fand ein Festessen im Gasthof zum Löwen statt. Um 4 Uhr war ein Kirchenkonzert, nach welchem die Festgäste wieder ihrer Heimath zueilren.
Murrhardt. 10. Aug. Ein frecher Einbruch wurde in der letzten Nacht in dem Laden des verstorbenen Uhrmachers Horn verübt. Der Werth der gestohlenen Gegenstände beträgt über 1000 Mark. Man ist dem Diebe auf der Spur und hoffentlich wird es gelingen, denselben mit seiner Beute zu erwischen ; denn diesen Verlust würde die Wittwe schwer empfinden.
Ein lediges Frauenzimmer aus Hürden (Heidenheim), welches nach Amerika auswandern wollte, bekam bei ihrer Ankunft in Mannheim, als sie den Rheindampfer nach Köln besteigen sollte, schon vor den Fluthen des Rheins solche Angst, daß sie um keinen Preis zur Fortsetzung ihrer Reise beweglich war, sondern schleunigst wieder nach Hause zurückkehrte.
Jsny, 9. August. Auf der hier unter dem Vorsitze des Herrn Stadtpfarrersund seitherigen Schulinspektors Stemmer und unter dem Beisein der beiden neuen Schulinspektoren abgehaltenen Lehrerkonferenz kam auch die Frage der Schulsparkaffen zur Debatte und wurde deren Einführung einstimmig abgelehnt, weil dadurch der Materialismus des Lebens in die Schule hereingezogen werde. Die Heimstätte für Pflege und Sparsamkeit sei die Familie.
Ulm, 9. Aug. Heute stand vor der Ferien- kammer des hiesigen Landgerichts der 33 Jahre alte verhetrathete Maurer Leonhard O t t unter der Beschuldigung, den Brand in Asch am 25. Juni l. Js., der 56 Gebäude in Asche legte, durch Fahrlässigkeit verschuldet zu haben. Ott war, als der Brand ausbrach, auf dem Dach eines Neubaus, zunächst der Scheuer auf deren Strohdach das Feuer entstand, mit dem Eindecken beschäftigt und rauchte hiebei aus einer offenen Pfeife. Das Strohdach gerieth dadurch in Flammen, daß er entweder ein noch brennendes Zündhölzchen, mit welchem er seine Pfeife angezündet hatte, oder glühende Tabaksasche darauf fallen ließ. Nach längerem hartnäckigem Leugnen, daß er überhaupt geraucht, hatte er diesen Sachverhalt in der Voruntersuchung zugegeben und wiederholte heute dieses Geständ- niß. Auf Grund des §. 309 erster Fall des D. R.Str.Gesetzb. wurde er zu einer Gefängniß- strafe von sechs Monaten verurtheilt, die er sofort antrat.
Ulm, 10. August. Gestern wurde auf der Polizei die Anzeige erstattet von der unmenschlichen Behandlung eines dreijährigen Kindes durch dessen Pflegemutter. Die sofort an- geordnete Untersuchung ergab folgendes: Die von ihrem Mann getrennt lebende Frau V. hatte ein Kind in Kost und Pflege genommen. Dasselbe hatte sich vorgestern Abend auf die Wilhelmshöhe zum Feuerwerk verlaufen. Dafür wurde es nun von dem herzlosen Weid mit der Ruthe derart gezüchtigt, daß der ganze Rücken mit Blut unterlaufen war, und dasselbe gestern, während sie zum Aehrenlesen ging,
ohne Nahrung den ganzen Tag eingesperrt, so daß sich die Hausleute zur Anzeige gezwungen sahen. Das Kind, ein Knabe, ist feiner Peinigerin weggenommen und gegen diese Strafuntersuchung sofort eingeleitet worden.
Deutsches Reich.
Hamburg, 9. August. Ein schändlicher Raub wurde an einem ehemaligen Frankfurter Geschäftsmanns der in diesen Tagen aus Mexico zurückkehrte, hier bei seiner Durchreise verübt. Ein sogen. Führer geleitete ihn in eine anscheinend anständige Gastwirthschaft; kaum hatte er jedoch den ersten Schluck gethan, so schlief er ein, und als er nach sechsundzwanzig Stunden aufwachte, befand er sich in einem ganz anderen Hotel. Auf sein Befragen äußerte der Wirth: Mehrere Personen hätten ihn gestern Nachmittag hierher gebracht. Alles baare Geld, mehr denn 600 Mrk., das teilweise in seiner Weste eingenäht war, hatte man ihm geraubt, nur seine Wechsel hatte er noch im Besitze. Der Beraubte setzte sofort die Kriminalpolizei in Kenntniß, welche bis jetzt aber noch keine Spur der Verbrecher entdecken konnte.
