Gläser allgemein eingeführt werden sollen, erklären wir, daß wir, wie s. Z. bei dem Bier- Streike, so lange die betreffenden Lokale meiden werden, bis wieder ein rechtes und gerechtes V, -Liter-Glas verschänkt wird.
Neu-Ruppin. Ein hiesiger alter Chambregarnist hatte schon oft mit Mißfallen bemerkt, daß die Tochter seiner Mrthin während seiner Abwesenheit sich mit Vorliebe seines Haaröls bediente. Er sann auf Rache. Als er kürzlich erfuhr, daß sie sich zum Besuche eines Balles rüstete, goß er statt des Oels flüssigen Leim in die Flasche, ging fort und hatte bei seiner Rückkehr die Genugthuung, das Mädchen zu Hause mit verweinten Augen anzutreffen.
Li eg nitz. Wegen Bettelns wurde hier ein etwa 50 Jahre alter, mit dem Kreuz der Ehrenlegion dekorirter Mann ins Polizeigefäng- uiß eingeltefert. Derselbe war früher Kaufmann in Hainau, wanderte dann nach Frankreich aus, trat in französischen Militärdienst und zeichnete sich in Afrika aus, daß er es zum Offizier brachte. Später gab er den Dienst auf, ging nach Frankreich zurück, kam immer mehr und mehr herunter und kehrte endlich in sein Vaterland zurück, M hier vielleicht in einem Armenhause oder einer Strafanstalt zu enden.
Karlsruhe, 9. August. Wie die „Frkf. Ztg." hört, hat der Vorstand der badischen Anwaltskammer als Ehrengericht das Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt Herz aus Mannheim eingestellt und denselben außer Verfolgung gesetzt, da ihm keine Verletzung seiner Auwaltspflichten zur Last falle.
Der Postgehtlfe Adolf Eckert von Straßburg ist nach Unterschlagung von 5 Geldbriefen im Werthe von 826() M. durchgebrannt. Die Oberpostdirektion hat auf die Ermittelung desselben, bezw. die Wiedererlangung des gestohlenen Geldes eine Belohnung von 760 M. ausgesetzt.
Ausland.
Wien, 11. August. Gestern Abend fand eine größere Ansammlung von Arbeitern vor dem Polizeigebäude als Demonstration wegen Kwfiscirung eines Arbeiterblattes statt. Die Sicherheitswache schritt energisch ein und machte, da der Polizeipräses und der die Wachmannschaft kommandirende Poltzeibeamte von einem Steinhagel empfangen wurden, von der blanken Waffe Gebrauch. 38 Demonstranten wurden verhaftet, darunter 11 Verwundete. Von den Wachorganen wurden 4 verletzt. Das mit der Wachmannschaft ausgerückte Militär zog um zehn Uhr ab.
Pest, 9. Aug. Heute Nacht fand ein antisemitischer Straßenkrawall von großen Dimensionen statt. Die tausendköpfige Menge plünderte und zertrümmerte unter dem Geschrei »Ajen Jstocy!" mehrere Läden auf der Kere- peserstraße. Der „Gasthof zum weißen Schwan" und das Cafe Oestreicher wurden mit Steinen dvmbardirt und vollständig demolirt. Sehr bedeutenden Schaden erlitten der Juwelier Hoff
man« und der Wäschewaarenhändler Freund, deren Läden ganz ausgeleert wurden. Der Pöbel verlöschte die Gaslaternen und riß sie aus. Eine Stunde lang wüthete die Revolte ungestört, bis die Polizei kam. Später traf Militär ein, welches die Ruhe herstellte. Es gab nur wenige Verwundete. Dreißig Verhaftungen wurden vorgenommen. Unter den Verhafteten befindet sich auch ein Gerichtsdiener. Um Mitternacht war die Ruhe hergestellt. Sämmtliche hiesigen Blätter machen die Polizei für die Exzesse verantwortlich, weil vorgestern, wo es sich um eine einfache Demonstration handelte, gleich in die Menge hineingeritten wurde, während die Polizei gestern unthätig zusah. Die Kerepeserstraße bietet das wüste Bild der Zerstörung; es gibt Wirthe und Kaufleute, die einen Schaden von 20—30000 Gulden haben. Dieselben verlangen von der Polizei Entschädigung. In das Spital wurden zahlreiche Verwundete gebracht, die Kerepeserstraße wurde heute durch einen Militärkordon abgesperrt. Für heute Abend ist Militär konstgnirt, dis Stimmung der Bevölkerung ist sehr erregt. Die Antisemitenorgane verwahren sich dagegen, daß ihnen die Krawalle zur Last gelegt werden. Der Antisemitismus habe mit der Anarchie nichts gemein; die Juden hätten sie durch ihr unverschämtes Benehmen provozirt.
