Bahnhof. Man sei hierüber in Balingen einig ge­wesen. Die Postverwaltung habe jetzt einen Zwie­spalt verursacht, indem sie sagt, wenn die Balinger kein Postgebäude am Bahnhof haben wollen, dann werde überhaupt jetzt noch nicht gebaut. Diese Stellung­nahme sei nicht richtig. Redner fragt an, ob eventuell eine Postfiliale in der Stadt errichtet wird. Minister­präsident v. Mittnacht: Es sei davon nicht die Rede, daß man prinzipiell am Bahnhof bauen wolle, man habe oft schon wo anders gebaut. Ferner sei nicht richtig, daß man eine Pression auf die Balinger ausgeübt habe. Eine Filiale werde kaum in Betracht kommen, könne aber noch erwogen werden. Die Re­gierung stehe auch nickt auf dem Standpunkt, daß, wenn nicht am Bahnhof, überhaupt nicht gebaut werde. Abg. Nieder hält es für zweckmäßig, in der Mitte der Stadt zu bauen, eventuell eine Filiale zu errichten. Präsident v. Weizsäcker legteingehend den Stand- Punkt der Postverwaltung dar. Abg. Haußmann wird, da eine Filiale nicht in Aussicht gestellt wurde, gegen die Position stimmen. Abg. Aldinger wird für den Kommissionsantrag stimmen, die Industriellen seien mit 75 Proz. am Postverkehr beteiligt und wohnen am Bahnhof. Abg. Haußmann: Der Vorredner irre sich. Minister Frhr. v. Mitt­nacht tritt nochmals für das Bahnhofprojekt ein. Oberpostrat v. Harsch: Vom posttechnischen Stand­punkt aus komme man zu dem Regierungsprojekt. Der Kommissionsantrag wird angenommen, und hienach das Postgebäude am Bahnhof Balingen gebaut werden. Der Rest des Titels (Postgebäude in Crailsheim, Geislingen, Ehingen, Oberndorf, Hall und Cannstatt) wird nach eingehender Begründung durch den Bericht­erstatter Abg. Bürk genehmigt. Vizepräsident Dr. Kiene begründet eingehend die Notwendigkeit des neuen Postgebäudes in Ehingen und wünscht Telephon­anschluß für Ehingen. Abg. v. Geß: In Eßlingen ist ein Postgebäude dringendes Bedürfnis. Abg. Krug wünscht ein Postgebäude in Biberach, das jetzige Lokal genüge nicht mehr. Der Titel wird angenommen und damit ist der Postetat erledigt. Nächste Sitzung: Donnerstag 10 Uhr. Tagesordnung: Steuervorlage.

LarrdsSrrachrichtsrr.

r) Altensteig, 7. Juni. Wie alljährlich am Pfingstmontag, so fand auch Heuer wieder inZweren- berg eine Zusammenkunft der Jünglingsvereine aus den Bezirken Nagold und Calw statt. Am Pfingstfest machte eine Abteilung des Stuttgarter Jünglingsvereins, ca. 80 Mann, dem Zwerenberger einen Gegenbesuch.

Ueber 100 Jünglinge von Calw, Nagold, Rohrdorf, Altensteig und von den umliegenden Orten waren zu der Jahresfeier des Zwerenberger Vereins erschienen. Der Vorstand des Zwerenberger Vereins, Hr. Pfarrer Fischer und der Bundes-Agent der Evangel. Jüng­lingsvereine in Süddeutschland, Hr. Mehmke aus Stutt­gart, leiteten die kirchliche Feier. Nach derselben ver­einigten sich die Teilnehmer in dem herrlichen schattigen Schulgarten, woselbst der Zwerenberger Verein seine Festgäste mit Bier und Brot bewirtete und für ge­sellige Unterhaltung durch Gesangsvorträge, Dekla­mationen und durch die Aufführung vonWilhelm Teil," aufs beste sorgte. Eine über den ganzen Schwarzwald, sowie in den Bez. Böblingen, Leonberg und Herrenberg verbreitete streng kirchl. Sekte, die Bregenzianer, kommen ebenfalls regelmäßig und in großen Scharen am Pfingstmontag in Hornberg, OA. Calw zu ihrem sog. Stiftungsfeste, dessen Feier streng religiös gehalten wird, zusammen.

