spricht die im Anschluß an die Rektorenkonferenz eingeführten Erleichterungen. Ott und v. Bag- nato meinen, der Ehrgeiz der Schüler führe oft ihre Ueberbürdung herbei. Die Debatte wird abgebrochen. Die Mitglieder wollen eine Besichtigung Hohenheims vornehmen, weshalb auch die Berathung des Kap. 64 (Hohenheim) vertagt wurde. Nächste Sitzung Donnerstag Vormittags halb 10 Uhr. T.O. Kultetat.
— 26. April. (28. Sitzung.) Die Kammer fährt in der Etatberathung fort. Frbr. Edm. v. Ow spricht für den Antrag v. Wöllwarths. Der Kultusminister verliest eine Verfügung aus dem Jahre 1863, welche die Vornahme von Turnspielen und Schwimmübungen an Stelle der eigentlichen Turnstunden gestattet. Es handle sich nur darum, mehr auf den Vollzug dieser Verordnung zu dringen. Prälat v. Hauber gibt zu, daß einige allzuhohe Anforderungen bezüglich des Sprachenstudiums an die Knaben gestellt werden. Aber die Ueberbürdung der Schüler komme auch vielfach von dem Ehrgeiz der Schüler her und mehr noch der Eltern, welche jammern, wenn ihr Sohn nicht der Erste in seiner Klasse fei. Becher hätte gewünscht, daß man nicht nur die Gymnastalrektoren sondern auch Eltern der Schüler hätte an der belangten Berathung theilnehmen lassen. Frhr. v. Gült- lingen wünscht im ganzen Lande gleichzeitige Ferien der Schüler im August und Septbr. Härle: Eine Ueberbürdung der Schüler sei nicht zu leugnen; Redner empfiehlt den Antrag v. Wöllwarths und die Petition der Turner. Frhr. Edm. v. Ow bringt ein Amendement zum Antrag von Wöllwarths ein dahingehend anstatt „zur Kenntnißnahme" zu sagen: „zur Berücksichtigung." v. Bagnato: Er sei mit allem einverstanden, was bezwecke, daß bet den Schülern ein gesunder Geist in einem gesunden Körper wohne. Aber den Lehrern könne man nicht zu- muthen, daß sie auch noch die Spiele der Schüler überwachen. Man solle die Schüler daran gewöhnen, daß sie ihre freie Zeit ohne Bevormundung anzuwenden wissen. Die Ferien: zur Osterzeit 3 Wochen und von Ende August bis Mitte Oktober seien am geeignetsten. Der Kultminister erklärt gegenüber Becher, daß die Enquete über die Ueberbürdungsfrage noch nicht geschlossen sei. Domkapitular v. Reiser ist gegen die Verlegung der Prüfungen auf das Frühjahr. Bei der Ueberbürdungsfrage dürfe auch nicht übersehen werden, daß man heutzutage die jungen Leute viel zu früh in das Leben einführe und die Genüsse, wodurch der Geschmack am Lernen noihleide. (Beifall.) Kanzler v. Rümelin: Früher habe man ebensoviel in der Schule gearbeitet wie jetzt, aber früher herrschte kein solcher Zwang. Weil die Schule jetzt Alles leisten wolle, leiste sie weniger als früher. Man müsse, wie Prälat v. Hauber gesagt, das Lernen lernen. Man habe seiner Zeit mehr geistige Gymnastik mitgemacht als heute. Heute werde das jugendliche Gehirn mit Stoff überladen ; das sei das Uebel. Die Schüler kommen
lernmüde auf die Universität. Den Hauptübelstand verschulden Examina und Fachlehrer. Jeder Fachlehrer steigere ganz unbewußt aber fortwährend seine Anforderungen. Bessere Examina werden nicht gemacht. Indem inneren Antrieb liege der Kern des Lernens und Lehrens. Die Realien sollen nicht vernachläßigt werden, aber sie sollen nicht Gegenstand der Prüfung sein. So sei es mit den Naturwissenschaften; alle diese Sachen führen zu einer unnatürlichen Thätigkeit im Gehirn. Freilich dürfte die Schule nicht für Alles, auch was zu Hause durch die Eltern geschehen sollte, verantwortlich gemacht werden; für Schwimmen und Schlittschuhlaufen solle man doch nicht das Ministerium aufbieten. Es werde wohl genügen, die Fragen hier zur Sprache gebracht zu haben. Dem Anträge von v. Wöllwarth wolle er nicht entgegentreten. (Lebhaftes Bravo!) — Nachdem noch Frhr. v. Ow und Frhr. v. Wöllwarth ihre Anträge empfohlen, wird der Kommissionsantrag (über die Eingabe der Turner) und der Antrag des Frhrn. v. Wöllwarth angenommen, das Amendement v. Ow's abgelehnt. Die Kapitel 72 bis 78 werden genehmigt. Dr. Lenz beschwert sich über die zu große Anhäufung des Lernstoffes auch bei den Schülerinnen der höheren Mädchenschulen. Hartenstein beklagt sich darüber, daß von Seiten des Staates zu wenig geschehe bezügl. der Errichtung von höheren Mädchenschulen, für den Unterricht der weiblichen Jagend geschehe noch immer zu wenig. Ohne Debatte werden angenommen die Kap. 79—87. Bei Kap. 88 (Beiträge zu Schullehrergehalten) spricht Untersee die Hoffnung aus, daß nur wirklich bedürftigen Gemeinden die Schulgehaltsbeiträge gewährt werden. Bei Kap. 91 (Taubstummen- und Blindenanstalten) wünscht Untersee, daß alle taubstummen Kinder in diesen Anstalten unterrichtet würden, ferner Ausdehnung der Unterrichtszeit von 6 auf 7 Jahre. Minister v. Geß- ler will diese Wünsche in Berücksichtigung ziehen. (Schluß der Sitzung.)
