wenn man den Antrag nicht annehmen würde. Abg. Re mb old begründet seinen gegenteiligen Stand­punkt. Wenn man den Antrag v. Ow annehme, so werden wesentlich die hohen und höchsten erleichtert, die kleinen Steuerzahler kaum. Das sei der wesent­liche Grund, den Antrag von Ow abzulehnen. Die Beratung wird hier abgebrochen.

LanÄssnachrichte«.

r) Altensteig, 14. Juni. Mit Gesang und Orgelspiel in hiesiger Stadtkirche wurde heute die erste Hauptkonferenz für den Bezirk Nagold eingeleitet. Die Verhandlungen fanden in einem Lebrsaale des obern Schulhauses statt. Nach Eröffnung und Be­grüßung durch den Vorsitzenden, Bezirksschulinspektor Stadtpfarrer Dieterle-Nagold, hielt ein Lehrer des Bezirks mit den zwei ältesten Jahrgängen der Volksschule eine Lehrprobe. Hierauf folgte die ge­meinsame Bearbeitung einer neuen Oberamtsbeschrei- bung, dieselbe wird als ziemlich veränderte und ver­größerte Auslage erscheinen. Ebenso wird von niedre­ren Lehrern des Bezirks, den neueren Ansprüchen ent­sprechend, eine Wandkarte von dem Bezirk Nagold ausgearbeitet und wird ebenfalls in nächster Zeit er­scheinen. Nach sehr reger Debatte über angegebene Punkte schloß die Verhandlung nach 2 Uhr. Das gemeinsame Mittagsmahl wurde im Gasthof zum grünen Baum eingenommen. Trotz der drückenden Hitze blieb die Stimmung während des vorzüglichen Mahles eine heitere und noch manches anregende Wort wurde in gebundener und ungebundener Rede ausgetauscht.

-n. Ebhausen, 15. Juni. Der Schwarzwaldverein, zu welchem 30 hiesige Mitglieder gehören, hat auch hier in anerkennenswerter Weise Einrichtungen getroffen, die für hiesige Bewohner und für Fremde, die hierher kommen, angenehm sind. In letzter Woche wurden an hübsch gelegenen Punkten der Höhen und Wälder um den hiesigen Ort 15 Ruhebänke auf Vereinskosten angebracht, sowie der Fußweg auf dem rechtsseitigen Nagoldufer von hier an aufwärts breiter und bequemer angelegt, so daß man jetzt nach Bern eck und Altensteig größtenteils im Schatten wandern kann. In den nächsten Tagen werden mehrere Stuttgarter Gäste hierher in die Sommerfrische kommen und im Gasthaus zum Waldhorn auf einige Wochen Quartier nehmen.

* Wie dasCalw. W." berichtet, macht sich in der Stadt Calw in sanitärer Beziehung und ebenso in der Verschönerung der Stadt ein günstiger Umschwung bemerkbar. Zu den bisher ausgeführten Straßen­trottoirs kommt nun eine Neuanlage in der Ledergasse. Ein sehr schöner Weg ist in der Fortsetzung der Bad­gasse, entlang der Nagold, geschaffen worden. Das Ufer der Nagold wurde erhöht, der bisher schon be­standene Weg bedeutend verbessert und mit einer Baum­anlage versehen, die in künftigen Jahren eine reizende Allee zu werden verspricht. Es ist auf diese Weise ein Parallelweg zu dem Deuchelweg und ein bequemer Zugang zu dem neuen Häuserviertel hergestellt worden. Bisher hat's in Calw an einem Rennverein gefehlt. Diesem Bedürfnis ist nun abgeholfen worden, insofern ein Wettrennverein gegründet wurde, der die Kräftigung der Körperkonstitution durch Wettlaufen anstrebt. Aus allen Ständen rekrutieren sich die Mitglieder und selbst dieDickeberger", welchen die österreichische Landsturm-Devise:Nur immer langsam voran", zum Verdruß geworden ist, huldigen im

man muß dieses oder jenes Blümchen zu sich nehmen zum dankbaren Andenken an die schöne Wiese. Und unter diesen Blumen ist's vor Allem dasVergiß­meinnicht".