Das auf der Stettiner Schiffswerft erbaute chinesische Panzerschiff „Ting Auen", dessen Abfahrt nach China für den 5. August früh in Aussicht genommen war, ist abermals ins Unbestimmte hinausgeschoben worden. Der Grund dafür, daß zum zweitenmal die Ordre der Ueberführung nach China rückgängig gemacht worden ist, liegt darin, daß die Verhandlungen zwischen Frankreich und China noch keine Garantie gegen plötzlich kriegerische Verwickelungen bieten, in Folge deren das werthvolle Schiff auf seiner Ueberfahrt in französische Hände fallen könnte.
(Eine sonderbare Wette) wurde am Mittwoch in Berlin zum Austrag gebracht. Der Bäckermeister F. hatte sich verpflichtet, 48 Stunden lang ununterbrochen und ohne auszuruhen mit sich selber Billard zu spielen. Natürlicherweise war das zur Durchführung dieser interessanten Wette bestimmte Restaurant Tag und Nacht von Gästen voll, so daß der Wirth dabei das beste Geschäft machte. Die Menge der Gäste staute sich aber geradezu, als die Wette zu Ende ging und der Urtheilsspruch der Unparteiischen, die selbstredend miteinander abgewechselt hatten, erfolgte und der allerdings etwas gespensterhaft aussehende Bäckermeister als Sieger verkündet wurde. Ein mächtiger Kranz von bunten Georginen, an welchem eine roth- seidene Börse mit 100 M. hing, belohnte den heroischen Bäckermeister, doch will derselbe, wie er erklärte, und wenn er 1000 M. damit gewinnen könnte, in seinem Leben keine solche Wette mehr eiugehen.
In Hers selb (Provinz Heffen-Nassan) steht ein Streik der Bier-Trinker in Aussicht. Eine größere Anzahl erklärt: Nachdem wir in Erfahrung gebracht haben, daß Seitens der Bierbrauer vom 1. Januar 1884 ab Vi°-Liter-
chen eingefroren. Oefter bat sie benachbarte Wirthe ihr übrig gebliebenes Essen zusammenzuschütten, damit sie ohne viel Geld, das ihr abgehe, sich satt essen könne. Da erschien plötzlich vor einigen Tagen eine Anzahl Schutzmänner, Steuerwächter und Beamte in ihrer bescheidenen Wohnung und hielten genaue Visitation, kehrten 1>as Unterste zu oberst und stehe da ihre Visitation war nicht ohne Erfolg. In Kommode, Schachteln u. s. w. fanden sich Werthpapiere verschiedener Art, Kapitalbriefe, Staatspapiere, Schuldscheine und in Strümpfen, alten Häfen u. s. w. ganze Rollen und „Stumpen" baaren Geldes. Auch der sorgfältig verschlossene Verschlag auf der Bühne ltefene eine reiche Ausbeute. Sie bat und flehte zwar denselben nicht zu öffnen, er enthalte gar nichts Werthvolles — aber da half kein Widerstreben, Alles und war es noch so fein gesponnen und versteckt, es mutzte an die Sonnen. Auf der Bühne war besonders unter Gerümpel versteckt viel baares Geld. Ein Hauptschatz war aber in ihren alten, am Leibe getragenen Kleidern zwischen Ueberzug u. Futter eingenäht, da soll sich ein ganzes Vermögen gefunden haben. Alles wurde inzwischen zu Händen genommen, um die Größe der Kapitalsteuer- defraudatiou, die dadurch zu Tage kam, zu konstatiren. Die alte Person, die in Kornthal erzogen wurde, hat keine Leibeserben und soll auch über ihr „Bischen" Hab und Gut zu Gunsten frommer Stiftungen in Kornthal verfügt haben. Mau spricht von einem Vermögen von 30 bis 50000 M., ja man will sogar — aber doch wohl übertrieben — von 100 000 M. wissen.
Tübingen, 10. Aug. Bei dem in den letzten Tagen dahier stattgehabten, gestern Nachmittag zu Ende gegangenen Verkauf des All- mandobstes ergab sich ein Gesammterlös von 1647 Mark, ein Resultat, das als ein sehr günstiges bezeichnet werden darf. Der Obstertrag besteht zum größten Theil aus Aepfeln.
