Manne ausgeströmt, sichtbaren Ausdruck zu geben, besteht der Plan in Breiten ein würdiges Gedächtnishaus zu erstellen, das nicht allein zur Aufnahme von Handschrift!. Aufzeichnungen, Gemälden, Kupferstichen u. s. w. dienen, sondern auch Räume zur Abhaltung von Gottesdiensten und zur Anbringung von Gemälden bieten soll, welche die Vielseitigkeit im Leben und Wirken Melanchthons veranschaulichen. Gaben für dieses Gedächtnishaus nimmt der Rechner des Melanch- thon-Vereins in Breiten gern entgegen. — In den evangelischen Kirchen Württembergs wird nächsten Sonntag den 14. Februar die vierhundertste Wiederkehr des Geburtstages Philipp Melanchthons festlich begangen. Mit Genehmigung S. Maj. des Königs ist für den Vormittags-Gottesdienst der Text Daniel 13, 3: „Die Lehrer werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich", für den Nachmittags- Gottesdienst der Text Römer 1, 16: „Ich schäme mich des Evangeliums von Christo nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben, die Juden vornehmlich und auch die Griechen," als Grundlage der Predigt angeordnet.
* Rottweil, 8. Febr. Freiherr v. Münch hat in seiner Entmündigungsstreitsache gestern und vorgestern die sämtlichen Mitglieder der hiesigen Zivilkammer abgelebnt, weil sie ihm aus der Art und Weise ihrer Entmündigungs-Vormundschaftsführung regreßpflichtig und daher Kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen seien. Infolge dieses Ablehnungsantrags mußten die sämtlichen zur Beweisaufnahme auf die Zeit vom 8.—12. d. M. geladenen Zeugen und Sachverständigen noch in letzter Stunde telegraphisch abbestellt werden. Herr von Münch hat bisher stets mit allem Nachdrucke die thunlichste Beschleunigung des Verfahrens betrieben; von diesem neuesten Schritte hat ihn auch die Beratung seines eigenen Anwalts nicht abzubringen vermocht.
* Die Landesversammlung der Deutschen Partei faßte nach der „Fr. Z." am Sonntag in Stuttgart über die Proportionswahl eine Resolution folgenden Inhalts: 1) Die Partei fordert die Umgestaltung der Abgeordnetenkammer in eine reine Volkskammer; 2) ersucht sie die deutschparteilichen Abgeordneten, die Regierung zu bitten, von dem Ersatz der Privilegierten durch die Proportionalwahl abzusehen und unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl der Hauptstadt und einiger größerer Städte das bisherige Wahlsystem beizubehalten; 3) sollten Regierung und Kammermehrheit auf Proportionalwahl bestehen, so mögen die Abgeordneten der Deutschen Partei ihre endgiltige Abstimmung über Annahme oder Ablehnung der gesamten Verfassungsrevision einschließlich der Proportionalwahl davon abhängig machen, ob und in wie weit die Zusammensetzung des Landtages, namentlich auch der Ersten Kammer, den berechtigten Volkswünschen und Landesbedürfnissen entspricht.
* Stuttgart, 8. Februar. (Versteigerung von Fundgegenständen.) Im Wartesaal 3. Klasse des hiesigen Hauptbahnhofs begann heute der Verkauf der in den Zügen und Bahnhöfen der württ. Staatseisenbahnen liegen gebliebenen Gegenstände (Schirme, Hüte, Stöcke rc.) Die Anzahl dieser Gegenstände ist wieder so groß, daß die Versteigerung mehrere Tage beansprucht.