* Alten steig, 8. Juni. Auf dem Frhrl. Hof­gut Roßrücken brachte gestern früh der Knecht des Pächters Künstle die rechte Hand in die Futter­schneidmaschine mit Göppelbetrieb. Die Hand ist ganz verloren, der Stumpf muß beinahe am Ellen­bogen amputiert werden.

* Altensteig, 8. Juni. Ein im Amtsblatt des Mini­steriums des Innern veröffentlichter Erlaß an die Ober­ämter und Ortsvorsteher, betr. die Uebereinkunft zwischen dem K. Ministerium des Innern und der Norddeutschen Hagelversicherungs-Gesellschaft über die Regelung der Hagel-Versicherung in Württemberg, vom 19. Mai 1897, enthält die Mitteilung, daß die Erhebung eines Zu­schlags von 10 o/o zur Vorprämie für den Präzipual- leistungsfonds wegfällt, so daß' die Versicherten schon für dieses Jahr nur noch für den Nachschußfonds einen Zuschlag zur Vorprämie von 20 o/o zu bezahlen haben. Außerdem ist behufs thunlichster Beschleunigung des Versicherungsabschluffes das Institut der Bezirksagen­turen beseitigt worden, so daß jeder Agent unmittel­bar mit der Generalagentur der Gesellschaft selbst verkehrt.

* Stuttgart, 4. Juni. Die kgl. württemb. land­wirtschaftliche Zentralstelle weist im Anschluß an frühere Warnungen vor unsoliden Viehversicherungs­gesellschaften darauf hin, daß nunmehr auch derAll­gemeinen deutschen Versicherungsgesellschaft in Lübeck" der fernere Geschäftsbetrieb in Baden verboten wor­den ist.

* Hagelloch, 5. Juni. Der Bierstrike nimmt nun eine ernstliche Wendung an. Die vier hiesigen

Wirte haben beim Oberamt Beschwerde eingereicht, der zufolge dasselbe verfügte, daß das Strikekomite nur noch Bier an hiesige Einwohner abgeben darf, dagegen an Auswärtige, die auch die Strikewirtschaft frequentierten, nicht mehr. Allgemein ist man auf den Ausgang dieses Striks sehr gespannt, da die Wirte bei den Bierbrauern Unterstützung finden.

* Biberach, 4. Juni. Ein in der Strafrechts­pflege wohl selten vorkommender Fall hat sich dieser Tage hier zugetragen. Der 70jährige Schneider Merk, welcher vor einigen Monaten ein ZOjähriges Mädchen geheiratet hat, arbeitet seit längerer Zeit für die hiesige Firma Gebr. Landauer, welche ihm die zu verarbeiten­den Stoffe nach Hause gab. Ohne nun durch irgend welchen Verdacht oder sonstwie hiezu gezwungen zu sein, erschien M. vor einigen Tagen auf dem hiesigen Amts­gericht und machte gegen sich selbst die Anzeige, daß er regelmäßig einen Teil der ihm anvertrauten Stoffe unterschlagen und somit die Firma L. bedeutend benach­teiligt habe. Die Untersuchung ist nun im Gange.

