er allein das Ufer erreicht. Die Erkältung und das immerhin lange Verweilen im Neckar hatten zur Folge, daß derselbe letzte Nacht im Bezirks- krankenhaus, wohin er gebracht wurde, verstarb.

Eßlingen, 12. August. Ein Akt von empörender Rohheit ereignete sich dieser Tage in dem benachbarten Uhlbach, OA. Cann­statt. Am Dienstag erhängte sich daselbst der zweiundachtzigjährige alte Joh. Jak. Kurrle in den Baumanngütern unweit des Hauses sei­nes Tochtermanns, woselbst er Kost und Logis hatte. Der älteste 24jähcige Sohn des Letzteren entdeckte Abends 9 Uhr beim Nachhausegehen die That, worauf er, dort angekommen, den Familienangehörigen zurief:Da droben hängt der alte Lump, wir schneiden ihn aber nicht ab, er hängt wohl rc." Die Worte dieses hoffnungsvollen Enkels wurden auch befolgt, denn der alte Mann, der vielleicht noch zu ret­ten gewesen wäre, wurde wirklich dort gelassen, bis am andern Morgen 4 Uhr dritte Personen ihn entdeckten und dem Oltsvorsteher Anzeige erstatteten, welcher dann sofort Weiteres an­ordnete.

Ludwigsburg,IL.August. Eine Be­rechnung des Hagelschadens auf amtlicher Ab­schätzung hat für die Heuer durch Gewitter be­schädigten Gemeinden des Oberamts Ludwigs- burg zu einer Summe von 558 605 M. ge­führt. Darunter Markgröningen 187 940 M., Thamm 146 400, Schwieberdingen 100000 und Poppenweiler 75 800 M.

In Altheim (Horb) lebt, wie dieHorber Chronik" berichtet, ein Ehemann, der in letzter Zeit in der Augenklinik in Tübingen in Be­handlung war, seit acht Tagen in großer Be­sorgnis Am Tage nach seiner Entlassung aus der Klinik reiste nämlich seine Frau nach Tübin­gen, um ihren Mann zu besuchen, traf ihn aber nicht mehr an, seither ist jede Spur von ihr verloren. Allgemein glaubt man, daß der Frau, die in gesegneten Umständen sich befindet, irgend ein Unglück zugestoßen ist; man bemerkte au derselben in letzter Zeit Spuren von Trüb­sinn.

Von der Jagst, 12. Aug. Zwei in die Heimathjzurückkehrende Wanderschäfer vom Unter­land übernachteten mit ihren Heerden von etwa 300 Stücken in Dünsbach u. brachten die Schafe und Hunde in gemeinsamen Räumen unter. Mit­ten in der Nacht schreckte das Hundegebell die Schafe, sie drängten sich auf engem Raume zu­sammen und als man Morgens nachsah, waren 17 davon erstickt.

Ein zwischen Neckar Hausen und Neckar­steinach stationirter Bahnwärter saß am 6. d. M. auf den Schienen und schlief, als der Güter­zug heranfuhr. Trotz allen Anstrengungen Sei­tens des Lokomotivführers konnte der Zug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen gebracht werden und wurden dem Schlafenden beide Beine abge­fahren. Den Unglücklichen erlöste der Tod nach einigen Stunden von seinen Leiden.

Letzten Donnerstag brachte der Abendzug

im Gefangenenwagen eine aus Bosnien stam­mende Bärenfamilie nach Friedrichshofen bestehend aus einem alten Mann, einem Ehe­paar (die Frau schwer krank) und 4 total ver­wahrlosten Kindern. Die Gesellschaft wurde über Nacht in einem für sie passenden Lokale untergebracht, während die zwei mitgebrachten Bären im Eisenbahnwagen bleiben mußten. Andern Tags wurde die Gesellschaft mit dem Schiff nach Bregenz weiter befördert; wie dem O. A." geschrieben wird, auf Kosten und An­ordnung der k. k. österreichischen Gesandtschaft in Stuttgart.

Deutsches Reich.

