Blatt Bukarests, Adverul, beschimpfte den König in nicht wiederzugebenden Ausdrücken.

* Der Abgeordnete Wolf, der den österreichi­schen Ministerpräsidenten Badeni anschoß, hat gegen 4000 Dankbriefe erhalten.

* (Die Blutthat von Sjenicak.) Am 18. d. M. kamen mehrere Leute aus Sjenicak vom Karlstädter Markte nach Hause und brachten die Märe, daß einige fremde Herren nach Sjenicak kommen wer­den, um die ungarische Fahne an der Kirche auszu­stecken. Wenn die Fahne durch 24 Stunden ausge­hängt sei, seien die Bewohner zu Grunde gerichtet und müßten Ungarn werden. Derjenige, der die Fahne aushänge, bekomme 800 fl. und der Pfarrer, an dessen Kirche die Fahne angebracht werde, erhalte für jede Stunde 100 fl. Die Mär verbreitete sich mit Blitzes­schnelle weiter, und schon am Abend des 18. ds. Mts. konnte man etwa 40 bis 50 Personen bemerken, die sich in eigentümlicher Erregung vor der Kirche ver­sammelten, um dieselbe zu bewachen. Der Pfarrer bemerkte die Leute und erkundigte sich nach ihrem Vor­haben. Als er erfuhr, warum es sich handle, erklärte er den Leuten, daß das Gerücht eine Dummheit sei. Die Leute schenkten ihm jedoch keinen Glauben und blieben vor der Kirche bis zum frühen Morgen. Am Abend des 19. ds. erschien abermals ein kleiner Trupp vor der Kirche, um sie zu bewachen. Wiederum ver­suchte der Pfarrer auf die Leute beruhigend einzu­wirken ; doch auch diesmal stieß er auf Mißtrauen und ließ den Leuten schließlich ihren Willen. Der gleiche Vorgang wiederholte sich am 20. ds. Der Pfarrer ließ die Sache auf sich beruhen, weil er dachte, daß ohnehin kein Fremder nach Sjenicak kommen werde. Am 21. ds. Mts. traf in Sjenicak eine Kommission, bestehend aus dem Grundbuchsdirektor Cvijanovics, dem Bezirksvorsteher Brozovics und dem Ingenieur Dj akovics ein, um in Hauskommunions-Teilungsangelegenheiten zu amtieren. Der Wagen der Kommission hielt vor dem Dorfwirtshause, knapp unter dem Hügel, auf wel­chem sich die Kirche befindet. Geometer Djakovics be­gab sich sofort, nachdem er vom Wagen gestiegen, in die naheliegenden Felder, um die Vermessungsarbeiten zu beginnen. Cvijanovcis und Brozvics hingegen spazierten den Hügel entlang, um dem Pfarrer, mit dem sie zu thun hatten, einen Besuch abzustatten, trafen ihn jedoch nicht zu Hause. Sie gingen hierauf ahnungs­los um die Kirche herum und betrachteten dieselbe von allen Seiten. Endlich traf der Pfarrer ein. Die Herren begrüßten ihn und betraten dann das Pfarr­haus. Inzwischen war die Menge in bedrohlicher Weise angewachsen und bis in das Zimmer, in welchem sich der Pfarrer mit seinen Gästen befand, drang drohendes Murren. Der Pfarrer und seine Gäste ver­ließen die Stube, um ins Freie zu treten, wo sie je­doch von der Menge aufgehalten wurden. Mit drohen­den Worten forderten die Leute vom Pfarrer den Kirchenschlüssel, weil sie glaubten, daß die ungarischen Fahnen schon in die Kirche geschmuggelt worden seien. Dem Drängen nachgebend, öffnete der Pfarrer die Kirchenthüre, worauf eine Anzahl von Bauern in die Kirche drang, um dieselbe zu durchsuchen. Inzwischen hatte sich vor der Kirche etwas Furchtbares ereignet. Die Menge, die der Meinung war, daß sie es nut jenen zu thun hätte, die sie an Ungarn ausliefern

Me vürgerliche Tante.

Novelle von Doris Freiin v. Spättgen.

(Schluß.)