* Vaihingen a. Enz, 6. Febr. (Marktverbote) Große Aufregung herrscht unter der Bevölkerung darüber, daß der auf nächsten Dienstag fallende Markt in Enzweihingen und der auf kommenden Mittwoch fällige Markt in Vaihingen verboten worden ist. Die bäuerliche Bevölkerung fragt sich, von was sollen wir unsere Pachtgelder und Zinsen bezahlen, wenn uns jeder Absatz von Vieh, für das uns bald auch das Futter fehlt, unmöglich gemacht wird? Die Geschäftsleute klagen, sie können aus ihren teuren Geschäften nichts verkaufen, da im Publikum kein Geld im Umlauf sei. Die Wirte jammern und sagen, es wäre noch alles recht, wenn nur der Herr Kameralverwalter nicht so Pünktlich mit den Umgeldszetteln wäre und für jeden ausfallenden Marktauch die entsprechendeUmgelds- rate in Wegfall käme; die Kapitalisten müssen im wahren Sinn des Wortes „sparen, daß sie borgen können." Alles aber ist der Ansicht, daß es mit den Sperrmaßregeln wegen der Maul- und Klauenseuche nicht so fortgehen könne, weil sonst nicht nur Vieh, sondern auch Menschen daran zu Grunde gehen.
8 Ulm, 9. Febr. In der heutigen Sitzung genehmigten die bürgerlichen Kollegien die Errichtung von 2 Parallelklassen an den beiden unteren Klassen der Knabenmittelschule mit einem Mehraufwand von 3000 Mk. einstimmig.
* (Verschiedenes.) In Eybach bei Geislingen drang am Donnerstag abend ein unbekannter Mann in das Haus des Bürgers Kummer ein, überfiel dessen Pflegetochter, welche allein zu Hause war, warf dieselbe zu Boden und traktierte sie mit einem Schemel derart, daß sie bewußtlos liegen blieb. Alsdann erbrach er das Schreibpult und machte sich mit der darin befindlichen Summe Geldes, es sollen 300 Mk. in Gold gewesen sein, am und davon. Das Mädchen, welches wieder zum Bewußtsein gebracht wurde, konnte den Hergang der Unthat erzählen. Von dem Thäter hat man noch keine Spur. — Der mit 1300 Mk. durchgegangene Gehilfe Sch. der Oberamts- pflege in Ehingen a. D. scheint ein recht gutes Früchtchen zu sein. Er schreibt in einem Brief von New-Iork aus an einen seiner früheren Freunde: „Bin gut hier angekommen, richte einen schönen Gruß aus an meinen Kostherrn und an den Landjäger; in Paris war ich etwa 8 Tage, dort war es sehr schön rc." Seinem Kostgeber hatte ja bekanntlich Sch. 300 Mk. abgeschwindelt, worüber dieser dem Landjäger Anzeige erstattete, aber zu spät, denn der Vogel war bereits ausgeflogen. Unbegreiflich scheint es zu sein, daß Sch., trotzdem man wußte, daß er den Weg über Zürich, Genf, Paris, Havre genommen hat und trotzdem für seine Ergreifung 100 Mk. Belohnung ausgesetzt waren, dennoch glücklich nach Amerika entkam. — Infolge Verwechslung von Sublimat-Pastillen mit Kalomel- pülverchen ist am Freitag früh in Söflingen das Kind eines Taglöhners an Vergiftung gestorben. Die Sublimatpastillen waren vom Arzt einem Schlossergesellen verschrieben, der in der Wirtschaft zur „Glocke" wohnte. Der Bote, der die Arzneien mit einander aus der Apotheke in Ulm holte, legte beide in der Wirtschaft zur „Glocke" nieder, wo sie dann verwechselt wurden, so daß das kranke Kind in der Nachbarschaft, dem das Kalomel verordnet war, das Gift einnahm und starb. — In Dürrwan gen waren dor
tige Arbeiter an einer Berghalde mit Holzmachen beschäftigt. Plötzlich rollte ein großer Stein von der Höhe herunter und drückte einen 19 Jahre alten Bürgerssohn von dort an eine Tanne, so daß dessen Tod sofort eintrat. — Der 19 Jahre alte Sohn der Witwe Krauß in Alptrsbach wollte am Samstag abend mit mehreren Kameraden den etwa 10 Minuten von der Stadt entfernten „grünen Baum" besuchen. Nach Aussage seiner Begleiter soll K. diesen etwas vorangeeilt und dann von ihnen nicht mehr gesehen und gehört worden sein. Ohne Zweifel ist K. bei der großen Dunkelheit jener Regennacht in die hart neben der Straße fließende Kinzig gestürzt und ertrunken.