Landesnachrichten.
Altenstaig, 29. April. Trotz der Na- turalverpslegung und trotz der steten Ermahnungen an das Publikum keine Gaben mehr zu verabfolgen, kommt der Häuserbettel wieder in vollste Blüthe. Selbst Sonntags ist man nicht sicher von fechtenden Stromern belästigt zu werden; so war es erst heute wieder der Fall, daß 2 etwa 30jährige Stromer der frechsten Sorte Haus für Haus abgefochten und diejenigen Personen, welche sie unter Hinweis auf die Naturalverpflegung abwiesen, mit Flüchen und Schimpfworten überschüttet haben. Bei der Naturalverpflegung, riefen sie, bekomme mandieSchwindsucht, damit könne man nicht leben. — Von ordentlichen einsichtsvollen Handwerksburscheu wird die Naturalverpflegung natürlich mit Dank angenommen und das mit vollstem Recht, denn mancher Familienvater, der den ganzen Tag über arbeitet, nimmt heutzutage mit der gleich be
scheidenen Beköstigung vorlieb; den herumlungernden verkommenen Stromern aber will das unverdient Gebotene nicht paffend und genügend erscheinen. Bei diesen arbeitsscheuen Burschen nützt unseres Erachtens die Naturalverpflegung nicht, wie auch früher die Ortsgeschenke nicht gefruchtet haben, sie vom Bettel abzuhalten; ebenst dürfte es mit den da und dort projektirten Ar- beiterkolonieen werden, denn sie ächten Stromer werden die Arbeitsgelegenheit zu umgehen wissen. Diesem Krebsschaden von Vagantenthum abzuhelfen gebe es wohl kein besseres Mittel, als diejenigen Stromer, welche etwa Vr Jahr lang keine Arbeit Nachweisen können, einfach st ihre unterstützungspflichttgen Gemeinden einzn- liefern und die Gemeinden könnten dann leicht für geeignete Beschäftigung sorgen. Selbstverständlich müßte erst wieder ein Gesetz geschaffen werden, wonach der Unterstützungswohnsitz eines Individuums, bevor ein anderer erlangt ist, nicht verlustig gehen kann. Diese unmaßgebliche Meinung ist gewiß auch der öffentlichen Erwähnung werth. Jedermann sollte aber die bestehen',,! Einrichtung der Naturalverpflegung damit nach- drücklichst unterstützen, daß er einfach keine Gaben an bettelnde Handwerksburschen verabfolgt.
Von der oberen Nagold, 24. April. Durch das im verflossenen Winter mit geschäftigem Eifer in vielen Orten betriebene Sammeln, Dörren und Aushülsen der Tannenzapfen hat manche arme Familie sich einen namhaften Zuschuß zum Lebensunterhalt verschafft. In letzter Zeit bezahlten die Samenhändler wieder 17 M. Pr. Zentner gereinigten Samen. — Für die gegenwärtig im Gang befindliche Pflanzung junger Nadelholzbäume tritt in einzelnen Gemeinden Mangel an Setzlingen ein, und muß der Bedarf aus der Ferne bezogen werden. - tzolzpreise im Walde: 1 Rm. tannene Scheiter 4—5 M., Hundert Hopfenstangen 1. Qualität 35—45 M., 2. Qualität 25-35 M. Langholz 80—90 pCi. der Revierpreise. (N.Ztg.)
Stuttgart, 25. April. Die Gründung von Arbeiterkolonien nach dem Vorgänge des Pastors v. Bodelschwing in Wilhelmsdorf wird jetzt auch in Württemberg ins Auge gefaßt und soll laut „W. L.-Ztg." die Angelegenheit am Dienstag den 1. Mai, Nachmittags 2 Uhr, iw evang. Vereinshause besprochen werden.