* (Ueber das Detailreisen und das Ge­setz.) Nachdem in den letzten Tagen im Landtag über die Frage und die Zulässigkeit des Detailreisens viel gesprochen worden ist, wird nachstehender Fall, der die Behörden in Anspruch genommen hat, von Interesse sein: Ein Oberamt des Schwarzwaldkreises hat den Detailreisenden T. in Z. wegen Aufsuchen von Bestellungen auf Waren (landwirtschaftliche Ma­schinen) bei den Bauern K. und L. in U. (also außer­halb des Gememdebezirks seiner gewerblichen Nieder­lassung) ohne deren vorgängige ausdrückliche Aufforde­rung zum Besuchen oder Vorzeigen der Artikel bestraft, weil es hierin eine Uebertretung des Z 44 der Reichs­gewerbeordnung nach ihrer Fassung infolge der Novelle vom 6. August 1896. betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung erblickt hat. Auf den von dem X. gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Schöffengericht auf vorgängigen Antrag der Staats­anwaltschaft den Reisenden freigesprochen mit der Be­gründung, daß es zwar feststehe, daß T. Bestellungen auf landwirtschaftliche Maschinen ohne vvrgängige aus­drückliche Aufforderung der Bauern K. und L. aufge­sucht hat, daß es sich aber um Personen hier handle, in deren Geschäftsbetrieb die angebotenen Waren Ver­wendung finden. Eine Uebertretung des Z 44 der Reichsgewerbeordnung in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1896 liege sonach nicht vor und sei deshalb der Beschuldigte freizusprechen. Behufs Orien­tierung in der Sache sei der Wortlaut des genannten Z 44 mitgeteilt: Das Aufkäufen darf ferner nur

wieder »ine und weiter drüben ein großer See. Kein Vogel singt, keine Forelle springt, kein Ton dringt aus dem Thale herauf, alles Ruhe, still, leblos, tot, end­los. Wir fühlen den Hauch der Ewigkeit, die hier im Hochmoor vor uns begraben liegt, es ergreift uns, wir stehen still und fürchten uns, die heilige Ruhe mit unserem Schritt zu stören .....

Das sind die Gebiete der Erica, des Haidekrauts. Rötlich Kraut bedeckt die Haide Und es blühet still und zart Niedrig, ohne alles Prangen Nach des Krauts bejcheid'ner Art.

Jedes Blütchen hat ein Glöcklein,

Das da tönt zu Gottes Preis.

Jedes Blütchen ist ein Brünnlein,

Das die kluge Biene weiß.

Und so steht's im flachen Sande Grünt und blüht und sprosset still,

Wo kein and'res Blümlein wachsen,

Leben und gedeihen will.

Wird dereinst auf armer Scholle Nur ein karges Plätzchen dein,

Laß o Herz das Kraut der Haide Beispiel dir und Lehre sein.

Immer sei, o Herz, ein Glöcklein,

DaS da tönt zu Gottes Preis Immerdar ein Brunn' voll Liebe,

Der der Welt zu nützen weiß. Hedw. Gäbe.

Steigen wir von der Hochebene herunter, so be- gegnen wir mancher kleinen hellgrünen, struppigen Staude, demWacholder,wach", lebendig, mun­ter, verbunden durch die Ableitungsendungol" mit ter" oderder", Strauch so bedeutet Wacholder im Altdeutschen den immer wachen, immer grünen Strauch. Er war bei unseren Vorfahren sehr beliebt, seine Beeren sind ja auch heute noch ein allbeliebtes Hausmittel; er hatte alle möglichen Namen: Kranewitt, Man- chandelbom, Macholler, Recholler, Queckholder, Kaddig, Knirk, Knickel, Kniel. Bei den Germanen gehörte der Wacholder zu den geheiligten Hölzern, die bei der Verbrennung der Toten und bei Opfern verwendet wurden. Als das Christentum das Heidentum ver­drängte, verbrannten die Priester Wacholder zum Räuchern bei der Messe, daher heißen die Beeren in

Westphalen heute nochWeiheckeln". Der Marieen- kultus setzt in manchen Gegenden der heil. Maria einen immergrünen Kranz von Wacholderzweigen auf, um ihre Ewigkeit anzudeuten. Allgemein anerkannt vor allen andern Pflanzen war seine Heilkraft. Litt je- mand an Pocken, so tauchte er einen Saphir in Wacholderöl und zog um die Pocken einen Kreis, wodurch er das Pockengift auf diesen Kreis beschränkte. Um Warzen zu vertreiben, ging man unter Mittag an einen Wacholder, schnitt 3 kleine Zweige ab, legte dieselben auf die Erde und beschwerte jeden Zweig mit 3 Kieselsteinen. Wenn die Zweige verdorren, müssen die Warzen abfallen, ebenso gehts allen Hühner­augen und zwar wenn man die Zweige nur knickt.