Onkel Oberbergrat, Tante Elisabeth, Mama Ella, wie die Frau Professorin fortan von Edelgard genannt wurde, Papa und' Geierstein, alle waren sie drüben in des Hausherrn Zimmer.

Vor einer Stunde war der Graf gemeldet worden, und nur durch den Thürspalt hatte sie seine elegante Gestalt erspäht; aber seitdem war nicht ein Laut zu der mit bangemHerzklopfenHarrenden herausgedrungeu. Wie im Schneckengang verstrich ihr die Zeit. O, sie wußte ja genau, warum Geierstein gekommen, was drüben besprochen und verhandelt wurde, und sie dankte im stillen Gott, daß sie davon befreit war, all' die tausend Dinge, die man sicherlich aufs Tapet brachte, mit anhören zu müssen.

Nur das eine wußte sie mit jeder Fiber ihres ganzen Seins, daß Achim Geierstein ihr teurer war, als sie es sich selbst bis zum heutigen Tage einge­standen.

Kam es ihr doch zuweilen vor, als wären durch jenen sonderbaren Kuß am Maskenball der Emersons Gesühle in ihr wach geworden, die sie plötzlich zu dem Bewußtsein gebracht hatten, welche Seligkeit das menschliche Leben in sich schloß.

Auch jetzt machte sie es sich kaum klar, was eigent­lich mit ihr geschehen sollte. Würde man sie rufen lassen, oder mußte sie etwa darauf vorbereitet sein,

wollten, drang unter Verwünschungen und wilden Drohungen auf Cvijanovics und Brozovics ein. Ver­geblich suchte Letzterer den Leuten klar zu machen, daß diese ihn doch kennen, daß er doch oft genug in ihrer Mitte geweilt habe. Die fanatisierte Menge ließ sich aber nicht beruhigen und ermordete die Beamten in der gräßlichsten Weise.

* Paris, 30. Sept. Aufsehen macht die Weiger­ung Lozes, den algerischen Gouverneurposten anzu­nehmen. Lozä hat diese Weigerung zuerst dem Prä­sidenten der Republik bekannt gegeben und ist hierauf gestern nach den Vogesen auf den Landsitz Mulmes gereist, um diesem die ablehnende Antwort mitzuteilen. Da Lozss Ernennung bereits vollzogen, wird er, wenn er die Weigerung aufrechterhält, weder nach dljgier gehen, noch auf den Wiener Botschafterposten zurück­kehren.

* Die Belgier sind gewaltige Biertrinker. Das kleine Belgien besitzt 2914 Brauereien, die im vor­letzten Jahre 12230308 Hektoliter Bierund 163813135 Kilogramm Malz, im letzten Jahre 12 401209 Hekto­liter Bier und 168 293 463 Kilogramm Malz erzeugt haben. Diese ansehnliche Biermenge hat den Bedürf­nissen der Belgier nicht genügt; es sind im Jahre 1896 noch 97 662 Hektoliter Bier aus dem Auslande ern- geführt worden.

* Athen, 30. Septbr. Das Ministerium erhielt in der Kammersitzung eine Minorität. Eine Minister­krisis ist ein getreten.