Zürich. Bei dem Kommers, mit dem die Studenten in Zürich das Universitätsjubiläum feierten, sprach der bekannte Professor Moleschott ein großes Wort gelassen aus. Er meinte nämlich: „Die Studenten würden viel zu gescheit, wenn sie nicht soviel in die Kneipe gingen." Dieser Weisheitsspruch wird wohl bald an den Wänden aller Studentenkneipen in goldenen Lettern prangen.
Zürich, 10. Aug. S. Kgl. Hoheit Prinz Wilhelm von Württemberg besuchte heute die Landesausstellung.
Während der Saison wird der Rheinfall bet Sch aff Hause «Abends nach 9 Uhr elektrisch beleuchtet. Die Einrichtung ist neu und funk- tionirt ausgezeichnet. Nach den ersten Begrüßungsraketen werden durch elektrische Leitung das Schloß Laufen, dann einzelne Partien des Rheinfalles abwechselnd und gleichzeitig in verschiedenen bengalischen Farben beleuchtet; bei der jetzigen mächtigen Größe des Falles ein feenhaftes, unbeschreiblich schönes Bild, das den kleinen Spaziergang überreichlich lohnt, auch demjenigen, der den Rheinfall schon öfters gesehen hat.
Gösch enen. Der große Gotthardtunnel ist nun doppelgeleisig fertig gestellt, und es kreuzen sich seit einiger Zeit täglich 6 Züge in demselben.
(Von der Insel Jschia.) Einer der ergreifendsten unter den heroischen Zügen, die bei der Katastrophe zu Tage traten, ist die That der kaum 12jährigen Adelina Domenichellt, Tochter eines in Cafamicciola verunglückten Arztes. Der Italic wird erzählt, daß die Kleine, der es gelungen war, sich aus den Trümmern hervorzuarbeiten, sich tastend und dem Stöhnen
nachgehend an den Ort schleppte, wo ihre Mutter vollständig verschüttet lag. Nach stundenlanger Arbeit grub sie dieselbe aus uud begab stch dann auf die Suche näch den anderen Fämtlienglie- dern. Sie konnte nur noch ihren jüngeren Bruder retten, der einen gebrochenen Arm und viele Quetschungen davontrug. Dann rief sie nach dem Vater, allein vergeblich; dabei war sie auf die Spitze der Ruine« gelängt, von denen sie Nicht mehr zurück konnte. Sie mußte nun während 2 Stunden, festgeklammert an einem Mallerreste, um Hilfe rufen, bis enmich ei» anderer Unglücklicher, der seine Familie suchte, sie mit einer Leiter herabholte.
Paris, 10. Aug. Der Auf staut» in Nordspanien wächst; ,iu Barcelona fand ein Straßenkampf statt. Die spanischen Behörden konstatirten, daß Zorillas Agenten 5 Millionen vertheilten, und sie beschuldigen die hiesigen Republikaner, Zorilla unterstützt zu haben.
Paris, 11. August. Einer Depesche des „Telegraphe" ausBarcelona zufolge revol- tirte dort eine Anzahl Arbeiter, rufend: „Es lebe die Republik!" Die Fabriken sind geschlossen, die Aufrührer entfernten stch in der Richtung nach Valles und Bruch und wurden von zwei Regimenter» verfolgt. Ueber die Provinz Katalonien ist der Belagerungszustand erklärt. Einem Gerücht zufolge haben in der Garnison Lerjda 385 Mann gemeutert. Die Bewegung in Valencia ist bisher unbestätigt.
Madrid, 9. Aug. Nach besonderen Nachrichten breitet sich die aufrührerische Bewegung deren erstes Zeichen der Militäraufstand in Bajadoz war, über ganz Spanien aus. Mehrere Städte im Norden und Süden des Landes sind von der Bewegung erfaßt. Die Reise des Königs Alfons ist ins Unbestimmte vertagt. Nachrichten aus republik. Quellen besagen, die Lage in Spanten sei überhaupt, besonders aber in Catalonien, bedenklich. Es ist nicht begründet, daß sich die Bewegung blos unter den Offizieren ausbreite. Schon seit lange wiederholen sich in den Kasernen Rufe wie: „Nieder mit Martine; CampoS!" ohne daß man solche unterdrücken könnte. Eine große Anzahl höherer Offiziere ist, wenn auch nicht offen, für die republikanische Bewegung, die auf dem Punkte steht an den Hauptplätzen Spaniens auszubrechen. In Catalonien ist der Aufstand weit entfernt, unterdrückt zu sein. Die Eisenbahnschienen werden aufgebrochen, die Wege und Brücken abge- schnttten. Auch die Carlisten bereiten stch vor, die Waffen zu ergreifen. Im Norden sraterni- sirt die bürgerliche Bevölkerung mit der Armee.
