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Amtsblatt für

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«bonoiert auswärts auf dieses Blatt Postämtern und Postboten.

Sonntag, 3. MLober.

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück- ungLpreiS j. Altensteig und nahe Umgebung bei einm. Einrückung 8 bei mehrmal. je 8 ^ auswärts je 8 ^ di« 1spalt.Zeile

1897.

Landesnachrichten.

* Alten st erg. 2. Ott. Man schreibt uns vom Lande: Die Gegner der Lebensläuglichkeit der Orts­vorsteher berufen sich aus die geringe Zahl von poli­zeilichen Strafmandaten, welche die Ortsvorsteher in den Landorten Württembergs im Jahre 1895 erlassen mußten. Die Übertragung dieser Geschäfte der polizei­lichen Strafmandate an die Verwaltungsaktuare werde den Gemeinden keine großen Kosten verursachen. Wenn es sich blos um diese schriftlichen Strafmandate handelte, dann braucht man den Ortsvorstehern, auch wenn sie einer periodischen Wahl unterworfen sein sollten, diese Strafgewalt überhaupt nicht zu nehmen und doch befürwortet dies die Regierung. Sehr viele Uebertretungen wurden bekanntlich bisher von dem Ortsvorsteher auf dem Lande mittels einer mündlichen Abkanzelung des Schuldigen erledigt und dieser pflegt sich mit dem erhaltenenRüffel" zu beruhigen, denn er kostet ihn nichts. Das kann der ortsabwesende Verwaltungsaktuar natürlich nicht so machen. Jede ihm zugehende Anzeige wird er mit einem schriftlichen Strafmandat beantworten. Der Verurteilte wird in der Regel die Geldstrafe viel zu hoch finden und an das Amtsgericht appellieren; das giebt dann für die Herren Rechtsanwälte ein ganz hübsches Häufcben von Prozessen im Jahre und diese werden die Re­gierung nötigen, bei jedem Amtsgericht ohne Aus­nahme auch einen Amtsanwalt anzustellen, an manchen Amtsgerichten aber auch je einen weiteren Richter und so wird das Vergnügen der periodischen Wahl der Ortsvorsteher für das Volk ein kostspieliges werden. So hat eben auch in diesem Falle manches seine Sonn- und Schattenseite.

* Nagold, 1. Okt. Das 9jährige Söhnchen des

Seminarprofeffors Wetzel spielte gestern nachmittag am Wehr auf der Nagold und fiel ins Wasser, das dort tief ist; auf das Geschrei der in der Nähe be­findlichen Kameraden eilte der 14jährige Lateinschüler Röger herbei, stürzte sich ins Wasser und holte den schon untergegangenen Knaben schwimmend mit großer Anstrengung heraus; zum Glück lebte derselbe noch, war aber ganz geschwächt. (Schw.°B.)

ff- Pfalzgrafenweiler, 1. Okt. Wie bald jede Gemeinde des Landes ihren Darlehenskassenverein besitzt (jüngst wurde wieder in Schopfloch ein solcher Verein gegründet), so geht's auch mit den Molkereien voran. Seit 8 Tagen ist hier eine Molkerei im Be­triebe, welche der Seilcrmeister Klaiß eingerichtet hat. Auch in der Gemeinde Egenhausen ist ein dortiger Bürger im Begriffe, einen Molkereibetrieb ins Leben zu rufen. Während nun von der einen Seite behauptet wird, eine Molkerei sei kein Glück für die Gemeinde, indem der Rahm der Milch in ferne Städte wandere statt zur Ernährung und Kräftigung der Familie, vor­nehmlich der Kinder zu dienen und die Einnahmen häufig für Arzt- und Apothekerkosten oder vielfach auch für Spirituosen d'raufgingen, behauptet man auf der anderen Seite, eine Molkerei sei von großem Nutzen für eine Gemeinde. Der Ertrag aus den Feldern sei von Jahr zu Jahr mehr zurückgegangen, ja würde heutzutage ganz unlohnend sein, wenn nicht aus dem Stall Etwas zu holen wäre. Wo es eben auf den Landorten an Absatzgelegenheit für die Milch fehle, trete eine Molkerei wohlthätig ins Mittel, man­cher Pfennig fließe in die Kasse des Landwirts, und der verständige Mann wisse seine Einnahmen segen- dringend zu verwerten und in dem Milchverschleiß im Interesse seiner Familienmitglieder weises Maß zu halten. Manch' kleiner Mann sei durch die baren Einnahmen aus der Molkerei zu einem verhältnis­mäßig ansehnlichen Wohlstand gekommen, ja die Ge- samtvermögens-Berhältniffe mancher Landgemeinden hätten sich nachweislich merklich gehoben. Wie so vieles im praktischen Leben eben verstanden sein will, so ist's auch mit den Molkereien, dem richtigen Haus­hälter find sie von Nutzen und dem Andern kann kein

Doktor helfen. Gut ist's immerhin, daß man in unseren Schwarzwaldgemeinden sich endlich da und dort entschließt, Einnahmequellen aus dem Molkerei­betrieb erstehen zu lassen. (Anmerkg. d. Red.: Auch in Zwerenberg trägt man sich ernsthaft mit dem Ge­danken der Errichtung einer Molkerei.)

