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Von dev oberen Nagold.
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Menstaig, Samstag den 15. Dezember.
1883.
Mr. 147.
Amtliches.
Das Schleifen von Langholz und Klötzen auf den öffentlichen Wegen im Winter wird mit Ermächtigung des Kgl. Ministeriums des Innern unter nachfolgenden Bestimmungen in widerruflicher Weise gestattet: 1) Das Schleifen des fraglichen Holzes auf den öffentlichen Wegen bleibt aus die Winterszeit, wenn die Wege gehörig mit Schnee bedeckt und gefroren sind, so daß die Fahrbahn nicht beschädigt wird, beschränkt. 2) Das geschleifte Holz darf höchstens die Breite eines Fahrgeleises einnehmen. 3) Es darf nur eine Länge Hölzer nicht zwei oder mehrere hinter einander verkuppelt, geschleift werden. 4) Die Holzstämme müssen vorne und hinten derart gut zusammengebunden sein, daß sie sich nicht wälzen können. 5) Jedem Zuge mit geschleiftem Holz muß außer dem Fuhrmannein mit einem Griffe versehener Geleitsmann beigegeben sein der, wenn das geschleifte Holz seitwärts rutscht, es so ablenkt, daß andere Fuhrwerke ungehindert vorbeikommen können. 6) Jeder solche Zug hat entgegenkommenden oder vorsahrenden Fuhrwerken geordnet auszuweichen und so lange anzuhalten, bis letztere an dem Zug vorübergekommen sind. 7) Holzstämme oder Klötze dürfen nicht an Wagen ober Schlitten angehängt werden.
D Die Pariser Anarchisten-Demonstration.
Wenn wir heute auf ein Ereigniß der vergangenen Woche zurückgreifen, so geschieht dies, weil die näheren Umstände desselben erst jetzt bekannt werden. Am Freitag begann in der französischen Deputirtenkammer die Debatte über die Tongking-Affäre. Die Regierung mußte voraussehen, daß sie dabei sehr unangenehme Dinge zu hören bekommen würde. Ihr konnte es daher nur angenehm sein, wenn die Aufmerksamkeit der Kammer, die Aufmerksamkeit der Pariser und des ganzen Landes auf einen andern Punkt hingelenkt würde, und von diesem Gesichtspunkte betrachtet, kam ihr die für Freitag geplant gewesene Anarchisten-Demon- stration nicht ungelegen.
Am vergangenen Sonntag hatte eine „Arbeiters-Versammlung in der Rue de Rivoli beschlossen, es sollte am 7. Dez. eine Maffen- Versammlung des Volkes auf dem Börsenplatz stattfinden; von dort ans wollte man nach dem Palais Bourbon ziehen, in welchem die Deputirtenkammer tagt, und sämmtliche Abgeord- nete „in die Seine werfen".
Man braucht nun gerade kein Gelehrter der Revolutionskunst zu sein, um einzusehen, daß der ganze großsprecherische Plan auf einen bloßen Puff hinauslies. Wenn es den Führern der Anarchisten mit der ausgesprochenen Absicht wirklich Ernst war, so hätten sie dieselbe schwerlich acht Tage vor der Ausführung aller Welt feierlich bekannt gegeben. Denn so ohne Weiteres würden sie die 600 Abgeordneten doch wohl nicht zu einem Bade in der Seine bequemt haben und die Regierung war ja auch noch vorhanden, um die wüthenden Bademeister von ihrem Vorhaben abzuhalten.
Trotzdem hat das Ministerium Ferry die Angelegenheit sehr tragisch aufgefaßt. Bald nach Bekanntwerden des Beschlusses jener erhitzten Arbeiterversammlung fand deßhalb ein Ministerrath statt; in den Regierungsblättern erschienen halbamtliche Notizen mit der Versicherung, daß die umfassendsten Sicherheitsmaßregeln getroffen werden würden; mehrere Minister hatten Besprechungen mit dem Pariser Polizeipräfekren, Herrn Camescasse, und am Freitag Morgen sah es in Paris sehr kriegerisch aus. Zwanzig Kompagnien der Stadtgarde hielten sich zum Schutze der öffentlichen Gebäude bereit und besetzten schon frühzeitig die Börse; sieben Schwadronen hielten in der Umgebung des Börsenplatzes und in allen Kasernen wurden die nöthigen Vorbereitungen für das Aeußerste getroffen. So war das Militär herangerückt, die Versammlungsstunde herangeruckt, aber die eingeladenen Arbeiter rückten nicht heran' Müßige Gaffer kamen wohl in
Menge, die der „Schlacht" zwischen Anarchisten und Munizipaltruppen zusehen mochten, denn so etwas sieht man selbst in Paris nicht alle Tage. Aber ihre Erwartungen wurden getäuscht : Nicht einmal die „Führer" erschienen.