Berlin, 11. Aug. Die Gründung einer deutschen Handelsfaktorei in Südafrika war seit langer Zeit, wie die Cape Times berichtet, beabsichtigt. Das Blatt meldet nämlich: In Briefen, welche von Händlern an uns gerichtet und mit dem letzte Woche von Angra Pequenua in Tafelbay angekommenSea Bird" befördert waren wird uns der Erfolg der deutschen Ex­pedition angekündigt; dieselbe ist unter der Le^ tung des Herrn Vogelfang, der von der Firma Lüderitz in Bremen beauftragt ist. Herr Vo­gelfang hat von den Hottentotten von Be­thanien die Bai Angra Pegueuna gekauft, und zwar mit dem Uferland in einer Tiefe von 5 Meilen. Nachdem der Kauf abgeschlossen war, wurde eine Ladung Waare gelandet, die zu einem nicht geringen Theil aus Gewehren und Pulver bestand, jedoch muß das gelandete Quan­tum, wie wir glauben, viel geringer sein, als in Handelskreisen von Kapstadt behauptet wird. Die Absicht der Firma Lüderitz ist, wie wir hören, die mineralischen Hilfsquellen des Landes zu öffnen, und angesichts dieses Zweckes wird ein Bergbau-Ingenieur aus Deutschland in Kürze ankommen, dessen erste Aufmerksamkeit darauf gerichtet sein wird, den Werth der Ku- pferlager festzustellen und auszubeuten. Außer der Firma Lüderitz sind nicht weniger als drei deutsche Expeditionen unterwegs, um jenes Land auszuforschen, hauptsächlich auf dem Ter­ritorium von Jonker Afrikander und den Da- maras. Das durch Verkauf an die Firma Lüderitz übergegangene Land hat eine Aus­dehnung von etwa 150 englischen oder 10 deut­schen Quadratmeilen. In der Bai liegen drei größere Inseln, die Robbeninsel, auf der be­deutender Robbenschlag betrieben wird, die Pen- ruminsel, welche Guano liefert, und die Insel Shag Island. Diese Inseln bilden mächtige Wellenbrecher gegen den Ozean. Hinter ihnen ist ruhiges Wasser und am Nord- wie am Süd­ende der Bat befinden sich treffliche Ankergründe und wohlgeschützte Häfen. Das Nächstliegende Land ist eben; im Sommer zur Regenzeit mit üppigem Graswuchs bedeckt, beherbergt es viele Srrauße und Antilopen; im Winter dorrt die Vegetation ab.

Aus Baden. Die beiden Pächter des Bonartshäuser Hofes, des sogen. Althof, Chr.

Stuttgart, 13. Aug. Die Gründung einer Arbeiter ko lonie in Württemberg ist nun gesichert. Die Hauptschwierigkeit, deren Lösung längere Zeit in Anspruch nahm, bildete die Auffindung eines Gutes, groß genug und so beschaffen, daß darauf das ganze Jahr eine Anzahl von 50 bis 100 Arbeitern beschäftigt werden kann. Eine eingehende Besichtigung einer Anzahl zum Kauf angebotenen Güter durch einen tüchtigen Sachverständigen hat ergeben, daß ge­genwärtig 2 Anwesen, das eine in Oberschwaben, das andere im Hohenlohe'schen gelegen, um ent­sprechenden Preis erworben werden können. Die Frage der Wahl zwischen beiden Gütern beschäf­tigte seit längerer Zeit den Ausschuß, da für beide gewichtige Gründe sprechen; man einlgte sich schließlich dahin, vor dem Abschluß eines Kaufvertrages noch einmal beide Güter durch eine Kommission, namentlich auch in Bezug auf die Waffer-Versorgungsfrage besichtigen zu lassen und dann in der ersten Hälfte des Monats September eine allgemeine Versammlung zur Entscheidung der Frage und zur definitiven Gründung des Vereins zu veranstalten. Wün- schenswerth wäre es, wenn beide Güter erwor­ben werden könnten. Ob dieses jetzt schon mög­lich ist, hängt vor Allem davon ab, daß der Verein in die Lage kommt, durch unverzinsliche Darlehen, welche von »ermöglichen Freunden des Unternehmens demselben gemacht werden, neben dem erforderlichen Angeld, für welches namentlich auf eine Gabe aus der Jubiläums- sttftung des deutschen Kronprinzenpaares gehofft wird, auch das beträchtliche Kapital für die ersten Einrichtungen und für den Betrieb zu erhalten. Den laufenden Ausfall, welche alle Arbetterkolonien wohl eine Reihe von Jahren haben werden, werden dann die jährlichen Bei­träge der Mitglieder und vor allem die Jahres­beiträge der bei einer allseitig befriedigenden Lösung der Frage in erster Linie bethetltgten Amtskörperschaften decken. Möge es vereinten Kräften und Bemühungen gelingen, noch in die­sem Jahre auch unser Württemberg der Zahl der andern deutschen Ländern, in welchen Arbeiter­kolonien bestehen, einzureihen.