* Calw, 30. Sept. Der 68 Jahre alte frühere Färber Strecker von hier, der häufig vom hiesigen Postamt zu Expreßgängen verwendet wurde, sollte gestern nacht einen Expreßbrief nach dem i Vr Stunden entfernten Dorf Holzbronn befördern. Da er bis heute früh nicht zurückkam, wurde nach ihm gefahndet, und man fand ihn in einem außerhalb der Stadt befind­lichen Steinbruch tot mit zerschmettertem Schädel. Strecker scheint bei der herrschenden Dunkelheit vom rechten Weg abgekommen und den tätlichen Sturz gethan zu haben.

* O eh rin gen, 30. Sept. Auf einzelnen Distrikten der hiesigen Markung tritt neuestens die Blutlaus auf und droht an dem ohnehin geringen Obstbestand schweren Schaden anzurichten. Das Insekt findet sich an Stamm und Aesten, vorzugsweise dort, wo die Rinde durch den Hagel weggefchlagen worden ist.

8 Ravensburg, 1. Okt. (Schwurgericht.) Im 6. Fall wurde verhandelt die Anklagesache gegen 1) den 67 Jahre alten Müller Matth. Mezler von Ebers­bach, OA. Saulgau, wegen betrügerischem Bankerott, sowie gegen 2) dessen Sohn Max Mezler, lediger Müller in Ebersbach, und seine beiden Schwiegersöhne 3) Martin Knoll, Adlerwirt in Altshausen, OA. Saulgau, 4) Joseph Knoll, Löwenwirt in Dürmen- tingen, OA. Riedlingen wegen Beihilfe zum betrüge­rischen Bankerott. Äm 15. April wurde gegen den Müller Matth. Mezler das Konkursverfahren eröffnet. Während Mezler früher und noch zu Anfang ds. Js. einen seinem Anwesen entsprechenden Besitz an totem und lebendem Inventar hatte, fanden sich bei der Fahrnisauf­nahme durch den Konkursverwalter nur noch 2 Pferde, 4 Hühner, etwas Heu, Kartoffel und sonst noch geringwer­tige Gegenstände aller Art; alle besseren und wert­volleren Gegenstände wurden noch gewissermaßen kurz vor dem Konkursausbruch zum Teil verkauft, zum Teil und in der Hauptsache aber zu den beiden Schwiegersöhnen verbracht. Der Erlös ans den verkauften Gegenständen, ca. 500 Mk., wurde von Mezler und seinem Sohn verschwiegen. Bezüglich dieses Geldes, einer Haut Sohlleder und eines silberplattierten Chaisengeschirres hat Mezler strafbares Verhalten eingeräumt, bezüglich der zu seinen Schwiegersöhnen verbrachten Gegenstände aber behauptet, daß er diese zum Teil längst vorher versprochen gehabt, zum Teil verkauft und zum Teil für erhaltene Darlehen hingegeben habe. Die Ge­schworenen sprachen den Angeklagten Mezler unter Zulassung mildernder Umstände schuldig, worauf der­selbe zu der Gefängnisstrafe von 10 Monaten verur­teilt wurde. Die übrigen Angeklagten wurden frei­gesprochen.

* (Verschiedenes.) In Entringen stürzte der 10jährige Knabe des Taglöhners Riecker beim Obstbrechen vom Baum herab und verletzte sich dabei so schwer, daß er in die Klinik nach Tübingen verbracht, daselbst sein Leben aushauchte. Am letzten Donnerstag stürzte in Asperg der 40 Jahre alte Malermeister Friedrich Rauscher infolge Fehltritts so unglücklich vom Gerüst eines Neubaues herab, daß er tot vom Platze getragen werden mußte. In Stamm­heim feierte Schneidermeister Toni mit seiner Frau die goldene Hochzeit. Das Jubelpaar erfreut sich guter Gesundheit. In Untertürkheim führten am Donnerstag abend vom Volksfest kommende Zigeuner, die an der Straße nach Wangen ihr Lager aufgeschlagen hatten und etwa ein halbes Hundert Köpfe zählten, skandalöse Auftritte herbei, indem sie, mit Schieß- und Hiebwerkzeugen bewaffnet, einen von Wangen her kommenden Zigeunerwagen anhielten und zur Umkehr nötigten. Nur durch das Einschreiten desEwig

Weiblichen" konnten die braunen Gesellen vom Blut­vergießen abgehalten werden.