Haben denn nun die Anarchisten wirklich nur den Mund vollgenommen und es damit vollständig genug sein lassen? War ihre Absicht wirklich eine ernstliche? Es gewinnt fast den Anschein, als ob jener aufregende Versammlungsbeschluß vom Sonntag vor acht Tagen eine von der Polizei bestellte Arbeit gewesen sei; denn daß die Pariser Polizei Uebung in derartigen Dingen hat, zeigte sich beim Empfange des Königs Alfons. Außerdem wird es aber auch als eine Thatsache bezeichnet, daß der Hauptredner jener Anarchistenversammlung eine im Geheimdienst der Polizei verwendete und von dieser besoldete Persönlichkeit sei. Das andere erklärt sich dann von selbst. Ist das Ministerium Ferry auch in der auswärtigen Politik nicht besonders geschickt und pünktlich, so wollte es doch zeigen, wie energisch es im Innern sei; so hat man denn am Freitag wieder einmal „die Gesellschaft gerettet" und sich den Dank aller ruhigen Bürger erworben. Die Herren Ferry und Camescasse haben ibre Sache gut gemacht! Wie traurig aber muß es um ein Staatsleben bestellt sein, dessen Leiter zu solchen Komödiantenkünsten ihre Zuflucht nehmen müssen.
Tagespolitik.
— Die Nachrichten über eine beabsichtigte Vermehrung der Artillerie scheinen doch nicht so ganz aus der Luft gegriffen gewesen zu sein. Die Ankunft der Kriegsminister General von Steinheil aus Stuttgart und General von Fabrice aus Dresden, sowie die Reise des preußischen Kricgsministers Generals Bronsart von Schellendorf nach Friedrichsruh werden mit der beabsichtigten Aenderung in der Artillerie in Verbindung gebracht.
— Das ungarische Oberhaus lehnte mit 109 gegen 103 Stimmen den Gesetzentwurf betr. die Ehe zwischen Christen und Juden ab.
— Sonntag Nacht wurde im 4. Pariser Arrondissement folgender, auf grünes Papier gedruckter Aufruf angeschlagen: „Arbeiter! Die Regierung ist ein Gesindel von Schurken und Spitzbuben. Ferry sollte aufgehängt werden. Die Kundgebung am 7. Dezbr. scheiterte durch die Fehler von Dummköpfen und Verkauften, die das Spiel der Regierung spielten. Arbeiter! Eure Rechte sind unbestreitbar, man muß Euch Brod geben. Wir fordern Euch auf, fest zusammen zu halten. Euch, die man den Hungertod sterben läßt. Eine neue Versammlung, die in einigen Tagen abgehalten werden soll, wird einer zweiten Kundgebung vorangehen, die an einem nur Euch bekannten Orte stattfinden wird. Sie wird friedlich sein, aber wenn die Agenten Ferrys und Camcscaffes Euch auseinander treiben oder sestnehwen wollen, so werden wir uns vertheidigen. Hoffen wir also, gutwillig oder gezwungen Brod zu erhalten." Dieser Aufruf wurde von den Polizeidienern sofort herabgerissen. In einem andern Maueranschlage heißt es: „Den redlichen Männern liegt es ob, zu zeigen, daß sie weder Getäuschte noch Mitschuldige der Regierung sein wollen, ihren Abscheu kund zu geben und sich um Philipp VII. zu schaaren, der allein im Stande ist, das Unglück, womit unser unglückliches Vaterland bedroht ist, zu beschwören."