Ueber die Entstehung des Blümchens erzählt Wil­helm Müller: Lykas und Egle waren das schönste Paar unter den Schäfern und Schäferinnen Arkadiens. Ihre Liebe und Treue war an den Ufern des Alpheus zum Sprichwort geworden. Da rief eines Tags der strenge Befehl seines Vaters den jungen Hirten nach der Stadt, um den Segen und die Erbschaft eines sterbenden Oheims zu empfangen. Egle zitterte für die Treue ihres Geliebten, nicht nur, weil er nun viel reicher wurde als sie, sondern weil sie die gefährliche Schönheit der Stadtfrauen fürchtete. Sie wagte aber nicht, den Lykas mit ihrem Argwohn zu kränken. Doch beim Abschied quoll eine herbe Thräne aus ihrem himmelblauen Auge und fiel auf das Ufergras zu ihren Füßen. Und siehe, eine Blume, mit der noch keine Schäferin sich geschmückt hatte, sproßte augenblicklich aus dem benetzten Rasen hervor, und auf ihren Blät­tern trug die Blume die Augenfarbe der schönen Egle. Sie pflückte die Blume, reichte sie Lykas, der ihr den Namen Vergißmeinnicht gab.

Die blaue Blume der Romantik, der Inbegriff alles Unendlichen, Ahnungsvollen, Wunderbaren und Phantastischen, die Blume, nach der Heinrich von

Schweiße ihres Angesichts der Parole:Laufschritt." Glück zu!

* Freudenstadt, 14. Juni. Heute nachmittag ist das dem Schuhmacher Merz in Untermusbach ge­hörige Wohngebäude gänzlich abgebrannt. Der Mobiliar- und Gebäudeschaden ist ziemlich bedeutend.

* Tübingen, 12. Juni. Die Aussichten für die diesjährige Obsternte verschlechtern sich im hiesigen Bezirk mehr und mehr. Was noch geblieben war, wird durch das Ungeziefer zerstört. Wie stark diese Plage ist, geht auch daraus hervor, daß das Oberamt unter Strafandrohung die Besitzer von Obstbäumen zur Reinigung derselben aufgefordert hat.

* Stuttgart, 13. Juni. Von Pforzheim aus, wo neuerdings wieder ziemlich viel Typhusfälle Vor­kommen, hat man sich, da es dort an Pflegerinnen fehlt, hierher gewandt um Abgabe von Diakonissinnen und barmherzigen Schwestern.

* Stuttgart, 14. Juni. Die Kammer der Standesherren hat beschlossen, dem Beschluß des an­dern Hauses betr. Verkauf der Saline Sulz nicht bei­zutreten.

* Der 50. Geburtstag Payers am Samstag gab, obwohl sich Payer jede Feier verbeten hatte, doch seinen Parteigenossen und Freunden in der Nähe und Ferne Gelegenheit, ihm ihre Glückwünsche darzubringen. Wie die Zweite Kammer, so hatte auch die Landtags­fraktion der Volkspartei ihm ein herrliches Rosen­bouquet mit der Zahl 50 gewidmet, außerdem ein prächtiges Album mit den Photographien der Fraktions- Mitglieder. Die Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei ließ durch den Abg. Galler einen silbernen Becher überreichen. Auch der Fränkische Volksverein hatte ein schönes Trinkglas gesandt. Zahlreiche sinnige und zum Teil kostbare Geschenke, Blumenspenden und ein ganzer Stoß von Glückwunschbriefen und Telegrammen aus Württemberg und ganz Deutschland legten Zeug­nis ab von der Liebe und Verehrung, deren sich Payer in weitesten Kreisen erfreut.