Stuttgart, 27. April. Die Genesung Seine r Majestät desKönigs hat in der letzten Zeit erfreuliche Fortschritte gemacht; Höchstderselbe hat nicht allein besseren Appetit und Schlaf, sondern fühlt Sich auch wieder kräftiger und bringt täglich einige Stunden außerhalb des Bettes zu. Das Aussehen Sr. Majestät erscheint übrigens noch ziemlich angegriffen und es wird Höchstderselbe immerhin noch längere Zeit besonderer Ruhe und Schonung bedürfen.
Rottwetl, 26. April. In der gestrigen Amtsversammlung wurde einstimmig beschlossen, die Naturalverpflegung armer Reisender mit Stationen in sämmtlichen Gemeinden des
Vergeltung.
Von I-isrvs ^s-c-oons. Deutsch von WN. Iismks.
(Fortsetzung und Schluß.)
Lady Turner stieß markerschütternde Schreie aus, während der Major, die Büchse an der Schulter, aufrecht auf seinem Elefanten stand und wartete, daß der Tiger sich ihm zeigte, um ihm eine Kugel zu senden. Zwanzig Büchsen lagen zu dem gleichen Zweck im Anschlag, aber Niemand wagte es, Feuer zu geben, aus Furcht, eine ungeschickte Kugel könne die arme Lucy treffen. Diese Situation währte nur etwa eine Minute, aber diese eine Minute erschien allen so lang wie eine Ewigkeit.
Zum größten Glück ließ indessen der Tiger, welcher erstaunt schien, sich mitten unter seinen schweigsamen Gegnern zu befinden und ohne Zweifel eine Falle befürchtete, seine Blicke herausfordernd über seine ganze Umgebung schweifen. Miß Lucy lag bewußtlos in dem Howdah ausgestreckt, und der geringste Seufzer, die leiseste Bewegung mußte ihr den Tod bringen. Ein beängstigendes Schweigen herrschte ringsum und einen Augenblick hörte man werter nichts, als das Schnauben des Thieres.
Plötzlich that die Bestie einen Satz und fuhr herum. Ein ebenso seltsamer als unerwarteter Zwischenfall hatte ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.
Ein Mann, den keiner der Jäger kannte und den bis dahin niemand bemerkt, hatte sich an den Rüffel des klugen Elefanten geklammert und kletterte, mit einem langen Jagdmesser bewaffnet, kühn empor, indem er die ganze Aufmerksamkeit des Tigers auf sich zu ziehen suchte. Wir haben eben gesehen, daß ihm dies gelungen war, Jedermann athmete auf. Dieser Mann setzte sein Leben auf ein Spiel, welches er fast unbedingt verlieren mußte; die Wendung aber, welche er der Sache gab, rettete Miß Luch und von allen Seiten erscholl Beifall.
Der Unbekannte achtete denselben nicht, sondern kletterte weiter. Das Raubthier brüllte, indem es den Rücken des Elefanten wüthend mit seinen Pranken bearbeitete, grimmiger Zorn funkelte in seinen Blicke«, es wurde immer furchtbarer und drohender.
In diesem Augenblick schob sein Gegner das Messer zwischen die Zähne, zog seine beiden Pistolen aus dem Gürtel und spannte sogleich die Hähne. Beiden Schüssen folgte ein letztes Brüllen, der Tiger warf sich auf seinen Feind und stürzte, denselben in seinen Pranken mit sich reißend, zu Boden. Jetzt kam Leben unter die Jäger, jeder eilte hastig der Stelle zu, wo das Drama sich abwickeln sollte. Brough hatte sich Herrn Bonnington genähert, dessen Freude jeder Beschreibung spottet, und die beiden Freunde hielten sich innig umschlossen.
„Lucy! Meine arme Lucy!" rief der Vater. „Gott gibt sie mir zurück, Gott sei gepriesen!"
„Gewiß, gewiß, versetzte Brough, es ist ein großes Glück, das vielleicht ein Mensch mit seinem Leben bezahlt."
„Glauben Sie?"
„Es ist wahrscheinlich."
„Aber wer ist denn dieser Mann?"
„Der Mann?" erwiederte Brough traurig. „Ihre Verzweiflung und Aufregung hat sie gehindert, ihn sogleich zu erkennen. Ich, um Freund, habe mich nicht eine Sekunde lang täuschen können."
„Und wer ist es?"
„Das ist eine traurige Erinnerung! Er hat Ihr Vertrauen schmählich mißbraucht, er hat Sie gezwungen, hier in Kalkutta ein Vermöge« zu suchen, das Sie sich in London mühsam erworben hatten."
„Samuel!" unterbrach ihn Bonnington.
„Ja, mein armer Freund, er selbst! Herr Hampden macht heM