik der Regierung kritisiert und manches verständige Wort geäußert, das die Entwicklung unserer Kolonien mehr fördern würde, als viele Beschlüsse des Kolo­nialrates. Und wie in der Heimat, so geht auch im fernen Windhoek alltäglich die Sonne über Hoffnungen und Enttäuschungen großer und kleinerer Natur auf und unter, und die Zeit ist nicht ferne, wo die Eigen­art einer südwestafrikanischen Existenz unter der Klein­heit de« täglichen Lebens und geschraubter Verhältnisse untergehen wird. Jetzt aber weht noch ein frischerer Wind dort draußen und das frische Streben giebt guten, Mut und läßt auch uns mit Vertrauen in die Zukunft kolonialer Entwicklung blicken.

* (Mißverstanden.) A.:Was bat denn Lieber« Emma für einen Bräutigam?" B.:Einen Einjährigen." A.:Nun ja, länger wird« bei der auch Keiner aushalten."