K Weinsberg, 15. Juni. Theobald Kerner's 80. Geburtstag wurde festlich begangen durch Böller­schüsse von der Burg Weibertreu. Um IOV 2 Uhr begaben sich die bürgerlichen Kollegien ins Kernerhaus um dem Jubilar die Urkunde über seine Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Weinsberg zu überreichen. Nach einem eingenommenen kleinen Imbiß wurden die Räume des Kernerhauses besichtigt, Theobald Kerner dankte für die Ehrung und versprach allzeit ein ge­treuer Bürger der Stadt bleiben zu wollen. Abends fand ein von Gästen aus Nah und Fern besuchtes Bankett statt. Kernerlieder in Chor- und Sologesängen kamen zum Vortrag und die 3 hiesigen Vereine boten neben Hofopernsänger Holpp und Conzertsänger Rat­felder aus Stuttgart, ihr bestes, um die Feier zu einer gelungenen zu machen. Stadtschultheiß Seuffer- held feierte in begeisterten und auch begeisternden Worten den Jubilar, feines Vaters und seine Verdienste um die Stadt Weinsberg und die Burg Weibertreu ins rechte Licht stellend, und schloß mit einem Hoch auf den Jubilar und das gesamte Kernerhaus. Gemeinde­rat Mosthaf von Neubach feierte den als gewissen­haften Arzt im Erlenbach im besten Andenken stehenden Jubilargreis, der chre Liebe sich ganz und gar für jetzt und immerdar erworben, und schloß mit dem Wunsche, der Jubilar möge auch noch so rüstig wie heute seinen 100. Geburtstag feiern. In humorvollen Worten dankte der Gefeierte, betonend, daß er eigentlich alle

die ihm widerfahrenden Ehrungen nicht verdiene, son­dern daß viele ihn ehren, weil er Justinus Sohn und zugleich jetzt auch alt sei. Wenn aber die Vereine von nah und fern kommen und am Kernerdenkmal in Wort und Lied seinen Vater ehren, so fühle auch er sich gleichzeitig dadurch geehrt. Freilich sei er nicht so gar gleich feinem Vater, doch hoffe er in dessen Geist und Sinn zu wirken. Er sei nur ein ärmlicher Kerl gegen seinen Vater, mit dessen Tod die Sonne im Kernerhaus untergegangen, die Gesinnungen seines Vaters habe auch er stets treulich im Herzen getragen und geübt, und habe er sich dadurch die Liebe seiner Mitbürger erworben und gewiß werden alle mit ihm einstimmen in den Ruf: Der Theobald soll leben hoch ! Landschaftsgärtner Seufferheld feierte den Jubelgreis in einigen launigen poetischen Worten. Auch Theo­bald Kerners Sohn, Arzt im badischen Oberland, trug ein selbstverfaßtes Gedicht vor, seinen Gefühlen für den Jubilar und die Stadt Weinsberg freien Lauf lassend. Als letzter verließ der Jubilar die Traube.

* (Verschiedenes.) Im Laufe der letzten Woche ritt der ledige 26 Jahre alte Dienstknecht des Hirsch­wirts in Sigmaringendorf Joseph Eger von Langenenslingen die Pferde in die Donau; hiebei bäumte sich eines der Tiere, warf den Knecht ab, welcher, trotzdem er des Schwimmens kundig war, sofort ertrank. In Eislingen gingen einige Schulknaben, nachdem die Arbeiter am Neubau des früh. Engelwirts Rieckert Feierstunde gemacht hatten, in den Bau hinein und beschäftigten sich an den Seilen, welche zu dem Aufzugsrad hinaufführen. Plötzlich fiel das Aufzugsrad herab und schlug einen 9jährigen Knaben zu Boden. Mit einer großen schweren Kopf­wunde bedeckt und von Blut überströmt, mußte der Unglückliche nach Hause getragen werden. Sein Zu­stand ist bedenklich. In Heilbronn übcrrannten 2 scheu gewordene Pferde mit einem schwer beladenen Wagen einen Schiebwagen, in dem ein leidender Mann saß. Der Mann war sofort tot, und die Frau, die den Krankenwagen schob, mußte schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. In Schwenningen wurde das 1^/2 Jahre alte Mädchen des Fabrikarbeiters Christian Schlenker überfahren, so daß das Kind einige Stunden darauf gestorben ist.

