des Berichtes anbelangt, so gehen die meisten der darin niedergelegten Wünsche und Gutachten von einzelnen Kammern aus, so über Innungs- Wesen, Lehrlingsprüfungen, Gewerbeordnungs­novelle, Nahrungsmittelgesetz, Zulassung weiterer Feuerverficherungsgesellschaflen, Besteuerung der Konsumvereine, Reichsstempelabgaben u. s. w., sowie verschiedene Zollfragen, von denen die meisten Gegenstände im Laufe des Jahres schon eine eingehende Erörterung in der Presse ge­funden haben. Ein Gegenstand gemeinschaftlicher Aeußerungen in den Berichten ist die Frage einer genaueren Führung des Handelsregisters. Die Kammern von Ravensburg, Ulm, Reut­lingen, Calw und Stuttgart geben dem in allen commerciellen Kreisen bestehenden Wunsche Aus­druck, daß den Handelskammern ein größerer Einfluß aus das Register eingeräumt werden möge und die Amtsgerichte sich entgegenkommen­der in dieser Frage zeigen möchten wie bisher. Es wird gewünscht, daß auf eine genauere Führung des Handelsregisters in dem Sinne hingearbeitet wird, daß dasselbe alle nach dem Handelsgesetzbuch registerpflichtigen Geschäfts­leute auch wirklich enthält, was bisher durchaus nicht der Fall war. In den meisten Handels­registern sollen beispielsweise die Apotheker und Bierbrauer ganz fehlen.

General-Major v. Steinheil hat am Montag in Friedrtchshafen Sr. Majestät dem König in feierlicher Audienz den Eid als Kriegs-Minister geleistet.

Stuttgart, 2. Aug. Daß der hiesige Polizeidirektor Oberamtmann Schmidhäuser eine Reihe größerer europäischer Städte besuchen will, um die dortigen polizeilichen Einrichtungen ken­nen zu lernen, wird hoffentlich der hiesigen Polizeiorganisation, von der sich nicht behaupten läßt, daß sie auf der Höhe der Zeit stehe, zu Gute kommen. So lange sie übrigens in den Händen der städtischen-Verwaltung ist, wird man nicht von ihr erwarten dürfen, daß sie sich den staatlichen Instituten der anderen deutschen grö­ßeren Städte ebenbürtig an die Seite stellen kann. Eine große Schattenseite bei unserer Po­lizei ist ferner der Umstand, daß unter den Schutzmännern ein zu großer Wechsel ist. Die Leute nehmen die Stellen an, wenn sich ihnen nichts Besseres darbietet. Sowie sich ihnen aber ein Fortkommen in einem andern Berufe zeigt, beeilen sie sich, den Schutzmannsrock wieder an den Nagel zu hängen. Dieser immerwährende Wechsel ist denn auch daran Schuld, daß es bei den unteren Organen unserer Polizei an jenem richtigen Takt in der Ausübung ihres Berufs fehlt, den man sich nur durch längere Erfahrung erwirbt.

Ul m, 30. Juli. Die allgemeine württemb. Spenglerversammlung, welche gestern hier nach dem Vormittagsgottesdienst auf der Wilhelms- Höhe stattfand, war von auswärts schwach be­ucht. Es war etwa ein Dutzend aus dem ge- ämmten Land Württemberg zu dieser Versamm­lung gekommen. Man sprach davon, wie wün-

schenswerth es wäre, wenn man die Häuser mit Blech bedeckte, weil ein solches Dach ein­mal die fortwährenden Reparaturen des sog. Dachübergehens ersparen, weniger den Dach­stuhl und das Haus belasten, das Einregnen besser verhüten und bet Feuersbrünsten großen Schutz gewähren würde.

Ulm, 31. Juli. Die Zahl der zu den Thoren hiesiger Stadt einwandernden Hand­werksgesellen ist lautU. T." wieder in der Zunahme begriffen. Während in den letzten drei Monaten über 2000 sich auf der Polizei­wache meldeten, um die Anweisung zum Orts­geschenk oder den Arbeitsnachweis entgegsnzu- nehmen, sprachen allein am gestrigen Tage zu demselben Zweck gegen 100 Fremde vor, so daß ein Mann der Polizeiwache angestrengt nur damit beschäftigt war, die Scheine auszu­stellen und darüber Register zu führen.

Ravensburg. 1. August. Der neue Chef des Kriegsdepartements, Generalmajor v. St einh eil, hat sich gestern in seiner bisheri­gen Eigenschaft als Brigade-Kommandeur von dem Regiment in Weingarten verabschiedet.