Barcellona, 10. August, Abends 8 Uhr. Die Stadt ist ruhig. Das Kriegsrecht ist verkündet worden. In Seu de Urgel ist die Ruhe wieder hergestellt.
Kairo, 11. August. In den letzten 24 Stunden bis gestern Früh starben an der Cholera: In Kairo 39, im übrigen Egypten 734 Personen. Somit Abnahme in Kairo, dagegen erhebliche Zunahme im übrigen Egypten.
geschlafen?" — „Danke! prächtig!" meldete der Telegraph zurück. „Nur Ms geträumt von meinem Telegraphen!" — „Sie Schalk! Ich auch!" meldete dieser wieder zurück. Melanie klatschte vor Freuden in die Hände über diese Nachricht. Eben wollte Sie diesen günstigen Eindruck Drück melden, als Herr Assistent Pretzier in der Thür erschien.
„Ah, mein Fräulein," begann derselbe, „schon in vollem Dienste? Der Eifer ist wirklich groß — wollte vielmehr sagen, die Liebe zu Dero Telegraphen."
Melanie erschrack heftig.
„War ein guter Scherz, den Sie da machten!"
„Ein Scherz?"
„Mit der Liebe zu Ihrem Telegraphen, einem Schemen, ein Stück Mall, das weder denken, noch sprechen, noch küssen kann."
„Herr Assistent, ich muß Sie bitten."
Assistent Preßler schien stch vorgenomuten zu haben, sich für die Wgnung von heute Morgen durch Hohn und Schmähung zu rächen.
„ES wäre doch auch schade um so ein schönes Mädchen, das die «ur wie geschaffen hat, einen Mann glücklich zu machen."
„Unterlassen Sie diese Reden, Herr Preßler!"
, „Sollte wirklich in diesem zarten Busen keine Empfindung wohnen - H meine für das andere Geschlecht s"
„Sie beleidigen!"
„Gott! Es ist ja so schön, geliebt zu werden!"
„Ich werde mich beschweren."
„Ueber meine Liebenswürdigkeiten?"
„Ueber Ihre Ungezogenheiten."
»Was sagen Sie? Das fordert Sühne, mein Fräulein!"
Preßler schien diese Sühne sich dadurch verschaffen zu wollen, daß
er Melanie stch näherte in der augenscheinlichen Absicht, ihr einen Kuß zu geben. Die Letztere vereitelte tndeß diese Absicht durch ihre rasche Entfernung in der Richtung nach dem Büreau des Obertelegraphisten; das war der Weg zur Beschwerde.
Preßler stand wie gebannt. Es schien eine starke Ernüchterung über ihn gekommen zu sein. „Verfluchte Geschichte," sprach er vor stch hin. „Heute Morgen einen Korb — darauf denselben in zweiter Auflage, und nun noch gar eine amtliche Nase!" Eben wollte er sich nach seinem Büreau zurückziehen, als plötzlich der Apparat zu klappern begann. „Eine Depesche? Station Osthausen meldet an." Instinkt- mäßig näherte er sich dem Apparate und nahm die Depesche ab. „Wenn ich von Ihnen träume, tragen Sie schwarze Locken, dazu braune Augen! Träume ich recht? —" „Was ist das? Das geht auf Fräulein Bau wann! Eine Privat-Korrespondenz — intimster Sorte — Mißbrauch des Telegraphen — willkommene Entdeckung." Mit wahrhafter Schadenfreude setzte hierauf Preßler den Telegraphen seinerseits in Bewegung. „Traumgott,"' lautete seine Antwort, „falscher Prophet — Augen grünlich — Haare stark ins röthliche fallend. Wie muß ich träumen? Melanie."
„Diese scheinheilige Eva! Also das ist ihre Liebe zum Telegraphen! Nun, ich denke, die grünen Augen und rothen Haare werden Sie chm gründlich versalzen haben."
In diesem Momente öffnete stch die zum Vorstands-Büreau führende Thür, und herein traten der Ober-Telegraphist Felsberg, gefolgt von Melanie und deren Vater, dem Rath Baumann.
(Fortsetzung folgt.)
(Lesefrucht.) Der Gewinn ist des Teufels Dietrich, womit er Schlösser an den Herzen äufmacht.