Wenn kleine Kinder kränkelten, so steckten die Mütter Wolle und Brot in einen Wacholderbusch auf fremder Flur und sprachen dabei:

Ihr Hollen und Hollinnen

Hier bring ich Euch etwas zu spinnen

Und zu essen

Ihr sollt spinnen und essen Und meines Kindes vergessen;

weil man annahm, daß die Kobolde, die das Kind quälten, im Wacholderbusch wohnen.

Auch gegen Hexen schützt der Wacholder. Der Fuhrmann nahm einen Wacholder als Peitschenstiel, dann kann kein böser Geist seine Pferde bannen. Zum Buttern nimmt die vorsichtige Bäurin einen Wach­olderstab, er schützt zwar vor Hexen, aber er hindert manche Bäurin leider nicht am Mogeln. DerBauer raucht mit Vorliebe aus Wacholderholzpfeifen. Um einen Dieb zu zwingen, das Gestohlene wieder zurückzu­bringen, ging man vor Sonnenaufgang zu einem Wacholder, bog seine Zweige mit der linken Hand nach Osten hin bis auf den Boden und legte einen Stein darauf, damit sie nicht wieder emporschnellten und sprach: Wacholderstrauch ich thu dich bücken und drücken bis der Dieb dem N. N. sein gestohlenes Gut wiedergebracht hat. Sobald dann der Dieb das gestohlene Gut wiedergebracht hat, versäume man ja nicht, den Stein genau auf das Plätzchen wieder hin­zulegen, von wo man ihn genommen hatte.

Am Kindlestag, dem 3. Weihnachtsfeiertag, wird der Wacholder als sog. Pfefferruthe verwendet. Die

Kinder gehen von Haus zu Haus, bestreichen die Leute mit dem kratzenden Wacholderreis und sprechen dazu: Pfeffer, Nussa, Küachla raus Oder i laß da Mader ins HeanerhauS!"

Sehr alt ist der Brauch Wacholderzweige auf den Zimmerboden zu streuen, in Westpreußen lebt er noch beute, wo man zur Osterzeit in Ermanglung anderen Grünzeugs Wacholderreiser streut. Auf den alten Glauben, daß für einen müden Wanderer ein kurzer Schlaf unter einem Wacholderstrauch zur völli­gen Wiedererlangung seiner Kräfte genügt, baut sich folgendes Gedicht von Martin Lange:

Es ist genug! nimm meine Seele, Herr,

Ich bin ja besser nicht als meine Väter.

Da liegt dein Kreuz! es wird mir allzuschwer Zu sterben ist mein einziges Begehr,

Nimm wen du willst zum Prediger und Beter!

So saß ich grollend im Wacholderstrauche Gesenkten Hauptes und schloß das müde Auge.

Da stand der Herr und einen Schleier zog Vor meinen Augen er vom Erdenthale Da sah ich 7000 noch Die standen aufrecht unter Christi Joch In Händ und Füßen seine Nägelmale.

Und einen andern Schleier von den Höhen Des Himmels zog der Herr und hieß mich sehen.

Und was ich sah, das rauschte wie ein Meer Wie Gold und Silber funkelten die Wogen Um seine Ufer aber welch ein Heer:

Auf Harfen spielten sie JehovahS Ehr Mit weißen Kleidern prächtig angezogen.

Sie sangen, daß di« Himmelspforten klangen Gelobt sei Gott, das Erste ist vergangen.

Es ist genug! Nun gieb mir lieber Herr Was ich dir gab, gieb mir die Seele wieder Gieb her dein Kreuz! Es ist mir nicht zu schwer Der Tod ist nicht mein einzig' Sehnen mehr Gestärkt vom Schlafe fühl ich Herz und Glieder.

Im Traume sprach ich'S noch und beim Erwachen Sah Gottes Wort ich vor mir aufgeschlagen.

Da stand geschrieben: Kind, dein Gott bin ich Ich will dir deinen Weg zum Wandel weisen Mit meinen beiden Augen leit' ich dich Gottlose fallen, hoffe du auf mich Sollst du meine Güte sehn und preisen.

Ich sah empor, da glänzten alle Hügel Im Morgenrot und rauschten Adlerflügel.

(Fortsetzung folgt.)