Stuttgart, 13. Aug. Heute find wieder einige Mitglieder der Religionsgenosfenschaft des Tempels aus der Gegend von Blaubeuren nach Jerusalem abgereist. Wie wir hören, prosperirt diese von Württemberg aus (vom Kirschenhards- hof OA. Marbach durch Hoffmann) gegründete Kolonie Deutscher von allen am Besten in Pa­lästina. Wohlhabende Mitglieder derselben be­mühen sich, Dienstboten aus Württemberg, welche Familien der Religionsgenosfenschaft angehören, dorthin zu ziehen unter Zusicherung günstiger Lohnverhältnisse.

Cannstatt, 13. Aug. Am Samstag Abend machte ein etwa 65jähriger Stuttgarter den Versuch, unterhalb des neuen Stegs im Neckar sich den Tod zu geben. Bis an den Hals im Wasser, besann er sich eines Bessern und rief um Hilfe, ehe diese jedoch kam, hatte

seinem Martin zwanzig Gulden, eine für die damalige Zeit schon be­deutende Summe. Sein Wappen zeigte als Zeichen seines Gewerbes zwei kreuzweise über einander gelegte Hämmer, wovon der eine spitz, der andere stumpf war. (Fortsetzung folgt.)

Aas ewig Weißliche. (Nachdruckverboten.)

Humoristische Novelle von I-i-. HsIdiA.

(Fortsetzung.)

Herr Assistent," wandte sich der Vorstandsbeamre zu Preßler. Fräulein Baumann hat soeben bei mir Beschwerde geführt. Sie ha­ben ein Benehmen gegen das Fräulein eingehalten, das sich nicht einmal in außeramtlichen Verhältnissen geziemen'würde, geschweige in den amt­lichen, in welchen Sie zu derselben stehen"

Ich bemerke," sekundierte Baumann,daß es derselbe Herr ist, welcher bereits heute Morgen die Dreistigkeit hatte, meiner Tochter einen Heirathsantrag zu machen." ^

Sie haben sich erlaubt, hier auf dem Büreau das Fräulein mit Anträgen zu verfolgen, Sie haben zu ihr von Liebe gesprochen!"

Meiner Tochter, die keine Ahnung davon hat, was Liebe ist," sekundierte wieder Baumann.

Das soll ich gethan haben?" erwiederte mit der Miene gekränkter Unschuld der beschuldigte Assistent.

Nun, wer denn sonst?" meinte der Rath.

Natürlich Sie ein Zweiter ist überhaupt nicht auf dem Büreau. Ihre Anwesenheit in diesem Zimmer spricht auf das Entschiedenste für Ihre Schuld."

Und dieser Zweite," meinte Preßler,ist doch da!"

Ein Zweiter?" riefen übereinstimmend Baumann und der Vor­stand, indem sie sich gleichzeitig im Zimmer umsahen,wo denn?"

Da hier!" erwiederte Preßler, indem er auf den Apparat zeigte, den Apparat, der in diesem Augenblicke wieder zu spielen anfing. Diesmal nahm der Ober-Telegraphist Felsberg selbst die Depesche ad.

-Station Osthausen! Theuerste Melanie! Ihre Träume belebe ein schwarzer Schnurr- und Knebelbart Kopf ditro im klebrigen ob Haare schwarz oder roth Liebe und Treue fortdauernd. Theobald."

Eine Depesche ohne Adresse, also an das Fräulein selbst gerichtet.

Sie heißen ja wohl auch Melanie?"

Melanie Baumann," antwortete Preßler.

Meine Tochter?" rief in voller Verzweiflung der alte Bauman». Meine Tochter im Privatverkehr mit einem Telegraphen!"

Mit einem Theobald im schwarzen Barte!" rief Preßler.

Das ist ein Dienstvergehen!" betonte der Ober-Telegraphist. Melanie ist das wahr?"

Melanie schwieg. Preßler rieb sich frohlockend die Hände.

Unter diesen Umständen wird allerdings ein längeres Verweilen auf der Station für das Fräulein unthunlich erscheinen," erklärte der Vorstand.

Ich würde die Entfernung auch selbst veranlaßt haben," keuchte Rath Ballmann und nahm die Tochter mit sich fort.

O, meine Tochter!" schluchzteer,ichhätte eher von jeder Andern das erwartet, als von Dir."

V.

Aas äurchtöcHerie Prinzip.

Als Raih Baumann mit der ehemaligen Telegraphistin zu Hause anlangte, traf er daselbst bereits Elisabeth, die Meisterin der doppelten