— Anläßlich der Ueberreichung von 38 000 Pfund, welche Irland als Zeichen seiner Anerkennung Parnell am Dienstag spendete, fand
Abends zu Ehren Parnells ein Bankett statt. Parnell hielt eine Rede, worin er die gegenwärtige Verwaltung Irlands in der heftigsten Weise angriff. Die Position der irischen Partei se^ eine feste; wenn die Partei Geduld habe, würde sie ihr Ziel, die nationale Unabhängigkeit, erreichen.
— Die „Politische Corresp." meldet aus London, daß Ordre nach Indien ergangen ist, 6 Regimenter für einen eventuellen Abmarsch nach Egypten bereit zu stellen.
— Kein Geringerer als der König der Sandwich-Inseln, Kalakaua, hat in einem Rundschreiben an die Mächte gegen die englischen Bestrebungen, Neuguinea zu annektiren, Protest eingelegt. Ob's helfen wird?
Landesuachrichteu.
— Am letzten Sonntag hielt der Schwarzwaldbienenzüchter-Verein im Hirsch in Haiter- bach eine Versammlung ab, bet welcher beschlossen wurde, es jedem Mitglied freizustellen, ob es bei dem Landesverein bleiben will oder nicht. Diejenigen, welche dem Landesverein angehören wollen, erhalten gegen Bezahlung von jährlich 1 M. 40 Pfg. das Vsreinsorgan „Die Biencnpflege" frei ins Haus geliefert. Die Eich- stätter Bienenzeitung soll wieder in 1 Exemplar aufgelegt werden. Im Laufe nächsten Jahrs wird Wanderlehrer Wehr stein von Günd- ringen den Bienenstand eines jeden Vereinsmitglieds besuchen und etwa nöthige Belehrung geben. Denjenigen Bienenzüchtern, welche in Gegenden mit Haidetracht wohnen, wurde die Krainer Bienenrasse als die passendste empfohlen und werden voraussichtlich nächstes Frühjahr wieder Originalstöcke bezogen werden. (Ges.)
Stuttgart, 12. Dezbr. „Hezel gefangen" ist seit gestern das Tagesgespräch. Nach einem bei der hies. Staatsanwaltschaft eingelaufenen Telegramme ist derselbe bei Ausübung eines Diebstahles in Hamburg verhaftet worden.
JnCannftatt wollte ein reisender Handwerksbursche das Stadtgeschenk in Anspruch nehmen, wurde aber abgewiesen, weil er — 63 Mark baar Geld im Besitze hatte, — ein wirklich bedauernswerther armer Reisender!
Eßlingen, 12. Dez. Nicht geringes Aufsehen erregt die vorgestern wegen Verdachts der Wechselfälschung erfolgte Verhaftung des Gemeinderaths und Führers der hiesigen Sozialisten W. Morlock.
Am 12. Dezbr. kamen vor dem Schwurgericht Tübingen 2 Fälle zur Verhandlung, welche warnungshalber allgemein bekannt zu werden verdienen: In beiden Fällen handelte es sich um die Verschweigung von Vorstrafen bei einer zeugcneidlichen Vernehmung. Im ersten Falle war die Anklage gerichtet gegen den 53 Jahre alten verheir. Kommissionär Johs. Man; von Rottenburg, im zweiten gegen den ^jährigen Bauern Melchior Schäfer von Wendelsheim OA. Rottcnburg. Der Vertheidiger plä- dirte in beiden Fällen zunächst auf Freisprechung und in zweiter Linie auf fahrlässigen Falscheid. Die Geschworenen sprachen beide Angeklagten des fahrlässigen Falscheids für schuldig und wurde demgemäß Manz zu 2 Monaten, Schäfer zu 1 Monat 15 Tagen Gefängniß verurtheilt. Der Antrag der Staatsanwaltschaft hatte gegen jeden der Angekl. auf 5 Monate Gefängniß gelautet.
Der aus dem Spital in Ludwigsburg ausgebrochene Arrestant Namens Fr. Wilhelm Kübler aus Großaspach, ein sehr gefährliches Subjekt, ist. in Gaisburg verhaftet worden.
Münstngen, 11. Dez. Der Heuchler des Gommadinger Raubanfalls, welcher den schrecken-