* Von der bayer. Grenze, 14. Juni. Ein vielseitiger Mann, dessenNam' noch Art" bis jetzt nicht festgestellt werden konnte, wurde in Nördlingen festgenommen. Er hatte eine große Partie von Legitimationspapieren und Formularien hiezu bei sich und ist inhaltlich dieser Papiere Bäcker, Kaufmann, Buchhalter, Sattler, Buchbinder, Klempner, Seifen­sieder, Färber, Zimmerkellner, Seiler, Bierbrauer und Konditor. Bald ist er bürgerlich, bald adelig. Sein adeliger Name ist Hugo v. Linden. Das Gericht wird nun zunächst den wahren Namen des Mannes feststellen und ihm seine Vielseitigkeit auf einige Zeit nehmen.

* Dresden. Wegen versuchten Brudermordes verurteilte das Landgericht den aus Risa stammenden 12 Jahre alten Schulknaben W. Max Heinze zu vier Jahren Gefängnis. Er hatte aus Rachsucht seinen um ein Jahr jüngeren Bruder mit einem Pistolenschuß hinterrücks zu töten versucht, ihn aber nur schwer verletzt.

* Berlin, 13. Juni. Mit einer furchtbaren Katastrophe endete gestern abend die Probefahrt, welche

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Osterdingens armes Herz schmachtete, war das Vergiß­meinnicht.

Daß das Vergißmeinnicht in Sage und Dichtung einen hervorragenden Platz einnahm, ist nicht ver­wunderlich, wenn man es nur betrachtet. Ich glaube, ich kann keinen besseren Schluß finden, als mit den Worten, die der gottbegnadete Dichter Julius Wolfs die braunlockige Köhlerstochter des Harzgebirges zu dem blonden Ritterskinde Wulfhild sagen läßt:

Mich soll es wundern," frug zur Stunde Waldtraut,ob du es wirklich weißt,

Aus welcherlei Betracht und Grunde Vergißmeinnicht das Blümchen heißt."

Nun," sprach Wulfhild.das soll bedeuten,

Daß wem geschenkt die Blume ist,

In Heimlichkeit vor andern Leuten,

Den lieben Geber nicht vergißt."

Jawohl, so heißt es allerenden

Lacht Waldtraut,doch es ist nicht wahr,

Es hat ganz anderes Bewenden,

Gieb acht, ich mach dir's offenbar.

Wenn einem schon die Wünschelrute Auf einen Schatz im Boden schlägt,

Thuts not, daß er an seinem Hute Die selt'ne blaue Blume trägt.

Die öffnet ihm die dunklen Tiefen.

Er packt nun ein. soviel er kann.

Die Drachen, die beim Horte schliefen, Sehn zu und hindern nicht den Mann.

Er legt den Hut ab mit der Blume,

Greif einen Griff, streich einen Strich", TöntS auf der Tiefe Heiligtum«,

Hat er genug, heißt'spacke dich".

Er rafft nun Alles schnell zusammen,

Denkt jetzt an Hut und Blume nicht Und eilt, verfolgt von roten Flammen,

Da rufts ihm nach:Vergißmeinnicht."

Das Blümchen ist's, ließ er'S im Stiche Fänd er des Weges nicht zurück,

Und seiner Schätze Glanz erbliche,

Drum an dem Blümchen hängt sein Glück.

Nun läßt man dies hier dafür gelten Weil's blau ist, nennts Vergißmeinnicht. Die echt ist's nicht, die blüht gar selten Und wer sie findet, sagt es nicht.

(Anmerkung d. Red.: Wenn wir durch den Ab­druck dieses Vortrags, der uns mit alten Sagen und Dichtungen über die bekanntesten Pflanzen in Wald und Feld unseres lieben Schwarzwalds vertraut macht, dem geneigten Leser und dem Naturfreund für seine Wanderungen und Betrachtungen der Sprößlinge der guten Mutter Erde einen Dienst erwiesen haben, so gereicht uns das zur Befriedigung.)

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