Kirchheim u. T., 9. Aug. An der diesjährigen, am 7. und 8. d. Mts. hier abgehaltenen Versammlung des württ. evangel. Bolks- schullehrer-Vereius betheiligten sich über 400 Lehrer. Die Stadt war reich beflaggt, auch Ehrenpforten errichtet und die Straßen begränzt. Die Vorversammlung fand im deutschen Haus statt und wurden hiebei 24 Gegenstände erledigt, sowie das Programm für die Hauptversammlung festgestellt. Letztere fand in der Zionskapelle der Methodisten statt. Die Versammlung nahm Vormittags 10 Uhr mit Absingung des Chorals: „Ein' feste Burg ist unser Gott rc." ihren Anfang. Hierauf erfolgten 2 Begrüßungsreden vom Stadtvorstand und Bezirksschulinspektor. Der Vorstand, Oberlehrer Laistner, hielt danach über unser» Ktrchenreformator Luther einen längeren Vortrag, indem er dessen reformatorischen Einfluß auf unser deutsches Schulwesen hervorhob. Hierauf kamen die Thesen über das vorliegende Hauptthema, „die Volksschule als Erziehungsanstalt, zur Berathung. Um 2 Uhr
Aas ewig Weißliche. (^4^ verboten.)
Humoristische Novelle von I- r. HsIk 1 A.
(Fortsetzung.)
Das heimliche Glück der Liebenden blieb indeß nur ein sehr kurzes. Die Frau Kanzleirath, von welcher es schien, als sei sie schon früher einmal erwacht, erwachte jetzt wirklich. Von diesem Erwachen schienen indeß die in der Lektion Begriffenen nichts wahrzunehmen. Erst nachdem sich die erwachte Schläferin ziemlich geräuschvoll geräuspert hatte, wendeten sich Beide rasch von einander ab.
„Die Mutter!" rief Margaretha ängstlich.
„Im blauen Raume Hält für die Liebe Wacht," fuhr mechanisch dozierend Kandidat Kleinmichel fort.
„Herr Kandidat," rief die Mutter, „die Stunde der Lektion ist nun wohl zu Ende — sie ist für Gretchen gewiß recht nutzbringend gewesen."
„Wir haben ein Geibelsches Gedicht zum Gegenstand prosodischer Studien gemacht," entgegnete nicht ohne Beklommenheit der, wie es schien, sowohl in seinem Aeußern wie Innern etwas derangierte Kandidat.
„Ich hoffe, daß diese Studien," meinte Frau Baumann, „für die Zukunft meiner Tochter von bleibendem Erfolge sein werden."
„Gewiß. Es ist das ebenfalls mein Wunsch," stammelte Edmund Kleinmichel, indem er gleichzeitig seinen Hut ergriff und sich darauf etwas linkisch empfahl, wobei es schien, als wollte er erst noch etwas sagen, aber es doch nicht zu Wege brachte.
„Als er die Stube verlassen hatte, ging Margaretha auf die Mutter za und warf sich ihr weinend und schluchzend in die Arme.
„Sei ruhig, mein Kind, Herr Kandidat Kleinmichel ist ein braver Mensch. Es wird sich Alles noch zum Guten wenden."
IV.
IHr Gekegraptz.
Während dies Ereigniß im Hause des Kanzleiraths vor sich ging, war dieser selber nach dem Telegraphen-Büreau gegangen.
Melanie Baumann hatte ihren besonderen Telegraphen im „Damen- zimmer," den sie ausschließlich bediente.
Im angrenzenden „Herrenzimmer" befand sich der Assistent Preß- ler. Er hatte nach dem mißgeglückten Unternehmen von heute Morgen statt des Gala- den Dienstrock wieder angezogen und folgte unverdrossen den Anforderungen der Alltäglichkeit.
Melanie hatte Hut und Mantel abgelegt, die Handschuhe abgezogen und war zum Dienste angetreten, nachdem sich ihre Vorgängerin entfernt hatte. Sie war allein im Zimmer. Es waren stille Wochen. Das Geschäft ging flau. Melanie erging sich deshalb in ihren eigenen Gedanken. „Du guter Telegraph," sprach sie dabet vor sich hin. „Wenn ich dich nicht hättte, da wäre es doch recht langweilig mit dem Dienste. Ob er wirklich so hübsch ist, wie ich ihn mir denke. O, ich kenne ihn schon ganz genau. Mund, Auge, Nase, Stirn, Haar, Alles habe ich mir in der Phantasie vorgezetchnet. Aber, ich sehne mich doch darnach, ihn einmal leibhaft zu sehen." In diesem Augenblicke fing der Telegraph an zu spielen. Melanie sprang rasch herzu. „Station Osthausen meldet sich an! O, himmlisches Behagen, das ist er!" .
Sie telegraphierte hierauf rasch die Annahme der Depesche zurua. Eine kurze, spannende Minute, und der Apparat arbeitete von Neuem. Sie nahm den Papierstretfeu ab und las: „Wie haben Sie diese MM