* Der griechische Kronprinz hat das Wort. Er ist nicht der rat- und thatlose Feigling, der vor den Türken davon lief, sondern er ist das Opfer griechischer Zustände. So geht wenigstens aus den Mitteilungen hervor, die der Kronprinz kürzlich dem Korrespondenten derAkropolis" machte. Der Kronprinz versickerte mir, so schreibt der Berichterstatter, daß er den Kriegs­minister zu unzähligen Malen gewarnt hat, daß die Armee absolut unfähig war, irgend einen Feldzug zu unternehmen. Die Infanterie war mit dem Gras- Gewehr bewaffnet, das die französische Regierung für acht Franken das Stück abgelassen hatte. Die Patro­nen waren 16 Jahre alt, Kavallerie existierte überhaupt nicht, und die Artillerie war zumeist mit Geschützen zweifelhafter Güte bewaffnet. Das Offizierkorps war kläglich schwach an Zahl, in manchen Kompagnien kam ein Offizier auf 3400 Mann. Des Kronprinzen Generalstabschef war ein athenischer Architekt. Was die Disziplin betrifft, so hatten die Griechen keinen Begriff von der Bedeutung des Wortes. Ge­neräle und Gemeine thaten, was ihnen gut dünkte. Während der Schlacht bei Domokos schickte der Kron­prinz einen Adjutanten an den Obersten Smolensk, der mit 12 000 Mann frischen Truppen 10 Kilometer zur Rechten stand, und befahl ihm, einen Gegenangriff, einzuleiten, der nach der Meinung der auswärtigen Militärattachees im türkischen Hauptquartier das Glück des Tages zu Gunsten der Griechen hätte wenden müssen. Smolensk ließ zunächst stundenlang nichts von sich hören und sandte schließlich die Antwort, er habe sich inzwischen nach Athen um Auskuft gewandt und vom Kriegsministerium die Genehmigung erhalten, lieber in semen Stellungen zu verbleiben! Solch Be­nehmen war schließlich auch dem Kronprinzen zu bunt, was ihm wohl Jedermann nachfühlen wird. Er ver­

büß der gestrenge Papa ihr Geierstein selbst zuführen würde als ihren

Allmächtiger Gott! Das Oeffnen einer Thür!

Edelgard stand an Tantens Blumentisch und zer­zupfte in grober Erregtheit eine blaue Hyazinthendolde. Mechanisch, fast wie im Traum, wandte sie sich um und schaute mit verängstigten Augen in ein glückstrahlen­des Männergesicht.

Achim Geierstein war nur allein gekommen, und ohne Fragen, ohne seine Antwort las sie das Resultat jener langen Unterredung mit dem Vater von seinen Zügen ab.

Edelgard, es konnte gar nicht anders, es mußte so kommen! Sie sind mein guter Genius, mein Schutz­engel gewesen, von unserer ersten Begegnung an bis jetzt. Wollen Sie das auch fürder durchs ganze Leben für mich sein?" sagte jetzt dicht neben ihr der Gras, wobei er eine der kleinen, eisigkalten Hände zu sich heranzog. Sie blickte ihm nur voll' stummen Glückes in die Augen.

Edelgard, Ihr Vater vertraut mir fest und ganz wollen Sie das ebenfalls thun? Ich bin so an- maßend, zu bekennen, daß Ihre Tante Elisabeth mir etwas geoffenbart hat etwas, was mein Herz mit Jubel und Entzücken erfüllt, Edelgard, gerade jetzt sagen mir Ihre Augen, daß diese schüchterne Ahnung wirklich Wahrheit ist."

Die Angeredete hatte beide Hände vor das heiß erglühte Gesicht gepreßt, allein schon fühlte sie sich von zwei Armen fest umschlungen.

Eingestehen jetzt gilt's eingestehen, Edelgard!"

langte, Smolensk vor ein Kriegsgericht zu stellen, allein Premierminister Ralli drohte dem König mit sofortigem Rücktritt und Volksauftritten, und Smolensk » , wurde Divisionsführer. DL

* Einer Meldung aus Sofia zufolge fand an der " 'L Grenze bei Rhodope zwischen bulgarischen und türkischen ^ Soldaten ein Zusammenstoß statt. Von den Türken §< wurden mehrere getötet.

*Newyork, 30. Septbr. DieEvenine Post" erklärt, der amerikanische Gesandte in Madrid, Wood- ford, habe Spanien den Vorschlag gemacht, Cuba die Z" Unabhängigkeit in dem Maße, wie sie Canada besitzt, zu gewähren.

*New-Aork, 1. Oktbr. Der oberste Rat des . L Seespitaldienstes berichtet, daß bis gestern abend in den Vereinigten Staaten 682 Fälle von gelbem Fieber vorkamen, wovon 60 tätlich verliefen. «Ä

* New-Jork, 1. Okt. DerNewyork Herald" veröffentlicht ein Telegramm aus Havannah, wonach ^ General Weyler sein Entlassungsgesuch eingereicht habe, j-,^!

* Bombay, 1. Okt. Die Pest ist in bedrohlicher u i

Ausbreitung begriffen. In Bombay kamen in letzter ^ Woche 60 Todesfälle vor. Auch in Karachi ist die * Ä Pest wieder aufgetreten. Zs

Handel «nd Berkehr.