* Karlsruhe, 29. Sept. Eine interessante Statistik wurde von dem badischen Landesverein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke veranlaßt. Auf seine Anregung wurde vom 1. Okt. bis 31. Dez. 1895 von den Gerichten bei den zur Abhandlung kommenden Straffällen der Einfluß der Trunkenheit konstatiert. Es ergab sich hiebei folgendes Resultat: In betrunkenem Zustand wurden begangen Diebstahl 7 Proz., Ver­brechen und Vergehen wider das Leben 18 Proz., Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung 30 Proz., Brandstiftung 33 Proz., Verbrechen gegen die Sittlichkeit 39 Proz., Beamtenbeleidigung 40 Proz., Körperverletzung 43 Proz., Nötigung und Bedrohung 46 Proz., Sachbeschädigung 49 Proz., Raub und Erpressung 57 Proz., Widerstand gegen die Staats­gewalt 64 Proz., Vergehen gegen die Religion 66 Proz., Beleidigung des Landesherrn rc. 71,1 Proz. aller Fälle. Insgesamt von 2473 Personen 859 oder 34,7 Proz. aller Fälle wurden in der Trunkenheit begangen.

* Baden-Baden hatte noch nie so viele Be­sucher als in diesem Jahre. Die höchste Ziffer war Ende Oktober 1895 mit 63656 erreicht. Heuer wurde diese Zahl schon am 28. September übertroffen. Es kann nun bei einigermaßen schönem Wetter im Okt. noch auf weitere 8000 Besucher gerechnet werden.

* Berlin, 30. Sept. In der erneuten Verhand­lung der Beleidigungsklage zwischen dem Pfarrer Witte und Stöcker erkannte heute das Landgericht II Berlin auf Aufhebung des ersten Urteils, nach dem Stöcker wegen einfacher Beleidigung zu 500 Mark Geldstrafe verurteilt worden war. Heute wurde Stöcker freige­sprochen. Die Kosten des Verfahrens, sowie die Stöcker erwachsenen notwendigen Auslagen wurden Witte auf­gelegt. In der Begründung des Stöcker freisprechenden Urteils heißt es, das Gericht halte es für nicht erwiesen, daß Stöcker den bekannten Brief an den Schneider Grüneberg geschrieben, dessen ganzes Auftreten höchst zweifelhaft sei. Wahrscheinlich sei, daß Frau Witte ein Opfer der Täuschung des Fälschers geworden sei. Stöcker habe sich objektiv zweier Beleidigungen schuldig gemacht. Das Gericht billige ihm aber in vollem Umfange den Schutz des Z 193 des Strafgesetzbuches zu.

* Berlin, 1. Okt. Die Politischen Nachrichten bezeichnen offiziös die Finanzlage im Reich und in Preußen als glänzend.

* Dieser Tage traf imKieler Hasen ein chinesisches Fahrzeug ein. Der etwa 2000 Tonnen haltende Dampfer glich nach Bau und Anstrich ganz einem gewöhnlichen Handelsdampfer, trug aber am Heck die gelbe chinesische Kriegsflagge mit dem blauen Drachen und dem kleinen roten Ball. Im Vortopp fuhr der Dampfer die deutsche Handelsflagge, im Großtopp eine gelbe Flagge mit großem blauen Ball. Am Bug war der Name Hsi-Ping und am Heck als Heimatshafen Tientsin zu lesen. Vermutlich hatte er chinesische Seeoffiziere an Bord, die wegen Uebernahme des kürzlich auf der Schichauschen Werft für die chinesische Marine fertiggestellten Torpedobootzerstörers in Deutsch- land weilen.

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* Wien, 1. Okt. Während das rumänische Königs­paar in Budapest gestern demonstrativ gefeiert wurde, spielten sich in Bukarest peinliche Vorgänge ab. Die Nationalliga, welche bekanntlich großen Haß gegen Ungarn wegen der angeblichen Bedrückung der siebenbürgischen Rumänen hegt, veranstaltete Kundgebungen gegen die Budapester Königsreise. Zahlreiche Blätter erschienen mit Trauerrand, und die Studenten beschlossen eine Protestkundgebung und einen Protestaufmarsch vor dem königlichen Schloß. Für Sonntag berief die Liga eine große Protestversammlung ein. Das verbreitetste