Im Oberamts-Bezirk Aalen ist der durch die Hagelwetter am 26. Juni und 10. Juli an den Feldern verursachte Schaden amtlich auf 700,000 M. taxirt worden. Dabei ist der an den Bäumen u. s. w. angerichtete Schaden, welcher ebenfalls sehr groß ist, noch nicht mit­gerechnet.

Deutsches Reich.

Berlin, 1. August. In vergangener Nacht um Mitternacht wurden die Gebäulich­keiten der Berliner Velvetfabrik in der Köpe- nickerstraße durch ein großes Feuer eingeäschert. Der Feuerschaden ist noch nicht festzustellen. Bei den Löscharbeiten sind 3 Feuerwehrleute umgekommen, einer wurde verwundet.

Wie man hört, ist man jetzt in maß­gebenden Militärischen Kreisen der Frage der Erleichterung des kriegsmäßigen Gepäcks der Fußtruppen wieder näher getreten. Man steht Vorschlägen gegenüber, wodurch die Tournister der Mannschaften bei Fortlassung einzelner Aus­rüstungsgegenstände um 3 bis 4 Pfund leichter werden sollen. Dies dürfte um so mehr anzu­streben sein, als bekanntlich einerseits die An­sicht sich immer mehr Bahn gebrochen hat, daß die Infanterie künftig im Gefecht das Gepäck nicht mehr ablegen und überdies dis Munitions- Ausrüstung sich steigern soll.

Frankfurt a. M. In einer der letzten Nächte hat ein gemeiner Wicht die in der Bocken- heimer Anlage stehende Marmorbüste Ludwig Börne's in der unfläthigsten Weise beschmutzt. Aus einer Flasche, die von unten nach oben ge­schwenkt sein muß, hat er dunkelblaue Tinte, wahrscheinlich Kopirtinte, gegen das Monument geschleudert. Die Büste ist schmachvoll entstellt. Ob es möglich sein wird, die Tinte ganz von dem Marmor zu entfernen, ist sehr fraglich. Schon vor einigen Jahren war die Büste mit

einer schwarzen Masse beschmiert worden, die nur mit großer Mühe, aber doch nahezu voll­ständig entfernt werden konnte.

Karlsruhe, 30. Juli. DerBad. Landesbote" schreibt:Ein Fall, den wir in einem Rechtsstaat für unmöglich gehalten hät­ten kam dieser Tage hier vor. Ein Junge hatte am Sylvesterabend einenSchwärmer" losgelassen und wurde deshalb resp. dessen El­tern mit 3 M. in Strafe genommen, welche gegen Quittung bezahlt wurde. Am 28. Juli nun wurde der jugendliche Missrthäter, der krank zu Bette lag, in Abwesenheit der Eltern von einem Polizeisoldaten früh Morgens ge­holt und dem Amtmann vorgeführt der ihm er­öffnte, daß er, da die ihm diktirte Strafe noch nicht bezahlt sei, auf vierundzwanzig Stunden eingesperrt werde. Kurze Zeit darauf schloßen sich die Thüren des Gefängnisses hinter dem Deliquenten. Man kann sich die Ueberraschung der Eltern denken, als sie, heimgekehrt, von Nachbarn das Schicksal ihres Kindes erfuhren. Natürlich reklamirte die Mutter sofort das Kind, das ihr jedoch nur gegen Vorzeigung der Strafquittung herausgegeben werden sollte. Da sie diese nicht gleich vorfand, ließ sich die ge­ängstete Mutter auf dem Steueramt ein Du­plikat derselben ausstellen, und jetzt erst wurde der Kleine freigegeben. So geschehen im Jahre des Heils 1883 in der Residenz Karlsruhe. Das Weitere dürste die Staatsanwaltschaft be­schäftigen."

In Triberg werden z. Z> auf Rechnung eines Holländers Uhren fabrizirt, deren Me­chanismus 400 Tage läuft. Der Erfinder der Uhren ist ein Schlesier, Namens Herder. Der Schwerpunkt liegt im Torsionspendel.

In Mannheim hält sich seit länger als zwei Wochen eine Familie auf, der es nicht möglich ist, eine Wohnung zu finden, weßhalb sie schon in allen Logirhäusern der niederen Classen untergebracht werden mußte. Die frag­liche Familie, die aus Mann, Frau und vier Kindern von 8 Jahren bis herab zu einigen Monaten besteht, soll auch schon im dortigen Schloßgarten übernachtet haben.

Greifswald, 30. Juli. Der Reichs­tagsabgeordnete für Greifswald Grimmen, Se­nator St oll, ist als Leiche im Rhein unter­halb Köln aufgefunden worden. Nähere An­gaben fehlen. (Senator und Baumeister Stoll gehörte der Fortschrittspartei an. Er war un­gefähr 60 Jahre alt.)

Ausland.