* In Bayern werden demnächst die Führer einzelner Schnell- und Personenzüge mit tragbaren Telephon-Apparaten ausgerüstet. Hierdurch wird ermöglicht. bei plötzlichen Hindernissen, wie Schneeverwehungen, Maschinenschäden, Zusammenstößen, Unglücksfällen auf freier Strecke von jedem beliebigen Punkte aus durch Anschluß an die Streckenleitungen telephonische Meldungen an die Stationen der Linie zwecks Entsendung von Hilfszügen und Hilfsmaunschaften gelangen zu lassen.
* Mainz, 8. Febr. Der Rhein ist über die Ufer getreten. Die Schiffahrt ist ganz eingestellt. Der Pegelstand hat sich seit gestern um 23 Zentimeter erhöht. Jetzt ist aber ein Stillstand eingetreten.
* Berlin, 8. Febr. Wolfs meldet: Dem Ver
nehmen nach ist Befehl auf schleunige Indienststellung I I> I > der „Kaiserin Augusta" gegeben worden, welche nach ^ !
Kreta in See geht.
* Berlin, 8. Febr. Der Strafsenat des Kammer- ^ gerichts als Revisionsinstanz im Prozeß gegen den Bäckermeister König erklärte die Bäckereiverordnung > des Buudesrats vom 4. März 1896 als rechtsgültig
unter Bestätigung des Urteils der Strafinstanz. - !
* Der deutsche Landwirtschaftsrat, der in Berlin ' ' ' '
zusammengetreten ist, nahm nach längerer Debatte ein- '' ' ' stimmig den Antrag Puttkamer - Plauth an, welcher ' '
zwecks Verhinderung des Abzugs der Landbevölkerung ' '' nach den großen Städten, den Jndustricbezirken und ' '' ' ' dem Auslande vorschlägt: 1. die Landarbeiter seßhaft
zu machen durch die Möglichkeit, ein kleines Anwesen ZZzRZ zu erwerben oder zu pachten, oder mittels teilweiser AZIDZ Entlohnung durch Ueberweisung kleiner Ackerparzellen welche Viehhaltung ermöglichen; 2. durch Rückkehr zu —- umfangreicher Natnrallöhnung, wo die Vorbedingungen zur Seßhaftmachung fehten. In der weiteren Ber- Handlung, welcher auch der bayerische Gesandte Graf ' > > Lerchenfeld und der sächsische Bundesratsbevollmächtigte Fischer beiwohnten, beantragten Freiherr v. Cottlo- Reichertshausen und Landrat von Weder-Halle a. d. S., die Beteiligung der Landarbeiter an dem Roherträge zu empfehlen, soweit die Erzeugnisse in der eigenen Wirtschaft der Arbeiter verbrauchbar sind, während die Beteiligung der Arbeiter am Reinerträge nicht Erfolg verspreche.
* Hamburg, 8. Febr. Wie wir schon in letzter Nr. meldeten, kam es am Samstag abend zu Ausschreitungen seitens der Aufständischen. Die über die ergebnislose Beendigung des Ausstandes gereizten Ar- -« beiter überfielen von der Arbeit heimkehrende Streik- drecber auf dem Scharmarkie und mißhandelten sie in
M L « s « s « rrcht. M
Nicht in die ferne Zeit verliere dich, den Augenblick ergreife, der ist dein.
Zwischen Lipp' und Kelchesrand.
Roman von I. Berger.
(Fortsetzung.)
„Da, setz Dich aufs Sopha, hier in die Ecke, mein Junge," sagte die Majorin und füllte eine Tasse mit heißem Thee. „Und nun trinke ein paar Schluck und zünd' Dir eine Zigarette an."
Aber er dankte. Er hatte heute kein Verlangen nach Rauchen. Dann nahm er Platz.
Inzwischen betrachtete sie ihn füll. Er war verändert. Sein Gesicht war blaß, die Augen hatten einen abwesenden unsteten Blick. In der sonst so schneidigen und energischen Haltung lag etwas Schlaffes und Müdes.