* Altensteig, 2. Oktbr. Die Kartoffelernte giebt reichlicher aus, als man gehofft hatte. Der Zentner Kartoffel wird bereits um 2 Mk. 20 Pfg. bis 2 Mk. 50 Pfg. abgegeben. Bei den teuren Mehlpreisen kommt dem Haushaltungsbeutel der immerhin billige Preis für die Kartoffeln wohl zu statten.

x Vom hintern Wald, 1. Oktober. Unseren Landwirten haben die letzten 10 bis 12 Tage prächtigen Sonnenscheins genügt, um mit dem Hafer auf dem Felde aufznräumen und das Oehmd vollends unter Dach zu bringen. Aber auch mit der Einheimsung der Kartoffeln war man voll beschäftigt. Von früh bis spät arbeiteten die Einwohner auf dem Felde und die Orte waren den Tag über wie ausgestorben. Der wieder abgetrocknete Boden erleichterte die Arbeit sehr. Die begonnene Fäulnis der Kartoffeln hat in letzter Zeit wenigstens keine Fortschritte mehr gemacht und da die Knollen reichlich vorhanden sind und trocken einge­bracht werden können, so befriedigt die Kartoffelernte allgemein. Vielfach fehlt es au Arbeitskräften zur Bewältigung der noch notwendigen Feldgeschäfte. Unser Bauer, den die lang anhaltende schädliche Witterung sehr niedergedrückt hatie, faßt jetzt wieder neuen Mut.

8 Stuttgart, 30. Sept. Durchschnittspreise des hiesigen Schlacht- und Viehhofs per Pfund Schlacht­gewicht: Farcen und Stiere 5053 Pfg., Rinder 6063 Pfg., Schweine 7072 Pfg., Kälber 75 bis 82 Pfennig.

* (Stuttgarter Mostob ftmarkt.) Man schreibt uns: Nachdem die Mostobsthändler sich mit großem Widerwillen mit der Verlegung des Marktes auf den Nordbahnhof einverstanden erklärten, zeigt es sich, daß der für sie bestimmte Raum jetzt schon bei Beginn des Mostobstmarktes nicht ausreicht. Heute sind auf dem Nordbahnhof ca. 80 Kohlenwagen und 100 Waggons Obst zur Entlastung gestellt; nun sind aber im ganzen 190 Waggons Mostobst zugeführt worden, so daß 90 Waggons rbegen Raummangels

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hörte sie des Geliebten Stimme in zärtlichen Lauten an ihr Ohr schlagen.Ich wanke und weiche nicht von der Stelle, bis dieser süße Mund mir das Be­seligende selbst verraten hat. Edelgard, mein einziges Mädchen, liebst du mich?"

Da blitzten und flammten die blauen Augen durch die sie halb verdeckenden Finger nach ihm hin und jubelnd drang es aus dem rosigen Munde:Ja, Achim tausendmal ja!"

Sechs Wochen später wurde auf Schloß Hayden eine glänzende Hochzeit gefeiert, nachdem Baron Hayden selbst sich mehrere Wochen vorher in aller Stille mit Frau Holstedt vermählt hatte.

Allein Hedwig Nehrens Wunsch, ihr schönes Maskenballkostüm zu einem Polterabend in der Ver­wandtschaft noch einmal zur Verwendung gelangen zu lassen, sollte sich nicht erfüllen. Unberührt lag der verhängnisvoll gewordene Odaliskenanzug in wohl­verschlossener Truhe.

Dagegen lag zur selben Zeit ein süßes kleines Knäbleinder Erstgeboreneim blauseidengefütterten Wiegenbett an Frau Hedwigs Seite.

Graf Rudi war nicht wenig stolz auf seinen Sohn und an Edelgards Hochzeitstage hielt er den gerade anwesenden Tanten Mary und Kate Emerson das kleine zappelnde Etwas glückstrahlend entgegen und sagte in seiner heiteren Weise lächelnd :

Ja, ja, du Schelm du bist eigentlich die Ur­sache zu des jungen Paares Glück!"

Ende.

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