Nyiregyhaza, 31. Juli. Der Privat­ankläger Szalay hielt in der heutigen Sitzung seine Replik, wobei es zu heftigen Auftritten mit dem Vertheidiger Eötvös kam. Bei seinen Ausfällen gegen die Juden unterbricht ihn der Präsident und sagt, daß diese Ausfälle in keinem Zusammenhänge mit der Sache, die er vertrete, stehen. Szalay schließt: Der Anti-Semitisaius sei kein Angriff, sondern eine Verteidigung;

Das ewig Weiökiche. (Nachdruck-erboten.)

Humoristische Novelle von w-r. H s lr> 1 8- (Fortsetzung.)

II.

Doppelte Muctzfützrung.

Unter dem zahlreichen Personal des Hauses Wirker und Komp, befand sich auch, wie Eingangs erwähnt, die älteste Tochter des Kanz­leiraths Baumann, Elisabeth. Dieselbe zählte ursprünglich mit zu den Verkäuferinnen des Ladens; seit einiger Zeit war sie jedoch, wie man es im Geschäft scherzend nannte, kaufmännisch avanciert. Vermöge ihrer Kenntnisse in der kaufmännischen Buchführung war ihr nämlich die Füh­rung eines der größeren Geschäftsfächer übertragen und ihr auch zu diesem Zwecke ein förmliches, kleines Kontor eingeräumt worden.

Dasselbe lag, abgetrennt von dem Hauptkontor, in welchem sich fast das ganze männliche Personal befand, nur durch eine von einem Vorhang verdeckte Thür mit ihm verbunden, wie dieses selbst im Hinter­hause. Aus dem Gemache, das ursprünglich wohl nur eine Art Durch­gang gebildet haben mochte, führte eine Thür nach der unmittelbar da­vorliegenden Gartenterrasse, welche gleichzeitig von dem einzigen Fenster des Raumes überblickt werden konnte.

Diese nach dem großen Hausgarten führende Terrasse bildete wäh­rend des Sommers den Hauptaufenthalt, den Spiel- und Tummelplatz der kleinen Eveline, der Tochter des Geschäftsherrn Eduard Wirker. Derselbe war seit mehreren Jahren Wittwer. Eveline war das einzige Kind aus dieser kurzen Ehe und der Augapfel des Vaters. Es hieß all­gemein, daß bei der Wahl einer zweiten Frau sie allein den Ausschlag geben werde. Sie hatte schon, als Elisabeth noch im Laden beschäftigt war, diese vor allen andern in ihrer Liebe bevorzugt. Man sprach da­

her wohl im Hause davon, daß die Plazierung der neuen Buchhalterin nicht aus Rücksichten des Geschäfts, sondern nur aus Rücksicht auf die kleine Eveline erfolgt sei, welche damit den spekulativen Zudringlichkeiten der weiblichen Ladengäste entzogen war.

Unter dem männlichen Personal des Kontors rief diese Postrerung einer jungen Dame in dietheoretischen" Geschäftsräume eine nicht ge­ringe Aufregung hervor. Auf Seiten des jüngeren Personals schien die­selbe mehr freudiger Natur zu sein, dagegen wurde sie namentlich sur den alten Buchhalter Witzmann, der sich mit Stolz als den Nestor des Geschäfts bezeichnet, der bei der Gründung des Hauses Wirker uns Komp, gewissermaßen mit als Taufpathe fungiert hatte, zu einer Queue großen Aergers. Er erblickte in dem Emdräugen des weiblichen Elements in das innere Heiligthum des Hauses, wofür ihm die Kontorräume gat­ten, eine wahre Tempelschändung. Er strengte denn auch alle Mlm an, den frechen Eindringling wieder aus seiner Position zu verdrängen.

An Gelegenheit zur Ausführung dieses Z weckes sollte cs ihm nicht fehlen.

Es stellten sich in der That auch mancherlei Unzuträgltchkeiten ein, die, wie Witzmann wiederholt betonte, mit einem ordentlichen Geschäfts­gänge nicht vereinbarlich erschienen. ,

Da sehen Sie wieder, was Sie gemacht haben!" donnerte an demselben Morgen, als die Werbung des Assistenten Preßler ein so um glückliches Ende nahm, Witzmann die Kollegin an.Sie haben den w - itellbrief von Friedrich Fröhlich aus K. nicht ins Bestellbuch eingetragen. Infolgedessen sind die Busenschleifen nicht abgeschickt worden und MM ltch hat seine Kunden nicht befriedigen können. Nun sagt er uns o Kundschaft auf! Das ist ja auch kein Wunder, wenn man den ganz langen Tag zum Fenster hinaasguckt und mit kleinen Kindern tanoe - Kindern, die einen doch gar nichts angehen!"