Sie neigte sich zu ihm und faßte seine Hand.
„Aber, was hast Du denn, Wulf?"
„Nichts, Mama," antwortete er.
„Doch, Wulf, Dir ist was!"
Er schüttelte den Kopf und saß wieder, wie er von Anfang an gesessen hatte, vornübergebeugt und sah auf die Erde.
Die Majorin fragte nichts mehr, sie ging in der Stube auf und nieder und machte sich mit dem Thee- gerät zu schaffen.
Eine Weile blieb es ganz still. Dann stand Wulf auf und trat ans Fenster.
„Um welche Uhr morgen früh geht wohl em Zng nach Berlin ab?" sagte er plötzlich.
„Nach Berlin? Warum fragst Du?"
„Ich will fort!"
Die Majorin schaute mit einem eigentümlich weichen Ausdruck in ihrem Gesicht vor sich hin. „Kann mir's" denken, weshalb Du fort willst, das Mutterauge blickt tief," sagte sie bewegt. „Wie kann man aber so zaghaft sein? Wenn Du die Hilde liebst, dann halte doch mutig um sie an."
„Das wird nie geschehen, Mama! Nie!"
„O Wulf!"
„Nein, nein, Mama! Und wenn ich sie tausendmal mehr liebte, wie jetzt."
„Ach Gott, das ist doch schrecklich! Ich hätte mich doch gefreut und Euch so gern meinen Segen gegeben. Die Hilde ist ein liebes herziges Geschöpf, Du würdest unsagbar glücklich mit ihr sein."
Es zuckte schmerzlich über sein Gesicht. „Ja, ja, das glaube ich auch. Aber sie hat kein Geld — gar kein Geld und ich habe auch kein Geld. — Woher soll das Commißvermögen zur Caution kommen? Von was sollen wir später leben?"
„Das Mädchen steht mir zu hoch, um das Martyrium einer ewig langen Brautzeit über sie zu verhängen. Und nachher eine Ehe mit Knappsen in allen Ecken, — oder Schulden. Du mußt selbst ein- sehen, Mama, daß eine Heirat mit ihr ganz unmöglich ist!"
„Nun, ich könnte Euch vielleicht helfen und durch meine reichen Verwandten Rat schaffen. Vetter
Brenkwitz auf Wienrode würde gewiß die Caution
„Nein, um Gottes willen, Mama, das thu' mir nicht an !" stieß Wulf mit umdüsterter Stimme hervor. „Bei Verwandten betteln gehen — das wäre das Letzte!"
„Du hast Recht, Wulf! Ich hatte nicht überlegt. — Und es wäre mir auch bitterschwer geworden."
Er trat zu ihr und faßte zärtlich ihre Hand. „Sorge Dich nicht weiter um mich, mein gutes Mamachen — das mit Hilde ist abgetban! Und hoffentlich bringe ich es noch weit in der Welt! Ich bin jung, Soldat mit Lust und Liebe, trage einen guten Namen und mein Ehrenschild ist unbefleckt. Gott verläßt keinen Deutschen, wenn er mit Energie und eisernem Willen vorwärts und einer glänzenden Zukunft zustrebt !"
Die Majorin richtete sich empor und legte die Hände auf seinen Scheitel. Sie sah ihm lange, lange mit ernstem Blick in das glühende Gesicht: „Mögen Deine Hoffnungen sich verwirklichen, mein Sohn, ich wünsche es Dir von ganzem treuem Herzen."
Sie seufzte unwillkürlich auf. — Denn schattenhaft zogen plötzlich düstre Ahnungen durch ihren Geist und legten sich beängstigend auf ihr Gemüt. — So kündigte sich das Unglück an.
Wulf hatte seine Mütze genommen und küßte ihr zärtlich die Hände.
„Ich will jetzt gehen und meine Sachen packett, Mama. Es ist das Beste, ich nehme gleich Abschied von Dir, weil ich mit dem Frühzuge fahren möchte!"
Fruchtpreise.